X. Kapital und Revenue: Variables Kapital und Arbeitslohn

[435] 55


Die ganze jährliche Reproduktion, das ganze Produkt dieses Jahrs ist Produkt der diesjährigen nützlichen Arbeit. Aber der Wert dieses Gesamtprodukts ist größer als der Wertteil desselben, worin sich die Jahresarbeit, als während dieses Jahrs verausgabte Arbeitskraft, verkörpert. Das Wertprodukt dieses Jahrs, der während desselben in Warenform neugeschaffne Wert, ist kleiner als der Produktenwert, der Gesamtwert der während des ganzen Jahres hergestellten Warenmasse. Die Differenz, die wir erhalten, wenn wir vom Gesamtwert des jährlichen Produkts den Wert abziehn, der ihm durch die laufende Jahresarbeit zugesetzt wurde, ist nicht wirklich reproduzierter Wert, sondern nur in neuer Daseinsform wiedererscheinender Wert; Wert, auf das Jahresprodukt übertragen von vor ihm existierendem Wert, der je nach der Dauer der konstanten Kapitalbestandteile, die im diesjährigen gesellschaftlichen Arbeitsprozeß mitgewirkt, von früherm oder späterm Datum sein kann, der von dem Wert eines Produktionsmittels herrühren kann, welches im vorigen Jahr oder in einer Reihe früherer Jahre zur Welt kam. Es ist unter allen Umständen Wert, übertragen von vorjährigen Produktionsmitteln auf das Produkt des laufenden Jahrs.

Nehmen wir unser Schema, so haben wir nach Umsatz der bisher betrachteten Elemente zwischen I und II und innerhalb II:

I. 4000c + 1000v + 1000m (letztre 2000 realisiert in Konsumtionsmitteln IIc) = 6000.

II. 2000c (reproduziert durch Umsatz mit I(v + m)) + 500v + 500m = 3000.

Wertsumme = 9000.[435]

Während des Jahrs neuproduzierter Wert steckt nur in den v und m. Die Summe des Wertprodukts dieses Jahrs ist also gleich der Summe der v + m, = 2000 I(v + m) + 1000 II(v + m) = 3000. Alle übrigen Wertteile des Produktenwerts dieses Jahres sind nur übertragner Wert, vom Wert früherer, in der jährlichen Produktion verzehrter Produktionsmittel. Außer dem Wert von 3000 hat die laufende Jahresarbeit nichts an Wert produziert; es ist ihr ganzes jährliches Wertprodukt.

Nun aber ersetzen, wie wir sahn, die 2000 I(v + m) der Klasse II ihre 2000 IIc in Naturalform von Produktionsmitteln. Zwei Drittel der Jahresarbeit, verausgabt in Kategorie I, haben also neu produziert das konstante Kapital II, sowohl seinen ganzen Wert wie seine Naturalform. Gesellschaftlich betrachtet haben also zwei Drittel der während des Jahrs verausgabten Arbeit neuen konstanten Kapitalwert geschaffen, realisiert in der der Abteilung II angemeßnen Naturalform. Der größre Teil der gesellschaftlichen Jahresarbeit ist also verausgabt worden in Produktion von neuem konstantem Kapital (in Produktionsmitteln existierendem Kapitalwert) zum Ersatz des in der Produktion von Konsumtionsmitteln verausgabten konstanten Kapitalwerts. Was hier die kapitalistische Gesellschaft vom Wilden unterscheidet, ist nicht, wie Senior56 meint, daß es das Privilegium und die Eigenheit des Wilden sei, seine Arbeit zu verausgaben in gewisser Zeit, die ihm keine in Revenue, d.h. in Konsumtionsmittel auflösbare (umsetzbare) Früchte verschafft, sondern der Unterschied besteht darin:

a) Die kapitalistische Gesellschaft verwendet mehr ihrer disponiblen Jahresarbeit in Produktion von Produktionsmitteln (ergo von konstantem Kapital), die weder unter der Form von Arbeitslohn noch von Mehrwert in Revenue auflösbar sind, sondern nur als Kapital fungieren können.

