I. Im allgemeinen

[87] Die Vermehrung des absoluten Mehrwerts oder die Verlängerung der Mehrarbeit und darum des Arbeitstags, bei gleichbleibendem variablem Kapital, also bei Anwendung derselben Arbeiteranzahl zu nominell demselben Lohn – wobei es gleichgültig, ob die Überzeit bezahlt wird oder nicht – senkt relativ den Wert des konstanten Kapitals gegenüber dem Gesamtkapital und dem variablen Kapital und erhöht dadurch die Profitrate, auch abgesehn von dem Wachstum und der Masse des Mehrwerts und der möglicherweise steigenden Rate des Mehrwerts. Der Umfang des fixen Teils des konstanten Kapitals, Fabrikgebäude, Maschinerie etc. bleibt derselbe, ob 16 oder 12 Stunden damit gearbeitet wird. Die Verlängerung des Arbeitstags erheischt keine neue Auslage in diesem, dem kostspieligsten Teil des konstanten Kapitals. Es kommt hinzu, daß der Wert des fixen Kapitals so in einer kürzern Reihe von Umschlagsperioden reproduziert, also die Zeit verkürzt wird, für die es vorgeschossen werden muß, um einen bestimmten Profit zu machen. Die Verlängerung des Arbeitstags steigert daher den Profit, selbst wenn die Überzeit bezahlt, und bis zu einer gewissen Grenze, selbst wenn sie höher bezahlt wird als die normalen Arbeitsstunden. Die stets wachsende Notwendigkeit der Vermehrung des fixen Kapitals im modernen Industriesystem war daher ein Hauptstachel zur Verlängerung des Arbeitstags für profitwütige Kapitalisten.11[87]

Es findet nicht dasselbe Verhältnis bei konstantem Arbeitstag statt. Es ist hier entweder nötig, die Zahl der Arbeiter und mit ihnen auch zu einem gewissen Verhältnis die Masse des fixen Kapitals, der Baulichkeiten, Maschinerie etc. zu vermehren, um eine größere Masse von Arbeit zu exploitieren (denn es wird hier abgesehn von Abzügen am Lohn oder Herabpressen des Lohns unter seine normale Höhe). Oder, wo die Intensität der Arbeit vermehrt, beziehungsweise die Produktivkraft der Arbeit erhöht, überhaupt mehr relativer Mehrwert erzeugt werden soll, wächst in den Industriezweigen, die Rohstoff anwenden, die Masse des zirkulierenden Teils des konstanten Kapitals, indem mehr Rohstoff etc. in dem gegebnen Zeitraum verarbeitet wird; und zweitens wächst die von derselben Zahl Arbeiter in Bewegung gesetzte Maschinerie, also auch dieser Teil des konstanten Kapitals. Das Wachsen des Mehrwerts ist also begleitet von einem Wachsen des konstanten Kapitals, die wachsende Exploitation der Arbeit von einer Verteuerung der Produktionsbedingungen, vermittelst welcher die Arbeit exploitiert wird, d.h. von größrer Kapitalauslage. Die Profitrate wird also hierdurch auf der einen Seite vermindert, wenn auf der andern erhöht.

Eine ganze Reihe laufender Unkosten bleibt sich beinahe oder ganz gleich bei längrem wie bei kürzrem Arbeitstag. Die Aufsichtskosten sind geringer für 500 Arbeiter bei 18 Arbeitsstunden als für 750 bei 12 Stunden.

»Die Betriebskosten einer Fabrik bei zehnstündiger Arbeit sind beinahe gleich hoch wie bei zwölfstündiger.« (»Rep. Fact., Oct. 1848«, p. 37.)

Staats- und Gemeindesteuern, Feuerversichrung, Lohn verschiedner ständiger Angestellter, Entwertung der Maschinerie und verschiedne andre Unkosten einer Fabrik laufen unverändert voran bei langer oder kurzer Arbeitszeit; im Verhältnis wie die Produktion abnimmt, steigen sie gegenüber dem Profit. (»Rep. Fact., Oct. 1862«, p. 19.)

