VIII. Das konstante Kapital in beiden Abteilungen

[427] Was den Gesamtproduktenwert von 9000 angeht und die Kategorien, worin er zerfällt wird, so bietet dessen Analyse keine größre Schwierigkeit als die des Produktenwerts eines Einzelkapitals, sie ist vielmehr identisch damit.

In dem ganzen gesellschaftlichen Jahresprodukt sind hier drei einjährige gesellschaftliche Arbeitstage enthalten. Der Wertausdruck jedes dieser Arbeitstage ist = 3000; daher der Wertausdruck des Totalprodukts = 3 * 3000 = 9000.

Ferner ist von dieser Arbeitszeit vor dem einjährigen Produktionsprozeß, dessen Produkt wir analysieren, vorgegangen: In Abteilung I 4/3 Arbeitstag (Wertprodukt 4000) und in Abteilung II 2/3 Arbeitstag (Wertprodukt 2000). Zusammen 2 gesellschaftliche Arbeitstage, deren Wertprodukt = 6000. Daher figurieren 4000 Ic + 2000 IIc = 6000c als der im ganzen Produktenwert der Gesellschaft wiedererscheinende Wert der Produktionsmittel oder konstante Kapitalwert.

Ferner ist von dem neu zugesetzten gesellschaftlichen Jahresarbeitstag in Abteilung I 1/3 notwendige Arbeit oder Arbeit, die den Wert des variablen Kapitals 1000 Iv ersetzt und den Preis der sub I angewandten Arbeit zahlt. Ebenso in II ist 1/6 des gesellschaftlichen Arbeitstags notwendige Arbeit mit einem Wertbetrag von 500. Also 1000 Iv + 500 IIv = 1500v, der Wertausdruck des halben gesellschaftlichen Arbeitstags, ist der Wertausdruck der aus notwendiger Arbeit bestehenden ersten Hälfte des in diesem Jahre zugesetzten Gesamtarbeitstags.

Endlich sub I ist 1/3 Gesamtarbeitstag, Wertprodukt = 1000, Mehrarbeit; sub II ist 1/6 Arbeitstag, Wertprodukt = 500, Mehrarbeit; sie machen zusammen die andre Hälfte des zugesetzten Gesamtarbeitstags aus. Daher der produzierte Gesamtmehrwert = 1000 Im + 500 IIm = 1500m.

Also:

Konstanter Kapitalteil des gesellschaftlichen Produk tenwerts (c):

2 vor dem Produktionsprozeß verausgabte Arbeitstage, Wertausdruck = 6000.

Während des Jahres verausgabte notwendige Arbeit (v):

Ein halber in der Jahresproduktion verausgabter Arbeitstag, Wertausdruck = 1500.[427]

Während des Jahres verausgabte Mehrarbeit (m):

Ein halber in der Jahresproduktion verausgabter Arbeitstag, Wertausdruck = 1500.

Wertprodukt der Jahresarbeit (v + m) = 3000.

Gesamtproduktenwert (c + v + m) = 9000.

Die Schwierigkeit besteht also nicht in der Analyse des gesellschaftlichen Produktenwerts selbst. Sie entspringt bei Vergleichung der Wertbestandteile des gesellschaftlichen Produkts mit seinen sachlichen Bestandteilen.

Der konstante, nur wiedererscheinende Wertteil ist gleich dem Wert des Teils dieses Produkts, der aus Produktionsmitteln besteht, und ist verkörpert in diesem Teil.

Das neue Wertprodukt des Jahres = v + m ist gleich dem Wert des Teils dieses Produkts, das aus Konsumtionsmitteln besteht, und ist verkörpert in ihm.

