Siebenter Abschnitt.
Die drei Eigenschaften.

[36] Frage: In den sūtras wird gelehrt: »Die gewirkten (saṃskṛta) dharmas haben drei Eigenschaften (lakṣaṇa): Entstehen, Stehen (Dauer), Vergehen. Die Dinge entstehen durch Entstehen, stehen durch Stehen, vergehen durch Vergehen. Deshalb sind die dharmas.«

Antwort: Es ist nicht so. Warum? Weil die drei Eigenschaften nicht absolut wahr sind. Können diese drei Eigenschaften in bezug auf Gewirktes (saṃskṛta) saṃskṛta-Eigenschaft bewirken, (oder) können sie in bezug auf Nicht-Gewirktes (asaṃskṛta) saṃskṛta-Eigenschaft bewirken? Beides ist nicht richtig. Weshalb?

Wenn das Entstehen gewirkt (saṃskṛta) ist, so hätte es drei Eigenschaften (lakṣaṇa); wenn das Entstehen nicht-gewirkt (asaṃskṛta) ist, wie heißt es dann »Eigenschaft des Gewirkten«? (VII. 1.)

Wenn das Entstehen gewirkt (saṃskṛta) wäre, so würde es drei Eigenschaften haben: Entstehen, Stehen und Vergehen. Diese Sache ist nicht richtig. Weshalb? Da alle widerspruchsvoll sind. Widerspruch heißt: Entstehens-Eigenschaft entspricht Entstehens-dharma, Stehens-Eigenschaft entspricht Stehens-dharma, Vergehens-Eigenschaft entspricht Vergehens- dharma. Wenn ein dharma entsteht, so wären nicht die widersprechenden dharmas Stehen und Vergehen. Zu einer Zeit (d.h. gleichzeitig): das ist eben nicht richtig. Wie Helle und Dunkel nicht zusammen sind. Deshalb kann das Entstehen kein gewirkter (saṃskṛta) dharma sein. Stehens- und Vergehens-Eigenschaft wäre auch so.

Frage: Wenn das Entstehen nicht gewirkt (saṃskṛta), sondern nicht-gewirkt (asaṃskṛta) ist, welcher Fehler ist dann?

Antwort: Wenn das Entstehen nicht-gewirkt (asaṃskṛta) ist, wie kann es für einen gewirkten (saṃskṛta) dharma Eigenschaft (lakṣaṇa) werden? Weshalb? Da ein nicht-gewirkter (asaṃskṛta)[37] dharma nicht wesenhaft ist, so heißt es durch Vernichtung des gewirkten »nicht-gewirkt«. Deshalb wird gelehrt: »Unentstanden, unvergangen heißt Eigenschaft des Nichtgewirkten (asaṃskṛta-lakṣaṇa); außerdem' ist kein svalakṣaṇa (eigene Eigenschaft).« Deshalb kann ein Nicht-dharma nicht für einen dharma Eigenschaft (lakṣaṇa) werden. Wie ein Hasenhorn, Schildkrötenhaar usw. nicht für einen dharma Eigenschaft (lakṣaṇa) werden können. Deshalb ist das Entstehen nicht nicht-gewirkt (asaṃskṛta). Stehen (Dauer) und Vergehen sind auch so. Ferner:

Die drei Eigenschaften (lakṣaṇa), vereinigt und getrennt, können nicht lakṣaṇa sein. Wie (wären) an einem Ort und zu einer Zeit die drei lak ṣaṇas? (VII. 2.)

Die Eigenschaften (lakṣaṇa) des Entstehens, Stehens, Vergehens können entweder jedes für sich für einen saṃskṛta-dharma Eigenschaft (lakṣaṇa) werden, oder vereinigt können sie für einen saṃskṛta-dharma Eigenschaft (lakṣaṇa) werden. Alles beide ist nicht richtig. Weshalb? Wenn man sagt: »Jedes für sich«, so ist an einem Ort teils Seins-Eigenschaft, teils Nichtseins-Eigenschaft. In der Zeit des Entstehens gibt es (aber) nicht Stehen und Vergehen, in der Zeit des Vergehens gibt es nicht Entstehen und Stehen. Wenn vereinigt, sind es widersprechende dharmas. Wie sind sie zu einer Zeit vereinigt? Wenn (man) sagt: »Die drei lakṣaṇas haben weiter drei lakṣaṇas«, so ist das auch nicht richtig. Weshalb?

Wenn man sagt: »Außerhalb von Entstehen, Stehen, Vergehen sind weitere saṃskṛta-lakṣaṇa«, dann bewirkt dies einen regressus ad infinitum (anavasthā). Ist es nicht (so), dann sind sie (sc. Entstehen usw.) nicht saṃskṛta. (VII. 3.)

Wenn man sagt: »Außerhalb von Entstehen, Stehen, Vergehen sind weitere saṃskṛta-lakṣaṇa, dann ist außer dem Entstehen Entstehen, ist Stehen, ist Vergehen.« So wären die drei lakṣaṇas nochmals außerdem seiend. Wenn es so ist, ist regressus ad infinitum. Wenn außerhalb kein lakṣaṇa, dann heißen diese drei lakṣaṇas nicht »saṃskṛta«. Auch kann ein dharma nicht für Gewirktes (saṃskṛta) lakṣaṇa werden.

Frage: Ihr lehrt: »Die drei Eigenschaften (lakṣaṇa) verursachen regressus ad infinitum (anavasthā).« Diese Sache ist nicht richtig. Obwohl Entstehen, Stehen, Vergehen gewirkt (saṃskṛta)[38] sind, so ist doch nicht regressus ad infinitum (anavasthā). Weshalb?