Die Zeitdauer, worin sich der Wert der Maschinerie und andrer Bestandteile des fixen Kapitals reproduziert, ist praktisch bestimmt nicht durch die Zeit ihrer bloßen Dauer, sondern durch die Gesamtdauer des Arbeitsprozesses, während dessen sie wirkt und vernutzt wird. Müssen die Arbeiter 18 Stunden statt 12 schanzen, so gibt dies drei Tage mehr auf die Woche, eine Woche wird zu anderthalb, zwei Jahre zu drei. Wird die Überzeit nicht bezahlt, so geben die Arbeiter also, außer der normalen Mehrarbeitszeit, auf zwei Wochen die dritte, auf zwei Jahre das dritte gratis. Und so wird die Wertreproduktion der Maschinerie um 50% gesteigert und in 2/3 der sonst notwendigen Zeit erreicht.[88]

Wir gehn bei dieser Untersuchung sowie bei der über die Preisschwankungen des Rohmaterials (in Kap. VI) von der Voraussetzung aus, daß Masse und Rate des Mehrwerts gegeben sind – zur Vermeidung nutzloser Komplikationen.

Wie bereits bei Darstellung der Kooperation, der Teilung der Arbeit und der Maschinerie hervorgehoben, entspringt die Ökonomie in den Produktionsbedingungen, welche die Produktion auf großer Stufenleiter charakterisiert, wesentlich daraus, daß diese Bedingungen als Bedingungen gesellschaftlicher, gesellschaftlich kombinierter Arbeit, also als gesellschaftliche Bedingungen der Arbeit fungieren. Sie werden gemeinsam im Produktionsprozeß konsumiert, vom Gesamtarbeiter, statt in zersplitterter Form von einer Masse unzusammenhängender oder höchstens auf kleinem Maßstab unmittelbar kooperierender Arbeiter. In einer großen Fabrik mit einem oder zwei Zentralmotoren wachsen die Kosten dieser Motoren nicht in demselben Verhältnis wie ihre Pferdekraft und daher ihre mögliche Wirkungssphäre; die Kosten der Übertragungsmaschinerie wachsen nicht in demselben Verhältnis wie die Masse der Arbeitsmaschinen, denen sie die Bewegung mitteilt; der Rumpf der Arbeitsmaschine selbst verteuert sich nicht im Verhältnis mit der steigenden Anzahl der Werkzeuge, womit als mit ihren Organen sie fungiert usw. Die Konzentration der Produktionsmittel erspart ferner Baulichkeiten aller Art, nicht nur für die eigentlichen Werkstätten, sondern auch für die Lagerlokale usw. Ebenso verhält es sich mit den Ausgaben für Feuerung, Beleuchtung usw. Andre Produktionsbedingungen bleiben dieselben, ob von wenigen oder vielen benutzt.

Diese ganze Ökonomie, die aus der Konzentration der Produktionsmittel und ihrer massenhaften Anwendung entspringt, setzt aber als wesentliche Bedingung die Anhäufung und das Zusammenwirken der Arbeiter voraus, also gesellschaftliche Kombination der Arbeit. Sie entspringt daher ebensogut aus dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit, wie der Mehrwert aus der Mehrarbeit jedes einzelnen Arbeiters, für sich isoliert betrachtet. Selbst die beständigen Verbesserungen, die hier möglich und notwendig sind, entspringen einzig und allein aus den gesellschaftlichen Erfahrungen und Beobachtungen, welche die Produktion des auf großer Stufenleiter kombinierten Gesamtarbeiters gewährt und erlaubt.

