V. Die Metäriewirtschaft und das bäuerliche Parzelleneigentum

[810] Wir sind hier am Schluß unsrer Entwicklungsreihe der Grundrente angelangt.

In allen diesen Formen der Grundrente: Arbeitsrente, Produktenrente, Geldrente (als bloß verwandelte Form der Produktenrente) ist der Rentzahler stets als der wirkliche Bearbeiter und Besitzer des Bodens vorausgesetzt, dessen unbezahlte Mehrarbeit direkt an den Grundeigentümer geht. Selbst in der letzten Form, der Geldrente – soweit sie rein ist, d.h. bloß verwandelte Form der Produktenrente – ist dies nicht nur möglich, sondern tatsächlich der Fall.

Als eine Übergangsform von der ursprünglichen Form der Rente zur kapitalistischen Rente kann betrachtet werden das Metäriesystem oder Teilwirtschaft-System, wo der Bewirtschafter (Pächter) außer seiner Arbeit (eigner oder fremder) einen Teil des Betriebskapitals und der Grundeigentümer außer dem Boden einen andern Teil des Betriebskapitals (z.B. das Vieh) stellt und das Produkt in bestimmten, in verschiednen Ländern wechselnden Proportionen zwischen dem Maier und dem Grundeigentümer geteilt wird. Zur vollen kapitalistischen Bewirtschaftung fehlt hier einerseits dem Pächter das hinreichende Kapital. Der Anteil, den der Grundeigentümer hier bezieht, hat andrerseits nicht die reine Form der Rente. Er mag tatsächlich Zins auf das von ihm vorgeschoßne Kapital und eine überschüssige Rente einschließen. Er mag auch tatsächlich die ganze Mehrarbeit des Pächters absorbieren oder ihm auch größern oder kleinern Anteil an dieser Mehrarbeit lassen. Das Wesentliche aber ist, daß die Rente hier nicht mehr als die normale Form des Mehrwerts überhaupt erscheint. Auf der einen Seite soll der Maier, ob er nur eigne oder auch fremde Arbeit anwende, Anspruch haben auf einen Teil des Produkts, nicht in seiner Qualität als Arbeiter, sondern als Besitzer eines Teils der Arbeitswerkzeuge, als sein eigner Kapitalist. Auf der andren Seite beansprucht der Grundeigentümer seinen Anteil nicht ausschließlich auf Grund seines Eigentums am Boden, sondern auch als Verleiher von Kapital.139

Ein Rest des alten Gemeineigentums am Boden, der sich nach dem Übergang zur selbständigen Bauernwirtschaft z.B. in Polen und Rumänien erhalten hatte, hat dort zum Vorwand gedient, um den Übergang zu den niedrigern Formen der Grundrente zu bewerkstelligen. Ein Teil des Bodens gehört den einzelnen Bauern und wird von ihnen selbständig bebaut. Ein[811] andrer wird gemeinschaftlich bebaut und bildet ein Mehrprodukt, das teils zur Bestreitung von Gemeindeausgaben, teils als Reserve für Mißernten usw. dient. Diese beiden letztern Teile des Mehrprodukts, und schließlich das ganze Mehrprodukt samt dem Boden, worauf es gewachsen, werden nach und nach von Staatsbeamten und Privatpersonen usurpiert und die ursprünglich freien bäuerlichen Grundeigentümer, deren Verpflichtung zur gemeinsamen Bebauung dieses Bodens aufrechterhalten wird, so in Fronpflichtige resp. Produktenrentpflichtige verwandelt, während die Usurpatoren des Gemeinlandes sich in die Grundeigentümer, nicht nur des usurpierten Gemeinlandes, sondern auch der Bauerngüter selbst verwandeln.

