Anmerkungen

[534] Über das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge. Zur vorläufigen Erläuterung diene die Stelle des Platon (in Tim. p. 385): Dyo aitias eidê chrê diorizesthai, to men anankaion, to de theion, kai to men theion en hapasi zêtein ktêseôs heneka eudaimonos biou kath' hoson hêmôn hê physis endechetai.

Seite 436. so daß Sophokles usw. In einem Fragment, welches Plutarch aufbewahrt hat, und das sich Opp. Soph. ed Brunk. T. IV, p. 686 findet.

Seite 446. Sokrates bei Plato usw. In der Stelle des Phileb. p. 217.

Seite 474. Merke also, o Freund, den Sinn der Gesetze, die ein göttlicher Verstand uns enthüllt zu haben scheint. Hierunter werden die Keplerischen Gesetze verstanden. Um den spekulativen Sinn derselben zu ahnden, muß man sie von den spätern empirischen und mechanischen Entstellungen zuvor befreit und in ihrer Reinheit erkannt haben. Hierüber können wir uns mit Überzeugung auf die früheren Bemühungen eines Freunds berufen: das Positive der hier ausgedrückten Ansicht dieser Gesetze ist dem allgemeinen Schema der Konstruktion, welches in dieser Unterredung herrschend ist, gemäß; denn nach demselben verhalten sich die drei Keplerischen Gesetze überhaupt wie Indifferenz, Differenz und das, worin beide zur Einheit rekonstruiert sind, Totalität; sie drücken auf diese Weise den ganzen Vernunft-Organismus vollkommen aus und bilden ein in sich geschlossenes System. Dieses mag zum Verstehen der Reden des Bruno der vorläufige Leitstern für diejenigen sein, welche nicht fernere anderwärts zu gebende Erläuterungen erwarten wollen.

Seite 514. Die Schicksale also jener Lehre usw. Für Kenner bedarf es vielleicht nicht der Erinnerung, daß die folgende Darstellung sich der besondern Art, wie Jordanus Brunus die Lehre vom Universum dargestellt hat, vorzüglich nach dem geistreichen Auszug, welcher von seinem Werk: Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen, als Anhang zu den Briefen über die Lehre des Spinoza von Jacobi, gegeben worden ist, am meisten annähere.

Ausgenommen, daß Brunus die Seele und die Form eines Dings für identisch[534] erklärt (a. a. O. S. 473), wodurch es ihm unmöglich wird, den höchsten Punkt der Indifferenz zwischen Materie und Form mit durchgängiger Klarheit zu gewinnen, Alexander dagegen die Seele selbst als den Einen Gegensatz in der Form behauptet, sonach der Form unterordnet, können folgende Stellen des Brunus als Belege und Parallelen seiner Darstellung betrachtet werden:

»Wir müssen von der zufälligen Form die notwendige, ewige und erste Form unterscheiden, welche aller Formen Form und Quelle ist.«

»Diese erste allgemeine Form und jene erste allgemeine Materie, wie sind sie vereinigt, unzertrennlich, verschieden und dennoch nur Ein Wesen? Dieses Rätsel müssen wir aufzulösen suchen.« S. 486, 487.

»Die vollkommene Möglichkeit des Daseins der Dinge kann vor ihrem wirklichen Dasein nicht vorhergehen und ebensowenig nach demselben überbleiben. Wenn es eine vollkommene Möglichkeit wirklich zu sein ohne wirkliches Dasein gäbe, so erschafften die Dinge sich selbst und wären da, ehe sie waren. Das erste und vollkommenste Prinzip fasset alles Dasein in sich, kann alles sein, und ist alles. Tätige Kraft und Potenz, Möglichkeit und Wirklichkeit sind also in ihm ein unzertrenntes und unzertrennliches Eins. Nicht so die andern Dinge, welche sein und nicht sein, so oder anders bestimmt werden können. Jeder Mensch ist in jedem Augenblick, was er in diesem Augenblick sein, aber nicht alles, was er überhaupt und der Substanz nach sein kann. Was alles ist, was es sein kann, ist nur ein Einziges, welches in seinem Dasein alles andere Dasein begreift.« S. 488.