Dasselbe gilt von dem zweiten großen Zweig der Ökonomie in den Produktionsbedingungen. Wir meinen die Rückverwandlung der Exkremente der Produktion, ihrer sogenannten Abfälle, in neue Produktionselemente sei[89] es desselben, sei es eines andern Industriezweigs; die Prozesse, wodurch diese sogenannten Exkremente in den Kreislauf der Produktion und daher der Konsumtion – produktiver oder individueller – zurückgeschleudert werden. Auch dieser Zweig der Ersparungen, auf den wir später etwas näher eingehn, ist das Resultat der gesellschaftlichen Arbeit auf großer Stufenleiter. Es ist die ihr entsprechende Massenhaftigkeit dieser Abfälle, die sie selbst wieder zu Handelsgegenständen und damit zu neuen Elementen der Produktion macht. Nur als Abfälle gemeinsamer Produktion, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, erhalten sie diese Wichtigkeit für den Produktionsprozeß, bleiben sie Träger von Tauschwert. Diese Abfälle – abgesehn von dem Dienst, den sie als neue Produktionselemente leisten – verwohlfeilern, im Maß wie sie wieder verkaufbar werden, die Kosten des Rohstoffs, in welche immer sein normaler Abfall eingerechnet ist, nämlich das Quantum, das durchschnittlich bei seiner Bearbeitung verlorengehn muß. Die Verminderung der Kosten dieses Teils des konstanten Kapitals erhöht pro tanto die Profitrate bei gegebner Größe des variablen Kapitals und gegebner Rate des Mehrwerts.

Wenn der Mehrwert gegeben ist, kann die Profitrate nur vermehrt werden durch Verminderung des Werts des zur Warenproduktion erheischten konstanten Kapitals. Soweit das konstante Kapital in die Produktion der Waren eingeht, ist es nicht sein Tauschwert, sondern sein Gebrauchswert, der allein in Betracht kommt. Wieviel Arbeit der Flachs in einer Spinnerei einsaugen kann, hängt nicht von seinem Wert ab, sondern von seiner Quantität, wenn der Grad der Produktivität der Arbeit, d.h. die Stufe der technischen Entwicklung gegeben ist. Ebenso hängt die Beihilfe, die eine Maschine z.B. drei Arbeitern leistet, nicht von ihrem Wert, sondern von ihrem Gebrauchswert als Maschine ab. Auf einer Stufe der technischen Entwicklung kann eine schlechte Maschine kostspielig, auf einer andern eine gute Maschine wohlfeil sein.

Der gesteigerte Profit, den ein Kapitalist dadurch erhält, daß z.B. Baumwolle und Spinnmaschinerie wohlfeiler geworden, ist das Resultat der gesteigerten Produktivität der Arbeit, zwar nicht in der Spinnerei, wohl aber im Maschinen- und Baumwollenbau. Um ein gegebnes Quantum Arbeit zu vergegenständlichen, also ein gegebnes Quantum Mehrarbeit anzueignen, bedarf es geringrer Auslage in den Bedingungen der Arbeit. Es fallen die Kosten, die erheischt sind, um dies bestimmte Quantum Mehrarbeit anzueignen.

Es ist schon gesprochen worden von der Ersparung, die aus der gemeinschaftlichen Anwendung der Produktionsmittel durch den Gesamtarbeiterden[90] gesellschaftlich kombinierten Arbeiter – im Produktionsprozeß erfolgt. Weitere, aus der Abkürzung der Zirkulationszeit (wo Entwicklung der Kommunikationsmittel wesentliches materielles Moment) entspringende Ersparung in der Auslage von konstantem Kapital wird weiter unten betrachtet werden. Hier aber soll gleich noch gedacht werden der Ökonomie, die hervorgeht aus der fortwährenden Verbesserung der Maschinerie, nämlich 1. ihres Stoffs, z.B. Eisen statt Holz; 2. der Verwohlfeilerung der Maschinerie durch Verbesserung der Maschinenfabrikation überhaupt; so daß, obgleich der Wert des fixen Teils des konstanten Kapitals beständig wächst mit der Entwicklung der Arbeit auf großer Stufenleiter, er weitaus nicht in demselben Grad wächst12; 3. der speziellen Verbesserungen, die der schon vorhandenen Maschinerie erlauben, wohlfeiler und wirksamer zu arbeiten, z.B. Verbesserung der Dampfkessel etc., worüber später noch etwas im einzelnen; 4. der Verminderung der Abfälle durch bessere Maschinerie.