Auf die eigentliche Sklavenwirtschaft (die auch eine Stufenleiter durchläuft vom patriarchalischen, vorwiegend für Selbstgebrauch, bis zu dem, für den Weltmarkt arbeitenden, eigentlichen Plantagensystem) und die Gutswirtschaft, worin der Grundeigentümer die Bebauung für eigne Rechnung betreibt, die sämtlichen Produktionsinstrumente besitzt und die Arbeit, sei es unfreier, sei es freier, mit Naturallieferung oder mit Geld bezahlter Knechte ausbeutet, brauchen wir hier nicht näher einzugehn. Grundeigentümer und Eigentümer der Produktionsinstrumente, daher auch direkter Exploiteur der unter diese Produktionselemente zählenden Arbeiter, fallen hier zusammen. Ebenso fallen Rente und Profit zusammen, es findet keine Trennung der verschiednen Formen des Mehrwerts statt. Die ganze Mehrarbeit der Arbeiter, die sich hier im Mehrprodukt darstellt, wird ihnen direkt vom Eigentümer sämtlicher Produktionsinstrumente, zu denen der Boden und in der ursprünglichen Form der Sklaverei die unmittelbaren Produzenten selbst zählen, extrahiert. Wo kapitalistische Anschauung vorherrscht, wie in den amerikanischen Plantagen, wird dieser ganze Mehrwert als Profit aufgefaßt; wo weder die kapitalistische Produktionsweise selbst existiert, noch die ihr entsprechende Anschauungsweise aus kapitalistischen Ländern übertragen ist, erscheint er als Rente. Jedenfalls bietet diese Form keine Schwierigkeit. Das Einkommen des Grundeigentümers, welchen Namen man ihm immer geben mag, das von ihm angeeignete disponible Mehrprodukt ist hier die normale und herrschende Form, worin unmittelbar die ganze unbezahlte Mehrarbeit angeeignet wird, und das Grundeigentum bildet die Basis dieser Aneignung.

Ferner das Parzelleneigentum. Der Bauer ist hier zugleich freier Eigentümer seines Bodens, der als sein Hauptproduktionsinstrument erscheint, als das unentbehrliche Beschäftigungsfeld für seine Arbeit und sein Kapital. Es wird in dieser Form kein Pachtgeld gezahlt; die Rente erscheint also nicht als eine gesonderte Form des Mehrwerts, obgleich sie sich in Ländern,[812] wo sonst die kapitalistische Produktionsweise entwickelt ist, als Surplusprofit durch den Vergleich mit andern Produktionszweigen darstellt, aber als Surplusprofit, der dem Bauer, wie überhaupt der ganze Ertrag seiner Arbeit, zufällt.