b) Wenn der Wilde Bogen, Pfeile, Steinhämmer, Äxte, Körbe etc. macht, so weiß er ganz genau, daß er die so verwandte Zeit nicht auf Herstellung von Konsumtionsmitteln verwendet hat, daß er also seinen Bedarf an Produktionsmitteln gedeckt hat und weiter nichts. Außerdem begeht der Wilde eine schwere ökonomische Sünde durch seine völlige Gleichgültigkeit[436] gegen Zeitaufwand und verwendet z.B. manchmal, wie Tyler erzählt, einen ganzen Monat zur Verfertigung eines Pfeils.57

Die laufende Vorstellung, wodurch ein Teil der politischen Ökonomen sich die theoretische Schwierigkeit, d.h. das Verständnis des realen Zusammenhangs, vom Hals zu schaffen sucht – daß, was für den einen Kapital, für den andren Revenue ist, und umgekehrt –, ist teilweise richtig und wird ganz falsch (enthält also ein völliges Mißverständnis des ganzen Umsetzungsprozesses, der mit der jährlichen Reproduktion vorgeht, also auch ein Mißverständnis über die tatsächliche Grundlage des teilweis Richtigen), sobald sie allgemein aufgestellt wird.

Wir stellen jetzt die tatsächlichen Verhältnisse zusammen, worauf die teilweise Richtigkeit dieser Vorstellung beruht, wobei sich zugleich die falsche Auffassung dieser Verhältnisse zeigen wird.

1. Das variable Kapital fungiert als Kapital in der Hand des Kapitalisten und fungiert als Revenue in der Hand des Lohnarbeiters.

Das variable Kapital existiert zunächst in der Hand des Kapitalisten als Geldkapital; es fungiert als Geldkapital, indem er damit Arbeitskraft kauft. Solange es in seiner Hand in Geldform verharrt, ist es nichts als in Geldform existierender gegebner Wert, also eine konstante und keine variable Größe. Es ist nur potentiell variables Kapital – eben durch seine Umsatzfähigkeit in Arbeitskraft. Wirkliches variables Kapital wird es nur nach Abstreifung seiner Geldform, nachdem es in Arbeitskraft umgesetzt worden und diese als Bestandteil des produktiven Kapitals im kapitalistischen Prozeß fungiert.

Das Geld, das zuerst als Geldform des variablen Kapitals für den Kapitalisten fungierte, fungiert nun in der Hand des Arbeiters als Geldform seines Arbeitslohns, den er in Lebensmittel umsetzt; also als Geldform der Revenue, die er aus dem stets wiederholten Verkauf seiner Arbeitskraft bezieht.

Hier haben wir nur die einfache Tatsache, daß das Geld des Käufers, hier des Kapitalisten, aus seiner Hand in die Hand des Verkäufers, hier des Verkäufers der Arbeitskraft, des Arbeiters, geht. Es ist nicht das variable Kapital, das doppelt fungiert, als Kapital für den Kapitalisten und als Revenue für den Arbeiter, sondern es ist dasselbe Geld, das erst in der Hand des Kapitalisten als Geldform seines variablen Kapitals, daher als potentielles variables Kapital existiert, und das, sobald der Kapitalist es umgesetzt[437] in Arbeitskraft, in der Hand des Arbeiters als Äquivalent für verkaufte Arbeitskraft dient. Daß aber dasselbe Geld in der Hand des Verkäufers einer andren Nutzanwendung dient als in der Hand des Käufers, ist allem Kauf und Verkauf von Waren angehöriges Phänomen.