Alles, was den Verschleiß der Maschinerie und überhaupt des fixen Kapitals für eine gegebne Produktionsperiode vermindert, verwohlfeilert nicht nur die einzelne Ware, da jede einzelne Ware den auf sie fallenden aliquoten Teil des Verschleißes in ihrem Preis reproduziert, sondern vermindert die aliquote Kapitalauslage für diese Periode. Reparaturarbeiten u. dgl., im Maß wie sie nötig werden, zählen bei der Rechnung zu den Originalkosten der Maschinerie. Ihre Verminderung, infolge der größern Dauerhaftigkeit der Maschinerie, vermindert pro tanto deren Preis.

Von aller Ökonomie dieser Art gilt großenteils wieder, daß sie nur möglich ist für den kombinierten Arbeiter und sich oft erst verwirklichen kann bei Arbeiten auf noch größrer Stufenleiter, daß sie also noch größre Kombination von Arbeitern unmittelbar im Produktionsprozeß erheischt.

Andrerseits aber erscheint hier die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in einem Produktionszweig, z.B. in der Produktion von Eisen, Kohlen, Maschinen, in der Baukunst usw., die zum Teil wieder zusammenhängen mag mit Fortschritten im Gebiet der geistigen Produktion, namentlich der Naturwissenschaft und ihrer Anwendung, als die Bedingung der Verminderung des Werts und damit der Kosten, der Produktionsmittel in andern Industriezweigen, z.B. der Textilindustrie oder dem Ackerbau. Es ergibt sich dies von selbst, da die Ware, die als Produkt aus einem Industriezweig herauskommt, als Produktionsmittel in den andern wieder eingeht. Ihre größre oder geringre Wohlfeilheit hängt ab von der Produktivität der Arbeit in dem Produktionszweig, aus dem sie als Produkt herauskommt, und ist[91] gleichzeitig Bedingung nicht nur für die Verwohlfeilerung der Waren, in deren Produktion sie als Produktionsmittel eingeht, sondern auch für die Wertverminderung des konstanten Kapitals, dessen Element sie hier wird, und daher für die Erhöhung der Profitrate.

Das Charakteristische dieser Art der Ökonomie des konstanten Kapitals, die aus der fortschreitenden Entwicklung der Industrie hervorgeht, ist, daß hier das Steigen der Profitrate in einem Industriezweig geschuldet wird der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in einem andern. Was hier dem Kapitalisten zugut kommt, ist wieder ein Gewinn, der das Produkt der gesellschaftlichen Arbeit ist, wenn auch nicht das Produkt der direkt von ihm selbst exploitierten Arbeiter. Jene Entwicklung der Produktivkraft führt sich in letzter Instanz immer zurück auf den gesellschaftlichen Charakter der in Tätigkeit gesetzten Arbeit; auf die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft; auf die Entwicklung der geistigen Arbeit, namentlich der Naturwissenschaft. Was der Kapitalist hier benutzt, sind die Vorteile des gesamten Systems der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Es ist die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit in ihrer auswärtigen Abteilung, in der Abteilung, die ihm Produktionsmittel liefert, wodurch hier der Wert des vom Kapitalisten angewandten konstanten Kapitals relativ gesenkt, also die Profitrate erhöht wird.