Diese Form des Grundeigentums setzt voraus, daß, wie in den frühern ältern Formen desselben, die ländliche Bevölkerung ein großes numerisches Übergewicht über die städtische besitzt, daß also, wenn auch sonst kapitalistische Produktionsweise herrscht, sie relativ nur wenig entwickelt ist und daher auch in den andern Produktionszweigen die Konzentration der Kapitale sich in engen Schranken bewegt, Kapitalzersplitterung vorwiegt. Der Natur der Sache nach muß hier ein überwiegender Teil des ländlichen Produkts als unmittelbares Subsistenzmittel von seinen Produzenten, den Bauern, selbst verzehrt werden und nur der Überschuß darüber als Ware in den Handel mit den Städten eingehn. Wie immer der durchschnittliche Marktpreis des Bodenprodukts hier geregelt sei, die Differentialrente, ein überschüssiger Teil des Preises der Waren für die bessern oder besser gelegnen Ländereien, muß hier offenbar ebenso existieren wie bei kapitalistischer Produktionsweise. Selbst wenn diese Form in Gesellschaftszuständen vorkommt, wo überhaupt noch kein allgemeiner Marktpreis entwickelt ist, existiert diese Differentialrente; sie erscheint dann im überschüssigen Mehrprodukt. Nur fließt sie in die Tasche des Bauern, dessen Arbeit unter günstigern Naturbedingungen sich realisiert. Gerade in dieser Form, wo der Bodenpreis als ein Element in die faktischen Produktionskosten für den Bauer eingeht, indem bei weiterer Entwicklung dieser Form entweder bei Erbteilungen der Boden für einen gewissen Geldwert übernommen ist oder bei dem beständigen Wechsel, sei es des ganzen Eigentums, sei es seiner Bestandstücke, der Boden vom Bebauer selbst gekauft ist, zum großen Teil durch Aufnahme von Geld auf Hypothek; wo also der Bodenpreis, der nichts ist als die kapitalisierte Rente, ein vorausgesetztes Element ist und daher die Rente zu existieren scheint unabhängig von jeder Differenzierung in der Fruchtbarkeit und Lage des Bodens – gerade hier ist im Durchschnitt anzunehmen, daß keine absolute Rente existiert, daß also der schlechteste Boden keine Rente zahlt; denn die absolute Rente unterstellt entweder realisierten Überschuß des Werts des Produkts über seinen Produktionspreis oder einen über den Wert des Produkts überschüssigen Monopolpreis. Da aber die Landwirtschaft hier großenteils als Ackerbau für die unmittelbare Subsistenz und der Boden als ein für die Mehrzahl der Bevölkerung unentbehrliches Beschäftigungsfeld ihrer Arbeit und ihres Kapitals besteht, so wird der regulierende Marktpreis des Produkts nur unter außerordentlichen[813] Umständen seinen Wert erreichen; dieser Wert aber wird in der Regel über dem Produktionspreis stehn wegen des Vorwiegens des Elements der lebendigen Arbeit, obgleich dieser Überschuß des Werts über den Produktionspreis wieder beschränkt sein wird durch die niedrige Zusammensetzung auch des nicht agrikolen Kapitals in Ländern vorherrschender Parzellenwirtschaft. Als Schranke der Exploitation für den Parzellenbauer erscheint einerseits nicht der Durchschnittsprofit des Kapitals, soweit er kleiner Kapitalist ist; noch andrerseits die Notwendigkeit einer Rente, soweit er Grundeigentümer ist. Als absolute Schranke für ihn als kleinen Kapitalisten erscheint nichts als der Arbeitslohn, den er sich selbst zahlt, nach Abzug der eigentlichen Kosten. Solange der Preis des Produkts ihm diesen deckt, wird er sein Land bebauen, und dies oft bis herab zu einem physischen Minimum des Arbeitslohns. Was seine Qualität als Grundeigentümer angeht, so fällt für ihn die Eigentumsschranke fort, die sich nur geltend machen kann im Gegensatz zu dem von ihr getrennten Kapital (inkl. Arbeit), indem sie ein Hindernis gegen dessen Anlegung aufwirft. Allerdings ist der Zins des Bodenpreises, der meist auch noch an eine dritte Person zu entrichten ist, an den Hypothekargläubiger, eine Schranke. Aber dieser Zins kann eben gezahlt werden aus dem Teil der Mehrarbeit, der unter kapitalistischen Verhältnissen den Profit bilden würde. Die im Bodenpreis und in dem für ihn gezahlten Zins antizipierte Rente kann also nichts sein als ein Teil der kapitalisierten Mehrarbeit des Bauern über die zu seiner Subsistenz unentbehrliche Arbeit hinaus, ohne daß diese Mehrarbeit sich in einem Wertteil der Ware, gleich dem ganzen Durchschnittsprofit, realisiert und noch weniger in einem Überschuß über die im Durchschnittsprofit realisierte Mehrarbeit, in einem Surplusprofit. Die Rente kann ein Abzug vom Durchschnittsprofit sein oder selbst der einzige Teil desselben, der realisiert wird. Damit der Parzellenbauer sein Land bebaue oder Land zum Bebauen kaufe, ist es also nicht, wie in der normalen kapitalistischen Produktionsweise, nötig, daß der Marktpreis des Bodenprodukts hoch genug steige, um ihm den Durchschnittsprofit abzuwerfen und noch weniger einen in der Form der Rente fixierten Überschuß über diesen Durchschnittsprofit. Es ist also nicht nötig, daß der Marktpreis steige, sei es zum Wert, sei es zum Produktionspreis seines Produkts. Es ist dies eine der Ursachen, warum der Getreidepreis in Ländern vorherrschenden Parzelleneigentums niedriger steht als in den Ländern kapitalistischer Produktionsweise. Ein Teil der Mehrarbeit der Bauern, die unter den ungünstigsten Bedingungen arbeiten, wird der Gesellschaft umsonst geschenkt und geht nicht in die Regelung der Produktionspreise oder in die Wertbildung überhaupt ein. Dieser niedrigere[814] Preis ist also ein Resultat der Armut der Produzenten und keineswegs der Produktivität ihrer Arbeit.