Wessen Entstehen das Entstehens-Entstehen ist, das ist nur das Ursprungs-Entstehen. Was das Ursprungs-Entstehen hervorbringt, dieses Entstehen erzeugt umgekehrt (wieder) das Entstehens-Entstehen. (VII. 4.)

Wann ein dharma entsteht, so bringt er von selbst zugleich sieben dharmas hervor: 1. dharma, 2. Entstehen, 3. Stehen (Dauer), 4. Vergehen, 5. Entstehens-Entstehen, 6. Stehens-Stehen, 7. Vergehens-Vergehen. In diesen sieben dharmas kann das Ursprungs-Entstehen außer sich selbst sechs dharmas hervorbringen, das Entstehens-Entstehen kann das Ursprungs-Entstehen hervorbringen, das Ursprungs-Entstehen kann das Entstehens-Entstehen hervorbringen. Obwohl daher die drei Eigenschaften (lakṣaṇa) gewirkt (saṃskṛta) sind, so ist doch nicht regressus ad infinitum (anavasthā).

Antwort:

Wenn man sagt: »Das Entstehens-Entstehen kann das Ursprungs-Entstehen hervorbringen«, wie kann das Entstehens-Entstehen durch das Ursprungs-Entstehen das Ursprungs-Entstehen hervorbringen? (VII. 5.)

Wenn das Entstehens-Entstehen das Ursprungs-Entstehen hervorbringen kann, dann heißt dieses Entstehens-Entstehen nicht durch das Ursprungs-Entstehen entstanden. Weshalb? (Wenn) dieses Entstehens-Entstehen durch das Ursprungs-Entstehen entstanden (ist), wie kann es das Ursprungs-Entstehen erzeugen? Ferner:

Wenn man sagt: »Dieses Ursprungs-Entstehen kann das Entstehens-Entstehen hervorbringen, das Ursprungs-Entstehen wird durch jenes erzeugt«, wie kann (dieses) das Entstehens-Entstehen erzeugen? (VII. 6.)

Wenn man sagt: »Das Ursprungs-Entstehen kann das Entstehens-Entstehen hervorbringen«, so heißt dieses Ursprungs-Entstehen nicht durch das Entstehens-Entstehen hervorgebracht. Weshalb? Wie könnte das Ursprungs-Entstehen, durch das Entstehens-Entstehen hervorgebracht, das Entstehens-Entstehen1 hervorbringen?[39] Der dharma des Entstehens-Entstehens würde das Ursprungs-Entstehen hervorbringen, aber jetzt kann das Entstehens-Entstehen nicht das Ursprungs-Entstehen hervorbringen. Das Entstehens-Entstehen, noch nicht selbst substantiell, wie könnte es das Ursprungs-Entstehen hervorbringen? Deshalb kann das Ursprungs-Entstehen nicht das Entstehens-Entstehen hervorbringen.

Frage: Das Entstehens-Entstehen kann weder vor noch nach seinem Entstehen entstehend das Ur sprungs-Entstehen hervorbringen; nur entstehend kann das Entstehens-Entstehen das Ursprungs-Entstehen hervorbringen.

Antwort: Es ist nicht richtig. Weshalb?

Wenn das Entstehens-Entstehen im Entstehen (utpadyamāna) das Ursprungs-Entstehen hervorbringen kann, wie könnte das noch nicht seiende Entstehens-Entstehen das Ursprungs-Entstehen hervorbringen? (VII. 7a.)

Wenn man sagt: »Das Entstehens-Entstehen kann zur Zeit des Entstehens das Ursprungs-Entstehen hervorbringen«, so wäre das möglich, aber wirklich ist es noch nicht. Deshalb kann das Entstehens-Entstehen, wann es entsteht, nicht das Ursprungs-Entstehen hervorbringen. Ferner:

Wenn das Ursprungs-Entstehen entstehend das Entstehens-Entstehen hervorbringen kann, wie könnte das Ursprungs-Entstehen, obwohl noch nicht seiend, das Entstehens-Entstehen hervorbringen? (VII. 7b.)

Wenn man sagt: »Das Ursprungs-Entstehen kann zur Zeit des Entstehens das Entstehens-Entstehen hervorbringen«, so ist das möglich, aber tatsächlich ist es noch nicht (so). Deshalb, wann das Ursprungs-Entstehen entsteht, kann es nicht das Entstehens-Entstehen hervorbringen.

Frage:

Wie ein Licht sich selbst beleuchten kann, auch anderes beleuchten kann, so auch erzeugt der Ent stehens-dharma sich selbst (und) erzeugt auch anderes. (VII. 8.)

Wie ein Licht in ein finsteres Zimmer [u.dgl.]2 eindringt[40] und die Dinge beleuchtet, auch sich selbst beleuchten kann, so kann auch das Entstehen anderes hervorbringen (und) kann auch sich selbst hervorbringen.

Antwort: Es ist nicht so. Weshalb?

In dem Lichte (an sich) selbst ist nicht Dunkel, wo es sich befindet (anhält), ist auch nicht Dunkel; das Dunkel vernichten heißt vielmehr »Beleuchten«, ohne Dunkel ist eben kein Beleuchten. (VII. 9.)

Das Licht (an sich) selbst ist ohne Dunkel; was das Helle erreicht, ist auch ohne Dunkel, da Helle und Dunkel Gegensätze sind. Weil es das Dunkel vernichtet, heißt es »Beleuchten«. Ohne Dunkel ist eben kein Licht. Wie kann man sagen: »Das Licht erhellt sich selbst (und) erhellt auch anderes«?