Eine andre Steigerung der Profitrate entspringt nicht aus der Ökonomie der Arbeit, wodurch das konstante Kapital produziert wird, sondern aus der Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals selbst. Durch die Konzentration der Arbeiter und ihre Kooperation auf großem Maßstab wird einerseits konstantes Kapital gespart. Dieselben Gebäude, Heiz- und Beleuchtungsvorrichtungen usw. kosten verhältnismäßig weniger für große als für kleine Produktionsstufen. Dasselbe gilt von der Kraft- und Arbeitsmaschinerie. Obgleich ihr Wert absolut steigt, fällt er relativ, im Verhältnis zur steigenden Ausdehnung der Produktion und zur Größe des variablen Kapitals oder der Masse der Arbeitskraft, die in Bewegung gesetzt wird. Die Ökonomie, die ein Kapital in seinem eignen Produktionszweig anwendet, besteht zunächst und direkt in Ökonomie der Arbeit, d.h. in Verringerung der bezahlten Arbeit seiner eignen Arbeiter; die vorher erwähnte Ökonomie besteht dagegen darin, diese größtmögliche Aneignung fremder unbezahlter Arbeit auf möglichst ökonomische Weise, d.h. auf dem gegebnen Produktionsmaßstab mit möglichst geringen Kosten zu bewerkstelligen. Soweit diese Ökonomie nicht beruht auf der schon erwähnten Ausbeutung der Produktivität der in der Produktion des konstanten Kapitals angewandten gesellschaftlichen Arbeit, sondern in der Ökonomie[92] in Anwendung des konstanten Kapitals selbst, entspringt sie entweder direkt aus der Kooperation und gesellschaftlichen Form der Arbeit innerhalb des bestimmten Produktionszweigs selbst oder aus der Produktion der Maschinerie usw. auf einer Stufenleiter, worin ihr Wert nicht in demselben Grad wächst wie ihr Gebrauchswert.

Es sind hier zwei Punkte im Auge zu halten: Wäre der Wert von c = 0, so wäre p' = m', und die Profitrate stände auf ihrem Maximum. Zweitens aber: Was das wichtige für die unmittelbare Exploitation der Arbeit selbst ist, ist keineswegs der Wert der angewandten Exploitationsmittel, sei es des fixen Kapitals, sei es der Roh- und Hilfsstoffe. Soweit sie dienen als Aufsauger von Arbeit, als Media, worin oder wodurch sich die Arbeit und darum auch die Mehrarbeit vergegenständlicht, ist der Tauschwert der Maschinerie, der Gebäude, der Rohstoffe etc. vollständig gleichgültig. Worauf es ausschließlich ankommt, ist einerseits ihre Masse, wie sie technisch zur Verbindung mit einem bestimmten Quantum lebendiger Arbeit erheischt ist, andrerseits ihre Zweckgemäßheit, also nicht nur gute Maschinerie, sondern auch gute Roh- und Hilfsstoffe. Von der Güte des Rohstoffs hängt z. T. die Profitrate ab. Gutes Material liefert weniger Abfall; es ist also eine geringre Masse von Rohstoff für die Aufsaugung desselben Quantums Arbeit erheischt. Ferner ist der Widerstand geringer, den die Arbeitsmaschine findet. Z. T. wirkt dies sogar auf den Mehrwert und auf die Rate des Mehrwerts. Der Arbeiter braucht bei schlechtem Rohstoff mehr Zeit, um dasselbe Quantum zu verarbeiten; bei gleichbleibender Lohnzahlung ergibt dies einen Abzug von der Mehrarbeit. Es wirkt dies ferner sehr bedeutend ein auf die Reproduktion und Akkumulation des Kapitals, die, wie Buch I, S.627/619 und folgende entwickelt, noch mehr von der Produktivität als von der Masse der angewandten Arbeit abhängt.

Begreiflich ist daher der Fanatismus des Kapitalisten für Ökonomisierung der Produktionsmittel. Daß nichts umkommt oder verschleudert wird, daß die Produktionsmittel nur in der durch die Produktion selbst erheischten Weise verbraucht werden, hängt teils von der Dressur und Bildung der Arbeiter ab, teils von der Disziplin, die der Kapitalist über die kombinierten Arbeiter ausübt und die überflüssig wird in einem Gesellschaftszustand, wo die Arbeiter für ihre eigne Rechnung arbeiten, wie sie jetzt schon beim Stücklohn fast ganz überflüssig wird. Dieser Fanatismus äußert sich auch umgekehrt in der Fälschung der Produktionselemente, die ein Hauptmittel ist, den Wert des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen zu[93] senken und so die Rate des Profits zu erhöhen; wobei denn noch der Verkauf dieser Produktionselemente über ihrem Wert, soweit dieser Wert im Produkt wiedererscheint, als bedeutendes Element der Prellerei hinzukommt. Dies Moment spielt entscheidende Rolle namentlich in der deutschen Industrie, deren Grundsatz ist: Es kann den Leuten ja nur angenehm sein, wenn wir ihnen zuerst gute Proben schicken und nachher schlechte Ware. Indes diese der Konkurrenz angehörigen Erscheinungen gehn uns hier nichts an.