Aber, mit hier gleichgültigen Ausnahmen, sind Produktionsmittel und Konsumtionsmittel total verschiedne Sorten von Waren, Produkte von ganz verschiedner Natural- oder Gebrauchsform, also auch Produkte total verschiedner konkreter Arbeitsarten. Die Arbeit, welche Maschinen zur Produktion von Lebensmitteln anwendet, ist ganz verschieden von der Arbeit, welche Maschinen macht. Der ganze jährliche Gesamtarbeitstag, dessen Wertausdruck = 3000, scheint verausgabt in der Produktion von Konsumtionsmitteln = 3000, in denen kein konstanter Wertteil wiedererscheint, da diese 3000 == 1500v + 1500m sich nur in variablen Kapitalwert + Mehrwert auflösen. Andrerseits erscheint der konstante Kapitalwert = 6000 wieder in einer von den Konsumtionsmitteln ganz verschiednen Produktenart, den Produktionsmitteln, während doch kein Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags in der Produktion dieser neuen Produkte verausgabt scheint; dieser ganze Arbeitstag scheint vielmehr nur aus den Arbeitsweisen zu bestehn, die nicht in Produktionsmitteln, sondern in Konsumtionsmitteln resultieren. Das Geheimnis ist bereits gelöst. Das Wertprodukt der Jahresarbeit ist gleich dem Produktenwert der Abteilung II, dem Totalwert der neuproduzierten Konsumtionsmittel. Aber dieser Produktenwert ist größer um 2/3 als der innerhalb der Produktion von Konsumtionsmitteln (Abteilung II) verausgabte Teil der Jahresarbeit. Nur 1/3 der Jahresarbeit ist in ihrer Produktion verausgabt. 2/3 dieser Jahresarbeit sind in der Produktion von Produktionsmitteln verausgabt, also in Abteilung I. Das während dieser Zeit sub I erzeugte Wertprodukt, gleich dem sub I produzierten variablen Kapitalwert plus Mehrwert, ist gleich dem sub II in Konsumtionsmitteln wiedererscheinenden konstanten Kapitalwert von II. Sie können sich daher[428] wechselseitig austauschen und in natura ersetzen. Der Totalwert der Konsumtionsmittel II ist daher gleich der Summe des neuen Wertprodukts sub I + II, oder II(c + v + m) = I(v + m) + II(v + m), also gleich der Summe des von der Jahresarbeit in Form von v + m produzierten Neuwerts.

Andrerseits ist der Totalwert der Produktionsmittel (I) gleich der Summe des in der Form von Produktionsmitteln (I) und des in der Form von Konsumtionsmitteln (II) wiedererscheinenden konstanten Kapitalwerts, also gleich der Summe des im Totalprodukt der Gesellschaft wiedererscheinenden konstanten Kapitalwerts. Dieser Totalwert ist gleich dem Wertausdruck von 4/3 vor dem Produktionsprozeß sub I und 2/3 vor dem Produktionsprozeß sub II vergangnen Arbeitstagen, also zusammen von zwei Gesamtarbeitstagen.

Die Schwierigkeit kommt also bei dem gesellschaftlichen Jahresprodukt daher, daß der konstante Wertteil in einer ganz andren Produktenart – Produktionsmitteln – sich darstellt als der diesem konstanten Wertteil zugesetzte Neuwert v + m, der sich in Konsumtionsmitteln darstellt. So hat es den Schein, als fänden sich – dem Wert nach betrachtet – 2/3 der aufgezehrten Produktenmasse in einer neuen Form wieder, als Neuprodukt, ohne daß irgendeine Arbeit von der Gesellschaft in ihrer Produktion verausgabt wäre. Dies findet bei dem Einzelkapital nicht statt. Jeder individuelle Kapitalist wendet eine bestimmte konkrete Arbeitsart an, welche die ihr eigentümlichen Produktionsmittel in ein Produkt verwandelt. Z.B. der Kapitalist sei Maschinenbauer, das während des Jahrs verausgabte konstante Kapital = 6000c das variable = 1500v, der Mehrwert = 1500m; das Produkt = 9000, wir wollen sagen ein Produkt von 18 Maschinen, wovon jede = 500. Das ganze Produkt besteht hier in derselben Form, der von Maschinen. (Produziert er mehrere Sorten, so wird jede für sich berechnet.) Das ganze Warenprodukt ist Produkt der während des Jahrs im Maschinenbau verausgabten Arbeit, Kombination derselben konkreten Arbeitsart mit denselben Produktionsmitteln. Die verschiednen Teile des Produktenwerts stellen sich daher in derselben Naturalform dar: in 12 Maschinen stecken 6000c, in 3 Maschinen 1500v, in 3 Maschinen 1500m. Es ist hier klar, daß der Wert der 12 Maschinen = 6000c, ist, nicht weil in diesen 12 Maschinen bloß vor dem Maschinenbau vergangne und nicht in ihm verausgabte Arbeit verkörpert. Der Wert der Produktionsmittel für 18 Maschinen hat sich nicht von selbst in 12 Maschinen verwandelt, aber der Wert dieser 12 Maschinen (der selbst aus 4000c + 1000v + 1000m besteht) ist gleich dem Totalwert des in den 18 Maschinen enthaltnen konstanten Kapitalwerts. Der Maschinenbauer muß daher von den 18 Maschinen 12[429] verkaufen, um sein verausgabtes konstantes Kapital, das er zur Reproduktion von 18 neuen Maschinen nötig hat, zu ersetzen. Dagegen wäre die Sache unerklärlich, wenn, obgleich die angewandte Arbeit bloß aus Maschinenbau besteht, als ihr Resultat sich ergäben: einerseits 6 Maschinen = 1500v + 1500m, andrerseits Eisen, Kupfer, Schrauben, Riemen etc. zum Wertbetrag von 6000c, d.h. die Produktionsmittel der Maschinen in ihrer Naturalform, die der einzelne, Maschinen bauende Kapitalist bekanntlich nicht selbst produziert, sondern sich durch den Zirkulationsprozeß ersetzen muß. Und dennoch scheint, auf den ersten Blick, sich die Reproduktion des gesellschaftlichen Jahresprodukts in so widersinniger Weise zu vollziehn.