»Das Universum, die unerzeugte Natur, ist ebenfalls alles, was sie sein kann, in der Tat und auf einmal, weil sie alle Materie nebst der ewigen, unveränderlichen Form ihrer wechselnden Gestalten in sich faßt: aber in ihren Entwicklungen von Moment zu Moment, ihren besondern Teilen, Beschaffenheiten, einzelnen Wesen, überhaupt ihrer Äußerlichkeit, ist sie schon nicht mehr, was sie ist und sein kann, sondern nur ein Schatten von dem Bilde des ersten Prinzips, in welchem tätige Kraft und Potenz, Möglichkeit und Wirklichkeit eins und dasselbe sind.« S. 489 f.

»Wir haben kein Auge weder für die Höhe dieses Lichtes noch für die Tiefe dieses Abgrundes; worüber die heiligen Bücher, indem sie die beiden äußersten Enden zusammenfassen, mit Erhabenheit sagen: Tenebrae non obscurabuntur a te. Nox sicut dies illuminabitur. Sicut tenebrae ejus, ita et lumen ejus.« S. 491.

»Man hüte sich, die Materie der zweiten Gattung, welche das Subjekt allein der natürlichen und veränderlichen Dinge ist, mit derjenigen zu vermischen, welche sinnliche und übersinnliche Welt miteinander gemein haben.« S. 491.

»Diese Materie, welche den unkörperlichen wie den körperlichen Dingen zum Grunde liegt, ist ein mannigfaltiges Wesen, insofern es die Menge der Formen in sich schließt, in sich betrachtet aber schlechterdings einfach und unteilbar. Weil sie alles ist, kann sie nichts insbesondere sein. Ich gestehe, daß es nicht für jeden leicht zu fassen ist, wie etwas alle Eigenschaften und keine besitzen, das formelle Wesen von allem sein, und doch selbst keine Form haben könne; doch ist dem Weltweisen der Satz bekannt: non potest esse idem, totum et aliquid.« S. 494.

S. 520. Nicht mit Unrecht, o Freund usw. Anselmo, indem er sich[535] einerseits an den Leibnizischen Intellektualismus anschließt, scheint auf der anderen Seite durch die erste Beschränktheit desselben, welche in dem Ausgehen von dem Begriff der Monas liegt, in seiner Darstellung gleichfalls beengt; zugleich aber könnte jedoch die Frage entstehen, ob jene Lehre hier nicht wirklich zu einem höhern Sinn umgedeutet worden, und ob in den Verwicklungen und der Unform, welche jene erste Einschränkung notwendig macht, je eine Äußerung der wahren Philosophie mit der Klarheit, wie mehrere in der Rede des Anselmo, z.B. daß nur inadäquate Vorstellung die Dinge außer Gott sehen lasse u. dgl., durchgebrochen sei. Diese Frage ist um so natürlicher, je allgemeiner bis in unsere Zeit, selbst von denen, welche sich zu Leibniz bekennen oder die Philosophie zu ihm zurückführen wollen, seine Lehre, nicht ohne seine Schuld, in Hauptpunkten, wie die der vorherbestimmten Harmonie (welche auf die Verbindung des Leibes mit der Seele bezogen wird), dem Verhältnis der Monaden zu Gott usf., ganz unverstanden geblieben ist; gleichwohl möchte sich in der Rede des Anselmo nichts finden, das nicht mit einzelnen Stellen aus Leibniz wirklich belegt werden könnte, ohne daß man nötig hätte zu der Berufung auf den Geist des Intellektualsystems seine Zuflucht zu nehmen. Das Sein z.B. der Einheiten in Gott betreffend, und daß für die adäquate oder Vernunftvorstellung alles in Gott sei, kann man sich auf mehrere Äußerungen beziehen, die teils in den Nouveaux essais selbst, teils in einer Zugabe zu denselben, über das Theorem des Malebranche, daß wir alle Dinge in Gott sehen, befindlich sind.

Seite 532. welche ein Philosoph vor uns in den Worten hinterlassen hat usw. Auch dieser ist Jordanus Brunus, dessen hier (aus dem schon erwähnten Auszug S. 507) angeführte Worte allerdings als das Symbolum der wahren Philosophie betrachtet werden können.[536]


Fußnote

1 Phädrus p. 251. A. d. O.

Quelle:
Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Werke. Band 2, Leipzig 1907.
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Bruno oder Über das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge. Ein Gespräch (RUB, 1315)
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