Frage: Wenn dieses Licht noch nicht entstanden ist, ist es nicht mit Leuchten, auch nicht, wenn es schon entstanden ist, ist es mit Leuchten. Nur entstehend3 kann es sich selbst beleuchten, (und) kann es auch anderes beleuchten.

Antwort:

Wie kann denn das Licht im Entstehen das Dunkel vernichten? Wenn es beginnt zu entstehen, kann dieses Licht das Dunkel nicht erreichen. (VII. 10.)

Wenn das Licht entsteht, nennt man es halb entstanden, halb noch nicht entstanden. Eine noch nicht vollendete Lichtsubstanz: wie kann sie die Finsternis vernichten? Überdies kann das Licht nicht das Dunkel erreichen, wie ein Mann einen Dieb erreicht (und) es dann heißt: (den Dieb) vernichten. Wenn (jemand) sagt: »Obwohl das Licht das Dunkel nicht erreicht, so kann es doch ein Dunkles vernichten«, so ist auch das nicht richtig. Weshalb?

Wenn ein Licht das Dunkel noch nicht erreicht, so kann es doch das Dunkle vernichten; (wenn) ein Licht sich an diesem Orte befindet, so vernichtet es alles Dunkel. (VII. 11.)

Wenn ein Licht mit seiner Kraft das Dunkel nicht erreicht und doch (das Dunkel)4 vernichten kann, so würde ein an diesem Orte brennendes Licht das Dunkel allerorts vernichten, da beides[41] in gleicher Weise nicht erreicht ist. Ferner: Ein Licht könnte sich nicht selbst und anderes beleuchten. Weshalb?

Wenn ein Licht sich selbst beleuchten kann (und) auch anderes beleuchten kann, dann könnte auch das Dunkel sich selbst verdunkeln und könnte anderes verdunkeln. (VII. 12.)

Wenn das Licht wegen des Gegensatzes zum Dunkel sich selbst erhellen kann (und) auch anderes erhellen kann, so könnte auch das Dunkel wegen seines Gegensatzes zum Licht sich selbst verdunkeln und auch anderes verdunkeln. Wenn das Dunkel, dem Licht entgegengesetzt, nicht sich selbst verdunkeln und anderes verdunkeln kann, dann kann das Licht, dem Dunkel entgegengesetzt, auch nicht sich selbst erhellen (und) auch anderes erhellen. Deshalb ist eben das Beispiel des Lichtes nicht richtig. Da die Widerlegung der Bedingungen (hetu-pratyaya) des Entstehens noch nicht erschöpft ist, wird er jetzt noch weiter lehren:

Dieses Entstehen, wenn es noch nicht entstanden, wie kann es sich selbst hervorbringen? Wenn, schon entstanden, es sich selbst hervorbringt, wozu braucht es Entstehung? (VII. 13.)

Dieses Entstehen, sich selbst hervorbringend, ist Entstehen des schon Entstandenen oder Entstehen des noch nicht Entstandenen. Wenn das Entstehen noch nicht entstanden, dann ist es nicht dharma.5 Wie kann ein Nicht-dharma sich selbst hervorbringen? Wenn jemand sagt: »Wenn das Entstehen entstanden ist, so ist es erreicht, (und) es ist nicht nötig, daß es nochmals entsteht. Wie etwas Getanes nicht nochmals getan werden muß«: ob entstanden, ob noch nicht entstanden – da diese beiden nicht entstehen, ist nicht Entstehen. Ihr lehrtet früher das Entstehen, wie ein Licht sich selbst hervorbringen (und) auch anderes hervorbringen kann. Diese Sache ist nicht richtig. Ebenso (ist es) mit Stehen und Vergehen. Ferner:

Das Entstandene entsteht nicht, auch das noch Unentstandene entsteht nicht, das Entstehende auch entsteht nicht: im (Abschnitt über das) Gehen (und) Kommen ist das schon beantwortet. (VII. 11)[42]

Entstehen heißt: das Vereintsein der hetu-pratyayas ist mit Entstehen. Da in dem schon Entstandenen keine Tätigkeit ist, ist es nicht mit Entstehen. Da in dem noch nicht Entstandenen keine Tätigkeit ist, ist es nicht mit Entstehen. Das Entstehende auch ist nicht möglich. Ohne Entstehen ist das Entstehende nicht zu erreichen, ohne Entstehendes ist das Entstehen (auch)6 nicht zu erreichen. Wie das Entstehende entsteht – diese Sache ist im (Abschnitt über das) Gehen und Kommen7 beantwortet. Das schon Entstandene entsteht nicht.8 Weshalb? Das Entstandene entsteht wiederum: so entwickelt sich ein Weiterschieben, dann wird ein regressus ad infinitum (anavasthā) bewirkt, wie wenn ein schon Gemachtes nochmals gemacht wird. Ferner: wenn das Entstandene wiederum entsteht, durch welches Entstehen entsteht es? (Wenn) diese Entstehens-Eigenschaft (lakṣaṇa) noch nicht entstanden, so sagt man doch: »Das Entstandene entsteht« – der widerspricht sich dann selbst in dem, was er lehrt.9 Weshalb? Die Entstehens-Eigenschaft (lakṣaṇa) ist noch unentstanden, doch ihr sagt: »entstanden«. Wenn noch vor dem Entstehen einer »entstanden« sagt, dann muß entweder der dharma schon entstanden sein und entsteht doch, oder er muß noch unentstanden sein und entsteht doch. Was ihr früher lehrtet: »Das Entstandene entsteht«, das ist dann nicht wahr. Ferner: wie das Verbrannte nicht wiederum verbrennen könnte, und wie das Gegangene nicht wiederum gehen könnte: solcher Gründe halber könnte das Entstandene nicht entstehen. Das noch nicht Entstandene10 auch entsteht nicht. Weshalb? Wenn ein dharma noch unentstanden ist, so ist11 keine Verbindung mit Entstehungs-Bedingungen (pratyaya). Wenn nicht Verbindung mit Entstehungs-Bedingungen, dann ist nicht dharma-Entstehung. Wenn der dharma (Zustand) noch nicht mit Entstehungs-Bedingungen verbunden ist, aber doch entsteht, so wäre er ohne Tätigkeit, (und) würde doch wirken; ohne Gehens-dharma (-Zustand) (wäre) doch Gehen, ohne Leidenschafts-Zustand (rāga-dharma) doch Leidenschaft (rāga), ohne Hasses-Zustand (dveṣa-dharma) doch Haß, ohne Verblendungs-Zustand (moha-dharma) doch Verblendung. So sind dann die[43] weltlichen dharmas (Zustände) ausnahmslos12 widerlegt. Deshalb entsteht nicht das Noch-nicht-Entstehen13. Ferner: wenn das Noch-nicht-Entstehen14 entsteht, so würden die weltlichen noch unentstandenen dharmas ausnahmslos entstehen. Die noch unentstandene Erleuchtung (bodhi) aller gewöhnlichen Leute würde jetzt den unzerstörbaren dharma, die Erleuchtung (bodhi) hervorbringen. Der arhant hat keine kleśas, (aber) jetzt würde er Qualen (kleśa) hervorbringen. Hasen und dergleichen ohne Hörner würden jetzt ausnahmslos (Hörner) hervorbringen. Nur ist diese Sache nicht richtig. Deshalb entsteht auch das (Noch-)nicht-Entstandene15 nicht.