Das Produkt des individuellen Kapitals, d.h. jedes selbständig fungierenden, mit eignem Leben begabten Bruchstücks des gesellschaftlichen Kapitals, hat irgendeine beliebige Naturalform. Die einzige Bedingung ist, daß es wirklich eine Gebrauchsform hat, einen Gebrauchswert, der es zu einem zirkulationsfähigen Glied der Warenwelt stempelt. Es ist ganz gleichgültig und zufällig, ob es als Produktionsmittel wieder in denselben Produktionsprozeß eingehn kann, aus dem es als Produkt herauskommt, also ob der Teil seines Produktenwerts, worin sich der konstante Kapitalteil darstellt, eine Naturalform besitzt, worin er tatsächlich wieder als konstantes Kapital fungieren kann. Wenn nicht, wird dieser Teil des Produktenwerts durch Verkauf und Einkauf wieder in die Form seiner sachlichen Produktionselemente verwandelt und dadurch das konstante Kapital in seiner funktionsfähigen Naturalform reproduziert.

Anders verhält es sich mit dem Produkt des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Alle sachlichen Elemente der Reproduktion müssen in ihrer Naturalform Teile dieses Produkts selbst bilden. Der aufgezehrte konstante Kapitalteil kann durch die Gesamtproduktion nur ersetzt werden, soweit im Produkt der gesamte wiedererscheinende konstante Kapitalteil in der Naturalform neuer Produktionsmittel wiedererscheint, die wirklich als konstantes Kapital fungieren können. Einfache Reproduktion vorausgesetzt, muß daher der Wert des Teils des Produkts, der aus Produktionsmitteln besteht, gleich dem konstanten Wertteil des gesellschaftlichen Kapitals sein.

Ferner: Individuell betrachtet, produziert der Kapitalist in seinem Produktenwert durch die neu zugesetzte Arbeit nur sein variables Kapital plus Mehrwert, während der konstante Wertteil durch den konkreten Charakter der neu zugesetzten Arbeit auf das Produkt übertragen ist.

Gesellschaftlich betrachtet, produziert der Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, der Produktionsmittel produziert, ihnen daher sowohl Neuwert[430] zusetzt als den Wert der in ihrer Produktion verzehrten Produktionsmittel auf sie überträgt, nichts als neues konstantes Kapital, bestimmt, das in der Form der alten Produktionsmittel aufgezehrte zu ersetzen, sowohl das sub I wie sub II konsumierte konstante Kapital. Er produziert nur Produkt, bestimmt, der produktiven Konsumtion anheimzufallen. Der ganze Wert dieses Produkts ist also nur Wert, der als konstantes Kapital von neuem fungieren, der nur konstantes Kapital in seiner Naturalform zurückkaufen kann, der sich daher, gesellschaftlich betrachtet, weder invariables Kapital noch in Mehrwert auflöst. – Andrerseits produziert der Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, der Konsumtionsmittel produziert, keinen Teil des gesellschaftlichen Ersatzkapitals. Er produziert nur Produkte, die in ihrer Naturalform bestimmt sind, den Wert des variablen Kapitals und den Mehrwert sub I und sub II zu realisieren.

Wenn man von gesellschaftlicher Betrachtungsweise spricht, also das gesellschaftliche Gesamtprodukt betrachtet, welches sowohl die Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals wie die individuelle Konsumtion einschließt, so muß man nicht in die von Proudhon der bürgerlichen Ökonomie nachgemachte Manier verfallen und die Sache so betrachten, als wenn eine Gesellschaft kapitalistischer Produktionsweise, en bloc, als Totalität betrachtet, diesen ihren spezifischen, historisch ökonomischen Charakter verlöre. Umgekehrt. Man hat es dann mit dem Gesamtkapitalisten zu tun. Das Gesamtkapital erscheint als das Aktienkapital aller einzelnen Kapitalisten zusammen. Diese Aktiengesellschaft hat das mit vielen andern Aktiengesellschaften gemein, daß jeder weiß, was er hineinsetzt, aber nicht, was er herauszieht.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 427-431.
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