Diese Form des freien Parzelleneigentums selbstwirtschaftender Bauern als herrschende, normale Form bildet einerseits die ökonomische Grundlage der Gesellschaft in den besten Zeiten des klassischen Altertums, andrerseits finden wir sie bei den modernen Völkern als eine der Formen vor, die aus der Auflösung des feudalen Grundeigentums hervorgehn. So die yeomanry in England, der Bauernstand in Schweden, die französischen und westdeutschen Bauern. Von den Kolonien sprechen wir hier nicht, da der unabhängige Bauer sich hier unter andern Bedingungen entwickelt.

Das freie Eigentum des selbstwirtschaftenden Bauern ist offenbar die normalste Form des Grundeigentums für den kleinen Betrieb; d.h. für eine Produktionsweise, worin der Besitz des Bodens eine Bedingung für das Eigentum des Arbeiters an dem Produkt seiner eignen Arbeit ist und worin, er mag freier Eigentümer oder Untersasse sein, der Ackerbauer stets seine Subsistenzmittel sich selbst, unabhängig, als vereinzelter Arbeiter mit seiner Familie zu produzieren hat. Das Eigentum am Boden ist zur vollständigen Entwicklung dieser Betriebsweise ebenso nötig wie das Eigentum am Instrument zur freien Entwicklung des handwerksmäßigen Betriebs. Es bildet hier die Basis für die Entwicklung der persönlichen Selbständigkeit. Es ist für die Entwicklung der Agrikultur selbst ein notwendiger Durchgangspunkt. Die Ursachen, an denen es untergeht, zeigen seine Schranke. Sie sind: Vernichtung der ländlichen Hausindustrie, die seine normale Ergänzung bildet, infolge der Entwicklung der großen Industrie; allmähliche Verarmung und Aussaugung des dieser Kultur unterworfnen Bodens; Usurpation, durch große Grundeigentümer, des Gemeineigentums, das überall die zweite Ergänzung der Parzellenwirtschaft bildet und ihr allein die Haltung von Vieh ermöglicht; Konkurrenz der, sei es als Plantagenwirtschaft, sei es kapitalistisch betriebnen Großkultur. Verbesserungen in der Agrikultur, die einerseits Sinken der Preise der Bodenprodukte herbeiführen, andrerseits größre Auslagen und reichere gegenständliche Produktionsbedingungen erheischen, tragen auch dazu bei, wie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England.

Das Parzelleneigentum schließt seiner Natur nach aus: Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit, gesellschaftliche Formen der Arbeit, gesellschaftliche Konzentration der Kapitale, Viehzucht auf großem Maßstab, progressive Anwendung der Wissenschaft.

Wucher und Steuersystem müssen es überall verelenden. Die Auslage des Kapitals im Bodenpreis entzieht dies Kapital der Kultur. Unendliche[815] Zersplitterung der Produktionsmittel und Vereinzelung der Produzenten selbst. Ungeheure Verschwendung von Menschenkraft. Progressive Verschlechterung der Produktionsbedingungen und Verteuerung der Produktionsmittel ein notwendiges Gesetz des Parzelleneigentums. Unglück fruchtbarer Jahreszeiten für diese Produktionsweise.140

Eines der spezifischen Übel der kleinen Agrikultur, wo sie mit freiem Eigentum am Boden verknüpft ist, entspringt daraus, daß der Bebauer ein Kapital im Ankauf des Bodens auslegt. (Dasselbe gilt für die Übergangsform, wo der große Gutsbesitzer erstens ein Kapital auslegt, um Land zu kaufen, zweitens, um es selbst als sein eigner Pächter zu bewirtschaften.) Bei der beweglichen Natur, die hier der Boden als bloße Ware annimmt, wachsen die Besitzveränderungen141, so daß bei jeder neuen Generation, mit jeder Erbteilung, der Boden, vom Standpunkt des Bauern aus, von neuem als Kapitalanlage eingeht, d.h., daß es von ihm gekaufter Boden wird. Der Bodenpreis bildet hier ein überwiegendes Element der individuellen falschen Produktionskosten oder des Kostpreises des Produkts für den Einzelproduzenten.