Es ist zu merken, daß diese durch Verminderung des Werts, also der Kostspieligkeit des konstanten Kapitals hervorgebrachte Steigerung der Profitrate durchaus unabhängig davon ist, ob der Industriezweig, worin sie stattfindet, Luxusprodukte hervorbringt oder in den Konsum der Arbeiter eingehende Lebensmittel oder Produktionsmittel überhaupt. Letztrer Umstand würde nur wichtig sein, soweit es sich um die Rate des Mehrwerts handelt, die wesentlich abhängt vom Wert der Arbeitskraft, d.h. vom Wert der herkömmlichen Lebensmittel des Arbeiters. Hier dagegen sind Mehrwert und Rate des Mehrwerts als gegeben vorausgesetzt. Wie der Mehrwert sich zum Gesamtkapital verhält – und dies bestimmt die Profitrate –, hängt unter diesen Umständen ausschließlich vom Wert des konstanten Kapitals ab und in keiner Weise vom Gebrauchswert der Elemente, woraus es besteht.

Die relative Verwohlfeilerung der Produktionsmittel schließt natürlich nicht aus, daß ihre absolute Wertsumme wächst; denn der absolute Umfang, worin sie angewandt werden, nimmt außerordentlich zu mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und der sie begleitenden, wachsenden Stufenleiter der Produktion. Die Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals, nach welcher Seite sie immer betrachtet werde, ist das Resultat, teils ausschließlich davon, daß die Produktionsmittel als gemeinsame Produktionsmittel des kombinierten Arbeiters fungieren und verbraucht werden, so daß diese Ökonomie selbst als ein Produkt des gesellschaftlichen Charakters der unmittelbar produktiven Arbeit erscheint; teils aber ist sie das Resultat der Entwicklung der Produktivität der Arbeit in den Sphären, die dem Kapital seine Produktionsmittel liefern, so daß, wenn die Gesamtarbeit gegenüber dem Gesamtkapital, nicht bloß die vom Kapitalisten X angewandten Arbeiter diesem Kapitalisten X gegenüber betrachtet werden, diese Ökonomie wieder als Produkt der Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit sich darstellt und der Unterschied nur der ist, daß Kapitalist X nicht nur aus der Produktivität der Arbeit seiner eignen Werkstatt, sondern auch aus der von fremden Werkstätten[94] Vorteil zieht. Dennoch aber erscheint die Ökonomie des konstanten Kapitals dem Kapitalisten als eine dem Arbeiter gänzlich fremde und ihn absolut nichts angehende Bedingung, mit der der Arbeiter gar nichts zu tun hat; während es dem Kapitalisten immer sehr klar bleibt, daß der Arbeiter wohl etwas damit zu tun hat, ob der Kapitalist viel oder wenig Arbeit für dasselbe Geld kauft (denn so erscheint in seinem Bewußtsein die Transaktion zwischen Kapitalist und Arbeiter). In einem noch viel höhern Grad als bei den andern der Arbeit innewohnenden Kräften erscheint diese Ökonomie in Anwendung der Produktionsmittel, diese Methode, ein bestimmtes Resultat mit den geringsten Ausgaben zu erreichen, als eine dem Kapital inhärente Kraft und als eine der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliche und sie charakterisierende Methode.

Diese Vorstellungsweise ist um so weniger befremdlich, als ihr der Schein der Tatsachen entspricht und als das Kapitalverhältnis in der Tat den innern Zusammenhang verbirgt in der vollständigen Gleichgültigkeit, Äußerlichkeit und Entfremdung, worin es den Arbeiter versetzt gegenüber den Bedingungen der Verwirklichung seiner eignen Arbeit.

