Erste Epoche, von der ursprünglichen Empfindung bis zur produktiven Anschauung
A. Aufgabe: zu erklären, wie das Ich dazu komme, sich als begrenzt anzuschauen
Auflösung

[73] 1. Indem die entgegengesetzten Tätigkeiten des Selbstbewußtseins sich in einer dritten durchdringen, entsteht ein Gemeinschaftliches aus beiden.

Es fragt sich: welche Charaktere dieses Gemeinschaftliche haben werde. Da es Produkt entgegengesetzter unendlicher Tätigkeiten ist, ist es notwendig ein Endliches. Es ist nicht der Streit jener Tätigkeiten in Bewegung gedacht, es ist der fixierte Streit. Es vereinigt entgegengesetzte Richtungen, aber Vereinigung entgegengesetzter Richtungen = Ruhe. Doch muß es etwas Reelles sein, denn die Entgegengesetzten, welche vor der Synthesis bloß ideell sind, sollen durch die Synthesis reell werden. Es ist also nicht zu denken als eine Vernichtung beider[73] Tätigkeiten aneinander, sondern als ein Gleichgewicht, auf das sie sich wechselseitig reduzieren, und dessen Fortdauer durch die fortdauernde Konkurrenz beider Tätigkeiten bedingt ist.

(Das Produkt könnte also charakterisiert werden als ein reelles Untätiges, oder als ein untätiges Reelles. Was reell ist, ohne tätig zu sein, ist der bloße Stoff, ein bloßes Produkt der Einbildungskraft, was ohne Form nie existiert, und auch hier nur als Mittelglied der Untersuchung vorkommt. – Die Unbegreiflichkeit des Hervorbringens [Schaffens] der Materie auch dem Stoff nach verliert sich durch diese Erklärung schon hier. Aller Stoff ist bloßer Ausdruck eines Gleichgewichts entgegengesetzter Tätigkeiten, die sich wechselseitig auf ein bloßes Substrat von Tätigkeit reduzieren [Man denke sich den Hebel, beide Gewichte wirken nur auf das Hypomochlion, welches also das gemeinschaftliche Substrat ihrer Tätigkeit ist.] – Jenes Substrat entsteht überdies nicht etwa willkürlich durch freie Produktion, sondern völlig unwillkürlich, mittelst einer dritten Tätigkeit, die so notwendig ist als die Identität des Selbstbewußtseins.)

Dieses dritte Gemeinschaftliche, wenn es fortdauerte, wäre in der Tat eine Konstruktion des Ichs selbst, nicht als bloßen Objekts, sondern als Subjekts und Objekts zugleich (Im ursprünglichen Akt des Selbstbewußtseins strebt das Ich sich bloß Objekt überhaupt zu werden, aber dies kann es nicht, ohne [für den Beobachter] eben dadurch ein Gedoppeltes zu werden. Dieser Gegensatz muß sich in einer gemeinschaftlichen Konstruktion aus beiden, Subjekt und Objekt, aufheben. Wenn nun das Ich in dieser Konstruktion sich anschaute, so würde es sich nicht mehr bloß als Objekt, sondern als Subjekt und Objekt zugleich [als vollständiges Ich] zum Objekt.)

2. Aber dieses Gemeinschaftliche dauert nicht fort.

a) Da die ideelle Tätigkeit in jenem Streit selbst mitbegriffen ist, so muß sie auch mit begrenzt werden. Beide Tätigkeiten können nicht aufeinander bezogen werden, noch in einem Gemeinschaftlichen sich durchdringen, ohne wechselseitig durcheinander eingeschränkt zu werden. Denn die ideelle Tätigkeit ist nicht nur die verneinende (privative), sondern reell-entgegengesetzte oder negative der andern. Sie ist (soviel wir bis jetzt einsehen)[74] positiv wie die andere, nur im entgegengesetzten Sinn, also auch der Einschränkung ebenso fähig wie die andere.

b) Aber die ideelle Tätigkeit ist als schlechthin unbegrenzbar gesetzt worden, also kann sie auch nicht wirklich begrenzt werden, und da die Fortdauer des Gemeinschaftlichen durch die Konkurrenz beider Tätigkeiten bedingt ist (1.), kann auch das Gemeinschaftliche nicht fortdauern.

(Bliebe das Ich bei jener ersten Konstruktion stehen, oder könnte jenes Gemeinschaftliche wirklich fortdauern, so wäre das Ich leblose Natur, ohne Empfindung und ohne Anschauung. Daß die Natur von der toten Materie herauf bis zur Sensibilität sich bildet, ist in der Naturwissenschaft [für welche das Ich nur die von vorn sich schaffende Natur ist] eben nur dadurch zu erklären, daß auch in ihr das Produkt des ersten Aufhebens der beiden Entgegengesetzten nicht fortdauern kann.)

3. Es wurde soeben gesagt (1.), wenn das Ich in jenem Gemeinschaftlichen sich anschaute, so würde es eine vollständige Anschauung von sich selbst (als Subjekt und Objekt) haben; aber diese Anschauung eben ist unmöglich, weil die anschauende Tätigkeit selbst in der Konstruktion mit begriffen ist. Da aber das Ich unendliche Tendenz sich anzuschauen ist, so ist leicht einzusehen, daß die anschauende Tätigkeit in der Konstruktion nicht begriffen bleiben kann. Von jener Durchdringung beider Tätigkeiten wird also nur die reelle als begrenzt, die ideelle aber als schlechthin unbegrenzt zurückbleiben.

4. Die reelle Tätigkeit also ist durch den abgeleiteten Mechanismus begrenzt, aber noch ohne es für das Ich selbst zu sein. Nach der Methode der theoretischen Philosophie, was in das reelle Ich (für den Beobachter) gesetzt ist, auch für das ideelle zu deduzieren, wendet sich die ganze Untersuchung auf die Frage) wie das reelle Ich auch für das ideelle begrenzt werden könne, und auf diesem Punkt steht die Aufgabe: zu erklären, wie das Ich dazu komme, sich als begrenzt anzuschauen.

a) Die reelle, jetzt begrenzte Tätigkeit soll gesetzt werden als Tätigkeit des Ichs, d.h. es muß ein Grund der Identität zwischen ihr und dem Ich aufgezeigt werden. Da diese Tätigkeit dem Ich zugeschrieben, also zugleich von ihm unterschieden[75] werden soll, so muß sich auch ein Unterscheidungsgrund beider aufzeigen lassen.

Was wir hier Ich nennen, ist bloß die ideelle Tätigkeit. Der Beziehungs- und Unterscheidungsgrund muß also in einer von beiden Tätigkeiten gesucht werden. Der Beziehungs- und Unterscheidungsgrund aber liegt immer im Bezogenen, nun ist die ideelle Tätigkeit hier zugleich die beziehende, also muß er in der reellen gesucht werden.

Der Unterscheidungsgrund beider Tätigkeiten ist die in die reelle Tätigkeit gesetzte Grenze, denn die ideelle ist die schlechthin unbegrenzbare, die reelle jetzt die begrenzte. Der Beziehungsgrund beider muß gleichfalls in der reellen gesucht werden, d.h. in der reellen muß selbst etwas Ideelles enthalten sein. Es fragt sich, wie dies denkbar sei. Beide sind bloß unterscheidbar durch die Grenze, denn auch die entgegengesetzten Richtungen beider sind eben nur durch die Grenze unterscheidbar. Die Grenze nicht gesetzt, ist im Ich bloße Identität, in der sich nichts unterscheiden läßt. Die Grenze gesetzt, sind in ihm zwei Tätigkeiten, begrenzende und begrenzte, subjektive und objektive. Beide Tätigkeiten haben also das Eine wenigstens gemein, daß sie ursprünglich beide schlechthin nicht objektiv, d.h. weil wir noch keinen andern Charakter der ideellen kennen, beide gleich ideell sind.

b) Dies vorausgesetzt, können wir auf folgende Art weiter schließen.

Die ideelle, bis jetzt unbegrenzte Tätigkeit ist unendliche Tendenz des Ichs, sich in der reellen Objekt zu werden. Vermöge dessen, was in der reellen Tätigkeit ideell ist (was sie zu einer Tätigkeit des Ichs macht) kann sie auf die ideelle bezogen werden, und das Ich sich in ihr anschauen (das erste Sichselbstobjekt-werden des Ichs).

Aber das Ich kann die reelle Tätigkeit nicht als identisch anschauen mit sich, ohne zugleich das Negative in ihr, was sie zu einer nichtideellen macht, als etwas sich Fremdes zu finden. Das Positive, was beide zu Tätigkeiten des Ichs macht, haben beide gemein, das Negative gehört nur der reellen an; insofern das anschauende Ich im Objektiven das Positive erkennt, ist Anschauendes und Angeschautes Eins, insofern es in ihm das Negative[76] findet, ist das Findende mit dem Gefundenen nicht mehr Eins. Das Findende ist das schlechthin Unbegrenzbare und Unbegrenzte, das Gefundene das Begrenzte.

Die Grenze selbst erscheint als etwas, von dem abstrahiert, das gesetzt und nicht gesetzt werden kann, als Zufälliges; das Positive in der reellen Tätigkeit als das, wovon nicht abstrahiert werden kann. Die Grenze kann eben deswegen nur als ein Gefundenes, d.h. dem Ich Fremdes, seiner Natur Entgegengesetztes erscheinen.

Das Ich ist der absolute Grund alles Setzens. Dem Ich ist etwas entgegengesetzt, heißt also: es ist etwas gesetzt, was nicht durch das Ich gesetzt ist. Das Anschauende muß also im Angeschauten etwas (die Begrenztheit) finden, was nicht durch das Ich als Anschauendes gesetzt ist.

(Es zeigt sich hier zuerst sehr deutlich der Unterschied zwischen dem Standpunkt des Philosophen und dem seines Objekts. Wir, die wir philosophieren, wissen, daß das Begrenztsein des Objektiven seinen einzigen Grund im Anschauenden oder Subjektiven hat. Das anschauende Ich selbst weiß es nicht, und kann es nicht wissen, wie jetzt deutlich wird. Anschauen und Begrenzen ist ursprünglich Eins. Aber das Ich kann nicht zugleich anschauen und sich anschauen als anschauend, also auch nicht: als begrenzend. Es ist darum notwendig, daß das Anschauende, das im Objektiven nur sich selbst suchende, das Negative in ihm finde als nicht durch sich selbst gesetzt. Wenn der Philosoph gleichfalls behauptet, daß es so sei [wie im Dogmatismus], so ist es, weil er beständig mit seinem Objekt koalesziert und auf demselben Standpunkt mit ihm ist.)

Das Negative wird gefunden als nicht gesetzt durch das. Ich, und es ist eben deswegen das, was überhaupt bloß gefunden werden kann (was sich späterhin in das bloß Empirische verwandelt). Das Ich findet das Begrenztsein als nichtgesetzt durch sich selbst, heißt so viel als: das Ich findet es gesetzt durch ein dem Ich Entgegengesetztes, d.h. das Nicht-Ich. Das Ich kann also sich nicht anschauen als begrenzt, ohne dieses Begrenztsein als Affektion eines Nicht-Ichs anzuschauen.

Der Philosoph, der auf diesem Standpunkt stehen bleibt, kann[77] das Empfinden (denn daß das Selbstanschauen in der Begrenztheit, so wie es bis jetzt abgeleitet ist, nichts anderes sei, als das, was in der allgemeinen Sprache Empfinden heißt, ist von selbst offenbar), nicht anders erklären als aus der Affektion eines Dings an sich. Da durch die Empfindung nur die Bestimmtheit in die Vorstellungen kommt, so wird er auch nur diese aus jener Affektion erklären. Denn daß das Ich bei den Vorstellungen bloß empfange, bloße Rezeptivität sei, kann er wegen der darin begriffenen Spontaneität, und selbst darum nicht behaupten, weil sogar in den Dingen selbst (so wie sie vorgestellt werden) die unverkennbare Spur einer Tätigkeit des Ichs vorkommt. Jene Einwirkung wird also auch nicht von den Dingen, so wie wir sie uns vorstellen, sondern von den Dingen, so wie sie unabhängig von den Vorstellungen sind, herrühren. Was also an den Vorstellungen Spontaneität ist, wird als dem Ich, was Rezeptivität, als den Dingen an sich angehörig, betrachtet werden. Ebenso, was an den Objekten positiv ist, wird als Produkt des Ich, was daran negativ ist (das Akzidentelle), als Produkt des Nicht-Ich angesehen werden.

Daß das Ich sich finde als eingeschränkt durch etwas ihm Entgegengesetztes, ist aus dem Mechanismus des Empfindens selbst abgeleitet worden. Eine Folge davon ist allerdings, daß alles Akzidentelle (alles was zur Begrenztheit gehört) uns als das Inkonstruktible, aus dem Ich Unerklärbare, erscheinen muß, indes das Positive an den Dingen als Konstruktion des Ichs sich begreifen läßt. Allein der Satz, daß das Ich (unser Objekt) sich finde als begrenzt durch ein Entgegengesetztes, wird eingeschränkt dadurch, daß das Ich dieses Entgegengesetzte doch nur in sich findet.

Es wird nicht behauptet, es sei im Ich etwas ihm absolut Entgegengesetztes, sondern das Ich finde in sich etwas als ihm absolut entgegengesetzt. Das Entgegengesetzte ist im Ich, heißt: es ist dem Ich absolut entgegengesetzt; das Ich findet etwas als sich entgegengesetzt, heißt: es ist dem Ich entgegengesetzt nur in bezug auf sein Finden und die Art dieses Findens; und so ist es auch.

Das Findende ist die unendliche Tendenz, sich selbst anzuschauen,[78] in welcher das Ich rein ideell und absolut unbegrenzbar ist. Das, worin gefunden wird, ist nicht das reine, sondern das affizierte Ich. Findendes und das, worin gefunden wird, sind sich also selbst entgegengesetzt. Was im Gefundenen ist, ist für das Findende, aber auch nur insofern es das Findende ist, etwas Fremdartiges.

Deutlicher. Das Ich als unendliche Tendenz zur Selbstanschauung findet in sich als dem Angeschauten, oder was dasselbe ist (weil Angeschautes und Anschauendes in diesem Akt nicht unterschieden werden) in sich etwas ihm Fremdartiges. Aber was ist denn das Gefundene (oder Empfundene) bei diesem Finden? Das Empfundene ist doch wieder nur das Ich selbst. Alles Empfundene ist ein unmittelbar Gegenwärtiges, schlechthin Unvermitteltes, dies liegt schon im Begriff des Empfindens. Das Ich findet allerdings etwas Entgegengesetztes, dieses Entgegengesetzte aber doch nur in sich selbst. Aber im Ich ist nichts als Tätigkeit; dem Ich kann also nichts entgegengesetzt sein als die Negation der Tätigkeit. Das Ich findet etwas Entgegengesetztes in sich, heißt also: es findet in sich aufgehobene Tätigkeit. – Wenn wir empfinden, empfinden wir nie das Objekt; keine Empfindung gibt uns einen Begriff von einem Objekt, sie ist das schlechthin Entgegengesetzte des Begriffs (der Handlung), also Negation von Tätigkeit. Der Schluß von dieser Negation auf ein Objekt als seine Ursache ist ein weit späterer, dessen Gründe sich abermals im Ich selbst aufzeigen lassen.

Wenn nun das Ich immer nur seine aufgehobene Tätigkeit empfindet, so ist das Empfundene nichts vom Ich Verschiedenes, es empfindet nur sich selbst, was der gemeine philosophische Sprachgebrauch schon dadurch ausgedrückt hat, daß er das Empfundene etwas bloß Subjektives nennt.


Zusätze

1. Die Möglichkeit der Empfindung beruht nach dieser Deduktion

a) auf dem gestörten Gleichgewicht beider Tätigkeiten. – Das Ich kann also auch nicht in der Empfindung schon sich als Subjekt-Objekt, sondern nur als einfaches begrenztes Objekt[79] anschauen, die Empfindung also ist nur diese Selbstanschauung in der Begrenztheit;

b) auf der unendlichen Tendenz des ideellen Ichs sich in dem reellen anzuschauen. Dies ist nicht möglich, als mittelst dessen, was die ideelle Tätigkeit (das Ich ist jetzt sonst nichts) und die reelle miteinander gemein haben, d.h. vermittelst des Positiven in ihr; das Gegenteil wird also vermittelst des Negativen in ihr geschehen. Das Ich wird also auch jenes Negative in sich nur finden, d.h. nur empfinden können.