Der Bodenpreis ist nichts als die kapitalisierte und daher antizipierte Rente. Wird die Agrikultur kapitalistisch betrieben, so daß der Grundeigentümer nur die Rente empfängt und der Pächter für den Boden nichts zahlt außer dieser jährlichen Rente, so ist es handgreiflich, daß das vom Grundeigentümer selbst im Ankauf des Bodens angelegte Kapital zwar für ihn zinstragende Kapitalanlage ist, aber mit dem in der Agrikultur selbst angelegten Kapital durchaus nichts zu tun hat. Es bildet weder einen Teil des hier fungierenden fixen noch des zirkulierenden Kapitals142; es verschafft vielmehr nur dem Käufer einen Titel auf Empfang der jährlichen Rente, hat aber mit der Produktion dieser Rente absolut nichts zu tun. Der Käufer des Bodens zahlt das Kapital ja gerade weg an den, der den Boden[816] verkauft, und der Verkäufer verzichtet dafür auf sein Eigentum am Boden. Dies Kapital existiert also nicht mehr als Kapital des Käufers; er hat es nicht mehr; es gehört also nicht zu dem Kapital, das er in Boden selbst in irgendeiner Weise anlegen kann. Ob er den Boden teuer oder wohlfeil gekauft oder ob er ihn umsonst erhalten hat, ändert nichts an dem vom Pächter in der Bewirtschaftung angelegten Kapital und ändert nichts an der Rente, sondern ändert nur dies, ob sie ihm als Zins oder Nichtzins erscheint, resp. als hoher oder niedriger Zins.

Man nehme z.B. die Sklavenwirtschaft. Der Preis, der hier für den Sklaven gezahlt wird, ist nichts als der antizipierte und kapitalisierte Mehrwert oder Profit, der aus ihm herausgeschlagen werden soll. Aber das im Ankauf des Sklaven gezahlte Kapital gehört nicht zu dem Kapital, wodurch Profit, Mehrarbeit, aus dem Sklaven extrahiert wird. Umgekehrt. Es ist Kapital, dessen sich der Sklavenbesitzer entäußert hat, Abzug von dem Kapital, worüber er in der wirklichen Produktion verfügt. Es hat aufgehört, für ihn zu existieren, ganz wie das im Ankauf des Bodens ausgelegte Kapital aufgehört hat, für die Agrikultur zu existieren. Der beste Beweis ist, daß es für den Sklavenbesitzer oder den Bodeneigner nur wieder in Existenz tritt, sobald er den Sklaven oder den Boden wieder verkauft. Dann tritt aber dasselbe Verhältnis für den Käufer ein. Der Umstand, daß er den Sklaven gekauft hat, befähigt ihn noch nicht ohne weiteres, den Sklaven zu exploitieren. Dazu ist er erst befähigt durch ferneres Kapital, das er in die Sklavenwirtschaft selbst steckt.

Dasselbe Kapital existiert nicht zweimal, das eine Mal in der Hand des Verkäufers, das andre Mal in der Hand des Käufers des Bodens. Es geht aus der Hand des Käufers in die des Verkäufers über, und damit ist die Sache zu Ende. Der Käufer hat jetzt kein Kapital, sondern an seiner Stelle ein Grundstück. Der Umstand, daß nun die aus der wirklichen Anlage von Kapital in diesem Grundstück erzielte Rente von dem neuen Grundeigentümer berechnet wird als Zins des Kapitals, das er nicht im Boden angelegt, sondern zum Erwerb des Bodens weggegeben hat, ändert an der ökonomischen Natur des Faktors Boden nicht das geringste, sowenig wie der Umstand, daß jemand 1000 Pfd. St. für dreiprozentige Konsols gezahlt hat, irgend etwas zu tun hat mit dem Kapital, aus dessen Revenue die Zinsen der Staatsschuld gezahlt werden.

In der Tat ist das für den Ankauf des Bodens, ganz wie das im Ankauf von Staatspapieren verausgabte Geld nur an sich Kapital, wie jede Wertsumme auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise an sich Kapital, potentielles Kapital ist. Was für den Boden gezahlt worden ist, wie für die[817] Staatsfonds, wie für andre gekaufte Waren, ist eine Geldsumme. Diese ist an sich Kapital, weil sie in Kapital verwandelt werden kann. Es hängt ab von dem Gebrauch, den der Verkäufer davon macht, ob das von ihm erhaltne Geld sich wirklich in Kapital verwandelt oder nicht. Für den Käufer kann es nie mehr als solches fungieren, sowenig wie jedes andre Geld, das er definitiv verausgabt hat. In seiner Berechnung figuriert es für ihn als zinstragendes Kapital, weil er die Einnahme, die er als Rente vom Boden oder als Schuldzins vom Staat erhält, als Zins des Geldes berechnet, das ihm der Ankauf des Titels auf diese Revenue gekostet hat. Als Kapital kann er es nur realisieren durch den Wiederverkauf. Dann tritt aber ein andrer, der neue Käufer, in dasselbe Verhältnis, worin jener war, und durch keinen Wechsel der Hände kann das so verausgabte Geld sich für den Verausgaber in wirkliches Kapital verwandeln.

Beim kleinen Grundeigentum befestigt sich noch viel mehr die Illusion, daß der Boden selbst Wert hat und daher als Kapital in den Produktionspreis des Produkts eingeht, ganz wie eine Maschine oder ein Rohstoff. Man hat aber gesehn, daß nur in zwei Fällen die Rente und daher die kapitalisierte Rente, der Bodenpreis, bestimmend in den Preis des Bodenprodukts eingehn kann. Erstens, wenn der Wert des Bodenprodukts infolge der Zusammensetzung des agrikolen Kapitals – eines Kapitals, welches nichts gemein hat mit dem für den Ankauf des Bodens ausgelegten Kapital – über seinem Produktionspreis steht und die Marktverhältnisse den Grundeigentümer befähigen, diese Differenz zu verwerten. Zweitens, wenn Monopolpreis stattfindet. Und beides ist am wenigsten der Fall bei der Parzellenwirtschaft und dem kleinen Grundeigentum, weil gerade hier die Produktion zum sehr großen Teil den Selbstbedarf befriedigt und unabhängig von der Regulierung durch die allgemeine Profitrate erfolgt. Selbst wo die Parzellenwirtschaft auf gepachtetem Boden betrieben wird, umfaßt das Pachtgeld weit mehr als unter irgendwelchen andern Verhältnissen einen Teil des Profits und selbst einen Abzug vom Arbeitslohn; es ist dann nur nominell Rente, nicht Rente als eine selbständige Kategorie gegenüber Arbeitslohn und Profit.

Die Ausgabe von Geldkapital für Ankauf des Bodens ist also keine Anlage von agrikolem Kapital. Sie ist pro tanto eine Verminderung des Kapitals, über das die Kleinbauern in ihrer Produktionssphäre selbst verfügen können. Sie vermindert pro tanto den Umfang ihrer Produktionsmittel und verengert daher die ökonomische Basis der Reproduktion. Sie unterwirft den Kleinbauer dem Wucher, da in dieser Sphäre überhaupt weniger eigentlicher Kredit vorkommt. Sie ist ein Hemmnis der Agrikultur, auch wo dieser[818] Kauf bei großen Gutswirtschaften stattfindet. Sie widerspricht in der Tat der kapitalistischen Produktionsweise, der die Verschuldung des Grundeigentümers, ob er sein Gut geerbt oder gekauft hat, im ganzen gleichgültig ist. Ob er die Rente selbst einsteckt oder sie wieder an Hypothekargläubiger wegzahlen muß, ändert an der Bewirtschaftung des verpachteten Landguts selbst an sich nichts.

