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[1234] Hic Rhodus, hic salta. – Unsere Musik, die sich in alles verwandeln kann und verwandeln muß, weil sie, wie der Dämon des Meeres, an sich keinen Charakter hat: diese Musik ist ehemals dem christlichen Gelehrten nachgegangen und hat dessen Ideal in Klänge zu übersetzen vermocht; warum sollte sie nicht endlich auch jenen helleren, freudigeren und allgemeinen Klang finden, der dem idealen Denker entspricht? – eine Musik, die erst in den weiten schwebenden Wölbungen seiner Seele sich heimisch auf und nieder zu wiegen vermöchte? – Unsere Musik war bisher so groß, so gut: bei ihr war kein Ding unmöglich! So zeige sie denn, daß es möglich ist, diese drei: Erhabenheit, tiefes und warmes Licht und die Wonne der höchsten Folgerichtigkeit auf einmal zu empfinden!

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 1, S. 1234.
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