2. Die Realität der Empfindung beruht darauf, daß das Ich das Empfundene nicht anschaut als durch sich gesetzt. Es ist Empfundenes, nur insofern es das Ich anschaut als nicht gesetzt durch sich. Daß also das Negative durch das Ich gesetzt sei, können zwar wir, aber unser Objekt, das Ich, kann es nicht sehen, aus dem sehr natürlichen Grund, daß angeschaut und begrenzt werden vom Ich eins und dasselbe ist. Das Ich wird (objektiv) begrenzt dadurch, daß es sich (subjektiv) anschaut; nun kann aber das Ich nicht zugleich sich objektiv anschauen, und sich anschauen als anschauend, also auch nicht sich anschauen als begrenzend. Auf dieser Unmöglichkeit, im ursprünglichen Akt des Selbstbewußtseins zugleich sich Objekt zu werden und sich anzuschauen als sich Objekt werdend, beruht die Realität aller, Empfindung.

Die Täuschung, als ob das Begrenztsein etwas dem Ich absolut Fremdes sei, was nur durch Affektion eines Nicht-Ich erklärbar ist, entsteht also bloß dadurch, daß der Akt, wodurch das Ich Begrenztes wird, ein von dem, wodurch es sich anschaut, als begrenzt verschiedener Akt ist, nicht zwar der Zeit nach, denn im Ich ist alles zugleich, was wir sukzessiv vorstellen, wohl aber der Art nach.

Der Akt, wodurch das Ich sich selbst begrenzt, ist kein anderer als der des Selbstbewußtseins, bei welchem, als Erklärungsgrund alles Begrenztseins, wir schon deswegen stehen bleiben müssen, weil, wie irgend eine Affektion von außen sich in ein Vorstellen oder Wissen verwandle, schlechthin unbegreiflich ist. Gesetzt auch, daß ein Objekt auf das Ich wie auf ein Objekt wirke, so könnte doch eine solche Affektion immer nur[80] etwas Homogenes, d.h. wiederum nur ein objektives Bestimmtsein hervorbringen. Denn das Gesetz der Kausalität gilt nur zwischen gleichartigen Dingen (Dingen derselben Welt), und reicht nicht aus einer Welt in die andere. Wie also ein ursprüngliches Sein sich in ein Wissen verwandle, wäre nur dann begreiflich, wenn sich zeigen ließe, daß auch die Vorstellung selbst eine Art des Seins sei, welches allerdings die Erklärung des Materialismus ist, ein System, das dem Philosophen erwünscht sein müßte, wenn es nur wirklich leistete, was es verspricht. Allein so wie der Materialismus bis jetzt ist, ist er völlig unverständlich, und so wie er verständlich wird, ist er vom transzendentalen Idealismus in der Tat nicht mehr verschieden. – Das Denken als eine materielle Erscheinung zu erklären, ist nur dadurch möglich, daß man die Materie selbst zu einem Gespenst, zur bloßen Modifikation einer Intelligenz macht, deren gemeinschaftliche Funktionen das Denken und die Materie sind. Mithin treibt der Materialismus selbst auf das Intelligente als das Ursprüngliche zurück. Es kann freilich ebensowenig davon die Rede sein, das Sein aus dem Wissen so zu erklären, daß jenes die Wirkung von diesem wäre, es ist zwischen beiden überhaupt kein Kausalitäts-Verhältnis möglich, und beide können nie zusammentreffen, wenn sie nicht wie im Ich ursprünglich Eins sind. Das Sein (die Materie), als produktiv betrachtet, ist ein Wissen, das Wissen, als Produkt betrachtet, ein Sein. Ist das Wissen überhaupt produktiv, so muß es ganz und durchein, nicht nur zum Teil, produktiv sein, es kann nichts von außen in das Wissen kommen, denn alles, was ist, ist mit dem Wissen identisch, und nichts ist außer ihm. Wenn der eine Faktor der Vorstellung im Ich liegt, so muß es auch der andere, denn im Objekt sind beide unzertrennlich. Man setze z.B., nur der Stoff gehöre den Dingen an, so muß dieser Stoff, ehe er zum Ich gelangt, wenigstens im Übergange vom Ding zur Vorstellung, formlos sein, was ohne Zweifel undenkbar ist.

Wenn nun aber die ursprüngliche Begrenztheit durch das Ich selbst gesetzt ist, wie kommt es dazu sie zu empfinden, d.h. als etwas ihm Entgegengesetztes anzusehen? Alle Realität der Erkenntnis haftet an der Empfindung, und eine Philosophie, welche die Empfindung nicht erklären kann, ist darum schon eine mißlungene.[81] Denn ohne Zweifel beruht die Wahrheit aller Erkenntnisse auf dem Gefühl des Zwangs, das sie begleitet. Das Sein (die Objektivität) drückt immer nur ein Begrenztsein der anschauenden oder produzierenden Tätigkeit aus. In diesem Teil des Raums ist ein Kubus, heißt nichts anderes als: in diesem Teil des Raums kann meine Anschauung nur in der Form des Kubus tätig sein. Der Grund aller Realität der Erkenntnis ist also der von der Anschauung unabhängige Grund der Begrenztheit. Ein System, das diesen Grund aufhebt, wäre ein dogmatischer, transzendenter Idealismus. Es wird gegen den transzendentalen Idealismus zum Teil mit Gründen gestritten, die nur gegen jenen beweisend sind, von dem man gar nicht einsieht, wie er einer Widerlegung bedürfe, sowie er auch nie in eines Menschen Kopf gekommen ist. Wenn derjenige Idealismus ein dogmatischer ist, welcher behauptet, die Empfindung sei unerklärbar aus Eindrücken von außen, in der Vorstellung sei nichts, auch nicht das Akzidentelle, was einem Ding an sich angehöre, ja es lasse sich bei einem solchen Eindruck auf das Ich nicht einmal etwas Vernünftiges denken, so ist es der unsrige allerdings. Die Realität des Wissens aber würde nur ein Idealismus aufheben, der die ursprüngliche Begrenztheit frei und mit Bewußtsein hervorbringen ließe, anstatt daß der transzendentale uns in Ansehung derselben so wenig frei sein läßt, als es der Realist nur immer verlangen mag. Er behauptet nur, das Ich empfinde niemals das Ding selbst (denn ein solches existiert in diesem Moment noch nicht), oder auch etwas von dem Ding in das Ich Übergehendes, sondern unmittelbar nur sich selbst, seine eigne aufgehobene Tätigkeit. Er unterläßt nicht zu erklären, warum es dessen unerachtet notwendig sei, daß wir jene nur durch die ideelle Tätigkeit gesetzte Beschränktheit als etwas dem Ich völlig Fremdes anschauen.

Diese Erklärung gibt der Satz, daß der Akt, wodurch das Ich objektiv begrenzt wird, ein von dem, wodurch es für sich selbst begrenzt wird, verschiedener Akt ist. Der Akt des Selbstbewußtseins erklärt nur das Begrenztwerden der objektiven Tätigkeit. Aber das Ich, insofern es ideell ist, ist eine unendliche[82] Selbstreproduktion (vissui reproductiva in infinitum); die ideelle Tätigkeit weiß von keiner Begrenztheit, indem sie auf die ursprüngliche Grenze trifft; durch sie findet sich also das Ich nur als begrenzt. Der Grund, daß das Ich in dieser Handlung sich begrenzt findet, kann nicht in der gegenwärtigen Handlung liegen, er liegt in einer vergangenen. In der gegenwärtigen ist also das Ich begrenzt ohne sein Zutun, aber daß es sich begrenzt findet ohne sein Zutun, ist auch alles, was in der Empfindung liegt und Bedingung aller Objektivität des Wissens ist. Dafür nun, daß uns die Begrenztheit erscheine als etwas von uns Unabhängiges, nicht durch uns Hervorgebrachtes, dafür ist durch den Mechanismus des Empfindens dadurch gesorgt, daß der Akt, wodurch alle Begrenztheit gesetzt wird, als Bedingung alles Bewußtseins, selbst nicht zum Bewußtsein kommt.

3. Alle Begrenztheit entsteht uns nur durch den Akt des Selbstbewußtseins. Es ist nötig bei diesem Satz noch zu verweilen, da es ohne Zweifel dieser ist, der die meisten Schwierigkeiten in dieser Lehre macht.

Die ursprüngliche Notwendigkeit seiner selbst bewußt zu werden, auf sich selbst zurückzugehen, ist schon die Begrenztheit, aber es ist die Begrenztheit ganz und vollständig.

Nicht für jede einzelne Vorstellung entsteht eine neue Begrenztheit; mit der im Selbstbewußtsein enthaltenen Synthesis ist die Begrenztheit ein für allemal gesetzt, es ist diese Eine ursprüngliche, innerhalb welcher das Ich beständig bleibt, aus der es nie herauskommt, und die in den einzelnen Vorstellungen nur auf verschiedene Weise sich entwickelt.

Die Schwierigkeiten, die man in dieser Lehre findet, haben großenteils ihren Grund in der Nichtunterscheidung der ursprünglichen und der abgeleiteten Begrenztheit.

Die ursprüngliche Begrenztheit, welche wir mit allem Vernunftwesen gemein haben, besteht darin, daß wir überhaupt endlich sind. Vermöge derselben sind wir nicht von andern Vernunftwesen, sondern von der Unendlichkeit geschieden. Aber alle Begrenztheit ist notwendig eine bestimmte; es läßt sich nicht denken, daß eine Begrenztheit überhaupt entstehe, ohne daß zugleich[83] eine bestimmte entstehe; die bestimmte muß also durch einen und denselben Akt mit der Begrenztheit überhaupt entstehen. Der Akt des Selbstbewußtseins ist Eine absolute Synthesis, alle Bedingungen des Bewußtseins entstehen durch diesen Einen Akt zugleich, also auch die bestimmte Begrenztheit, welche ebenso, wie die Begrenztheit überhaupt, Bedingung des Bewußtseins ist.

Daß ich überhaupt begrenzt bin, folgt unmittelbar aus der unendlichen Tendenz des Ichs sich Objekt zu werden; die Begrenztheit überhaupt ist also erklärbar, aber die Begrenztheit überhaupt läßt die bestimmte völlig frei, und doch entstehen beide durch einen und denselben Akt. Beides zusammengenommen, daß die bestimmte Begrenztheit nicht bestimmt sein kann durch die Begrenztheit überhaupt, und daß sie doch mit dieser zugleich und durch Einen Akt entsteht, macht, daß sie das Unbegreifliche und Unerklärbare der Philosophie ist. So gewiß freilich, als ich überhaupt begrenzt bin, muß ich es auf bestimmte Art sein, und diese Bestimmtheit muß ins Unendliche gehen, diese ins Unendliche gehende Bestimmtheit macht meine ganze Individualität; nicht also, daß ich auf bestimmte Art begrenzt bin, sondern die Art dieser Begrenztheit selbst ist das Unerklärbare. Es läßt sich z.B. im allgemeinen wohl ableiten, daß ich zu einer bestimmten Ordnung von Intelligenzen, nicht aber gerade daß ich zu dieser Ordnung gehöre, daß ich in dieser Ordnung eine bestimmte Stelle, nicht aber, daß ich gerade diese einnehme. So läßt sich als notwendig ableiten, daß es überhaupt ein System unserer Vorstellungen gebe, nicht aber, daß wir auf diese bestimmte Sphäre von Vorstellungen eingeschränkt seien. Wenn wir freilich die bestimmte Begrenztheit schon voraussetzen, läßt sich aus dieser die Begrenztheit der einzelnen Vorstellungen ableiten; die bestimmte Begrenztheit ist alsdann nur das, worin wir die Begrenztheit aller einzelnen Vorstellungen zusammenfassen, also aus ihnen auch wieder ableiten können; z.B. wenn wir einmal voraussetzen, daß dieser bestimmte Teil des Universums und in demselben dieser bestimmte Weltkörper die unmittelbare Sphäre unserer äußeren Anschauung sei, so läßt sich wohl auch ableiten, daß in dieser bestimmten Begrenztheit diese bestimmten Anschauungen[84] notwendig sind. Denn könnten wir unser ganzes Planetensystem vergleichen, so könnten wir ohne Zweifel ableiten, warum unsere Erde gerade aus diesen und keinen andern Materien besteht, warum sie gerade diese und keine anderen Phänomene zeigt, warum also, diese Anschauungssphäre einmal vorausgesetzt, in der Reihe unserer Anschauungen eben diese und keine anderen vorkommen. Nachdem wir einmal durch die ganze Synthesis unseres Bewußtseins in diese Sphäre versetzt sind, so wird in derselben nichts vorkommen können, was ihr widerspräche und nicht notwendig wäre. Dies folgt aus der ursprünglichen Konsequenz unseres Geistes, die so groß ist, daß jede Erscheinung, die uns jetzt eben vorkommt, diese bestimmte Begrenztheit voraussetzt, dergestalt notwendig ist, daß, wenn sie nicht vorkäme, das ganze System unserer Vorstellungen in sich selbst widersprechend wäre.


B. Aufgabe: zu erklären, wie das Ich sich selbst als empfindend anschaue

Erklärung

Das Ich empfindet, indem es sich selbst als ursprünglich begrenzt anschaut. Dieses Anschauen ist eine Tätigkeit, aber das Ich kann nicht zugleich anschauen und sich anschauen als anschauend. Es wird also in dieser Handlung sich gar keiner Tätigkeit bewußt; daher wird im Empfinden überall nicht der Begriff einer Handlung, sondern nur der eines Leidens gedacht. Im gegenwärtigen Moment ist das Ich für sich selbst nur das Empfundene. Denn das Einzige, was überhaupt empfunden wird, ist seine reale eingeschränkte Tätigkeit, welche allerdings dem Ich zum Objekt wird. Es ist auch Empfindendes, aber bloß für uns, die wir philosophieren, nicht für sich selbst. Der Gegensatz, welcher zugleich mit der Empfindung gesetzt wird (der zwischen dem Ich und dem Ding an sich), ist eben deswegen auch nicht für das Ich selbst, sondern nur für uns im Ich gesetzt.[85]

Dieser Moment des Selbstbewußtseins soll künftig der der ursprünglichen Empfindung heißen. Es ist derjenige, in welchem das Ich sich in der ursprünglichen Begrenztheit anschaut, ohne daß es dieser Anschauung sich bewußt, oder ohne daß ihm diese Anschauung selbst wieder zum Objekt würde. In diesem Moment ist das Ich im Empfundenen ganz fixiert und gleichsam verloren.

Die Aufgabe ist also genauer bestimmt diese: wie das Ich, das bis jetzt: bloß Empfundenes war, Empfindendes und Empfundenes zugleich werde.

Aus dem ursprünglichen Akt des Selbstbewußtseins konnte nur das Begrenztsein deduziert werden. Sollte das Ich begrenzt sein für sich selbst, so mußte es sich als solches anschauen; diese Anschauung, das Vermittelnde des unbegrenzten Ichs mit dem begrenzten, war der Akt der Empfindung, von welchem aber aus dem angezeigten Grunde im Bewußtsein die bloße Spur einer Passivität zurückbleibt. Jener Akt des Empfindens muß also selbst wieder zum Objekt gemacht, und gezeigt werden, wie auch dieser ins Bewußtsein komme. Es ist leicht vorauszusehen, daß wir diese Aufgabe nur durch einen neuen Akt werden lösen können.

Dies ist ganz gemäß dem Gang der synthetischen Methode. – Zwei Gegensätze a und b (Subjekt und Objekt) werden vereinigt durch die Handlung x, aber in x ist ein neuer Gegensatz, c und d (Empfindendes und Empfundenes), die Handlung x wird also selbst wieder zum Objekt; sie ist selbst nur erklärbar durch eine neue Handlung = z, welche vielleicht wieder einen Gegensatz enthält usf.


Auflösung
I.

Das Ich empfindet, wenn es in sich findet etwas ihm Entgegengesetztes, d.h. weil das Ich nur Tätigkeit ist, eine reelle Negation der Tätigkeit, ein Affiziertsein. Aber um Empfindendes zu sein für sich selbst, muß das Ich (das ideelle) jene Passivität[86] welche bis jetzt bloß im reellen ist, in sich setzen, welches ohne Zweifel nur durch Tätigkeit geschehen kann.

Wir sind hier eben an dem Punkt, um welchen der Empirismus von jeher herumgegangen ist, ohne ihn aufklären zu können. Der Eindruck von außen erklärt mir auch nur die Passivität der Empfindung, er erklärt höchstens eine Rückwirkung auf das einwirkende Objekt, ohngefähr wie eingestoßener elastischer Körper den andern zurückstößt, oder ein Spiegel das auf ihn fallende Licht reflektiert; aber er erklärt nicht die Rückwirkung, das Zurückgehen des Ichs auf sich selbst, erklärt nicht, wie es den Eindruck von außen auf sich als Ich, als Anschauendes, bezieht. Das Objekt geht nie in sich selbst zurück, und bezieht keinen Eindruck auf sich; es ist eben deswegen ohne Empfindung.

Das Ich kann also nicht Empfindendes sein für sich selbst, ohne überhaupt tätig zu sein. Das Ich nun, was hier tätig ist, kann nicht das begrenzte sein, sondern nur das unbegrenzbare. Aber dieses ideelle Ich ist unbegrenzt nur im Gegensatz gegen die objektive, jetzt begrenzte Tätigkeit, also nur inwiefern es über die Grenze hinausgeht. Wenn man darauf reflektiert, was in jeder Empfindung vorgeht, so wird man finden, daß in jeder etwas sein muß, was um den Eindruck weiß, aber doch von ihm unabhängig ist, und über ihn hinausgeht; denn selbst das Urteil, daß der Eindruck von einem Objekt herrühre, setzt eine Tätigkeit voraus, die nicht an dem Eindruck haftet, sondern auf etwas jenseits des Eindrucks geht. Das Ich also ist nicht Empfindendes, wenn nicht in ihm eine über die Grenze hinausgehende Tätigkeit ist. Vermöge derselben soll das Ich, um für sich selbstempfindend zu sein, das Fremdartige in sich (das ideelle) aufnehmen; dieses Fremdartige ist aber selbst wieder im Ich, es ist die aufgehobene Tätigkeit des Ichs. Das Verhältnis dieser beiden Tätigkeiten muß jetzt der Folge wegen genauer bestimmt werden. Die unbegrenzte Tätigkeit ist ursprünglich ideell, wie jede Tätigkeit des Ichs, wie es also auch die reelle ist, im Gegensatz gegen die reelle aber, nur insofern sie über die Grenze hinausgeht. Die begrenzte ist reell, inwiefern nur[87] darauf reflektiert wird, daß sie begrenzt ist, ideell aber, inwiefern darauf reflektiert wird, daß sie dem Prinzip nach der ideellen gleich ist; sie ist also reell oder ideell, je nachdem sie angesehen wird. Ferner ist offenbar, daß die ideelle als ideelle überhaupt nur im Gegensatz gegen die reelle unterscheidbar ist, und umgekehrt, was sich durch die einfachsten Experimente bestätigen läßt, wie z.B. ein erdichtetes Objekt als solches nur im Gegensatz gegen ein reelles, und hinwiederum jedes reelle als solches nur im Gegensatz gegen ein der Beurteilung untergelegtes erdichtetes unterscheidbar ist. Dies vorausgesetzt, lassen sich folgende Schlüsse ziehen.

1. Das Ich soll Empfindendes sein für sich selbst, heißt: es soll das Entgegengesetzte tätig in sich aufnehmen. Aber dieses Entgegengesetzte ist nichts anderes als die Grenze oder der Hemmungspunkt, und dieser liegt nur in der reellen Tätigkeit, welche von der ideellen allein durch die Grenze unterscheidbar ist. Das Ich soll das Entgegengesetzte sich zueignen, heißt also: es soll dasselbe in seine ideelle Tätigkeit aufnehmen. Dies ist nun nicht möglich, ohne daß die Grenze in die ideelle Tätigkeit fällt, und zwar müßte dies mittelst einer Tätigkeit des Ichs selbst geschehen. (Die ganze theoretische Philosophie hat, wie jetzt immer deutlicher wird, nur dieses Problem zu lösen, wie die Schranke ideell, oder, wie auch die ideelle (anschauende) Tätigkeit begrenzt werde. Es war zum voraus einzusehen, daß das (oben A. 2.) gestörte Gleichgewicht zwischen der ideellen und reellen Tätigkeit wiederhergestellt werden müßte, so gewiß das Ich Ich ist. Wie es wiederhergestellt werde, ist unsere einzige fernere Aufgabe). – Aber die Grenze fällt nur in die Linie der reellen Tätigkeit, und umgekehrt eben jene Tätigkeit des Ichs ist die reelle, in welche die Grenze fällt. Ferner die ideelle und reelle Tätigkeit sind ursprünglich, abstrahiert von der Grenze, ununterscheidbar, den Trennungspunkt zwischen beiden macht nur die Grenze. Die Tätigkeit ist also nur ideell, d.h. als ideelle zu unterscheiden jenseits der Grenze, oder insofern sie über die Grenze hinausgeht.[88]

Die Grenze soll in die ideelle Tätigkeit fallen, heißt also: die Grenze soll jenseits der Grenze fallen; welches ein offenbarer Widerspruch ist. Dieser Widerspruch muß aufgelöst werden.

2. Das ideelle Ich könnte darauf ausgehen die Grenze aufzuheben, und indem es dieselbe aufhöbe, fiele die Grenze notwendig auch in die Linie der ideellen Tätigkeit, aber die Grenze soll nicht aufgehoben werden, die Grenze soll als Grenze, d.h. unaufgehoben, in die ideelle Tätigkeit aufgenommen werden.

Oder das ideelle Ich könnte sich selbst begrenzen, also eine Grenze hervorbringen. – Allein auch damit: wäre nicht erklärt, was erklärt werden soll. Denn alsdann wäre die ins ideelle Ich gesetzte Grenze nicht dieselbe mit der im reellen gesetzten, was doch sein soll. Wenn wir auch annehmen wollten, daß das bis jetzt rein ideelle Ich sich selbst Objekt und dadurch begrenzt würde, so wären wir doch dadurch um keinen Schritt weiter, sondern auf den ersten Punkt der Untersuchung zurück versetzt, wo das bis dahin rein ideelle Ich sich zuerst in ein Sub- und Objektives trennt und gleichsam zersetzt.

Es bleibt also nichts übrig, als ein Mittleres zwischen dem Aufheben und Hervorbringen. Ein solches ist das Bestimmen. Was ich bestimmen soll, muß unabhängig von mir da sein. Aber indem ich es bestimme, wird es durch das Bestimmen selbst wieder ein von mir Abhängiges. Ferner, indem ich ein Unbestimmtes bestimme, hebe ich es auf als Unbestimmtes, und bringe es hervor als Bestimmtes.

Die ideelle Tätigkeit müßte also die Grenze bestimmen.

Es entstehen hier sogleich zwei Fragen:

a) Was es denn heiße: durch ideelle Tätigkeit wird die Grenze bestimmt.

Von der Grenze ist jetzt im Bewußtsein nichts übrig als die Spur einer absoluten Passivität. Da das Ich im Empfinden des Akts sich nicht bewußt wird, bleibt nur das Resultat zurück. Diese Passivität ist bis jetzt völlig unbestimmt. Aber Passivität überhaupt ist so wenig denkbar, als Begrenztheit überhaupt. Alle Passivität ist eine bestimmte, so gewiß als sie nur durch Negation von Tätigkeit möglich ist. Die Grenze würde also bestimmt, wenn die Passivität bestimmt würde.[89]

Jene bloße Passivität ist der bloße Stoff der Empfindung, das rein Empfundene. Die Passivität würde bestimmt, wenn das Ich ihr eine bestimmte Sphäre – einen bestimmten Wirkungskreis gäbe (wenn man diesen uneigentlichen Ausdruck hier verstatten will). Das Ich wäre alsdann nur innerhalb dieser Sphäre passiv, außerhalb derselben aktiv.

Jene Handlung des Bestimmens wäre also ein Produzieren, der Stoff dieses Produzierens die ursprüngliche Passivität.

Es entsteht nun aber die zweite Frage:

b) Wie dieses Produzieren selbst gedacht werden könne.

Das Ich kann die Sphäre nicht produzieren, ohne tätig zu sein, aber es kann ebensowenig die Sphäre als eine Sphäre der Begrenztheit produzieren, ohne eben dadurch selbst begrenzt zu werden. – Indem das Ich das Begrenzende ist, ist es tätig, insofern es aber das Begrenzende der Begrenztheit ist, wird es selbst ein Begrenztes.

Jene Handlung des Produzierens ist also die absolute Vereinigung von Aktivität und Passivität. Das Ich ist in dieser Handlung passiv, denn es kann die Begrenztheit nicht bestimmen, ohne sie schon vorauszusetzen. Aber umgekehrt auch das (ideelle) Ich wird hier begrenzt, nur insofern es darauf ausgeht die Begrenztheit zu bestimmen. In jener Handlung ist also eine Tätigkeit, welche ein Leiden, und umgekehrt ein Leiden, welches Tätigkeit voraussetzt.

Ehe wir auf diese Vereinigung von Passivität und Aktivität in einer Handlung selbst wieder reflektieren, können wir zusehen, was wir denn durch eine solche Handlung gewonnen hätten, wenn sie wirklich im Ich sich aufzeigen ließe.

Das Ich war im vorhergehenden Moment des Bewußtseins nur Empfundenes für sich selbst, nicht Empfindendes. In der gegenwärtigen Handlung wird es Empfindendes für sich selbst. Es wird sich Objekt überhaupt, weil es begrenzt wird. Es wird sich aber als aktiv (als empfindend) Objekt, weil es nur in seinem Begrenzen begrenzt wird.

Das (ideelle) Ich wird sich also als in seiner Aktivität begrenzt zum Objekt.[90]

Das Ich wird hier nur begrenzt, insofern es tätig ist. Der Empirismus hat leicht den Eindruck zu erklären, weil er es völlig ignoriert, daß das Ich, um als Ich begrenzt (d.h. um empfindend) zu werden, schon tätig sein muß. – Hinwiederum ist das Ich hier nur tätig, insofern es schon begrenzt ist, und eben dieses wechselseitige Bedingtsein von Tätigkeit und Leiden wird in der Empfindung gedacht, sofern sie mit Bewußtsein verbunden ist.

Aber eben deswegen, weil das Ich hier Empfindendes für sich selbst wird, hört es vielleicht auf Empfundenes zu sein, so wie es in der vorhergehenden Handlung, da es Empfundenes war, nicht Empfindendes für sich selbst sein konnte. Das Ich als Empfundenes würde also aus dem Bewußtsein verdrängt, und an seine Stelle träte etwas anderes ihm Entgegengesetztes.

So ist es auch. Die abgeleitete Handlung ist ein Produzieren. In diesem Produzieren ist nun das ideelle Ich völlig frei. Der Grund also, warum es im Produzieren dieser Sphäre begrenzt wird, kann nicht in ihm selbst, er muß außer ihm liegen. Die Sphäre ist eine Produktion des Ichs, aber die Grenze der Sphäre ist keine Produktion desselben, insofern es produziert, und da es im gegenwärtigen Moment des Bewußtseins nur produzierend ist, überhaupt kein Produkt des Ichs. Sie ist also nur Grenze zwischen dem Ich und dem ihm Entgegengesetzten, dem Ding an sich, sie ist also jetzt weder im Ich, noch außer dem Ich, sondern nur das Gemeinschaftliche, worin das Ich und sein Entgegengesetztes sich berühren.

Mithin wäre durch diese Handlung, wenn sie nur selbst ihrer Möglichkeit nach begreiflich wäre, auch jener Gegensatz zwischen dem Ich und dem Ding an sich, mit Einem Wort alles, was im Vorhergehenden nur für den Philosophen gesetzt war, auch für das Ich selbst deduziert.


II.

Wir sehen nun freilich aus dieser ganzen Erörterung, daß die gegebene Auflösung des Problems ohne Zweifel die richtige[91] ist, aber diese Auflösung selbst ist noch nicht zu begreifen, und es möchten uns wohl noch einige Mittelglieder derselben fehlen.

Es zeigte sich nämlich durch diese Auflösung allerdings, daß das ideelle Ich nicht passiv werden kann, ohne vorher schon tätig zu sein, daß also ein bloßer Eindruck auf das ideelle (anschauende) Ich auf keinen Fall die Empfindung erklärt, aber es zeigte sich auch, daß das ideelle Ich wiederum auf die bestimmte Art nicht tätig sein kann, ohne schon leidend zu sein, es zeigte sich mit Einem Wort, daß in jener Handlung Aktivität und Passivität sich wechselseitig voraussetzen.

Nun möchte freilich die letzte Handlung, wodurch die Empfindung vollständig in das Ich gesetzt wird, eine solche sein, aber zwischen derselben und der ursprünglichen Empfindung müssen noch Mittelglieder liegen, weil wir uns mit jener Handlung schon in den unauflöslichen Zirkel versetzt sehen, der die Philosophen von jeher umgetrieben hat, und den wir, wenn wir unserem bisherigen Gang getreu bleiben wollen, erst vor unsern Augen müssen entstehen lassen, um ihn selbst vollständig zu begreifen. Daß wir in jenen Zirkel geraten müssen, ist durch das Vorhergehende allerdings abgeleitet, nicht aber, wie. Und insofern ist unsere ganze Aufgabe wirklich nicht gelöst. Die Aufgabe war, zu erklären: wie die ursprüngliche Grenze in das ideelle Ich übergehe. Es ist aber offenbar, daß ein solcher erster Übergang durch alles Bisherige nicht begreiflich gemacht ist. Wir erklärten jenen Übergang durch ein Begrenzen der Begrenztheit, das wir dem ideellen Ich zuschrieben. – Aber wie kommt nur das Ich überhaupt dazu, die Passivität zu begrenzen? – Wir gestanden selbst, daß diese Tätigkeit ein Leiden im ideellen Ich schon voraussetzte, so wie freilich umgekehrt auch dieses Leiden jene Tätigkeit voraussetzt. Wir müssen dem Entstehen dieses Zirkels auf den Grund kommen, und können nur dadurch hoffen, unsere Aufgabe vollständig zu lösen.

Wir gehen zurück auf den zuerst aufgestellten Widerspruch. Das Ich ist alles, was es ist, nur für sich selbst. Es ist also auch ideell nur für sich selbst, ideell nur, inwiefern es sich als ideell setzt oder anerkennt. Verstehen wir unter ideeller Tätigkeit nur die Tätigkeit des Ichs überhaupt, insofern sie bloß von[92] ihm ausgeht und allein in ihm begründet ist, so ist das Ich ursprünglich nichts als ideelle Tätigkeit. Fällt die Grenze in das Ich, so fällt sie allerdings in seine ideelle Tätigkeit. Aber diese ideelle Tätigkeit, welche und insofern sie begrenzt ist, wird nicht anerkannt als ideelle, eben deswegen weil sie begrenzt ist. Anerkannt als ideelle wird nur diejenige Tätigkeit, welche und insofern sie über die Grenze hinausgeht. Diese über die Grenze hinausgehende Tätigkeit soll also begrenzt werden, ein Widerspruch, der schon in der Forderung liegt: das Ich soll als empfindend (d.h. als Subjekt) Objekt werden, und welcher sich nicht auflösen läßt, als wenn das Hinausgehen über die Grenze und das Begrenztwerden für das ideelle Ich eins und dasselbe ist, oder wenn das Ich, eben dadurch daß es ideell ist, reell wird.

Gesetzt dies wäre so, gesetzt, daß das Ich durch das bloße Hinausgehen über die Grenze begrenzt würde, so wäre es, indem es über sie hinausgeht, noch ideell, es würde also als ideell oder in seiner Idealität reell und begrenzt.

Es fragt sich, wie etwas der Art denkbar sei.

Wir werden auch diese Aufgabe nur dadurch lösen können, daß wir die Tendenz sich selbst anzuschauen als unendlich gesetzt haben. – Im Ich ist von der ursprünglichen Empfindung nichts als die Grenze, bloß als solche, zurückgeblieben. Das Ich ist für uns nicht ideell, als insofern es über die Grenze hinausgeht, schon indem es empfindet. Aber es kann nicht als ideell (d.h. als empfindend) sich selbst anerkennen, ohne seine über die Grenze hinausgegangene Tätigkeit entgegenzusetzen der innerhalb der Grenze gehemmten oder reellen. Beide sind unterscheidbar nur in der wechselseitigen Entgegensetzung und Beziehung aufeinander. Diese aber ist wiederum nicht möglich als durch eine dritte Tätigkeit, welche innerhalb und außerhalb der Grenze zugleich ist.

Diese dritte, zugleich ideelle und reelle Tätigkeit ist ohne Zweifel die (1.) abgeleitete produzierende Tätigkeit, in welcher Aktivität und Passivität wechselseitig durcheinander bedingt sein sollten.[93]

Wir können jetzt also die Mittelglieder jener produzierenden Tätigkeit aufstellen, und sie selbst vollständig ableiten. – Es sind folgende:

1. Das Ich, als unendliche Tendenz sich selbst anzuschauen, war schon im vorhergehenden Moment empfindend, d.h. sich anschauend als begrenzt. Aber Grenze ist nur zwischen zwei Entgegengesetzten, also konnte das Ich sich nicht als begrenzt anschauen, ohne notwendig auf etwas jenseits der Grenze, d.h. über die Grenze hinauszugehen. Eine solche über die Grenze hinausgehende Tätigkeit war schon mit der Empfindung für uns gesetzt, aber sie soll auch für das Ich selbst gesetzt sein, und nur insofern wird das Ich sich als empfindend zum Objekt.

2. Nicht nur das bisher Objektive, sondern auch das Subjektive im Ich muß Objekt werden. Dies geschieht dadurch, daß ihm die über die Grenze hinausgehende Tätigkeit zum Objekt wird. Aber das Ich kann keine Tätigkeit anschauen als hinausgehend über die Grenze, ohne diese Tätigkeit entgegenzusetzen und zu beziehen auf eine andere, welche nicht über die Grenze hinausgeht. Diese Anschauung seiner selbst in seiner ideellen und reellen, in seiner über die Grenze hinausgehenden, empfindenden, und seiner innerhalb der Grenze gehemmten, empfundenen Tätigkeit, ist nicht möglich, als durch eine dritte, zugleich innerhalb der Grenze gehemmte und über sie hinausgehende, zugleich ideelle und reelle Tätigkeit, und diese Tätigkeit ist es, in welcher das Ich sich als empfindend zum Objekt wird. Insofern das Ich empfindend ist, ist es ideell, insofern Objekt, reell, diejenige Tätigkeit also, durch welche es als empfindend Objekt wird, muß eine zugleich ideelle und reelle sein.

Das Problem zu erklären, wie das Ich als empfindend sich anschaue, konnte also auch so ausgedrückt werden: zu erklären, wie das Ich in einer und derselben Tätigkeit ideell und reell werde. Diese zugleich ideelle und reelle Tätigkeit ist jene von uns postulierte produzierende, in welcher Aktivität und Passivität wechselseitig durcheinander bedingt sind. Die Genesis jener dritten. Tätigkeit erklärt uns also zugleich den Ursprung jenes Zirkels, in den wir uns mit dem Ich versetzt sahen (I.).[94]

Die Genesis dieser Tätigkeit aber ist folgende. Im ersten Akt (dem des Selbstbewußtseins) wird das Ich überhaupt angeschaut, und dadurch, durch das Angeschautwerden, begrenzt. Im zweiten Akt wird es nicht überhaupt, sondern bestimmt angeschaut als begrenzt, aber es kann nicht angeschaut werden als begrenzt, ohne daß die ideelle Tätigkeit die Grenze überschreitet. Dadurch entsteht im Ich ein Gegensatz zweier Tätigkeiten, die als Tätigkeiten eines und desselben Ichs unwillkürlich in einer dritten vereinigt werden, in welcher ein wechselseitiges Bedingtsein von Affiziertsein und Tätigkeit notwendig ist, oder in welcher das Ich ideell ist, nur insofern es zugleich reell ist, und umgekehrt, wodurch also das Ich sich als empfindend zum Objekt wird.

3. In dieser dritten Tätigkeit ist das Ich schwebend zwischen der über die Grenze hinausgegangenen und der gehemmten Tätigkeit. Durch jenes Schweben des Ichs erhalten beide einen wechselseitigen Bezug aufeinander, und werden als Entgegengesetzte fixiert.

Es fragt sich:

a) als was die ideelle Tätigkeit fixiert wird. Insofern sie überhaupt fixiert wird, hört sie auf, reine Tätigkeit zu sein. Sie wird in derselben Handlung entgegengesetzt der innerhalb der Grenze gehemmten Tätigkeit, sie wird also aufgefaßt als fixierte, aber dem reellen Ich entgegengesetzte Tätigkeit. Insofern sie aufgefaßt wird als fixiert, bekommt sie ein ideelles Substrat, insofern sie aufgefaßt wird als dem reellen Ich entgegengesetzte Tätigkeit, wird sie selbst – aber nur in dieser Entgegensetzung reelle Tätigkeit, sie wird Tätigkeit von etwas dem reellen Ich reell Entgegengesetztem. Dieses dem reellen Ich reell Entgegengesetzte aber ist nichts anderes als das Ding an sich.

Die über die Grenze hinausgegangene, nun zum Objekt gewordene ideelle Tätigkeit verschwindet also jetzt als solche aus dem Bewußtsein und ist in das Ding an sich verwandelt.

Es ist leicht folgende Bemerkung zu machen. Der einzige Grund der ursprünglichen Begrenztheit ist nach dem Vorhergehenden die anschauende oder ideelle Tätigkeit des Ichs, aber[95] eben diese wird hier als Grund der Begrenztheit dem Ich selbst reflektiert, nur nicht eben als Tätigkeit des Ichs, denn das Ich ist jetzt bloß reelles, sondern als eine dem Ich entgegengesetzte. Das Ding an sich ist also nichts anderes als der Schatten der ideellen, über die Grenze hinausgegangenen Tätigkeit, der dem Ich durch die Anschauung zurückgeworfen wird, und insofern selbst ein Produkt des Ichs. Der Dogmatiker, der das Ding an sich für reell ansieht, steht auf demselben Standpunkt, auf welchem das Ich im gegenwärtigen Moment steht. Das Ding an sich entsteht ihm durch ein Handeln, das Entstandene bleibt zurück, nicht die Handlung, wodurch es entstanden ist. Das Ich also ist ursprünglich unwissend darüber, daß jenes Entgegengesetzte sein Produkt ist, und es muß in dieser Unwissenheit bleiben, solange es in den magischen Kreis eingeschlossen ist, den das Selbstbewußtsein um das Ich beschreibt; der Philosoph nur, der diesen Kreis öffnet, kann hinter jene Täuschung kommen.

Die Deduktion ist jetzt so weit vorgeschritten, daß zuerst etwas außer dem Ich für das Ich selbst da ist. In der gegenwärtigen Handlung geht das Ich zuerst auf etwas jenseits der Grenze, und diese selbst ist jetzt nichts als der gemeinschaftliche Berührungspunkt des Ichs und seines Entgegengesetzten. In der ursprünglichen Empfindung kam nur die Grenze vor, hier etwas jenseits der Grenze, wodurch das Ich die Grenze sich erklärt. Es ist zu erwarten, daß dadurch auch die Grenze eine andere Bedeutung erhalten werde, wie sich bald zeigen wird. Die ursprüngliche Empfindung, in welcher das Ich nur das Empfundene war, verwandelt sich in eine Anschauung, in welcher das Ich zuerst sich selbst Empfindendes wird, aber eben dadurch aufhört Empfundenes zu sein. Das Empfundene, für das sich als empfindend anschauende Ich, ist die über die Grenze hinausgegangene ideelle (vorher empfindende) Tätigkeit, die aber nun nicht mehr als Tätigkeit des Ichs angeschaut wird. Das ursprünglich Begrenzende der reellen ist das Ich selbst, aber es kann nicht als begrenzend ins Bewußtsein kommen) ohne sich in das Ding an sich zu verwandeln. Die dritte Tätigkeit, welche hier deduziert ist, ist die, in welcher das Begrenzte und das Begrenzende getrennt zugleich und zusammengefaßt werden.[96]

Es ist noch übrig, zu untersuchen

b) was aus der reellen oder gehemmten Tätigkeit in dieser Handlung werde.

Die ideelle Tätigkeit hat sich in das Ding an sich verwandelt, die reelle also wird durch dieselbe Handlung sich in das dem Ding an sich Entgegengesetzte, d.h. in das Ich an sich verwandeln. Das Ich, was bisher immer Subjekt und Objekt zugleich war, ist jetzt zuerst etwas an sich; das ursprünglich Subjektive des Ichs ist hinübergetragen über die Grenze, und wird dort angeschaut als Ding an sich; was innerhalb der Grenze zurückbleibt, ist das rein Objektive des Ichs.

Die Deduktion steht also jetzt an dem Punkt, wo das Ich und sein Entgegengesetztes nicht etwa nur für den Philosophen, sondern für das Ich selbst sich trennen. Die ursprüngliche Duplizität des Selbstbewußtseins ist jetzt zwischen dem Ich und dem Ding an sich gleichsam geteilt. Von dem gegenwärtigen Handeln des Ichs bleibt also nicht eine bloße Passivität, sondern es bleiben zwei sich reell Entgegengesetzte, auf welchen die Bestimmtheit der Empfindung beruht, zurück, und damit erst ist die Aufgabe, wie das Ich empfindendes für sich selbst werde, vollständig gelöst. Eine Aufgabe, die bis jetzt keine Philosophie beantworten konnte, am allerwenigsten der Empirismus. Indes, wenn dieser vergeblich sich bemüht den Übergang des Eindrucks aus dem bloß passiven Ich in das denkende und aktive zu erklären, so hat doch der Idealist die Schwierigkeit der Aufgabe mit ihm gemein. Denn woher auch die Passivität entstehe, ob aus einem Eindruck des Dinges außer uns, oder aus dem ursprünglichen Mechanismus des Geistes selbst, so ist es doch immer Passivität, und der Übergang, der erklärt werden soll, derselbe. Das Wunder der produktiven Anschauung löst diese Schwierigkeit, und ohne dieselbe ist sie überhaupt nicht zu lösen. Denn es ist offenbar, daß das Ich nicht als empfindend sich anschauen kann, ohne daß es sich als sich selbst entgegengesetzt, und zugleich in begrenzender und begrenzter Tätigkeit, in jener Wechselbestimmung von Aktivität und Passivität anschaue, welche auf die angezeigte Art entsteht, nur daß dieser Gegensatz im Ich selbst, den nur der[97] Philosoph sieht, seinem Objekt, dem Ich, als ein Gegensatz zwischen ihm selbst und etwas außer ihm erscheint.

4. Das Produkt des Schwebens zwischen reeller und ideeller Tätigkeit ist das Ich an sich auf der einen, und das Ding an sich auf der andern Seite, und beide sind die Faktoren der jetzt abzuleitenden Anschauung. Zuvor fragt sich, wie diese beiden durch die abgeleitete Handlung bestimmt seien.

a) Daß das Ich durch diese Handlung als rein Objektives bestimmt sei, ist soeben bewiesen worden. Aber dies wird es nur in dem Wechselverhältnis, in welchem es jetzt mit dem Ding an sich steht. Denn wäre das Begrenzende noch in ihm, so wäre es nur dadurch, daß es sich erscheint, anstatt daß es jetzt an sich und gleichsam unabhängig von sich selbst ist, gerade so wie es der Dogmatiker verlangt, der eben nur bis auf diesen Standpunkt sich erhebt.

(Es ist nicht von dem Ich die Rede, was in dieser Handlung tätig ist, denn dieses ist in seiner Begrenztheit ideell, und umgekehrt in seiner Idealität begrenzt, weder Subjekt noch Objekt allein, da es das ganze (vollständige) Ich in sich befaßt, nur daß das, was zum Subjekt gehört, als Ding an sich, was zum Objekt, als Ich an sich erscheint).

b) Das Ding ist vorerst schlechterdings nur bestimmt als das dem Ich absolut Entgegengesetzte. Nun ist aber das Ich bestimmt als Tätigkeit, also auch das Ding nur als eine der Tätigkeit des Ichs entgegengesetzte. Aber alle Entgegensetzung ist eine bestimmte; es ist also unmöglich, daß das Ding dem Ich entgegengesetzt werde, ohne daß es zugleich begrenzt sei. Es erklärt sich hier, was es heiße, das Ich müsse auch die Passivität wieder begrenzen (I.). Die Passivität wird begrenzt dadurch, daß ihre Bedingung, das Ding, begrenzt wird. Die Begrenztheit in der Begrenztheit, welche wir gleich anfangs zugleich mit der Begrenztheit überhaupt entstehen sahen, kommt doch erst mit dem Gegensatz zwischen Ich und Ding an sich ins Bewußtsein. Das Ding ist bestimmt als dem Ich entgegengesetzte Tätigkeit, und dadurch als Grund der Begrenztheit überhaupt, als selbst begrenzte Tätigkeit, und dadurch als Grund der bestimmten Begrenztheit. Wodurch ist nun das Ding begrenzt? Durch dieselbe Grenze,[98] durch welche auch das Ich begrenzt ist. So viel Grad von Tätigkeit im Ich, so viel Grad von Nichttätigkeit im Ding, und umgekehrt. Nur durch diese gemeinschaftliche Begrenzung stehen beide in Wechselwirkung. Daß eine und dieselbe Grenze Grenze des Ichs und des Dinges sei, d.h. daß das Ding nur begrenzt sei, insoweit das Ich, und das Ich nur, insoweit das Objekt begrenzt ist, kurz, jene Wechselbestimmung von Aktivität und Passivität im Ich in der gegenwärtigen Handlung, sieht nur der Philosoph; in der folgenden Handlung wird sie auch das Ich, aber, wie sich erwarten läßt, unter ganz anderer Form, erblicken. Die Grenze ist noch immer dieselbe, welche ursprünglich durch das Ich selbst gesetzt war, nur daß sie jetzt nicht mehr bloß als Grenze des Ichs, sondern auch als Grenze des Dinges erscheint. Das Ding erlangt nur so viel Realität, als im Ich selbst durch sein ursprüngliches Handeln aufgehoben war. Aber so wie das Ich sich selbst, so wird ihm auch das Ding als ohne sein Zutun begrenzt erscheinen, und, um dieses Resultat wieder anzuknüpfen an den Punkt, von dem wir ausgingen, so wird also hier die ideelle Tätigkeit begrenzt unmittelbar dadurch, daß sie über die Grenze geht und als solche angeschaut wird. Es läßt sich daraus leicht schließen, wie durch jene Handlung

c) die Grenze bestimmt sein werde. Da sie Grenze zugleich für das Ich und für das Ding ist, so kann ihr Grund ebensowenig in jenem als in diesem liegen; denn läge er im Ich, so wäre seine Aktivität nicht bedingt durch Passivität; im Ding, so wäre seine Passivität nicht bedingt durch Aktivität, kurz, die Handlung wäre nicht, was sie ist. Da der Grund der Grenze weder im Ich noch im Ding liegt, so liegt er nirgends, sie ist schlechthin, weil sie ist, und sie ist so, weil sie so ist. Sie wird demnach in bezug auf das Ich sowohl als das Ding als schlechthin zufällig erscheinen. Dasjenige in der Anschauung ist also die Grenze, was für das Ich sowohl als das Ding schlechthin zufällig ist; eine genauere Bestimmung oder Auseinandersetzung ist hier noch nicht möglich, und kann erst in der Folge gegeben werden.

5. Jenes Schweben, von welchem das Ich und Ding an sich als Entgegengesetzte zurückbleiben, kann nicht fortdauern, denn (durch diesen Gegenstand ist ein Widerspruch im Ich selbst (demjenigen,[99] was zwischen beiden schwebt) gesetzt. Aber das Ich ist absolute Identität. So gewiß also Ich = Ich, so gewiß entsteht unwillkürlich und notwendig eine dritte Tätigkeit, in welcher die beiden Entgegengesetzten in ein relatives Gleichgewicht gesetzt werden.

Alle Tätigkeit des Ichs geht von einem Widerspruch in ihm selbst aus. Denn da das Ich absolute Identität ist, so bedarf es keines Bestimmungsgrundes zur Tätigkeit, außer einer Duplizität in ihm, und die Fortdauer aller geistigen Tätigkeit hängt von der Fortdauer, d.h. dem beständigen Wiederentstehen jenes, Widerspruchs ab.

Der Widerspruch erscheint zwar hier als Gegensatz zwischen dem Ich und etwas außer ihm, ist aber abgeleitetermaßen ein Widerspruch zwischen ideeller und reeller Tätigkeit. Soll das Ich in der ursprünglichen Beschränktheit sich selbst anschauen (empfinden), so muß es zugleich über die Beschränktheit hinausstreben. Eingeschränktheit, Notwendigkeit, Zwang, dies alles wird nur gefühlt im Gegensatz gegen eine uneingeschränkte Tätigkeit. Es ist auch nichts Wirkliches ohne Eingebildetes. – Mit der Empfindung selbst schon ist also ein Widerspruch in das Ich gesetzt. Es ist beschränkt zugleich und über die Schranke hinausstrebend.

Dieser Widerspruch kann nicht aufgehoben werden, er kann aber auch nicht fortdauern. Er kann also nur vereinigt werden durch eine dritte Tätigkeit.

Diese dritte Tätigkeit ist eine anschauende überhaupt, denn es ist das ideelle Ich, was hier als begrenztwerdend gedacht wird.

Aber dieses Anschauen ist ein Anschauen des Anschauens, denn es ist ein Anschauen des Empfindens. – Das Empfinden ist selbst schon ein Anschauen, nur ein Anschauen in der ersten Potenz (daher die Einfachheit aller Empfindungen, die Unmöglichkeit sie zu definieren, denn alle Definition ist synthetisch). Das jetzt abgeleitete Anschauen ist also ein Anschauen in der zweiten Potenz, oder, was dasselbe ist, ein produktives Anschauen.


C. Theorie der produktiven Anschauung

Vorerinnerung

[100] Cartesius sagte als Physiker: gebt mir Materie und Bewegung, und ich werde euch das Universum daraus zimmern. Der Transzendental-Philosoph sagt: gebt mir eine Natur von entgegengesetzten Tätigkeiten, deren eine ins Unendliche geht, die andere in dieser Unendlichkeit sich anzuschauen strebt, und ich lasse euch daraus die Intelligenz mit dem ganzen System ihrer Vorstellungen entstehen. Jede andere Wissenschaft setzt die Intelligenz schon als fertig voraus, der Philosoph betrachtet sie im Werden, und läßt sie vor seinen Augen gleichsam entstehen.

Das Ich ist nur der Grund, auf welchen die Intelligenz mit allen ihren Bestimmungen aufgetragen ist. Der ursprüngliche Akt des Selbstbewußtseins erklärt uns nur, wie das Ich in Ansehung seiner objektiven Tätigkeit, im ursprünglichen Streben, nicht aber, wie es in seiner subjektiven oder im Wissen eingeschränkt sei. Erst die produktive Anschauung versetzt die ursprüngliche Grenze in die ideelle Tätigkeit, und ist der erste Schritt des Ichs zur Intelligenz.

Die Notwendigkeit der produktiven Anschauung, welche hier aus dem ganzen Mechanismus des Ichs systematisch deduziert ist, ist als allgemeine Bedingung des Wissens überhaupt unmittelbar aus dessen Begriff abzuleiten; denn, wenn alles Wissen seine Realität von einer unmittelbaren Erkenntnis entlehnt, so ist diese allein in der Anschauung anzutreffen, anstatt daß Begriffe nur Schatten der Realität sind, entworfen durch ein reproduktives Vermögen, den Verstand, welcher selbst ein Höheres voraussetzt, das kein Original außer sich hat, und aus ursprünglicher Kraft aus sich selbst produziert. Daher müßte der uneigentliche Idealismus, d.h. ein System, was alles Wissen in Schein verwandelt, derjenige sein, welcher alle Unmittelbarkeit in unserer Erkenntnis aufhöbe, z.B. dadurch, daß er von den Vorstellungen unabhängige[101] Originale außer uns setzt, anstatt daß ein System, welches den Ursprung der Dinge in einer Tätigkeit des Geistes sucht, welche ideell und reell zugleich ist, eben deswegen, weil es der vollkommenste Idealismus ist, zugleich der vollkommenste Realismus sein müßte. Wenn nämlich der vollkommenste Realismus derjenige ist, welcher die Dinge an sich und unmittelbar erkennt, so ist er nur in einer Natur möglich, welche in den Dingen nur ihre eigne, durch eigne Tätigkeit eingeschränkte Realität erblickt. Denn eine solche Natur würde als die inwohnende Seele der Dinge sie wie ihren unmittelbaren Organismus durchdringen, und gleichwie der Meister am vollkommensten sein Werk erkennt, ihren innern Mechanismus ursprünglich durchschauen.

Dagegen mag man den Versuch anstellen aus der Hypothese, daß in unserer Anschauung irgend etwas sei, was durch den Anstoß oder Eindruck hinzukommt, die Evidenz der sinnlichen Anschauung zu erklären. Vorerst wird durch Anstoß auf das vorstellende Wesen nicht der Gegenstand selbst, sondern nur seine Wirkung in dasselbe übergehen. Nun ist aber in der Anschauung nicht die bloße Wirkung eines Gegenstands, sondern der Gegenstand selbst unmittelbar gegenwärtig. Wie nun zu dem Eindruck der Gegenstand hinzukomme, könnte man wohl etwa durch Schlüsse zu erklären versuchen, wenn nur nicht in der Anschauung selbst schlechthin nichts von einem Schlusse, oder einer Vermittlung durch Begriffe, etwa die der Ursache und Wirkung, vorkäme, und wenn es nicht der Gegenstand selbst, nicht ein bloßes Produkt des Syllogismus wäre, was in der Anschauung vor uns steht. Oder man könnte das Hinzukommen des Gegenstands zur Empfindung aus einem produzierenden Vermögen erklären, das durch äußeren Impuls in Bewegung gesetzt ist, so würde nie das unmittelbare Übergehen des äußern Gegenstands, dessen, von welchem der Eindruck herrührt, in das Ich erklärt werden, man müßte denn den Eindruck oder den Anstoß von einer Kraft ableiten, welche die Seele ganz besitzen und gleichsam durchdringen könnte. Es ist also immer noch das konsequenteste Verfahren des Dogmatismus, den Ursprung der Vorstellungen von Außendingen ins Geheimnisvolle zu spielen, und davon als von einer Offenbarung zu sprechen, welche alle weitere Erklärung[102] unmöglich macht, oder, das unbegreifliche Entstehen eines so Fremdartigen wie der Vorstellung aus dem Eindruck eines äußern Objekts durch eine Kraft begreiflich zu machen, welcher, wie der Gottheit (dem einzigen unmittelbaren Objekt unsrer Erkenntnis nach jenem System) auch das Unmögliche möglich ist.

Es scheint den Dogmatikern nie auch von ferne beigegangen zu sein, daß in einer Wissenschaft wie die Philosophie keine Voraussetzung gilt, daß vielmehr in einer solchen eben diejenigen Begriffe, welche sonst die gemeinsten und geläufigsten sind, vor allen andern deduziert zu werden verlangen. So ist die Unterscheidung zwischen etwas, das von außen, und etwas, das von innen kommt, eine solche, die ohne Zweifel einer Rechtfertigung und Erklärung bedarf. Aber eben dadurch, daß ich sie erkläre, setze ich eine Region des Bewußtseins, wo diese Trennung noch nicht ist und innere und äußere Welt ineinander begriffen sind. So gewiß ist es, daß eine Philosophie, die nur überhaupt sich zum Gesetz macht, nichts unbewiesen und unabgeleitet zu lassen, gleichsam ohne es zu wollen und durch ihre bloße Konsequenz Idealismus wird.

Es hat noch kein Dogmatiker unternommen, die Art und Weise jener äußern Einwirkung zu beschreiben oder darzutun, welches doch als notwendiges Erfordernis einer Theorie, von welcher nichts weniger als die ganze Realität des Wissens abhängt, billigerweise erwartet werden könnte. Man müßte denn hierher jene allmählichen Sublimationen der Materie zur Geistigkeit rechnen, bei welchen nur das Eine vergessen wird, daß der Geist eine ewige Insel ist, zu der man durch noch so viele Umwege von der Materie aus nie ohne Sprung gelangen kann.

Es läßt sich gegen solche Forderungen mit der vorgeschützten absoluten Unbegreiflichkeit nicht in die Länge standhalten, da der Trieb jenen Mechanismus zu begreifen, immer wiederkehrt, und eine Philosophie, die sich rühmt nichts unbewiesen zu lassen, jenen Mechanismus wirklich entdeckt zu haben vorgibt, man müßte denn in ihren Erklärungen selbst etwas Unbegreifliches finden. Allein alles Unbegreifliche in derselben findet sich nur von dem gemeinen Standort aus, von welchem sich zu entfernen[103] erste Bedingung alles Verstehens in der Philosophie ist. Für wen es z.B. in aller Tätigkeit des Geistes überall nichts Bewußtloses gibt, und keine Region außer der des Bewußtseins, wird so wenig begreifen, wie die Intelligenz in ihren Produkten sich vergesse, als wie der Künstler in seinem Werk verloren sein könne. Es gibt für ihn kein anderes als das gemeine moralische Hervorbringen, und überall kein Produzieren, in welchem Notwendigkeit mit Freiheit vereinigt ist.

Daß alle produktive Anschauung aus einem ewigen Widerspruch entspringe, welcher der Intelligenz, die kein anderes Streben hat als das, in ihre Identität zurückzukehren, einen beständigen Zwang zur Tätigkeit auferlegt, und sie in der Art ihres Produzierens ebenso fesselt und bindet, als die Natur in ihren Hervorbringungen gefesselt erscheint, ist teils im Vorhergehenden schon abgeleitet, und wird durch die ganze Theorie der Anschauung weiter ins Licht gesetzt werden.

Wegen des Worts Anschauung ist zu bemerken, daß dem Begriff schlechterdings nichts Sinnliches beizumischen ist, als ob z.B. das Sehen ausschließend ein Anschauen wäre, obgleich es die Sprache ihm allein zugeeignet hat, wovon sich ein Grund angeben läßt, der ziemlich tief liegt. Der gedankenlose Haufen erklärt sich das Sehen durch den Lichtstrahl; aber was ist denn der Lichtstrahl? Er ist selbst schon ein Sehen, und zwar das ursprüngliche Sehen, das Anschauen selbst.

Die ganze Theorie der produktiven Anschauung geht von dem abgeleiteten und bewiesenen Satz aus: indem die über die Grenze hinausgegangene und die innerhalb der Grenze gehemmte Tätigkeit aufeinander bezogen werden, werden sie als einander entgegengesetzte fixiert, jene als Ding, diese als Ich an sich.

Es könnte hier sogleich die Frage entstehen, wie denn jene als schlechthin unbegrenzbar gesetzte ideelle Tätigkeit fixiert, und damit auch begrenzt werden könne. Die Antwort ist, daß diese Tätigkeit nicht begrenzt wird als anschauende, oder als Tätigkeit des Ichs, denn indem sie begrenzt wird, hört sie auch auf Tätigkeit des Ichs zu sein, und verwandelt sich in das Ding an sich. Diese anschauende Tätigkeit ist jetzt selbst ein Angeschautes,[104] und darum nicht mehr anschauende. Aber nur die anschauende als solche ist unbegrenzbar.

Die anschauende Tätigkeit, welche an ihre Stelle tritt, ist die in der Produktion begriffene, eben deswegen zugleich reelle. Diese in der Produktion mitgefesselte ideelle Tätigkeit ist als anschauende noch immer unbegrenzbar. Denn obgleich sie in der produktiven Anschauung mit begrenzt wird, ist sie doch nur für den Moment begrenzt, anstatt daß die reelle fortdauernd begrenzt ist. Wenn sich nun etwa zeigen sollte, daß alles Produzieren der Intelligenz auf dem Widerspruch zwischen der unbegrenzbaren ideellen und der gehemmten reellen Tätigkeit beruht, so wird das Produzieren so unendlich sein als jener Widerspruch selbst, und zugleich mit der ideellen in der Produktion mitbegrenzten Tätigkeit ist ein progressives Prinzip in die Produktion gesetzt. Alles Produzieren ist ein endliches für den Moment, aber was auch durch dieses Produzieren zustande kommt, wird die Bedingung eines neuen Widerspruchs geben, der in ein neues Produzieren übergehen wird, und so ohne Zweifel ins Unendliche.

Wäre im Ich nicht eine Tätigkeit, die über jede Grenze hinausgeht, so würde das Ich nie aus seinem ersten Produzieren heraustreten, es wäre produzierend, und in seinem Produzieren begrenzt etwa für ein Anschauendes außer ihm, nicht für sich selbst. Sowie das Ich, um empfindend zu werden für sich selbst, über das ursprünglich Empfundene hinausstreben muß, so, um produzierend für sich selbst, über jedes Produkt. Wir werden also mit der produktiven Anschauung in denselben Widerspruch verwickelt sein wie mit der Empfindung, und durch denselben Widerspruch wird sich auch die produktive Anschauung für uns wieder potenzieren wie die einfache in der Empfindung.

Daß dieser Widerspruch unendlich sein müsse, läßt sich am kürzesten so beweisen:

Es ist im Ich eine unbegrenzbare Tätigkeit, aber diese Tätigkeit ist nicht im Ich, als solchem, ohne daß das Ich sie setzt als seine Tätigkeit. Aber das Ich kann sie nicht anschauen als seine Tätigkeit, ohne sich als Subjekt oder Substrat jener unendlichen Tätigkeit von dieser Tätigkeit selbst zu unterscheiden. Aber eben[105] dadurch entsteht eine neue Duplizität, ein Widerspruch zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit. Das Ich als Subjekt jener unendlichen Tätigkeit ist dynamisch (potentia) unendlich, die Tätigkeit selbst, indem sie gesetzt wird als Tätigkeit des Ichs, wird endlich; aber indem sie endlich wird, wird sie aufs neue über die Grenze hinaus ausgedehnt, aber indem sie ausgedehnt wird, auch wieder begrenzt. – Und so dauert dieser Wechsel ins Unendliche fort.

Das auf diese Art zur Intelligenz erhobene Ich ist sonach in einen beständigen Zustand von Expansion und Kontraktion versetzt, aber eben dieser Zustand ist der Zustand des Bildens und Produzierens. Die Tätigkeit, welche in jenem Wechsel geschäftig ist, wird daher als produzierende erscheinen müssen.


I. Deduktion der produktiven Anschauung

1. Wir verließen unser Objekt im Zustand des Schwebens zwischen Entgegengesetzten. Diese Entgegengesetzten sind an sich schlechterdings nicht vereinbar, und wenn sie vereinbar sind, sind sie es nur durch das Streben des Ichs sie zu vereinigen, welches allein ihnen Bestand und wechselseitige Beziehung aufeinander gibt.

Beide Entgegengesetzte werden affiziert nur durch das Handeln des Ichs, und sind insofern ein Produkt des Ichs, das Ding an sich sowohl, als das Ich, das hier zuerst als Produkt von sich selbst vorkommt. – Das Ich, dessen Produkt beide sind, erhebt sich eben dadurch zur Intelligenz. Man denke sich das Ding an sich außer dem Ich, diese beiden Entgegengesetzten also in verschiedenen Sphären, so wird zwischen ihnen schlechthin keine Vereinigung möglich sein, weil sie an sich unvereinbar sind; es wird also, um sie zu vereinigen, eines Höheren bedürfen, was sie zusammenfaßt. Dieses Höhere aber ist das Ich selbst in der höheren Potenz, oder das zur Intelligenz erhobene Ich, von welchem fernerhin immer die Rede ist. Denn jenes Ich, außer[106] welchem das Ding an sich ist, ist nur das objektive oder reelle Ich, das, in welchem es ist, das zugleich ideelle und reelle, d.h. das intelligente.

2. Jene Entgegengesetzten werden nur durch ein Handeln des Ichs zusammengehalten. Aber das Ich hat keine Anschauung seiner selbst in diesem Handeln, die Handlung geht also im Bewußtsein gleichsam unter, und nur der Gegensatz bleibt als Gegensatz im Bewußtsein zurück. Aber der Gegensatz konnte eben nicht als Gegensatz im Bewußtsein zurückbleiben (die Entgegengesetzten hätten sich aneinander vernichtet) ohne eine dritte Tätigkeit, die sie auseinander gehalten (entgegengesetzt) und eben dadurch vereinigt hätte.

Daß der Gegensatz als solcher, oder, daß die beiden Entgegengesetzten als absolut (nicht bloß relativ) Entgegengesetzte ins Bewußtsein kommen, ist Bedingung der produktiven Anschauung. Die Schwierigkeit ist, eben dies zu erklären. Denn in das Ich kommt alles nur durch sein Handeln, also auch jener Gegensatz. Aber, ist jener Gegensatz durch ein Handeln des Ichs gesetzt, so hört er eben dadurch auf absolut zu sein. Diese Schwierigkeit ist nur folgendergestalt aufzulösen. Jenes Handeln selbst muß im Bewußtsein verloren gehen, denn alsdann werden nur die beiden Glieder des Gegensatzes (Ich und Ding an sich) als an sich (durch sich selbst) unvereinbar zurückbleiben. Denn in jener ursprünglichen Handlung waren sie ja nur durch das Handeln des Ichs (also nicht durch sich selbst) zusammengehalten, welches Handeln bloß dazu diente, sie ins Bewußtsein zu bringen, und nachdem es dies geleistet hat, selbst aus dem Bewußtsein verschwindet.

Daß jener Gegensatz als solcher im Bewußtsein zurückbleibt, dadurch ist für das Bewußtsein ein großes Feld gewonnen. Denn durch denselben ist jetzt eben nicht nur für den Beobachter, sondern für das Ich selbst die Identität des Bewußtseins schlechthin aufgehoben, das Ich also auf denselben Punkt der Beobachtung geführt, auf welchen wir uns selbst ursprünglich gestellt hatten, nur daß dem Ich auf diesem Punkt mehreres ganz anders erscheinen muß, als es uns erschien. Wir erblickten das Ich ursprünglich[107] in einem Streit von entgegengesetzten Tätigkeiten. Das Ich, ohne um jenen Streit zu wissen, mußte ihn unwillkürlich und blindlings gleichsam vereinigen in einer gemeinschaftlichen Konstruktion. In dieser Konstruktion war die ideelle unbegrenzbare Tätigkeit des Ichs als solche mit begriffen, es konnte also von jener Konstruktion nur die reelle als begrenzt zurückbleiben. Im gegenwärtigen Moment, da jener Streit dem Ich selbst zum Objekt wird, hat er sich für das sich selbst anschauende Ich in den Gegensatz zwischen dem Ich (als objektiver Tätigkeit) und dem Ding an sich verwandelt. Da also die anschauende Tätigkeit jetzt außer dem Konflikt ist (welches eben durch das Erheben des Ichs zur Intelligenz, oder dadurch geschieht, daß dem Ich jener Streit selbst wieder zum Objekt wird), so wird jetzt jener Gegensatz für das Ich selbst in einer gemeinschaftlichen Konstruktion sich aufheben können. Auch ist offenbar, warum der ursprünglichste Gegensatz für das Ich selbst, obgleich keineswegs für den Philosophen, der zwischen dem Ich und Ding an sich ist.

3. Jener Gegensatz an sich unvereinbarer ist in das Ich nur insofern gesetzt, als ihn das Ich anschaut als solchen, welches Anschauen wir auch bereits abgeleitet, aber bis jetzt nur seinem einen Teil nach betrachtet haben. Denn kraft der ursprünglichen Identität seines Wesens kann das Ich denselben nicht anschauen, ohne in ihm wieder Identität und dadurch eine wechselseitige Beziehung des Ichs auf das Ding und des Dings auf das Ich hervorzubringen. In jenem Gegensatz kommt nun das Ding nur als Tätigkeit vor, obgleich als dem Ich entgegengesetzte Tätigkeit. Dieselbe ist durch das Handeln des Ichs fixiert zwar, aber nur als Tätigkeit. Das Ding also, was bis jetzt abgeleitet ist, ist noch immer ein aktives, tätiges, noch nicht das passive, untätige der Erscheinung. Dieses werden wir nie erreichen, wenn wir nicht in das Objekt selbst wieder eine Entgegensetzung, und dadurch ein Gleichgewicht bringen. Das Ding an sich ist reine ideelle Tätigkeit, an welcher nichts als ihre Entgegensetzung gegen die reelle Tätigkeit des Ichs erkennbar ist. Wie das Ding, so ist auch das Ich nur Tätigkeit.

Diese entgegengesetzten Tätigkeiten können nicht auseinandergehen,[108] da sie einmal durch die gemeinschaftliche Grenze als Berührungspunkt vereinigt sind. Gleichwohl können sie auch nicht zusammenbestehen, ohne daß sie sich unmittelbar auf ein drittes Gemeinschaftliches reduzieren. Erst indem dies geschieht, heben sie sich als Tätigkeiten auf. Das Dritte, was aus ihnen entsteht, kann nun weder Ich, noch Ding an sich, sondern nur ein in der Mitte zwischen beiden liegendes Produkt sein. Deswegen wird dieses Produkt in der Anschauung nicht vorkommen als Ding an sich, oder als das tätige Ding, sondern nur als die Erscheinung jenes Dings. Das Ding, insofern es aktiv und Ursache des Leidens in uns ist, liegt daher jenseits des Moments der Anschauung, oder wird aus dem Bewußtsein verdrängt durch die produktive Anschauung, welche zwischen dem Ding und dem Ich schwebend etwas hervorbringt, das zwischen beiden in der Mitte liegt, und indem es beide auseinander hält, ein gemeinschaftlicher Ausdruck beider ist.

Daß dieses Dritte Objekt der sinnlichen Anschauung sei, sehen abermals nur wir, nicht das Ich selbst, und auch für uns ist es noch nicht bewiesen, sondern muß erst bewiesen werden.

Dieser Beweis kann kein anderer sein als folgender. In dem Produkt ist nur, was in der produktiven Tätigkeit ist, und was durch die Synthesis hineingelegt worden, muß sich auch durch Analysis wieder daraus entwickeln lassen. Es muß sich also in dem Produkt die Spur jener beider Tätigkeiten, sowohl der des Ichs als der des Dings, aufzeigen lassen.

Um zu wissen, wodurch jene beiden Tätigkeiten im Produkt sich erkennen lassen, müssen wir erst wissen, wodurch sie überhaupt unterscheidbar sind.

Die eine jener Tätigkeiten ist die des Ichs, welche ursprünglich, d.h. vor der Begrenzung (und diese soll ja erst hier für das Ich selbst erklärt werden), unendlich ist. Nun ist aber kein Grund, die dem Ich entgegengesetzte Tätigkeit als endlich zu setzen, sondern, so gewiß die Tätigkeit des Ichs unendlich ist, muß es auch die ihm entgegengesetzte des Dings sein.

Aber zwei einander entgegengesetzte und außereinander befindliche[109] Tätigkeiten können schlechterdings nicht als unendlich gedacht werden, wenn beide positiver Natur sind. Denn zwischen gleich positiven Tätigkeiten ist nur relative Entgegensetzung möglich, d.h. eine bloße Entgegensetzung der Richtung nach.

(Z.B. auf einen und denselben Körper wirken zwei gleiche Kräfte A, A, in entgegengesetzter Richtung, so sind erstens beide positiv, so daß, wenn beide miteinander verbunden werden, die doppelte Kraft entsteht; beide sind sich also auch nicht entgegengesetzt ursprünglich oder absolut, sondern bloß durch ihr Verhältnis zu dem Körper; sowie sie aus diesem Verhältnis treten, sind beide wieder positiv. Auch ist es völlig gleichgültig, welche von den beiden positiv oder negativ gesetzt wird. Endlich sind beide nur durch ihre entgegengesetzten Richtungen unterscheidbar).

Wenn also die Tätigkeit des Ichs sowohl als die des Dings beide positiv, also einander nur relativ entgegengesetzt wären, so müßten sich beide auch nur durch ihre Richtungen unterscheiden lassen. Nun sind ja aber beide Tätigkeiten als unendlich gesetzt, und im Unendlichen ist schlechthin keine Richtung, also müssen jene beide Tätigkeiten ursprünglich durch eine höhere als bloß relative Entgegensetzung unterscheidbar sein. Die eine jener Tätigkeiten müßte die nicht bloß relativ, sondern absolut negative der andern sein; wie dies möglich sei, ist noch nicht gezeigt, es wird nur behauptet, daß es so sein müsse.

(Man setze an die Stelle jener oben bloß relativ entgegengesetzten Kräfte zwei Kräfte, deren eine = A, die andere = -A sei, so ist -A ursprünglich negativ und A absolut entgegengesetzt; wenn ich beide verbinde, so entsteht nicht, wie oben, die doppelte Kraft, der Ausdruck für ihre Verbindung ist: A + (-A) = A – A. Es ist daraus im Vorbeigehen zu sehen, warum die Mathematik den Unterschied zwischen absoluter und relativer Entgegensetzung nicht zu beachten braucht, weil für den Kalkul die Formeln a – a und a + (-a), deren jene Ausdruck der relativen, diese der absoluten Entgegensetzung ist, ganz gleichbedeutend sind. Desto wichtiger aber ist dieser Unterschied für Philosophie und Physik, wie sich in der Folge deutlich zeigen wird. A und – A sind[110] auch nicht bloß unterscheidbar durch ihre entgegengesetzten Richtungen, da die eine nicht bloß in diesem Verhältnis, sondern absolut und ihrer Natur nach negativ ist).

Dies angewendet auf den vorliegenden Fall, so ist die Tätigkeit des Ichs an sich positiv und der Grund aller Positivität. Denn sie ist charakterisiert worden als ein Streben, ins Unendliche sich auszubreiten. Mithin müßte die Tätigkeit des Dings an sich die absolut und ihrer Natur nach negative sein. Wenn jene ein Streben wäre, das Unendliche zu erfüllen, so müßte dagegen diese nur als die einschränkende der ersten denkbar sein. Sie selbst an und für sich wäre nicht reell, und müßte ihre Realität nur im Gegensatz gegen die andere, durch das beständige Einschränken ihrer Wirkung, beweisen können.

So ist es denn auch. Was uns auf dem gegenwärtigen Standpunkt als Tätigkeit des Dings an sich erscheint, ist nichts anderes als die ideelle in sich zurückgehende Tätigkeit des Ichs, und diese ist nur als die negative der andern vorstellbar. Die objektive oder reelle Tätigkeit besteht für sich, und ist, auch wenn keine anschauende ist, die anschauende dagegen oder einschränkende ist nichts ohne Anzuschauendes oder Einzuschränkendes.

Umgekehrt, daraus, daß beide Tätigkeiten einander absolut entgegengesetzt sind, folgt, daß sie in einem und demselben Subjekt gesetzt sein müssen. Denn nur, wenn zwei entgegengesetzte Tätigkeiten Tätigkeiten eines und desselben Subjekts sind, kann die eine die absolut entgegengesetzte der andern sein.

(Z.B. Man denke sich einen Körper, der durch eine von der Erde ausgehende Kraft = A in die Höhe getrieben wird, so wird er wegen der kontinuierlichen Einwirkung der Schwerkraft durch eine stetige Abweichung von der geraden Linie zur Erde zurückkehren. Nun denkt man sich entweder, daß die Schwere durch Stoß wirke, so sind A und der in entgegengesetzter Richtung kommende Impuls der Schwere B beides positive Kräfte und sich bloß relativ entgegengesetzt, so daß es völlig willkürlich ist, welche von beiden, A oder B, als negativ angenommen wird. Setzt man dagegen, die Ursache der Schwere liege gar nicht außer dem Punkt, von welchem die Kraft A ausgeht, so werden die beiden[111] Kräfte A und B einen gemeinschaftlichen Quell haben, wo dann sogleich sichtbar ist, daß die eine von beiden notwendig und ursprünglich negativ ist, so wie auch, daß wenn A, die positive, eine Kraft ist, die in der Berührung wirkt, die negative eine solche sein muß, die auch in die Ferne wirkt. Der erste Fall ist Beispiel einer bloß relativen Entgegensetzung, der zweite einer absoluten. Welcher von beiden angenommen werde, ist für den Kalkul freilich, aber nicht für die Naturlehre gleichgültig).

Wenn also beide Tätigkeiten ein und dasselbe Subjekt, das Ich, haben, so versteht es sich von selbst, daß sie einander absolut entgegengesetzt sein müssen; und umgekehrt, wenn beide einander absolut entgegengesetzt sind, daß sie Tätigkeiten eines und desselben Subjekts sind.

Wenn beide Tätigkeiten zwischen verschiedenen Subjekten geteilt wären, wie dies hier der Fall zu sein scheinen könnte, da wir die eine als Tätigkeit des Ichs, die andere als Tätigkeit des Dings gesetzt haben, so könnte ja die ins Unendliche gehende Tendenz des Ichs durch eine in entgegengesetzter Richtung kommende (des Dings an sich) eingeschränkt werden. Allein alsdann müßte das Ding an sich außer dem Ich sein. Aber das Ding an sich ist nur außer dem reellen (praktischen) Ich; durch die Magie der Anschauung sind beide vereinigt, und als in Einem identischen Subjekt (der Intelligenz) gesetzte nicht relativ, sondern absolut entgegengesetzte Tätigkeiten.

4. Die entgegengesetzten Tätigkeiten, welche Bedingung der Anschauung sein sollen, sind jetzt genauer bestimmt, und für beide sind von ihren Richtungen unabhängige Charaktere gefunden. Die eine Tätigkeit, die des Ichs, wird an ihrer positiven Natur, die andere daran erkannt, daß sie überhaupt nur als die einschränkende einer positiven gedacht werden kann. Wir gehen jetzt zur Anwendung dieser Bestimmungen auf die oben aufgeworfene Frage.

In dem Gemeinschaftlichen, was aus der Entgegensetzung beider Tätigkeiten entspringt, muß sich die Spur beider Tätigkeiten aufzeigen, und da wir die Natur beider kennen, muß sich auch das Produkt danach charakterisieren lassen.[112]

Da das Produkt Produkt entgegengesetzter Tätigkeiten ist, so muß es schon deswegen ein endliches sein.

Ferner das Produkt ist gemeinschaftliches Produkt entgegengesetzter Tätigkeiten, also kann keine Tätigkeit die andere aufheben, beide zusammen müssen nicht etwa als identische, sondern als das, was sie sind, als entgegengesetzte Tätigkeiten, die sich wechselseitig das Gleichgewicht halten, im Produkt vorkommen.

Insofern sich beide untereinander das Gleichgewicht halten, werden beide zwar nicht aufhören Tätigkeiten zu sein, aber sie werden nicht als Tätigkeiten erscheinen. – Man erinnere sich wiederum des Beispiels vom Hebel. Damit der Hebel im Gleichgewicht bleibe, müssen in gleichen Entfernungen vom Ruhepunkt an beiden Enden gleiche Gewichte niederziehen. Jedes einzelne Gewicht zieht, aber es kann nicht zum Effekt kommen (es erscheint nicht als tätig), beide schränken sich ein auf den gemeinschaftlichen Effekt. So in der Anschauung. Die beiden sich das Gleichgewicht haltenden Tätigkeiten hören dadurch nicht auf Tätigkeiten zu sein, denn das Gleichgewicht existiert nur, insofern beide Tätigkeiten als Tätigkeiten ineinander entgegengesetzt sind, nur das Produkt ist ein ruhendes.

Aber ferner in dem Produkt, da es ein gemeinschaftliches sein soll, muß auch die Spur beider Tätigkeiten zu finden sein. Es werden sich also in dem Produkt zwei entgegengesetzte Tätigkeiten unterscheiden lassen, eine Tätigkeit, welche schlechthin positiv ist und die Tendenz hat ins Unendliche sich auszubreiten, die andere, welche als die absolut entgegengesetzte der ersten auf die absolute Endlichkeit geht und eben deswegen nur als die einschränkende der positiven erkennbar ist.

Nur weil beide Tätigkeiten absolut entgegengesetzt sind, können auch beide unendlich sein. Beide sind unendlich nur im entgegengesetzten Sinne. (Zur Erläuterung dient die Unendlichkeit der Zahlenreihe nach entgegengesetzten Richtungen. Eine endliche Größe überhaupt = 1 kann ins Unendliche vermehrt werden, so daß immer noch ein Teiler für sie gefunden wird, setzt man aber, daß sie über alle Schranken vermehrt sei, so ist sie = 1/0, d.h. das Unendlichgroße. Dieselbe kann ins Unendliche vermindert[113] werden dadurch, daß sie ins Unendliche geteilt wird, setzt man nun, daß der Teiler über alle Schranken hinaus wachse, so ist sie = 1/∞, d.h. das Unendlichkleine.)

Die eine jener Tätigkeiten würde also, wenn sie uneingeschränkt wäre, das positiv Unendliche, die andere unter gleicher Bedingung das negativ Unendliche produzieren.

In dem gemeinschaftlichen Produkt muß also die Spur von zwei Tätigkeiten angetroffen werden, deren eine in ihrer Schrankenlosigkeit das positiv, die andere das negativ Unendliche hervorbringen würde.

Aber ferner, diese beiden Tätigkeiten können einander nicht absolut entgegengesetzt sein, ohne Tätigkeiten eines und desselben identischen Subjekts zu sein. Sie können also auch nicht in einem und demselben Produkt vereinigt sein, ohne eine dritte, welche die synthetische beider ist. Im Produkt wird also außer jenen beiden Tätigkeiten auch noch die Spur einer dritten, synthetischen beider entgegengesetzten, vorkommen müssen.

Nachdem die Charaktere des Produkts vollständig abgeleitet sind, bedarf es nur noch des Beweises, daß sie alle in dem zusammentreffen, was wir Materie nennen.


II. Deduktion der Materie

1. Die beiden Tätigkeiten, die im Produkt sich das Gleichgewicht halten, können nur als fixierte ruhende Tätigkeiten, d.h. als Kräfte, erscheinen.

Die eine dieser Kräfte wird ihrer Natur nach positiv sein, so daß sie, wenn sie durch keine entgegengesetzte eingeschränkt wäre, unendlich sich ausbreiten würde. – Daß der Materie eine solche unendliche Expansivkraft zukomme, davon wird nur der transzendentale Beweis geführt. So gewiß als die eine der beiden Tätigkeiten, aus welchen das Produkt konstruiert ist, ihrer Natur nach ins Unendliche strebt, so gewiß muß der eine Faktor des Produkts auch eine unendliche Expansivkraft sein.[114]

Diese unendliche Expansivkraft, welche im Produkt konzentriert ist, würde nun, sich selbst überlassen, sich ins Unendliche ausbreiten. Daß sie also in einem endlichen Produkt zurückgehalten wird, ist nur durch eine entgegengesetzte negative, hemmende Kraft zu begreifen, welche als das Entsprechende der begrenzenden Tätigkeit des Ichs im gemeinschaftlichen Produkt sich gleichfalls muß aufzeigen lassen.

Wenn also das Ich im gegenwärtigen Moment reflektieren könnte auf seine Konstruktion, so würde es sie als Gemeinschaftliches aus zwei sich das Gleichgewicht haltenden Kräften finden, deren eine für sich selbst das Unendlichgroße produzieren würde, indes die andere in ihrer Uneingeschränktheit das Produkt aufs Unendlichkleine reduzieren würde. – Allein das Ich ist im gegenwärtigen Moment noch nicht reflektierend.

2. Bis jetzt haben wir bloß auf die entgegengesetzte Natur beider Tätigkeiten und der ihnen entsprechenden Kräfte Rücksicht genommen, aber von der entgegengesetzten Natur beider hängen auch ihre entgegengesetzten Richtungen ab. Wir können also die Frage aufwerfen, wie sich beide Kräfte auch durch ihre bloßen Richtungen unterscheiden werden, welche Frage uns zur genaueren Bestimmung des Produkts führen und den Weg zu einer neuen Untersuchung bahnen wird, da es ohne Zweifel eine sehr wichtige Frage ist: wie Kräfte, die als von einem und demselben Punkt auswirkend gedacht werden, in entgegengesetzter Richtung wirken können.

Die eine der beiden Tätigkeiten wurde angenommen als ursprünglich aufs positiv Unendliche gehend. Aber im Unendlichen ist keine Richtung. Denn Richtung ist Determination, Determination aber = Negation. Die positive Tätigkeit wird also im Produkt erscheinen müssen als eine an sich völlig richtungslose, und eben deswegen nach allen Richtungen gehende Tätigkeit. Es muß aber wiederum bemerkt werden, daß jene nach allen Richtungen gehende Tätigkeit auch nur auf dem Standpunkt der Reflexion als solche unterschieden wird, denn im Moment des Produzierens wird die Tätigkeit von ihrer Richtung überall nicht unterschieden, und wie das Ich selbst diese Unterscheidung mache, wird Objekt einer besonderen Aufgabe sein. Es fragt sich nun:[115] durch welche Richtung sich die der positiven entgegengesetzte Tätigkeit im Produkt unterscheiden werde. Was sich zum voraus erwarten läßt, daß wenn die positive alle Richtungen in sich vereinigt, diese nur Eine Richtung haben werde, läßt sich streng beweisen. – Im Begriff der Richtung wird auch der Begriff der Expansivität gedacht. Wo keine Expansivität, ist auch keine Richtung. Da nun die negative Kraft der Expansivkraft absolut entgegengesetzt ist, so muß sie erscheinen als eine Kraft, die aller Richtung entgegenwirkt, die also, wenn sie uneingeschränkt wäre, eine absolute Negation aller Richtung im Produkt sein würde. Aber die Negation aller Richtung ist die absolute Grenze, der bloße Punkt. Jene Tätigkeit wird also erscheinen als eine solche, welche alle Expansion auf den bloßen Punkt zurückzubringen bestrebt ist. Dieser Punkt wird ihre Richtung andeuten, sie wird also nur die Eine Richtung gegen diesen Punkt haben. Man denke sich die Expansivkraft als vom gemeinschaftlichen Mittelpunkt C aus nach allen Richtungen CA, CB usw. wirkend, so wird dagegen die negative oder Attraktivkraft von allen Richtungen her gegen den Einen Punkt C zurückwirken. – Es gilt aber auch von dieser Richtung wieder, was von den Richtungen der positiven Kraft erinnert wurde. Tätigkeit und Richtung sind auch hier absolut: Eins, das Ich selbst unterscheidet sie nicht.

Ebensowenig als die Richtungen der positiven und negativen Tätigkeit von den Tätigkeiten selbst unterschieden werden, werden auch jene Richtungen voneinander unterschieden. Wie das Ich dazu komme, diese Unterscheidung zu machen, durch welche es zuerst den Raum als Raum, die Zeit als Zeit unterscheidet, ist Gegenstand einer späteren Untersuchung.

3. Die wichtigste Frage, die uns jetzt noch in Ansehung des Verhältnisses der beiden Kräfte übrig ist, ist die: wie denn in einem und demselben Subjekt Tätigkeiten von entgegengesetzten Richtungen vereinigt sein können. Wie zwei von verschiedenen Punkten ausgehende Kräfte in entgegengesetzten Richtungen wirken können, ist begreiflich; nicht so leicht, wie zwei Kräfte, die von einem und demselben Punkt ausgehen. Wenn CA, CB usw. die Linien sind, in welchen die positive Kraft wirkt, so wird dagegen[116] die negative Kraft in der entgegengesetzten Richtung, also in den Richtungen AC, BC usw. wirken müssen. Nun lasse man die positive Kraft in A begrenzt werden, so würde die negative, wenn sie, um auf den Punkt A zu wirken, erst alle Zwischenpunkte zwischen C und A durchlaufen müßte, von der Expansivkraft schlechterdings nicht unterscheidbar sein, denn sie würde ganz in derselben Richtung mit dieser wirken. Da sie nun in der entgegengesetzten Richtung mit der positiven wirkt, so wird auch das umgekehrte für sie gelten, d.h. sie wird unmittelbar, und ohne die einzelnen Punkte zwischen C und A zu durchlaufen, auf den Punkt A wirken, und die Linie A begrenzen.

Wenn also die Expansivkraft nur in Kontinuität wirkt, so wird dagegen die Attraktivkraft oder die retardierende Kraft unmittelbar oder in die Ferne wirken.

Das Verhältnis beider Kräfte wäre diesem nach so bestimmt. – Da die negative Kraft unmittelbar auf den Begrenzungspunkt wirkt, so wird innerhalb des Begrenzungspunkts nichts als Expansivkraft sein, jenseits dieses Punkts aber wird die in der entgegengesetzten Richtung der Expansivkraft (obgleich von demselben Punkte aus) wirkende Attraktivkraft ihre Wirkung notwendig ins Unendliche erstrecken.

Denn da sie eine Kraft ist, welche unmittelbar wirkt, und es für sie keine Ferne gibt, so muß sie gedacht werden, als in alle Weite, mithin ins Unendliche wirkend.

Das Verhältnis der beiden Kräfte ist also jetzt dasselbe, wie das der objektiven und subjektiven Tätigkeit jenseits der Produktion. – So wie die innerhalb der Grenze gehemmte und die über die Grenze hinaus ins Unendliche gehende Tätigkeit nur die Faktoren der produktiven Anschauung sind, so sind auch die durch die gemeinschaftliche (beiden schlechthin zufällige) Grenze geschiedene Repulsiv- und Attraktivkraft (deren jene innerhalb des Grenzpunkts gehemmt ist, diese aber ins Unendliche geht, indem die ihr mit der Repulsivkraft gemeinschaftliche Grenze auch nur Grenze für sie ist in bezug auf jene) nur die Faktoren zur Konstruktion der Materie, nicht das Konstruierende selbst.

Das Konstruierende kann nur eine dritte Kraft sein, welche die[117] synthetische beider ist und der synthetischen Tätigkeit des Ichs in der Anschauung entspricht. Es war nur vermöge dieser dritten synthetischen Tätigkeit zu begreifen, wie die beiden Tätigkeiten als einander absolut entgegengesetzt in einem und demselben identischen Subjekt gesetzt werden konnten. Die Kraft, welche dieser Tätigkeit im Objekt entspricht, wird also diejenige sein, vermöge welcher jene beiden sich schlechthin entgegengesetzten Kräfte in einem und demselben identischen Subjekt gesetzt werden.

(Kant, in seinen metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft, nennt die Attraktivkraft eine durchdringende Kraft, allein dies geschieht nur aus dem Grunde, weil er die Attraktivkraft schon als Schwerkraft [also nicht rein] betrachtet, deswegen er auch nur zweier Kräfte zur Konstruktion der Materie bedarf, indes wir deren drei als notwendig deduzieren. – Die Attraktivkraft rein, d.h. als bloßer Faktor der Konstruktion, gedacht, ist zwar eine unmittelbar in die Ferne wirkende, nicht aber durchdringende Kraft, denn es ist nichts zu durchdringen, wo nichts ist. Die durchdringende Eigenschaft erlangt sie erst dadurch, daß sie in die Schwerkraft aufgenommen wird. Die Schwerkraft selbst ist nicht identisch mit der Attraktivkraft, obgleich diese notwendig in sie mit eingeht. Die Schwerkraft ist auch nicht eine einfache Kraft, wie diese, sondern, wie aus der Deduktion erhellt, eine zusammengesetzte Kraft.)

Durch die Schwerkraft erst, die eigentlich produktive und schöpferische, wird die Konstruktion der Materie vollendet, und es bleibt uns jetzt nichts übrig, als aus dieser Konstruktion die hauptsächlichsten Folgesätze zu ziehen.


Folgesätze

Es ist eine Forderung, welche an eine transzendentale Untersuchung mit allem Recht gemacht werden kann, zu erklären, warum die Materie notwendig als nach drei Dimensionen ausgedehnt angeschaut werden muß, wovon, soviel uns bekannt ist, bis jetzt keine Erklärung versucht worden ist; wir halten es daher für notwendig, die Deduktion der drei Dimensionen der Materie unmittelbar aus den drei Grundkräften, welche zur Konstruktion der Materie gehören, hier beizufügen.[118]

Nach den vorhergehenden Untersuchungen müssen in der Konstruktion der Materie drei Momente unterschieden werden.

a) Der erste Moment ist der, wo die beiden entgegengesetzten Kräfte als in einem und demselben Punkt vereinigt gedacht werden. Von diesem Punkt aus wird die Expansivkraft nach allen Richtungen wirken können, welche Richtungen aber nur mittelst der entgegengesetzten Kraft unterschieden werden, die allein den Grenz- also auch den Richtungspunkt gibt. Diese Richtungen sind aber nicht etwa mit Dimensionen zu verwechseln, denn die Linie hat, nach welcher Richtung sie auch gezogen werde, immer nur Eine Dimension, nämlich die der Länge. Die negative Kraft gibt der an sich richtungslosen Expansivkraft die bestimmte Direktion. Nun ist aber bewiesen worden, die negative Kraft wirke nicht mittelbar, sondern unmittelbar auf den Grenzpunkt. Setzt man also, es wirke von dem Punkt C, als gemeinschaftlichem Sitz beider Kräfte, aus die negative Kraft unmittelbar auf den Grenzpunkt der Linie, der vorerst noch ganz unbestimmt bleiben kann, so wird wegen ihrer Wirkung in die Ferne bis zu einer gewissen Entfernung von C schlechterdings nichts von der negativen Kraft angetroffen werden, sondern nur die positive herrschend sein, alsdann aber wird in der Linie irgend ein Punkt A kommen, wo beide Kräfte, die positive und die in der entgegengesetzten Richtung kommende negative, miteinander im Gleichgewicht stehen, welcher Punkt also weder positiv noch negativ, sondern völlig indifferent sein wird. Von diesem Punkt an wird die Herrschaft der negativen Kraft zunehmen, bis sie an irgend einem bestimmten Punkte, B, das Übergewicht erlangt, an welchem also bloß die negative Kraft herrschend sein, und wo eben deswegen die Linie schlechthin begrenzt wird. Der Punkt A wird der gemeinschaftliche Grenzpunkt beider Kräfte, B aber der Grenzpunkt der ganzen Linie sein.

Die drei Punkte, welche in der eben konstruierten Linie sich befinden, C, von welchem an bis zu A nur die positive Kraft herrschend ist, A, welcher ein bloßer Gleichgewichtspunkt beider Kräfte ist, endlich B, wo nur die negative Kraft herrschend ist, sind dieselben, welche noch am Magnet unterschieden werden.[119]

Es ist also, ohne daß wir es beabsichtigst hätten, zugleich mit der ersten Dimension der Materie, der Länge, auch der Magnetismus deduziert worden, woraus sich nun mehrere wichtige Folgen ziehen lassen, deren weitere Ausführung in diesem Werk nicht gegeben werden kann. Es erhellt z.B. aus dieser Deduktion, daß wir in den magnetischen Erscheinungen die Materie noch im ersten Moment der Konstruktion, wo die beiden entgegengesetzten Kräfte in einem und demselben Punkt vereinigt sind, erblicken; daß sonach der Magnetismus nicht die Funktion einer einzelnen Materie, sondern eine Funktion der Materie überhaupt, also eine wirkliche Kategorie der Physik ist; daß jene drei Punkte, welche uns die Natur am Magnet aufbewahrt hat, indes sie in den andern Körpern verwischt sind, nichts anderes als die a priori abgeleiteten drei Punkte sind, welche zur reellen Konstruktion der Länge gehören; daß also der Magnetismus überhaupt das allgemein Konstruierende der Länge ist, usw. Ich bemerke nur noch, daß uns diese Deduktion auch einen Aufschluß über das Physische des Magnetismus gibt, den man durch Experimente vielleicht nie hätte finden können, nämlich, daß der positive Pol (oben der Punkt C) der Sitz beider Kräfte ist. Denn daß uns – M nur an dem entgegengesetzten Punkt B erscheint, ist notwendig, da die negative Kraft nur in der Ferne wirken kann. Dieses Eine vorausgesetzt, sind die drei Punkte in der magnetischen Linie notwendig. Umgekehrt das Dasein dieser drei Punkte im Magnet beweist, daß die negative Kraft eine in die Ferne wirkende Kraft ist, so wie die ganze Koinzidenz unsrer a priori konstruierten Linie mit der des Magnets die Richtigkeit unsrer ganzen Deduktion beweist.

b) In der eben konstruierten Linie ist der Punkt B der Grenzpunkt der Linie überhaupt, A der gemeinschaftliche Grenzpunkt beider Kräfte. Durch die negative Kraft ist überhaupt eine Grenze gesetzt; wird nun die negative Kraft als Grund der Begrenztheit selbst begrenzt, so entsteht eine Begrenztheit der Begrenztheit, und diese fällt in den Punkt A, die gemeinschaftliche Grenze beider Kräfte.

Da die negative Kraft ebenso gut unendlich ist als die positive, so wird die Grenze in A für sie ebenso zufällig sein wie für die positive Kraft.[120]

Wenn aber A beiden Kräften zufällig ist, so kann die Linie C A B auch gedacht werden als getrennt in die zwei Linien, C A und A B, die durch die Grenze A voneinander geschieden sind.

Dieser Moment, welcher die beiden entgegengesetzten Kräfte als völlig außereinander und durch die Grenze geschieden vorstellt, ist der zweite in der Konstruktion der Materie, und derselbe, welcher in der Natur durch die Elektrizität repräsentiert wird. Denn wenn ABC einen Magnet vorstellt, dessen positiver Pol A, der negative C, der Nullpunkt B ist, so entsteht mir das Schema der Elektrizität unmittelbar dadurch, daß ich jenen Einen Körper in A B und B C getrennt vorstelle, deren jeder die eine der beiden Kräfte ausschließend repräsentiert. Der strenge Beweis aber für jene Behauptung ist folgender.

Solange die beiden entgegengesetzten Kräfte in einem und demselben Punkte vereinigt gedacht werden, kann nichts entstehen als die oben konstruierte Linie, weil durch die negative Kraft die Richtung der positiven so bestimmt ist, daß sie schlechthin nur nach dem Einen Punkte gehen kann, in welchen die Grenze fällt. Das Gegenteil wird also geschehen, sobald beide Kräfte außereinander sind. Es sei der Punkt C, in welchem beide Kräfte vereinigt sind. Man denke sich diesen Punkt als ruhend, so sind rings um diesen Punkt eine unzählige Menge von Punkten, nach welchen er, wenn er bloß mechanisch beweglich wäre, sich bewegen könnte. Nun ist aber in diesem Punkt eine Kraft, welche nach allen diesen Richtungen zugleich gehen kann, nämlich die ursprünglich richtungslose, d.h. aller Richtungen fähige Expansivkraft. Diese Kraft wird also allen diesen Richtungen zugleich, aber in jeder einzelnen Linie, die sie beschreibt, doch unveränderlich, nur dieser Einen Richtung folgen können, solange die negative Kraft nicht von ihr getrennt ist; sie wird also auch nach allen Richtungen nur in der reinen Dimension der Länge wirken. Das Gegenteil wird geschehen, sobald beide Kräfte völlig außereinander sind. Sowie nämlich der Punkt C sich bewegt (er bewege sich z.B. in der Richtung C A), ist er in der nächsten Stelle schon, in welche er tritt, wieder von unzähligen Punkten umgeben, nach welchen allen er sich bewegen kann. Die jetzt ganz ihrer Tendenz nach allen Richtungen sich[121] zu verbreiten überlassene Expansivkraft wird also von jedem Punkte der Linie CA aus wieder nach allen Richtungen Linien werfen, welche mit der Linie CA Winkel bilden, und also zur Dimension der Länge die der Breite hinzubringen. Dasselbe gilt aber auch von allen den Linien, welche der noch als ruhend angenommene Punkt C nach den übrigen Richtungen ausstrahlt, keine dieser Linien wird also jetzt noch eine reine Länge vorstellen.

Daß nun dieser Moment der Konstruktion in der Natur durch die Elektrizität repräsentiert werde, erhellt daraus, daß sie nicht, wie der Magnetismus, bloß in der Länge wirkt, die Länge sucht und von ihr geleitet wird, sondern zu der reinen Länge des Magnetismus die Dimension der Breite hinzubringt, indem sie sich in einem Körper, dem sie mitgeteilt wird, über die ganze Oberfläche verbreitet; daß sie aber ebensowenig wie jener in die Tiefe wirkt, sondern, wie bekannt, bloß Länge und Breite sucht.

c) So gewiß die beiden jetzt völlig getrennten Kräfte ursprünglich Kräfte eines und desselben Punkts sind, so gewiß muß durch die Entzweiung ein Streben in beiden entstehen sich wieder zu vereinigen. Dies kann aber nur vermittelst einer dritten Kraft geschehen, welche in die beiden entgegengesetzten Kräfte eingreifen, und in welcher diese sich durchdringen können. Diese wechselseitige Durchdringung beider Kräfte mittelst einer dritten erst gibt dem Produkt die Undurchdringlichkeit, und bringt mit dieser Eigenschaft zu den beiden ersten Dimensionen die dritte, nämlich die Dicke hinzu, wodurch erst die Konstruktion der Materie vollendet wird.

Im ersten Moment der Konstruktion waren die beiden Kräfte, obgleich in Einem Subjekt vereinigt, doch getrennt, so wie in der oben konstruierten Linie CAB von C bis A nur positive, von A bis B nur negative Kraft ist; im zweiten sind sie sogar an verschiedene Subjekte verteilt. Im dritten Momente werden beide zu einem gemeinschaftlichen Produkt so vereinigt sein, daß in dem ganzen Produkt nicht ein Punkt ist, in welchem nicht beide Kräfte zugleich wären, dergestalt, daß jetzt das ganze Produkt indifferent ist.[122]

Dieser dritte Moment der Konstruktion ist in der Natur durch den chemischen Prozeß bezeichnet. Denn daß durch die zwei Körper im chemischen Prozeß nur der ursprüngliche Gegensatz der beiden Kräfte repräsentiert wird, ist dadurch offenbar, daß sie sich wechselseitig durchdringen, welches nur von Kräften gedacht werden kann. Daß aber durch beide Körper der ursprüngliche Gegensatz repräsentiert werde, ist wiederum nicht denkbar, ohne daß in jedem Körper die eine von beiden Kräften das absolute Übergewicht erlange.

So wie durch die dritte Kraft, in welcher die beiden Entgegengesetzten sich so durchdringen, daß das ganze Produkt in jedem Punkt Attraktiv- und Repulsivkraft zugleich ist, zu den beiden ersten Dimensionen die dritte erst hinzukommt, ebenso ist der chemische Prozeß die Ergänzung der beiden ersten, von welchen jener nur die Länge, der zweite nur Länge und Breite sucht, bis endlich der chemische Prozeß nach allen drei Dimensionen zugleich wirkt, in welchem eben deswegen auch allein eine wirkliche Durchdringung möglich ist.

Es läßt sich, wenn die Konstruktion der Materie diese drei Momente durchläuft, a priori erwarten, daß diese drei Momente an einzelnen Naturkörpern auch mehr oder weniger unterscheidbar sein werden; es läßt sich sogar a priori die Stelle der Reihe bestimmen, an welcher irgend einer jener Momente besonders hervortreten oder verschwinden muß, z.B. daß der erste Moment nur an den starrsten Körpern unterscheidbar, dagegen an den flüssigen schlechthin unerkennbar sein müsse, welches sogar ein Prinzip a priori für die Unterscheidung der Naturkörper, z.B. in flüssige und feste, und ihrer Ordnung untereinander abgibt.

Wenn man statt des spezielleren Ausdrucks chemischer Prozeß, worunter überhaupt jeder Prozeß, insofern er ins Produkt übergeht, verstanden wird, einen allgemeinen sucht, so wird man vorzüglich darauf aufmerken müssen, daß nach den bisher abgeleiteten Grundsätzen die Bedingung des reellen Produkts überhaupt eine Triplizität von Kräften ist, daß also a priori in der Natur ein Prozeß gesucht werden muß, in welchem vor andern diese Triplizität der Kräfte erkennbar ist. Ein solcher ist der Galvanismus,[123] welches nicht ein einzelner Prozeß, sondern der allgemeine Ausdruck für alle ins Produkt übergehenden Prozesse ist.


Allgemeine Anmerkung zu der ersten Epoche

Es wird wohl kein Leser sein, welcher nicht im Verlauf der Untersuchung folgende Bemerkung gemacht hätte.

In der ersten Epoche des Selbstbewußtseins ließen sich drei Akte unterscheiden, diese drei Akte scheinen sich in den drei Kräften der Materie und in den drei Momenten ihrer Konstruktion wiederzufinden. Diese drei Momente der Konstruktion geben uns drei Dimensionen der Materie, und diese drei Stufen des dynamischen Prozesses. Es ist sehr natürlich auf den Gedanken zu kommen, daß unter diesen verschiedenen Formen immer nur eine und dieselbe Triplizität wiederkehre. Um diesen Gedanken zu entwickeln, und den indes bloß vermuteten Zusammenhang vollständig einzusehen, wird eine Vergleichung jener drei Akte des Ichs mit den drei Momenten in der Konstruktion der Materie nicht unnütz sein.

Die Transzendental-Philosophie ist nichts anderes als ein beständiges Potenzieren des Ichs, ihre ganze Methode besteht darin, das Ich von einer Stufe der Selbstanschauung zur andern bis dahin zu führen, wo es mit allen den Bestimmungen gesetzt wird, die im freien und bewußten Akt des Selbstbewußtseins enthalten sind.

Der erste Akt, von welchem die ganze Geschichte der Intelligenz ausgeht, ist der Akt des Selbstbewußtseins, insofern er nicht frei, sondern noch unbewußt ist. Derselbe Akt, welchen der Philosoph gleich anfangs postuliert, als bewußtlos gedacht, gibt den ersten Akt unsers Objekts, des Ichs.

In diesem Akt ist das Ich für uns zwar, aber nicht für sich selbst Subjekt und Objekt zugleich, es stellt gleichsam jenen in der Konstruktion der Materie bemerkten Punkt vor, in welchem die beiden Tätigkeiten, die ursprünglich unbegrenzte und die begrenzende, noch vereinigt sind.[124]

Das Resultat dieses Akts ist abermals nur für uns, nicht für das Ich selbst, ein Begrenztwerden der objektiven durch die subjektive Tätigkeit. Die begrenzende Tätigkeit aber als eine in die Ferne wirkende, selbst unbegrenzbare, muß notwendig gedacht werden als über den Begrenzungspunkt hinausstrebend.

Es sind also in diesem ersten Akt ganz dieselben Bestimmungen enthalten, durch welche auch der erste Moment der Konstruktion der Materie ausgezeichnet ist.

In diesem Akt entsteht wirklich eine gemeinschaftliche Konstruktion aus dem Ich als Objekt und als Subjekt, aber diese Konstruktion ist nicht für das Ich selbst da. Dadurch wurden wir auf einen zweiten Akt getrieben, welcher ein Selbstanschauen des Ichs in jener Begrenztheit ist. Da das Ich sich des Gesetztseins der Begrenztheit durch sich selbst nicht bewußt werden kann, so ist jenes Anschauen nur ein Finden, oder ein Empfinden. Da also das Ich in diesem Akt sich seiner eignen Tätigkeit, durch welche es begrenzt ist, nicht bewußt wird, so ist zugleich und unmittelbar mit dem Empfinden auch der Gegensatz zwischen dem Ich und dem Ding an sich nicht für das Ich, wohl aber für uns gesetzt.

Auf andere Ausdrücke gebracht, heißt dies ebenso viel als: In diesem zweiten Akt trennen sich, nicht für das Ich, aber für uns, die beiden ursprünglich in ihm vereinigten Tätigkeiten in zwei völlig verschiedene und außereinander befindliche Tätigkeiten, nämlich in die des Ichs auf der einen und die des Dings auf der andern Seite. Die Tätigkeiten, welche ursprünglich Tätigkeiten eines identischen Subjekts sind, verteilen sich an verschiedene Subjekte.

Daraus erhellt, daß der zweite Moment, den wir in der Konstruktion der Materie annehmen, nämlich der Moment, wo die beiden Kräfte Kräfte verschiedener Subjekte werden, für die Physik ganz dasselbe ist, was jener zweite Akt der Intelligenz für die Transzendental-Philosophie ist. Auch ist jetzt offenbar, daß schon mit dem ersten und zweiten Akt die Anlage zur Konstruktion der Materie gemacht wird, oder daß das Ich, ohne es zu wissen, schon vom ersten Akt an auf die Konstruktion der Materie gleichsam ausgeht.[125]

Eine andere Bemerkung, welche uns die Identität des Dynamischen und Transzendentalen noch näher zeigt, und in dem von dem gegenwärtigen Punkt aus sich erstreckenden weitgehenden Zusammenhang einen Blick werfen läßt, ist folgende. Jener zweite Akt ist der Akt der Empfindung. Was ist denn nun das, was uns durch Empfindung zum Objekt wird ? Nichts anderes als Qualität. Aber alle Qualität ist nur Elektrizität, ein Satz, der in der Naturphilosophie bewiesen wird. Aber Elektrizität eben ist das, wodurch in der Natur jener zweite Moment in der Konstruktion bezeichnet ist. Man könnte also sagen, daß, was in der Intelligenz die Empfindung ist, in der Natur die Elektrizität sei.

Die Identität des dritten Akts mit dem dritten Moment der Konstruktion der Materie bedarf wirklich keines Beweises. Es ist also offenbar, daß das Ich, indem es die Materie konstruiert, eigentlich sich selbst konstruiert. Der dritte Akt ist derjenige, wodurch das Ich sich als empfindend zum Objekt wird. Dies ist aber abgeleitetermaßen nicht möglich, ohne daß die beiden vorher völlig getrennten Tätigkeiten in einem und demselben identischen Produkt dargestellt werden. Dieses Produkt, welches die Materie ist, ist also eine vollständige Konstruktion des Ichs, nur nicht für das Ich selbst, welches noch mit der Materie identisch ist. Wenn das Ich im ersten Akte nur als Objekt, im zweiten nur als Subjekt angeschaut wird, so wird es in diesem als beides zugleich zum Objekt, versteht sich für den Philosophen, nicht für sich selbst. Für sich selbst wird es in diesem Akt nur als Subjekt zum Objekt. Daß es nur als Materie erscheint, ist notwendig, da es in diesem Akt zwar Subjekt-Objekt ist, aber ohne sich als solches anzuschauen. Der Begriff des Ichs, von welchem der Philosoph ausgeht, ist der Begriff eines Subjekts-Objekts, das seiner selbst als eines solchen bewußt ist. Ein solches ist die Materie nicht; durch dieselbe wird sich also auch das Ich nicht als Ich zum Objekt. Nun ist aber die Transzendental-Philosophie erst dann vollendet, wenn das Ich sich selbst ebenso zum Objekt wird, wie es dem Philosophen wird. Also kann auch der Kreis dieser Wissenschaft mit der gegenwärtigen Epoche nicht geschlossen sein.

Das Resultat der bis jetzt angestellten Vergleichung ist, daß die[126] drei Momente in der Konstruktion der Materie den drei Akten in der Intelligenz wirklich entsprechen. Wenn also jene drei Momente der Natur eigentlich drei Momente in der Geschichte des Selbstbewußtseins sind, so ist offenbar genug, daß wirklich alle Kräfte des Universums zuletzt auf vorstellende Kräfte zurückkommen, ein Satz, auf welchem der Leibnizische Idealismus beruht, der, gehörig verstanden, vom transzendentalen in der Tat nicht verschieden ist. Wenn Leibniz die Materie den Schlafzustand der Monaden, oder wenn sie Hemsterhuis den geronnenen Geist nennt, so liegt in diesen Ausdrücken ein Sinn, der sich aus den jetzt vorgetragenen Grundsätzen sehr leicht einsehen läßt. In der Tat ist die Materie nichts anderes als der Geist im Gleichgewicht seiner Tätigkeiten angeschaut. Es braucht nicht weitläufig gezeigt zu werden, wie durch diese Aufhebung alles Dualismus oder alles reellen Gegensatzes zwischen Geist und Materie, indem diese selbst nur der erloschene Geist, oder umgekehrt jener die Materie, nur im Werden erblickt, ist, einer Menge verwirrender Untersuchungen über das Verhältnis beider ein Ziel gesetzt wird.

Ebenso wenig bedarf es einer weitem Auseinandersetzung, um zu zeigen, daß diese Ansicht zu weit höheren Begriffen über das Wesen und die Dignität der Materie führt, als alle anderen, z.B. die atomistische, welche die Materie aus Atomen zusammensetzt, ohne daran zu denken, daß wir dadurch ihrem eigentlichen Wesen um keinen Schritt näher kommen, indem die Atomen selbst nur Materie sind.

Die a priori abgeleitete Konstruktion der Materie gibt die Grundlage zu einer allgemeinen Theorie der Naturerscheinungen, in welcher man Hoffnung hat, sich aller Hypothesen und Erdichtungen entschlagen zu können, deren die atomistische Physik nie aufhören wird zu bedürfen. Ehe der atomistische Physiker nur wirklich bis zur Erklärung einer Naturerscheinung kommt, ist er genötigt eine Menge Voraussetzungen zu machen, z.B. von Materien, denen er ganz willkürlich und ohne den geringsten Beweis eine Menge Eigenschaften zuschreibt, bloß deswegen, weil er gerade diese, und keine andern, zur Erklärung brauchen kann. Da es einmal ausgemacht ist, daß die letzten Ursachen der natürlichen Erscheinungen durch Hilfe der Erfahrungen niemals erforscht[127] werden können, so bleibt nichts übrig, als entweder überall darauf Verzicht zu tun sie zu kennen, oder dieselben gleich der atomistischen Physik zu erdichten, oder aber sie a priori aufzufinden, welches die einzige Quelle eines Wissens ist, die uns außer der Erfahrung übrig bleibt.

Quelle:
Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Werke. Band 2, Leipzig 1907, S. 73-128.
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