Frage: Das (Noch-)nicht-Entstehen16 entsteht nicht; durch das Noch-nicht-Haben von Bedingungen (pratyaya) ist es nicht tätig (und) nicht Täter, ohne Zeit, ohne Raum (diś) usw. Daher (ist) nicht Entstehen. Wenn (aber) Bedingungen (pratyaya) sind, Tätigkeit, Täter, Zeit (und) Raum usw., so entsteht des Zusammenseins halber das (Noch-)nicht-Entstehen.17 Deshalb, wenn gelehrt wird: »Alles (Noch-)nicht-Entstehen18 ausnahmslos entsteht nicht«, ist diese Sache nicht so.

Antwort: Wenn ein dharma (Zustand) mit Bedingungen (pratyaya), mit Zeit, mit Raum usw. zusammen verbunden ist, dann entsteht er. Vorher ist Nicht-Entstehen. Vorher ist auch nicht das Nicht-Entstehen. Das Sein und Nichtsein auch entsteht nicht. Die drei Fälle sind vorher schon widerlegt. Deshalb entsteht [auch]19 nicht das Entstandene, das (Noch-)nicht-Entstandene auch entsteht nicht, das Entstehende auch entsteht nicht. Weshalb? Der entstandene Teil entsteht nicht, der (noch) nicht entstandene Teil auch entsteht nicht, wie früher beantwortet. Ferner, wenn getrennt vom Entstehen ein Entstehendes ist, würde das Entstehende entstehen; aber es gibt kein Entstehendes außer dem Entstehen. Deshalb entsteht auch nicht das Entstehende.

Ferner: Wenn (einer) sagt: »Das Entstehende entsteht«, so begeht er zwei Fehler (hinsichtlich) des Entstehens: der eine, wegen des Entstehens heißt es »entstehend«, der zweite, in dem Entstehenden ist das Entstehen. Beides ist nicht richtig. Nicht sind zwei dharmas (Zustände). Wie sind (dann) zwei Entstehen? Deshalb entsteht auch das Entstehende nicht.[44]

Ferner: Solange das Entstehen noch nicht beginnt, solange ist nicht (ein) Entstehendes. Da ein Entstehendes nicht ist, von wem sollte das Entstehen abhängig sein? Deshalb wird nicht erreicht, was gesagt wird: »Das Entstehende entsteht.« (Obwohl) so eifrig gesucht, entsteht das Entstandene nicht, das noch Unentstandene entsteht nicht, das Entstehende entsteht nicht. Wegen des Nichtentstehens [des Entstehens]20 wird das Entstehen nicht erreicht; da das Entstehen nicht erreicht wird, werden auch Stehen (und) Vergehen nicht erreicht; da Entstehen, Stehen, Vergehen nicht erreicht werden, werden die gewirkten (saṃskṛta) dharmas nicht erreicht. Deshalb wird im śloka gelehrt: Im (Abschnitt über das) Gegangene, Noch-nicht-Gegangene, Gehende21 ist das schon beantwortet.

Frage: Ich sage nicht in Wahrheit: »Das Entstandene entsteht, das Noch-Unentstandene entsteht, das Entstehende entsteht«; nur des Zusammenseins der Bedingungen (pratyaya) halber ist das Entstehen.

Antwort: Obwohl ihr dieses lehrt, so ist es doch nicht richtig. Weshalb?

Wenn man sagt: »Das Entstehende entsteht«, so ist diese Sache nicht erreicht. Wenn die Bedingungen zusammen sind: wie erreicht man zu solcher Zeit das Entstehen? (VII. 15.)

»Das Entstehende entsteht« ist schon durch verschiedene Gründe widerlegt. Wie lehrt ihr jetzt außerdem: »Wegen der Bedingungen Zusammensein ist Entstehen?« Wenn es mit den Bedingungen versehen oder nicht versehen ist, so ist alles zusammen mit dem Entstehen gleich widerlegt. Ferner:

Wenn die dharmas (Objekte) aus den Bedingungen entstehen, dann sind sie von der Art des Erloschenseins (nirvāṇa); deshalb sind die Entstehung und das Entstehende beide erloschen. (VII. 16.)

Die aus den Bedingungen hervorgebrachten dharmas sind wegen (ihres) Nicht-Selbstseins erloschen. »Erloschen« heißt »Nichtsein«. Dieses Nichtsein und jene Nichtseins-Eigenschaft (lakṣaṇa) ist abgetrennt vom Weg der Sprache und vernichtet alles[45] Gerede (prapañcana). Die Namen der (verschiedenen) Bedingungen sind wie (z.B.): durch Fäden ist das Tuch (und) durch Schilfblätter ist die Matte. Wenn die Fäden selbst bestimmte Eigenschaften (lakṣaṇa) wären, so würden sie nicht aus Hanf hervorgehen. Wenn Tuch an sich selbst bestimmtes lakṣaṇa wäre, dann würde es nicht aus Fäden hervorgehen. Aber tatsächlich ist aus Fäden das Tuch, aus Hanf sind die Fäden. Deshalb sind auch die Fäden nicht wahrhaftige Wesen, das Tuch auch ist nicht wahrhaftiges Wesen. Wie Brennen und Brennbares bei der Bedingungen (pratyaya) Zusammensein erreicht werden und nicht Selbst-Wesen sind. Da das Brennbare nicht ist, ist auch das Brennen nicht. Da das Brennen nicht ist, ist auch das Brennbare nicht. Alle dharmas (Objekte) sind auch so. Deshalb ist der aus den (verschiedenen) pratyayas entstehende dharma (Objekt) nicht selbst-seiend: da er nicht selbst-seiend ist, ist er leer, wie eine Luftspiegelung nicht wirklich ist. Deshalb wird im śloka gelehrt: »Entstehen und Entstehendes sind beide erloschen.« Nicht sollte gelehrt werden: »Das Entstehende entsteht.« Obwohl ihr aus verschiedenen Gründen Entstehens-Eigenschaft (lakṣaṇa) zu erlangen wünscht, so ist das alles (nur) Gerede (prapañcana) (und) nicht nirvāṅa-Eigenschaft (lakṣaṇa).

Frage: Es gibt bestimmt Unterschiede der drei Zeiten. Die zukünftigen dharmas können entstehen. (Sobald) die Bedingungen (pratyaya) (vorhanden sind), dann entstehen sie. Warum sagt (man): »Es ist kein Entstehen«?

Antwort:

Wenn es ein noch nicht entstandener dharma ist, (und) man lehrt: »Er ist mit Entstehen«, (wenn also) dieser dharma vorher schon ist, wie kann er außerdem noch ferner entstehen? (VII. 17.)

Wenn in der zukünftigen Zeit noch nicht entstandene dharmas sind, und sie entstehen – diese dharmas, die vorher schon sind, wie brauchen sie noch ferner entstehen? (Da sie schon) dharma sind, so wäre nicht nochmals Entstehung (erforderlich).

Frage: Obwohl das Zukünftige ist, ist es nicht wie gegenwärtige Eigenschaft (lakṣaṇa). Weil es gegenwärtiges lakṣaṇa ist, wird gelehrt: »Entstehen«.

Antwort: Das gegenwärtige lakṣaṇa ist nicht in dem Zukünftigen.[46] Wenn es nicht (darin) ist, wie sagt man: »Das zukünftige Entstehen entsteht«? Wenn es nicht »zukünftig« benannt ist, so wäre es benannt »gegenwärtig«. Das Gegenwärtige würde nicht nochmals entstehen. Da die zwei zusammen nicht entstehen, ist nicht Entstehen. Ferner: Ihr sagt: »Das Entstehende entsteht, auch kann es jenes hervorbringen.« Jetzt wird weiter gelehrt werden:

Wenn (jemand) sagt: »Das Entstehende entsteht«, so kann dies sein, was hervorgebracht wird. Wie ist es außerdem möglich, daß Entstehen ist (und) doch dieses Entstehen hervorbringen kann? (VII. 18.)

Wenn das Entstehen entstehend jenes hervorbringen kann, wer wieder kann dieses Entstehen hervorbringen?

Wenn man sagt: »Außer dem Entstehen ist Entstehens-Entstehen«, so ist das anavasthā (regressus ad infinitum). Wenn ohne22 Entstehens-Entstehen das Entstehen ist, dann können die dharmas ausnahmslos sich selbst hervorbringen. (VII. 19.)

(Wenn)23 das Entstehen nochmals das Entstehen hervorbringt, so ist anavasthā. Wenn dieses Entstehen nicht nochmals entsteht (und) doch sich selbst hervorbringt, so können auch alle dharmas (Objekte) sich selbst hervorbringen. Aber tatsächlich ist es nicht so. Ferner:

Ein seiender dharma könnte nicht entstehen, ein nicht-seiender auch könnte nicht entstehen, ein (sowohl) seiender (als) nicht-seiender auch entsteht nicht: diese Sache ist früher schon gelehrt. (VII. 20.)

Im allgemeinen, was Entstehen hat: hat ein seiender dharma Entstehen, oder hat ein nicht-seiender dharma Entstehen, oder hat ein seiend-nicht-seiender dharma Entstehen? Diese (drei Sätze) sind ausnahmslos nicht richtig. Diese Sache ist früher schon gelehrt. Abgetrennt von diesen drei Sachen gibt es weiter kein Entstehen. Deshalb ist nicht das Entstehen. Ferner:

Wenn die dharmas vergehend sind, zu dieser Zeit würden sie nicht entstehen. Ein dharma, welcher nicht vergeht: niemals ist diese Sache. (VII. 21.)[47]

Wenn lakṣaṇa des Vergehens eines dharmas ist, dann wird dieser dharma nicht entstehen. Weshalb? Weil zwei lakṣaṇas ein Widerspruch sind. Erstens ist Vergehens-lakṣaṇa. Man erkennt dadurch: der dharma vergeht. Zweitens ist Entstehens-lakṣaṇa. Man erkennt dadurch: der dharma entsteht. Zwei lakṣaṇas sind widersprechende dharmas. Gleichzeitig(keit) ist eben nicht richtig. Deshalb wird Vergehens-lakṣaṇa-dharma nicht entstehen.

Frage: Wenn Vergehens-lakṣaṇa-dharma nicht entstehen wird, lann wird Nicht-Vergehens-lakṣaṇa-dharma entstehen.

Antwort: Da alle gewirkten (saṃskṛta) dharmas in jedem Augenblick vergehen, gibt es keinen Nicht-Vergehens-dharma. Getrennt von gewirkten (saṃskṛta) gibt es in Wahrheit keine nicht-gewirkten (asaṃskṛta) dharmas. (Die) nicht-gewirkten (asaṃskṛta) dharmas haben (bzw. sind) nur Benennungen. Deshalb lehrt (er): Ein nicht vergehender dharma: niemals gibt es diese Sache.

Frage: Wenn die dharmas nicht mit Entstehen sind, so könnten sie doch mit Stehen (Dauer) sein.

Antwort:

Ein (noch) nicht gestandener dharma steht nicht, ein gestandener dharma auch steht nicht, ein stehender auch steht nicht. Wie sollte er ohne Entstehen stehen? (VII. 22.)

Ein gestandener dharma [auch] steht nicht. Weshalb? Weil er schon mit Stehen gewesen ist. Infolge des Gehens ist Stehen. Wenn das Stehen vorher (schon) ist, so wäre nicht außerdem Stehen. Ein noch nicht gestandener dharma auch steht nicht, da er ohne die Eigenschaft (lakṣaṇa) des Stehens ist.24 Das Stehende auch steht nicht: getrennt von gestanden und noch nicht gestanden ist kein weiteres Stehendes. Deshalb steht auch das Stehende nicht. Da so überall gesucht das Stehen nicht erreichbar ist, so ist nicht Entstehen. Wenn Entstehen nicht ist, wie ist es mit Stehen? Ferner:

Wann die dharmas vergehen, dann können sie nicht stehen. Ein dharma, welcher nicht vergeht – niemals ist diese Sache. (VII. 23.)[48]

Wenn ein dharma (Objekt) mit Eigenschaft des Vergehens (nirodha-lakṣaṇa) ist25, so ist dieser dharma nicht mit Eigenschaft der Dauer (sthiti-lakṣaṇa). Weshalb? Da in einem dharma zwei lakṣaṇas ein Widerspruch ist. Eines ist Vergehens-lakṣaṇa26, das zweite ist Stehens-lakṣaṇa. Zu einer Zeit (und) an einem Ort ist Stehens- und Vergehens-lakṣaṇa: diese Sache ist nicht richtig. Deshalb ist es nicht möglich, zu sagen: »Ein dharma mit Vergehens-lakṣaṇa ist mit Stehen.«

Frage: Wenn ein dharma nicht vergeht, so wäre (er mit) Stehen.

Antwort: Es ist nicht ein nicht vergehender dharma. Weshalb?

Alle dharmas, die es gibt, sind ausnahmslos mit den lakṣaṇas von Alter und Tod. Niemals wird ein dharma ohne Alter und Tod verharrend gesehen. (VII. 24.)

Solange alle dharmas entstehen, sind sie unewig; das Unewige, was (ihnen) immer folgt, ist zwei(erlei), nämlich Alter und Tod. Da so alle dharmas stets mit Alter und Tod sind, ist nicht Stehendes (Dauerndes). Ferner:

Das Stehen ist nicht (durch) eigene Eigenschaft (lakṣaṇa) Stehen, auch nicht (durch) eine andere Eigenschaft Stehen. Wie das Entstehen nicht (durch) eigene Eigenschaft Entstehen, auch nicht (durch) andere Eigenschaft Entstehen ist. (VII. 25.)

Wenn Stehen ist, so ist entweder (durch) eigene Eigenschaft (lakṣaṇa) Stehen, oder (durch) anderes lakṣaṇa Stehen. Alles beide ist nicht richtig. Wenn (durch) eigenes lakṣaṇa Stehen ist, so heißt das »ewig«. Alle gewirkten (saṃskṛta) dharmas entstehen durch die Bedingungen (pratyaya). Wenn das Stehen eigenes Stehen ist, dann heißt es nicht gewirktes (saṃskṛta) Stehen. Wenn es (durch) eigenes Wesen verharrt, so würde auch ein dharma (durch) eigenes Wesen verharren. Wie das Auge nicht sich selbst sehen kann, so auch das Stehen. Wenn verschieden vereigenschaftet das Stehen ist, dann ist das Stehen nochmals mit Stehen, dann (ist) regressus ad infinitum (anavasthā). Ferner: Wenn man verschiedene dharmas verschiedene[49] Eigenschaften (lakṣaṇa) hervorbringen sieht, dann ist es nicht möglich, daß nicht durch verschiedene dharmas doch verschiedene lak ṣaṇas sind. Da andere Eigenschaften nicht wahrhaftig sind, so ist (die Behauptung): »Durch verschiedene lakṣaṇas steht (dauert) es«, nicht richtig.

Frage: Wenn Stehen nicht ist, so würde doch Vergehen sein.

Antwort: »Nein«. Weshalb?

Ein schon vergangener dharma vergeht nicht, ein noch nicht vergangener auch vergeht nicht, ein vergehender auch vergeht nicht. Wie sollte ein unentstandener vergehen? (VII. 26.)

Wenn ein dharma schon vergangen ist, dann vergeht er nicht, weil er vorher (schon) vergangen ist. Noch nicht vergangen auch vergeht (er) nicht, da er ohne Vergehens-lakṣaṇa ist. Vergehend auch vergeht er nicht, denn ohne die zwei wiederum ist kein Vergehendes. So eifrig gesucht, entsteht eben das Vergehen nicht. (Wenn) ohne Entstehen, wie gibt es Vergehen? Ferner:

Wenn ein dharma ein stehender ist, dann könnte er nicht vergehen. Wenn ein dharma nicht steht, der auch könnte nicht vergehen. (VII. 27.)

Wenn ein dharma wahrhaftig verharrt, dann ist er nicht mit Vergehen. Weshalb? Da er eben mit Stehenseigenschaft (sthiti-lakṣaṇa) behaftet ist. Wenn ein stehender dharma vergeht, dann sind zwei Eigenschaften (lakṣaṇa), Stehens-lakṣaṇa (und) Vergehens-lakṣaṇa. Deshalb ist es nicht möglich, zu sagen: »In dem Stehenden ist Vergehen«, wie Geburt (und) Tod nicht zu einer Zeit seiend erreicht werden. Wenn ein dharma nicht stehend ist, dann ist er auch nicht vergehend. Weshalb? Weil er ohne die Eigenschaft (lakṣaṇa) des Stehens ist. Wenn ohne die Eigenschaft des Stehens, dann ist er Nicht-Objekt (adharma, bzw. abhāva); (und) wie wird ein Nicht-Objekt vernichtet? Ferner:

Dieser dharma zu dieser Zeit (d.i. in diesem Zustand) vergeht nicht in dieser Zeit. Dieser dharma zu einer anderen Zeit vergeht nicht zu einer anderen Zeit. VII. 28.)

Wenn ein dharma Vergehens-Eigenschaft (nirodha-lakṣaṇa) hat, so heißt dieser dharma entweder »in seiner eigenen Eigenschaft vergehend«, oder »in anderer Eigenschaft vergehend«.[50] Alles beide ist nicht richtig. Weshalb? Wie Milch nicht im Zustand der Milch (eig. »zur Zeit der Milch«) vergeht; weil, solange Milch-Zustand (eig. »Milchzeit«) ist, die Milch-Eigenschaft (lakṣaṇa) in Wahrheit beharrt. Im Nicht-Milch-Zustand (eig. »zur Nicht-Milchzeit«) auch vergeht sie nicht; wenn es nicht Milch ist, kann man nicht sagen: »Die Milch vergeht.« Ferner:

Wie (bei) allen dharmas die Entstehens-Eigenschaft (lakṣaṇa) nicht erreicht wird, weil Entstehens-lakṣaṇa nicht ist, so ist auch nicht Vergehens- lakṣaṇa. (VII. 29.)

Wie früher eifrig gesucht aller dharmas Entstehens-Eigenschaft (lakṣaṇa) nicht erreichbar ist, so ist jetzt eben nicht Vergehens-lakṣaṇa. Da das Entstehen widerlegt ist, ist nicht Entstehen. Wie ist ohne Entstehen Vergehen? Wenn ihr denkt: »(Es ist eben) noch nicht erledigt«, so wird er (sc. der Verfasser des śāstra) jetzt wiederum Widerlegung der Bedingungen (pratyaya) des Vergehens lehren.

Wenn dieser dharma ist, dann ist nicht Vergehen. Nicht wäre bei einem dharma Seins- und Nichtseins-Eigenschaft (lakṣaṇa). (VII. 30.)

Wann die dharmas gegenwärtig sind, ist Vergehens-Eigenschaft (lakṣaṇa), (obwohl) eifrig gesucht, nicht zu erreichen. Weshalb? Wie (wäre) in einem dharma sowohl Seins- als auch Nichtseins-lakṣaṇa? Wie Licht und Schatten nicht am selben Ort sind. Ferner:

Wenn dieser dharma nicht-seiend (ist), dann ist nicht Vergehen; (wie) zum Beispiel ein zweites Haupt wegen (seines) Nichtseins nicht abschneidbar ist. (VII. 31.)

Wenn ein dharma nicht-seiend (ist), so ist er ohne Vergehens-Eigenschaft (lakṣaṇa), wie ein zweites Haupt, eine dritte Hand wegen des Nichtseins nicht abschneidbar ist. Ferner:

Ein dharma vergeht nicht (durch) eigenes lakṣaṇa, (durch) ein anderes lakṣaṇa auch vergeht er nicht. Wie (er durch) das eigene lakṣaṇa nicht entsteht, (durch) anderes lakṣaṇa auch nicht entsteht. (VII. 32.)

Wie früher das Entstehens-lakṣaṇa gelehrt (wurde), entsteht das Entstehen nicht (aus) sich selbst, auch nicht aus anderem entsteht es. Wenn es durch eigene Substanz entsteht, dann ist es nicht richtig, daß alle Dinge ausnahmslos durch Bedingungen (pratyaya) entstehen. Wie die Fingerspitze nicht sich selbst[51] berühren kann, so kann das Entstehen nicht sich selbst hervorbringen. Entstehen aus anderem auch ist nicht richtig. Weshalb? Da das Entstehen noch nicht ist, so könnte es nicht aus anderem entstehen. Da dieses Entstehen ohne Entstehen ist27, ist nicht eigene Substanz. Da eigene Substanz nicht ist, ist auch andere nicht. Deshalb ist auch Entstehen (aus) anderem nicht richtig. Das Vergehen ist auch so: es ist nicht (durch) eigenes lakṣaṇa Vergehen, nicht (durch) anderes lakṣaṇa Vergehen. Ferner:

Da Entstehen, Stehen, Vergehen nicht erreicht werden, ist nicht Gewirktes (saṃskṛta); da gewirkte (saṃskṛta) dharmas nicht sind, wie ist es möglich, daß Nicht-Gewirktes (asaṃskṛta) ist? (VII. 33.)

Ihr lehrtet früher: »Da Entstehens-, Stehens-, Vergehenslakṣaṇas sind, ist Gewirktes (saṃskṛta). Weil saṃskṛta ist, ist Nicht-Gewirktes (asaṃskṛta).« Jetzt durch Vernunftgründe eifrig gesucht, sind die drei lakṣaṇas nicht erreichbar; wie sollte das Gewirkte (saṃskṛta) erreichbar sein? Wie früher gelehrt, sind nicht gewirkte (saṃskṛta) dharmas. Da gewirkte dharmas nicht sind, wie ist Nicht-Gewirktes (asaṃskṛta) möglich? »Nicht-gewirkte dharmas« heißt »ohne Entstehen, ohne Stehen, ohne Vergehen«. Nur des saṃskṛta-lakṣaṇa wegen nennt (man es) »asaṃskṛta-lakṣaṇa«. Das Nicht-Gewirkte (asaṃskṛta) hat (durch) sich selbst nicht andere Eigenschaft (lakṣaṇa). In bezug auf (eig. »durch«) diese drei lakṣaṇas ist asaṃskṛta-lakṣaṇa. Wie das Feuer »Hitze zur Eigenschaft habend« (auṣṇya-lakṣaṇa) heißt, Erde »Festigkeit zur Eigenschaft habend« (kāṭḥinya-lakṣaṇa) heißt, Wasser »Kälte zur Eigenschaft habend« (jala-lakṣaṇa) heißt. Das Nicht-Gewirkte (asaṃskṛta) also ist nicht so.

Frage: Wenn diese Entstehen, Stehen, Vergehen absolut (atyanta) nicht sind, wie ist es in den śāstras möglich, Namen und Bezeichnungen zu lehren?

Antwort:

Wie ein Truggebilde, auch wie ein Traum, wie eine Gandharvenburg ist das, was man als Entstehen, Stehen, Vergehen lehrt. Alle Eigenschaften (lakṣaṇa) ausnahmslos sind auch so. (VII. 34.)

Die Eigenschaften des Entstehens, Stehens, Vergehens sind[52] nicht absolut wahr. Gewöhnliche Leute, begierig und haftend, sagen: »Sie sind absolut wahr.« Die verehrungswürdigen Weisen wünschen mitleidig alle Verkehrtheiten zu beendigen und durch diese behafteten (sc. mit den Verkehrtheiten gewöhnlicher Leute) Namen und Bezeichnungen lehren sie. Obwohl Sprache und Wort gleich sind, ist der Gedanke eben anders. So gelehrt, sind die Eigenschaften des Entstehens, Stehens, Vergehens nicht schwierige (Fragen). Wie das durch Zauber, (durch) ein Gespenst (pariṇāma) Bewirkte nicht verantwortlich wäre für diese Mittel (sc. Sprache und Wort, »Entstehen« u.dgl.). Nicht sollten hierin die Gedanken des Kummers und der Freude sein. Man soll nur mit dem Auge sehen und (damit) abschließen (eig. enden). Wie das im Traum Gesehene nicht wirklich gesucht würde. Wie eine Gandharvenburg zur Zeit des Sonnenaufgangs erscheint, aber nicht wirklich ist. Nur die Mitteilung (prajñapti) bewirkt Name und Bezeichnung (dessen, das) nicht lange (dauert und) eben vergeht. Entstehen, Stehen, Vergehen sind auch so. Gewöhnliche Leute unterscheiden, nehmen das Sein an, (aber wenn) der Wissende eifrig sucht, dann ist es nicht erreichbar.

1

KE.: »Ursprungs-Entstehen«; PE. (Ming) bietet dieselbe Lesart wie TE.

2

Fehlt TE.

3

TE.: »nur das entstehende Licht«.

4

Fehlt TE.

5

Bzw. bhāva (Sein); vgl. oben p. 11 n 2.

6

Zusatz der TE.

7

2. Abschnitt.

8

TE.: »kann nicht entstehen«.

9

Fehlt TE.

10

KE.: »das nicht Entstandene«.

11

TE.: »wäre«.

12

Zusatz der TE.

13

KE.: »das Nicht-Entstehen«.

14

KE.: »das Nicht-Entstehen«.

15

KE.: »das Nicht-Entstandene«.

16

KE.: »das Nicht-Entstehen«.

17

KE.: »das Nicht-Entstehen«.

18

KE.: »das Nicht-Entstehen«.

19

Nach TE. zu tilgen.

20

Nach TE. zu tilgen.

21

2. Abschnitt.

22

Nach TE.; KE.: unverständlich »obwohl« anstatt »ohne«.

23

Fehlt TE.

24

TE. stellt diesen Satz an den Anfang des Kommentars zu VII, 22.

25

KE. fügt ein: »(und) nach Vergehen strebt«.

26

KE. »Streben nach Vergehen«.

27

TE.: »Da dieses Entstehen nicht ist«.

Quelle:
Die mittlere Lehre des Nāgārjuna. Heidelberg 1912, S. 36-53.
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