Erstens: Die Produktionsmittel, aus denen das konstante Kapital besteht, repräsentieren nur das Geld des Kapitalisten (wie der Leib des römischen Schuldners das Geld seines Gläubigers nach Linguet) und stehn in einem Verhältnis nur zu ihm, während der Arbeiter, soweit er im wirklichen Produktionsprozeß mit ihnen in Berührung kommt, sich mit ihnen befaßt nur als mit Gebrauchswerten der Produktion, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoff. Die Ab- oder Zunahme dieses Werts ist also eine Sache, die sein Verhältnis zum Kapitalisten sowenig berührt wie der Umstand, ob er in Kupfer oder in Eisen arbeitet. Allerdings liebt es der Kapitalist, die Sache, wie wir später andeuten werden, anders aufzufassen, sobald Wertzunahme der Produktionsmittel und dadurch Verminderung der Profitrate stattfindet.

Zweitens: Soweit diese Produktionsmittel im kapitalistischen Produktionsprozeß zugleich Exploitationsmittel der Arbeit sind, kümmert die relative Wohlfeilheit oder Kostspieligkeit dieser Exploitationsmittel den Arbeiter ebensowenig, wie es ein Pferd kümmert, ob es mit einem teuern oder wohlfeilen Gebiß und Zaum regiert wird.

Endlich verhält sich, wie früher gesehn, der Arbeiter in der Tat zu dem gesellschaftlichen Charakter seiner Arbeit, zu ihrer Kombination mit der Arbeit andrer für einen gemeinsamen Zweck, als zu einer ihm fremden Macht; die Verwirklichungsbedingungen dieser Kombination sind ihm[95] fremdes Eigentum, dessen Verschleuderung ihm völlig gleichgültig wäre, würde er nicht zur Ökonomisierung desselben gezwungen. Ganz anders ist dies in den den Arbeitern selbst gehörigen Fabriken, z.B. zu Rochdale.

Es bedarf also kaum der Erwähnung, daß, soweit die Produktivität der Arbeit in dem einen Produktionszweig als Verwohlfeilerung und Verbesserung der Produktionsmittel in dem andern erscheint und damit zur Erhöhung der Profitrate dient, dieser allgemeine Zusammenhang der gesellschaftlichen Arbeit als etwas den Arbeitern durchaus Fremdes auftritt, das in der Tat nur den Kapitalisten angeht, sofern er allein diese Produktionsmittel kauft und sich aneignet. Daß er das Produkt der Arbeiter in einem fremden Produktionszweig mit dem Produkt der Arbeiter in seinem eignen Produktionszweig kauft und daher über das Produkt fremder Arbeiter nur verfügt, soweit er sich das seiner eignen unentgeltlich angeeignet hat, ist ein Zusammenhang, der durch den Zirkulationsprozeß usw. glücklich verdeckt ist.

Es kommt hinzu, daß, wie die Produktion im großen sich zuerst in der kapitalistischen Form entwickelt, so die Profitwut einerseits, die Konkurrenz andrerseits, die zu möglichst wohlfeiler Produktion der Waren zwingt, diese Ökonomie in Anwendung des konstanten Kapitals als der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlich und daher als Funktion des Kapitalisten erscheinen läßt.

Wie die kapitalistische Produktionsweise auf der einen Seite zur Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit, treibt sie auf der andern zur Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals.

Es bleibt jedoch nicht bei der Entfremdung und Gleichgültigkeit zwischen dem Arbeiter, dem Träger der lebendigen Arbeit hier, und der ökonomischen, d.h. rationellen und sparsamen Anwendung seiner Arbeitsbedingungen dort. Ihrer widersprechenden, gegensätzlichen Natur nach geht die kapitalistische Produktionsweise dazu fort, die Verschwendung am Leben und der Gesundheit des Arbeiters, die Herabdrückung seiner Existenzbedingungen selbst zur Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals zu zählen und damit zu Mitteln zur Erhöhung der Profitrate.