Man hat gesehn, daß bei gegebner Grundrente der Bodenpreis reguliert ist durch den Zinsfuß. Ist dieser niedrig, so ist der Bodenpreis hoch, und umgekehrt. Normal also müßten hoher Bodenpreis und niedriger Zinsfuß zusammengehn, so daß, wenn der Bauer infolge des niedrigen Zinsfußes den Boden hoch zahlte, derselbe niedrige Zinsfuß ihm auch zu günstigen Bedingungen Betriebskapital auf Kredit verschaffen müßte. In der Wirklichkeit verhält sich die Sache anders bei vorherrschendem Parzelleneigentum. Zunächst passen auf den Bauern die allgemeinen Gesetze des Kredits nicht, da diese den Produzenten als Kapitalisten voraussetzen. Zweitens, wo das Parzelleneigentum vorherrscht – von Kolonien ist hier nicht die Rede – und der Parzellenbauer den Grundstock der Nation bildet, ist die Kapitalbildung, d.h. die gesellschaftliche Reproduktion, relativ schwach und noch schwächer die Bildung von leihbarem Geldkapital in dem früher entwickelten Sinn. Diese setzt voraus Konzentration und die Existenz einer Klasse reicher müßiger Kapitalisten (Massie). Drittens, hier wo das Eigentum am Boden eine Lebensbedingung für den größten Teil der Produzenten bildet und ein unentbehrliches Anlagefeld für ihr Kapital, wird der Bodenpreis gesteigert, unabhängig vom Zinsfuß und oft im umgekehrten Verhältnis zu ihm, durch das Übergewicht der Nachfrage nach Grundeigentum über das Angebot. In Parzellen verkauft, bringt der Boden hier einen weit höhern Preis als beim Verkauf großer Massen, weil hier die Zahl der kleinen Käufer groß und die der großen Käufer klein ist (Bandes Noires, Rubichon; Newman). Aus allen diesen Gründen steigt hier der Bodenpreis bei relativ hohem Zinsfuß. Dem relativ niedrigen Zins, den der Bauer hier aus dem im Ankauf des Bodens ausgelegten Kapital zieht (Mounier), entspricht hier auf der entgegengesetzten Seite der hohe Wucherzinsfuß, den er selbst seinen Hypothekargläubigern zu zahlen hat. Das irische System zeigt dieselbe Sache, nur in einer anderen Form.

Dies der Produktion an sich fremde Element, der Bodenpreis, kann hier daher zu einer Höhe steigen, worin er die Produktion unmöglich macht. (Dombas le.)

Daß der Bodenpreis eine solche Rolle spielt, daß Kauf und Verkauf von Land, Zirkulieren von Land als Ware, sich zu diesem Umfang entwickelt,[819] ist praktisch Folge der Entwickelung der kapitalistischen Produktionsweise, soweit die Ware hier die allgemeine Form alles Produkts und aller Produktionsinstrumente wird. Andrerseits findet diese Entwicklung nur statt, wo sich die kapitalistische Produktionsweise nur beschränkt entwickelt und nicht alle ihre Eigentümlichkeiten entfaltet; weil sie gerade darauf beruht, daß der Ackerbau nicht mehr, oder noch nicht, der kapitalistischen Produktionsweise, sondern einer, aus untergegangnen Gesellschaftsformen überkommenen Produktionsweise unterworfen ist. Die Nachteile der kapitalistischen Produktionsweise, mit ihrer Abhängigkeit des Produzenten vom Geldpreis seines Produkts, fallen hier also zusammen mit den Nachteilen, die aus der unvollkommenen Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehn. Der Bauer wird Kaufmann und Industrieller ohne die Bedingungen, unter denen er sein Produkt als Ware produzieren kann.

Der Konflikt zwischen dem Bodenpreis als Element des Kostpreises für den Produzenten und Nichtelement des Produktionspreises für das Produkt (selbst wenn die Rente bestimmend in den Preis des Bodenprodukts eingeht, geht die kapitalisierte Rente, die für 20 oder mehr Jahre vorgeschossen wird, auf keinen Fall bestimmend darin ein) ist nur eine der Formen, worin sich überhaupt der Widerspruch des Privateigentums am Boden mit einer rationellen Agrikultur, mit normaler gesellschaftlicher Benutzung des Bodens darstellt. Andrerseits ist aber Privateigentum am Boden, daher Expropriation der unmittelbaren Produzenten vom Boden – Privateigentum der einen, das das Nichteigentum der andern am Boden einbegreift – Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise.

Hier, bei der kleinen Kultur, tritt der Bodenpreis, Form und Resultat des Privateigentums am Boden, als Schranke der Produktion selbst auf. Bei der großen Agrikultur und dem auf kapitalistischer Betriebsweise beruhenden großen Grundeigentum tritt das Eigentum ebenso als Schranke auf, weil es den Pächter in der produktiven Kapitalanlage beschränkt, die in letzter Instanz nicht ihm, sondern dem Grundeigentümer zugut kommt. Bei beiden Formen tritt an die Stelle selbstbewußter rationeller Behandlung des Bodens als des gemeinschaftlichen ewigen Eigentums, der unveräußerlichen Existenz- und Reproduktionsbedingung der Kette sich ablösender Menschengeschlechter, die Exploitation und Vergeudung der Bodenkräfte (abgesehn von der Abhängigmachung der Exploitation, nicht von der erreichten Höhe der gesellschaftlichen Entwicklung, sondern von den zufälligen, ungleichen Umständen der einzelnen Produzenten). Bei dem kleinen Eigentum geschieht dies aus Mangel an Mitteln und Wissenschaft zur Anwendung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Bei dem großen durch[820] Exploitation dieser Mittel zur möglichst raschen Bereicherung von Pächter und Eigentümer. Bei beiden durch die Abhängigkeit vom Marktpreis.

Alle Kritik des kleinen Grundeigentums löst sich in letzter Instanz auf in Kritik des Privateigentums als Schranke und Hindernis der Agrikultur. So auch alle Gegenkritik des großen Grundeigentums. Von politischen Nebenrücksichten wird hier natürlich in beiden Fällen abgesehn. Diese Schranke und dies Hindernis, welche alles Privateigentum am Boden der agrikolen Produktion und der rationellen Behandlung, Erhaltung und Verbesserung des Bodens selbst entgegensetzt, entwickelt sich hüben und drüben nur in verschiednen Formen, und im Zank über diese spezifischen Formen des Übels wird sein letzter Grund vergessen.

Das kleine Grundeigentum setzt voraus, daß die bei weitem überwiegende Majorität der Bevölkerung ländlich ist und nicht die gesellschaftliche, sondern die isolierte Arbeit vorherrscht; daß daher der Reichtum und die Entwicklung der Reproduktion, sowohl ihrer materiellen wie geistigen Bedingungen, unter solchen Umständen ausgeschlossen ist, daher auch die Bedingungen einer rationellen Kultur. Auf der anderen Seite reduziert das große Grundeigentum die agrikole Bevölkerung auf ein beständig sinkendes Minimum und setzt ihr eine beständig wachsende, in großen Städten zusammengedrängte Industriebevölkerung entgegen; es erzeugt dadurch Bedingungen, die einen unheilbaren RIß hervorrufen in dem Zusammenhang des gesellschaftlichen und durch die Naturgesetze des Lebens vorgeschriebnen Stoffwechsels, infolge wovon die Bodenkraft verschleudert und diese Verschleuderung durch den Handel weit über die Grenzen des eignen Landes hinausgetragen wird. (Liebig.)

Wenn das kleine Grundeigentum eine halb außerhalb der Gesellschaft stehende Klasse von Barbaren schafft, die alle Roheit primitiver Gesellschaftsformen mit allen Qualen und aller Misere zivilisierter Länder verbindet, so untergräbt das große Grundeigentum die Arbeitskraft in der letzten Region, wohin sich ihre naturwüchsige Energie flüchtet, und wo sie als Reservefonds für die Erneuerung der Lebenskraft der Nationen sich aufspeichert, auf dem Lande selbst. Große Industrie und industriell betriebene große Agrikultur wirken zusammen. Wenn sie sich ursprünglich dadurch scheiden, daß die erste mehr die Arbeitskraft und daher die Naturkraft des Menschen, die letztere mehr direkt die Naturkraft des Bodens verwüstet und ruiniert, so reichen sich später im Fortgang beide die Hand, indem das industrielle System auf dem Land auch die Arbeiter entkräftet und Industrie und Handel ihrerseits der Agrikultur die Mittel zur Erschöpfung des Bodens verschaffen.[821]

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1964, Band 25, S. 810-822.
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