Apologetische Ökonomen stellen die Sache falsch dar, wie sich am besten zeigt, wenn wir nur den Zirkulationsakt G – A (= G – W), Umsatz von Geld in Arbeitskraft auf Seite des kapitalistischen Käufers, A – G (= W – G), Umsatz der Ware Arbeitskraft in Geld auf Seite des Verkäufers, des Arbeiters, ausschließlich im Auge halten, ohne uns vorläufig um das weiter Folgende zu bekümmern. Sie sagen: dasselbe Geld realisiert hier zwei Kapitale; der Käufer – Kapitalist – setzt sein Geldkapital in lebendige Arbeitskraft um, die er seinem produktiven Kapital einverleibt; andrerseits der Verkäufer – Arbeiter – setzt seine Ware – die Arbeitskraft – in Geld um, das er als Revenue verausgabt, wodurch er eben befähigt wird, seine Arbeitskraft stets von neuem wieder zu verkaufen und so zu erhalten; seine Arbeitskraft ist also selbst sein Kapital in Warenform, woraus ihm beständig seine Revenue quillt. In der Tat ist die Arbeitskraft sein Vermögen (stets sich erneuerndes, reproduktives), nicht sein Kapital. Sie ist die einzige Ware, die er beständig verkaufen kann und muß, um zu leben, und die als Kapital (variables) nur erst in der Hand des Käufers, des Kapitalisten, wirkt. Daß ein Mann beständig gezwungen ist, stets wieder von neuem seine Arbeitskraft, d.h. sich selbst, an eine dritte Person zu verkaufen, beweist nach jenen Ökonomen, daß er ein Kapitalist ist, weil er beständig »Ware« (sich selbst) zu verkaufen hat. In diesem Sinn wird auch der Sklave Kapitalist, obgleich er von einer dritten Person ein für allemal als Ware verkauft wird; denn die Natur dieser Ware – des Arbeitssklaven – bringt es mit sich, daß ihr Käufer sie nicht nur jeden Tag von neuem arbeiten läßt, sondern ihr auch die Lebensmittel gibt, vermöge deren sie stets von neuem wieder arbeiten kann. – (Vergleiche hierüber Sismondi und Say in den Briefen an Malthus.)

2. In dem Umsatz von 1000 Iv + 1000 Im gegen 2000 IIc wird also das, was konstantes Kapital für die einen (2000 IIc), variables Kapital und Mehrwert, also überhaupt Revenue, für die andren; und das, was variables Kapital und Mehrwert (2000 I(v + m)), also überhaupt Revenue für die einen, wird konstantes Kapital für die andren.

Betrachten wir zunächst den Umsatz von Iv gegen IIc, und zwar zuerst vom Standpunkt des Arbeiters.

Der Gesamtarbeiter von I hat seine Arbeitskraft verkauft an den Gesamtkapitalisten von I für 1000; er erhält diesen Wert in Geld ausgezahlt[438] in der Form des Arbeitslohns. Mit diesem Geld kauft er von II Konsumtionsmittel zum selben Wertbetrag. Der Kapitalist II steht ihm nur als Warenverkäufer und als nichts andres gegenüber, auch wenn der Arbeiter von seinem eignen Kapitalisten kauft, wie z.B. oben (S. 380) im Umsatz der 500 IIv. Die Zirkulationsform, die seine Ware, die Arbeitskraft, durchmacht, ist die der einfachen, auf bloße Befriedigung von Bedürfnissen, auf Konsumtion gerichtete Warenzirkulation W (Arbeitskraft) – G – W (Konsumtionsmittel, Ware II). Resultat dieses Zirkulationsvorgangs ist: daß der Arbeiter sich als Arbeitskraft für den Kapitalisten I erhalten hat, und um sich weiter als solche zu erhalten, muß er stets von neuem den Prozeß A(W) – G – W wiederholen. Sein Arbeitslohn realisiert sich in Konsumtionsmitteln, er wird als Revenue verausgabt und, die Arbeiterklasse im ganzen genommen, wieder beständig als Revenue verausgabt.

Betrachten wir nun denselben Umsatz Iv gegen IIc vom Standpunkt des Kapitalisten. Das ganze Warenprodukt von II besteht aus Konsumtionsmitteln; also aus Dingen, bestimmt, in die jährliche Konsumtion einzugehn, also zur Realisierung von Revenue zu dienen für irgend jemand, im hier betrachteten Fall für den Gesamtarbeiter I. Für den Gesamtkapitalisten II aber ist ein Teil seines Warenprodukts, = 2000, jetzt die in Ware verwandelte Form des konstanten Kapitalwerts seines produktiven Kapitals, welches aus dieser Warenform wieder rückverwandelt werden muß in die Naturalform, worin es von neuem als konstanter Teil des produktiven Kapitals wirken kann. Was Kapitalist II bis jetzt erreicht hat, ist, daß er die Hälfte (= 1000) seines in Warenform (Konsumtionsmitteln) reproduzierten konstanten Kapitalwerts durch den Verkauf an den Arbeiter I in Geldform rückverwandelt hat. Es ist also auch nicht das variable Kapital Iv, das sich umgesetzt hat in diese erste Hälfte des konstanten Kapitalwerts IIc, sondern das Geld, das für I als Geldkapital fungierte im Umsatz gegen Arbeitskraft, war so in den Besitz des Verkäufers der Arbeitskraft gekommen, für den es kein Kapital, sondern Revenue in Geldform darstellt, d.h. verausgabt wird als Kaufmittel von Konsumtionsmitteln. Das Geld = 1000, das den Kapitalisten II von den Arbeitern I zugeflossen, kann andrerseits nicht als konstantes Element des produktiven Kapitals II fungieren. Es ist nur noch die Geldform seines Warenkapitals, noch umzusetzen in fixe oder zirkulierende Bestandteile von konstantem Kapital. II kauft also mit dem von den Arbeitern I, den Käufern seiner Ware, gelösten Geld für 1000 Produktionsmittel von I. Damit ist der konstante Kapitalwert II zur Hälfte des[439] Gesamtbetrags erneuert in der Naturalform, worin es wieder als Element des produktiven Kapitals II fungieren kann. Die Zirkulationsform war dabei W – G – W: Konsumtionsmittel zum Wert von 1000 – Geld = 1000 – Produktionsmittel zum Wert von 1000.

Aber W – G – W ist hier Kapitalbewegung. W, verkauft an die Arbeiter, verwandelt sich in G, und dies G wird umgesetzt in Produktionsmittel; es ist Rückverwandlung aus Ware in die stofflichen Bildungselemente dieser Ware. Andrerseits, wie Kapitalist II gegen I nur als Warenkäufer, fungiert Kapitalist I gegen II hier nur als Warenverkäufer. I hat ursprünglich mit 1000 Geld, bestimmt, als variables Kapital zu fungieren, Arbeitskraft zum Wert von 1000 gekauft; er hat also ein Äquivalent für seine in Geldform weggegebnen 1000v erhalten; das Geld gehört jetzt dem Arbeiter, der es verausgabt in Käufen von II; I kann dies Geld, das so in die Kasse von II geflossen, nur rückerhalten, indem er es durch Verkauf von Waren zum selben Wertbetrag wieder herausfischt.

Erst hatte I eine bestimmte Geldsumme = 1000, bestimmt, als variabler Kapitalteil zu fungieren; sie fungiert als solcher durch ihren Umsatz in Arbeitskraft zum selben Wertbetrag. Der Arbeiter hat ihm aber als Resultat des Produktionsprozesses geliefert eine Warenmasse (Produktionsmittel) zum Wert von 6000, wovon 1/6 oder 1000 ihrem Wert nach ein Äquivalent des in Geld vorgeschoßnen variablen Kapitalteils. So wenig wie früher in seiner Geldform, fungiert der variable Kapitalwert jetzt in seiner Warenform als variables Kapital; dies kann er nur nach erfolgtem Umsatz in lebendige Arbeitskraft, und nur solange diese im Produktionsprozeß fungiert. Als Geld war der variable Kapitalwert nur potentielles variables Kapital. Aber er befand sich in einer Form, worin er direkt in Arbeitskraft umsetzbar. Als Ware ist dieser selbe variable Kapitalwert nur noch potentieller Geldwert; er wird erst wieder in der ursprünglichen Geldform hergestellt durch den Verkauf der Ware, hier also dadurch, daß II für 1000 Ware kauft von I. Die Zirkulationsbewegung ist hier: 1000v (Geld) – Arbeitskraft zum Wert von 1000 – 1000 in Ware (Äquivalent des variablen Kapitals) – 1000v (Geld); also G – W...W – G (= G – A...W – G). Der zwischen W...W fallende Produktionsprozeß selbst gehört der Zirkulationssphäre nicht an; er erscheint nicht im Umsatz der verschiednen Elemente der jährlichen Reproduktion gegeneinander, obgleich dieser Umsatz die Reproduktion aller Elemente des produktiven Kapitals einschließt, sowohl seiner konstanten wie des variablen Elements, der Arbeitskraft. Alle Träger dieses Umsatzes erscheinen nur als Käufer oder Verkäufer oder als beides; die Arbeiter erscheinen darin nur als Warenkäufer; die Kapitalisten abwechselnd als[440] Käufer und Verkäufer; und innerhalb bestimmter Grenzen nur als einseitig Warenkäufer oder als einseitig Warenverkäufer.

Resultat: Daß I den variablen Wertteil seines Kapitals wieder in der Geldform besitzt, woraus allein er direkt in Arbeitskraft umsetzbar ist, d.h. ihn wieder besitzt in der einzigen Form, worin er wirklich als variables Element seines produktiven Kapitals vorgeschossen werden kann. Andrerseits, um wieder als Warenkäufer auftreten zu können, muß der Arbeiter jetzt vorher wieder als Warenverkäufer, als Verkäufer seiner Arbeitskraft auftreten.

Mit Bezug auf das variable Kapital der Kategorie II (500 IIv)tritt der Zirkulationsprozeß zwischen Kapitalisten und Arbeitern derselben Produktionsklasse in unvermittelter Form auf, sofern wir ihn betrachten als vorgehend zwischen dem Gesamtkapitalisten II und dem Gesamtarbeiter II.

Der Gesamtkapitalist II schießt 500v vor im Ankauf von Arbeitskraft zum selben Wertbetrag; der Gesamtkapitalist ist hier Käufer, der Gesamtarbeiter Verkäufer. Dann tritt der Arbeiter mit dem für seine Arbeitskraft gelösten Geld als Käufer eines Teils der von ihm selbst produzierten Waren auf. Hier ist der Kapitalist also Verkäufer. Der Arbeiter hat dem Kapitalisten das ihm im Ankauf seiner Arbeitskraft gezahlte Geld ersetzt durch einen Teil des produzierten Warenkapitals II, nämlich 500v in Ware; der Kapitalist besitzt jetzt in Warenform dasselbe v, das er vor dem Umsatz in Arbeitskraft in Geldform besaß; der Arbeiter andrerseits hat den Wert seiner Arbeitskraft in Geld realisiert und realisiert dies Geld jetzt wieder, indem er es zur Bestreitung seiner Konsumtion als Revenue verausgabt in Ankauf eines Teils der von ihm selbst produzierten Konsumtionsmittel. Es ist dies Austausch der Revenue des Arbeiters in Geld gegen den von ihm selbst in Warenform reproduzierten Warenbestandteil 500v des Kapitalisten. So kehrt dies Geld zum Kapitalisten II als Geldform seines variablen Kapitals zurück. Äquivalenter Revenuewert in Geldform ersetzt hier variablen Kapitalwert in Warenform.

Der Kapitalist bereichert sich nicht dadurch, daß er das Geld, das er dem Arbeiter bei Ankauf der Arbeitskraft zahlt, ihm wieder entzieht durch Verkauf einer äquivalenten Warenmasse an den Arbeiter. Er würde den Arbeiter in der Tat zweimal zahlen, wenn er ihm erst 500 zahlte im Ankauf seiner Arbeitskraft und ihm außerdem noch die Warenmasse im Wert von 500 umsonst gäbe, die er den Arbeiter hat produzieren lassen. Umgekehrt, produzierte ihm der Arbeiter weiter nichts als ein Äquivalent in Ware von 500 für den Preis seiner Arbeitskraft von 500, so wäre der Kapitalist nach der Operation gerade auf demselben Punkt wie vor derselben. Aber der[441] Arbeiter hat ein Produkt von 3000 reproduziert; er hat den konstanten Wertteil des Produkts, d.h. den Wert der darin verbrauchten Produktionsmittel = 2000 erhalten durch ihre Verwandlung in neues Produkt; er hat diesem gegebnen Wert außerdem einen Wert von 1000(v+m) zugefügt. (Die Vorstellung, als wenn der Kapitalist sich bereichre in dem Sinn, daß er Mehrwert gewinne durch den Rückfluß der 500 in Geld, entwickelt Destutt de Tracy, worüber des breitern Abschnitt XIII dieses Kapitels.)

Durch den Kauf der Konsumtionsmittel zum Wert von 500 seitens des Arbeiters II kehrt dem Kapitalisten II der Wert von 500 IIv, den er eben noch in Ware besaß, wieder zurück in Geld, in der Form, worin er ihn ursprünglich vorschoß. Unmittelbares Resultat der Transaktion, wie bei jedem andern Warenverkauf, ist der Umsatz gegebnen Werts aus Warenform in Geldform. Auch der dadurch vermittelte Rückfluß des Geldes zu seinem Ausgangspunkt ist nichts Spezifisches. Hätte Kapitalist II für 500 in Geld Ware von Kapitalist I gekauft und dann seinerseits Ware zum Betrag von 500 an I verkauft, so wären ihm ebenfalls 500 in Geld zurückgeströmt. Die 500 Geld hätten nur zum Umsatz einer Warenmasse von 1000 gedient und wären nach dem frühern allgemeinen Gesetz an den zurückgeflossen, der das Geld zum Umsatz dieser Warenmasse in Zirkulation geworfen.

Aber die 500 Geld, die zu Kapitalist II zurückgeflossen, sind zugleich erneutes potentielles variables Kapital in Geldform. Warum dies? Geld, also auch Geldkapital, ist potentielles variables Kapital nur, weil und sofern es umsetzbar in Arbeitskraft. Die Rückkehr der 500 Pfd. St. Geld zu Kapitalist II ist begleitet von der Rückkehr der Arbeitskraft II auf den Markt. Die Rückkehr beider auf entgegengesetzten Polen – also auch die Wiedererscheinung der 500 Geld, nicht nur als Geld, sondern auch als variables Kapital in Geldform – ist bedingt durch eine und dieselbe Prozedur. Das Geld = 500 fließt an Kapitalist II zurück, weil er an Arbeiter II Konsumtionsmittel zum Betrag von 500 verkauft hat, also weil der Arbeiter seinen Arbeitslohn verausgabt, dadurch sich nebst Familie und damit auch seine Arbeitskraft erhalten hat. Um weiterzuleben und weiter als Warenkäufer auftreten zu können, muß er von neuem seine Arbeitskraft verkaufen. Die Rückkehr der 500 in Geld zum Kapitalisten II ist also gleichzeitig Rückkehr, resp. Verbleiben, der Arbeitskraft als durch die 500 Geld kaufbare Ware und damit Rückkehr der 500 Geld als potentielles variables Kapital.

Mit Bezug auf die Luxusmittel produzierende Kategorie IIb verhält es sich mit ihrem v – (IIb)v – dann wie mit Iv. Das Geld, das den Kapitalisten IIb ihr variables Kapital in Geldform erneuert, strömt ihnen zu auf dem Umweg durch die Hand der Kapitalisten IIa. Aber dennoch macht es einen[442] Unterschied, ob die Arbeiter ihre Lebensmittel direkt von den kapitalistischen Produzenten kaufen, denen sie ihre Arbeitskraft verkaufen, oder ob sie von einer andren Kategorie Kapitalisten kaufen, vermittelst deren den erstren das Geld nur auf einem Umweg zurückströmt. Da die Arbeiterklasse von der Hand in den Mund lebt, kauft sie, solange sie kaufen kann. Anders beim Kapitalisten, z.B. bei dem Umsatz von 1000 IIc gegen 1000 Iv. Der Kapitalist lebt nicht von der Hand in den Mund. Möglichste Verwertung seines Kapitals ist sein treibendes Motiv. Treten daher Umstände irgendeiner Art ein, die es dem Kapitalisten II vorteilhafter erscheinen lassen, statt unmittelbar sein konstantes Kapital zu erneuern, es teilweise wenigstens in Geldform längre Zeit festzuhalten, so verzögert sich der Rückfluß der 1000 IIc (in Geld) zu I; also auch die Wiederherstellung von 1000v in Geldform, und Kapitalist I kann nur auf derselben Stufenleiter fortarbeiten, wenn er Reservegeld zur Verfügung hat, wie überhaupt Reservekapital in Geld nötig ist, um ununterbrochen, ohne Rücksicht auf raschern oderA29 langsamern Rückfluß des variablen Kapitalwerts in Geld, fortarbeiten zu können.

Hat man den Umsatz der verschiednen Elemente der laufenden jährlichen Reproduktion zu untersuchen, so auch das Resultat der vergangnen Jahresarbeit, der Arbeit des bereits zum Abschluß gekommnen Jahrs. Der Produktionsprozeß, der in diesem jährlichen Produkt resultierte, liegt hinter uns, ist vergangen, aufgegangen in seinem Produkt, um so mehr also auch der Zirkulationsprozeß, der dem Produktionsprozeß vorhergeht oder ihm parallel läuft, der Umsatz von potentiellem in wirkliches variables Kapital, d.h. der Kauf und Verkauf von Arbeitskraft. Der Arbeitsmarkt bildet keinen Teil mehr des Warenmarkts, den man hier vor sich hat. Der Arbeiter hat hier bereits nicht nur seine Arbeitskraft verkauft, sondern außer dem Mehrwert ein Äquivalent des Preises seiner Arbeitskraft in Ware geliefert; er hat andrerseits seinen Arbeitslohn in der Tasche und figuriert während des Umsatzes nur als Käufer von Ware (Konsumtionsmitteln). Andrerseits muß aber das jährliche Produkt alle Elemente der Reproduktion enthalten, alle Elemente des produktiven Kapitals wiederherstellen, vor allem also sein wichtigstes Element, das variable Kapital. Und wir haben in der Tat gesehn, daß mit Bezug auf variables Kapital als Resultat des Umsatzes sich darstellt: als Warenkäufer, durch Verausgabung seines Arbeitslohns und durch den Konsum der gekauften Ware erhält und reproduziert der Arbeiter seine Arbeitskraft als die einzige Ware, die er zu verkaufen hat: wie das in Ankauf dieser Arbeitskraft vom Kapitalisten vorgeschoßne Geld zu[443] diesem zurückkehrt, kehrt auch die Arbeitskraft, als gegen es umsetzbare Ware, auf den Arbeitsmarkt zurück; als Resultat, hier speziell bei 1000 Iv, erhalten wir: 1000c in Geld auf seiten der Kapitalisten I – demgegenüber: Arbeitskraft zum Wert von 1000 auf seiten der Arbeiter I, so daß der ganze Reproduktionsprozeß I von neuem beginnen kann. Dies ist das eine Resultat des Umsatzprozesses.

Andrerseits hat die Verausgabung des Arbeitslohns der Arbeiter I Konsumtionsmittel zum Belauf von 1000c von II gehoben, diese somit aus Warenform in Geldform verwandelt; aus dieser Geldform hat II sie rückverwandelt in die Naturalform seines konstanten Kapitals, durch Kauf von Waren = 1000c von I, dem dadurch sein variabler Kapitalwert wieder in Geldform rückfließt.

Das variable Kapital I macht drei Verwandlungen durch, die im Umsatz des jährlichen Produkts gar nicht oder nur andeutungsweise erscheinen.

1. Die erste Form, 1000 Iv in Geld, das in Arbeitskraft zum selben Wertbetrag umgesetzt wird. Dieser Umsatz erscheint nicht selbst im Warenumsatz zwischen I und II, aber sein Resultat erscheint darin, daß die Arbeiterklasse I mit 1000 Geld dem Warenverkäufer II gegenübertritt, ganz wie die Arbeiterklasse II mit 500 Geld dem Warenverkäufer von 500 IIv in Warenform.

2. Die zweite Form, die einzige, worin das variable Kapital wirklich variiert, als variables fungiert, wo wertschöpferische Kraft an Stelle von dafür eingetauschtem, gegebnem Wert erscheint, gehört aus schließlich dem Produktionsprozeß an, der hinter uns liegt.

3. Die dritte Form, worin das variable Kapital sich als solches bewährt hat im Resultat des Produktionsprozesses, ist das jährliche Wertprodukt, also bei I = 1000v + 1000m = 2000 I(v+m). An Stelle seines ursprünglichen Werts = 1000 in Geld ist ein doppelt so großer Wert = 2000 in Ware getreten. Der variable Kapitalwert = 1000 in Ware bildet daher auch nur die Hälfte des durch das variable Kapital als Element des produktiven Kapitals geschaffnen Wertprodukts. Die 1000 Iv in Ware sind exaktes Äquivalent des in 1000v Geld von I ursprünglich vorgeschoßnen, seiner Bestimmung nach variablen Teils des Gesamtkapitals; in Warenform sind sie aber nur potentiell Geld (werden es wirklich erst durch ihren Verkauf), also noch weniger direkt variables Geldkapital. Schließlich werden sie dies durch den Verkauf der Ware 1000 Iv an IIc und durch das baldige Wiedererscheinen der Arbeitskraft als käuflicher Ware, als Material, worin sich 1000v Geld umsetzen kann.[444]

Während aller dieser Wandlungen hält Kapitalist I beständig das variable Kapital in seiner Hand; 1. anfänglich als Geldkapital; 2. sodann als Element seines produktiven Kapitals; 3. noch später als Wertteil seines Warenkapitals, also in Warenwert; 4. endlich wieder in Geld, dem die Arbeitskraft, worin es um setzbar, wieder gegenübersteht. Während des Arbeitsprozesses hat der Kapitalist das variable Kapital in seiner Hand als sich betätigende, Wert schaffende Arbeitskraft, aber nicht als Wert von gegebner Größe; da er jedoch den Arbeiter stets nur zahlt, nachdem seine Kraft schon bestimmte kürzre oder längre Zeit gewirkt hat, so hat er auch den von ihr geschaffnen Ersatzwert für sie selbst plus Mehrwert bereits in seiner Hand, bevor er zahlt.

Da das variable Kapital stets in irgendeiner Form in der Hand des Kapitalisten bleibt, kann in keiner Weise gesagt werden, daß es sich in Revenue für irgend jemand umsetzt. 1000 Iv in Ware setzt sich vielmehr um in Geld durch seinen Verkauf an II, dem es die Hälfte seines konstanten Kapitals in natura ersetzt.

Was sich in Revenue auflöst, ist nicht das variable Kapital I, 1000v in Geld; dies Geld hat aufgehört, als Geldform des variablen Kapitals I zu fungieren, sobald es in Arbeitskraft umgesetzt ist, wie das Geld jedes andern Warenverkäufers aufgehört hat, irgend ihm gehöriges zu repräsentieren, sobald er es in Ware eines Verkäufers umgesetzt hat. Die Umsätze, die das als Arbeitslohn bezogne Geld in der Hand der Arbeiterklasse durchmacht, sind keine Umsätze des variablen Kapitals, sondern des in Geld verwandelten Werts ihrer Arbeitskraft; ganz ebenso wie der Umsatz des vom Arbeiter geschaffnen Wertprodukts (2000 I(v+m)) nur der Umsatz einer den Kapitalisten gehörigen Ware ist, der den Arbeiter nichts angeht. Der Kapitalist aber – und noch mehr sein theoretischer Dolmetscher, der politische Ökonom – kann sich nur schwer der Einbildung entschlagen, daß das dem Arbeiter ausgezahlte Geld immer noch sein, des Kapitalisten Geld ist. Ist der Kapitalist Goldproduzent, so erscheint direkt der variable Wertteil – d.h. das Äquivalent in Ware, das ihm den Kaufpreis der Arbeit ersetzt – selbst in Geldform, kann also auch ohne den Umweg eines Rückflusses von neuem als variables Geldkapital fungieren. Was aber den Arbeiter in II betrifft – soweit wir absehn vom Luxusarbeiter –, so existiert 500v selbst in Waren, die für die Konsumtion des Arbeiters bestimmt sind, die er, als Gesamtarbeiter betrachtet, direkt wieder kauft von demselben Gesamtkapitalisten, an den er seine Arbeitskraft verkauft hat. Der variable Wertteil des Kapitals II besteht seiner Naturalform nach in Konsumtionsmitteln, größtenteils bestimmt für den Verzehr der Arbeiterklasse. Aber es ist nicht das variable[445] Kapital, das in dieser Form vom Arbeiter verausgabt wird; es ist der Arbeitslohn, das Geld des Arbeiters, das gerade durch seine Realisation in diesen Konsumtionsmitteln das variable Kapital 500 IIv für den Kapitalisten wieder in seiner Geldform herstellt. Das variable Kapital IIv ist reproduziert in Konsumtionsmitteln, wie das konstante Kapital 2000 IIc; so wenig wie das eine löst sich das andre in Revenue auf. Was sich in Revenue auflöst, ist in beiden Fällen der Arbeitslohn.

Daß aber durch die Verausgabung des Arbeitslohns als Revenue im einen Fall 1000 IIc, ebenso auf diesem Umweg 1000 Iv und ditto 500 IIv, also konstantes Kapital und variables (bei diesem teils durch direkten, teils durch indirekten Rückfluß) wieder als Geldkapital hergestellt wird, ist eine wichtige Tatsache im Umsatz des jährlichen Produkts.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 435-446.
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