Da der Arbeiter den größten Teil seines Lebens im Produktionsprozeß zubringt, so sind die Bedingungen des Produktionsprozesses zum großen Teil Bedingungen seines aktiven Lebensprozesses, seine Lebensbedingungen, und die Ökonomie in diesen Lebensbedingungen ist eine Methode, die Profitrate zu erhöhen; ganz wie wir früher schon sahen, daß die Überarbeitung,[96] die Verwandlung des Arbeiters in ein Arbeitsvieh, eine Methode ist, die Selbstverwertung des Kapitals, die Produktion des Mehrwerts zu beschleunigen. Diese Ökonomie erstreckt sich auf Überfüllung enger, ungesunder Räume mit Arbeitern, was auf kapitalistisch Ersparung an Baulichkeiten heißt; Zusammendrängung gefährlicher Maschinerie in denselben Räumen und Versäumnis von Schutzmitteln gegen die Gefahr; Unterlassung von Vorsichtsmaßregeln in Produktionsprozessen, die ihrer Natur nach gesundheitswidrig oder wie in Bergwerken mit Gefahr verbunden sind usw. Gar nicht zu sprechen von der Abwesenheit aller Anstalten, um dem Arbeiter den Produktionsprozeß zu vermenschlichen, angenehm oder nur erträglich zu machen. Es würde dies vom kapitalistischen Standpunkt eine ganz zweck- und sinnlose Verschwendung sein. Die kapitalistische Produktion ist überhaupt, bei aller Knauserei, durchaus verschwenderisch mit dem Menschenmaterial, ganz wie sie andrerseits, dank der Methode der Verteilung ihrer Produkte durch den Handel und ihrer Manier der Konkurrenz, sehr verschwenderisch mit den materiellen Mitteln umgeht und auf der einen Seite für die Gesellschaft verliert, was sie auf der andern für den einzelnen Kapitalisten gewinnt.

Wie das Kapital die Tendenz hat, in der direkten Anwendung der lebendigen Arbeit sie auf notwendige Arbeit zu reduzieren und die zur Herstellung eines Produkts notwendige Arbeit stets abzukürzen durch Ausbeutung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, also die direkt angewandte lebendige Arbeit möglichst zu ökonomisieren, so hat es auch die Tendenz, diese auf ihr notwendiges Maß reduzierte Arbeit unter den ökonomischsten Bedingungen anzuwenden, d.h. den Wert des angewandten konstanten Kapitals auf sein möglichstes Minimum zu reduzieren. Wenn der Wert der Waren bestimmt ist durch die in ihnen enthaltne notwendige Arbeitszeit, nicht durch die überhaupt in ihnen enthaltne Arbeitszeit, so ist es das Kapital, das diese Bestimmung erst realisiert und zugleich fortwährend die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verkürzt. Der Preis der Ware wird dadurch auf sein Minimum reduziert, indem jeder Teil der zu ihrer Produktion erheischten Arbeit auf sein Minimum reduziert wird.

Man muß bei der Ökonomie in der Anwendung des konstanten Kapitals unterscheiden. Wächst die Masse und mit ihr die Wertsumme des angewandten Kapitals, so ist dies zunächst nur Konzentration von mehr Kapital in einer Hand. Es ist aber gerade diese größre, von einer Hand angewandte Masse – der meist auch eine absolut größre, aber relativ kleinere Anzahl angewandter Arbeit entspricht –, die die Ökonomie des konstanten[97] Kapitals erlaubt. Den einzelnen Kapitalisten betrachtet, wächst der Umfang der notwendigen Kapitalauslage, besonders beim fixen Kapital; aber mit Bezug auf die Masse des verarbeiteten Stoffs und der exploitierten Arbeit nimmt ihr Wert relativ ab.

Es ist dies nun kurz durch einzelne Illustrationen auszuführen. Wir beginnen mit dem Ende, mit der Ökonomie in den Produktionsbedingungen, soweit diese zugleich als Existenz- und Lebensbedingungen des Arbeiters sich darstellen.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1964, Band 25, S. 87-98.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gellert, Christian Fürchtegott

Die Betschwester. Lustspiel

Die Betschwester. Lustspiel

Simon lernt Lorchen kennen als er um ihre Freundin Christianchen wirbt, deren Mutter - eine heuchlerische Frömmlerin - sie zu einem weltfremden Einfaltspinsel erzogen hat. Simon schwankt zwischen den Freundinnen bis schließlich alles doch ganz anders kommt.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon