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[384] Wie man eine fremde Frau durch solche Hilfsmittel beschläft, so kann auch ein anderer unsere Frauen beschlafen: darum wird jetzt das Beschützen der Frauen behandelt. Der Zweck hierbei ist, anzugeben, wie man seine Frauen bewachen soll. So sagt (der Verfasser):
Vor diesen Gelegenheiten eben beschütze man seine eignen Frauen.
»Vor diesen Gelegenheiten«: vor den Männern, die so vom Glücke begünstigt werden. Aus welchen Gründen, z.B. dem Aufenthalte an der Türgegend usw., die Erreichung durch bloßes Umwerben ermöglicht wird; ferner das Anknüpfen der Bekanntschaft, das Umwerben, die Befugnisse der Botin, das Liebesleben großer Herren und das Treiben der Frauen im Harem: davor bewahre man sie. Dabei ist das erste Mittel, daß man eine Wache aufstellt. So sagt (der Verfasser):
Man setze über den Harem Wächter, die von den Anfechtungen der Liebe frei sind, lehren die Meister. Die könnten ja aber aus Furcht oder gegen Entgelt einen andern einlassen: darum lehrt Goṇi kāputra, Leute, die von den Anfechtungen der Liebe, der Furcht und der Bestechung frei sind. Nichts Böses sinnt die Tugend: aber auch diese gibt man wohl aus Furcht auf: deshalb nehme man Leute, die von den Anfechtungen der Tugend und der Furcht frei sind: so lehrt Vātsyāyana.
»Anfechtungen der Liebe«: Leute, die frei sind von den Anfechtungen auf dem Gebiete der Liebe. – »Die könnten ja aber«, wenn sie selbst auch, frei von den Versuchungen der Liebe, nicht Unzucht treiben, doch »aus Furcht« und Habgier[384] »einen andern einlassen«, d.h., da diese Unlauterkeit möglich ist, nehme man eben solche Leute. – Ein von den Versuchungen der Tugend reiner Mann beschläft keine fremde Frau und begeht auch aus Geldgier keinen Verrat an seinem Herrn; aber »aus Furcht« läßt man wohl die Tugend (bisweilen) unbeachtet.
Manche sagen, ein Mittel, seine Frauen zu bewachen, sei es auch, sie auf die Probe zu stellen. So sagt der Verfasser:
Um die Lauterkeit oder Unlauterkeit seiner eignen Frauen zu ergründen, prüfe man sie durch Fragen, die die Reden anderer überbringen und deren Wesen geheim ist; so sagen die Anhänger des Bābhravya. – Da aber Böses bei jungen Frauen leicht Erfolg hat, so soll man nicht törichterweise die Verführung Unschuldiger begünstigen. So lehrt Vātsyāyana.
»Die Reden anderer«: ›Der und der ist in dich verliebt!‹ Er sagte also: »Bringe mir diese Lebensgleiche!« – »Deren Wesen geheim ist«: die Frau weiß nicht, daß die Betreffende von dem Gatten angestiftet ist. Mit einer solchen »prüfe man sie«, stelle sie auf die Probe. – »Lauterkeit«, ist bekannt bei einer, der man vertraut; »Unlauterkeit« bei einer, der man nicht vertraut. »Böses«, d.h., die Ursachen des Unterganges. Solcher Meinung ist man. Denn es verhält sich so: ein junger Mann stellt wohl Prüfungen an, mögen Ursachen des Verderbens vorliegen oder nicht. Im ersten Falle mag er die der Verführung Ausgesetzten verdächtigen, im anderen aber nicht. So sagt (der Verfasser): »Nicht törichterweise«, d.h., wo keine Ursachen des Verderbens vorhanden sind. Das wäre das Reinigen eines Unschuldigen: die Läuterung eines Lauteren aber ist verkehrt. So heißt es: »Man unternehme nicht die Läuterung eines ganz besonders reinen Wassers; ein weit Entfernter findet bisweilen überhaupt kein solches Genußmittel!« – Darum werden nun die Ursachen des Verderbens aufgezählt, von denen sie fernzuhalten sind. Diese nennt (der Verfasser):
Schwatzhaftigkeit, Zügellosigkeit, des Gatten Ausgelassenheit; freies Benehmen in Gegenwart von Männern; Leben während der Reise; Aufenthalt in unwirtlicher Gegend; Schädigung der eignen Existenzmittel; Verkehr mit zügellosen Weibern und die Eifersucht des Gatten sind die Ursachen des Verderbens der Frauen.
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»Schwatzhaftigkeit«, Unterhaltung mit Weibern. – »Des Gatten Ausgelassenheit«, wenn der Gatte ein zügelloses Leben führt. – »Freies Benehmen«, Mangel an Beherrschung; »in Gegenwart von (irgend welchen) Männern.« – »Leben während der Reise«: da sie allein leben muß, wenn der Gatte verreist ist. – »Schädigung der Existenzmittel«, Schmälerung der Mittel für den Lebensunterhalt. – »Verkehr mit zügellosen Weibern«, die den Männern nachlaufen. – Entstehung der »Eifersucht« bei dem Gatten: das »sind die Ursachen des Verderbens«. Denn, wenn diese vorhanden sind, ergibt sich auch die Möglichkeit des Gedankens einer Berührung mit fremden Frauen.
(Der Verfasser) sagt, indem er den Inhalt dieses Abschnittes zusammenfaßt:
Wenn einer nach dem Lehrbuche die Mittel übersieht, die in dem Abschnitte über die fremden Weiber gekennzeichnet sind, hat er, als Kenner des Lehrbuches, von Seiten seiner eignen Frauen keinen Betrug zu fürchten.
Da diese Ausführungen nur in bestimmten Fällen gelten, man die Gefahren vor Augen hat und Tugend und Vermögen dabei verkehrt werden, so kümmere man sich nicht um fremde Weiber.
Darum dient jenes Beginnen zum Zwecke des Bewachens der Frauen nur dem Besten der Männer und zum Verdächtigen der Leute: seine Regeln braucht man nicht zu wissen.
»Die in dem Abschnitte über die fremden Weiber gekennzeichnet sind«: die in dem Teile, der über die fremden Weiber handelt, aufgezählt sind, und damit gekennzeichnet. – Wie sollte man sie sonst »nach dem Lehrbuche« betrachten können? – »Da sie nur in bestimmten Fällen gelten«, indem man auch noch andere Ursachen bedenken kann. – »Gefahren«, Schädigungen des Leibes usw. – »Weil dabei ... verkehrt werden«, feindlich gegenüberstehen, so kümmere man sich nicht um die Mittel, die die fremden Weiber zum Ziele haben. Weshalb ist dann also dieser Abschnitt geschrieben worden? Darauf antwortet (der Verfasser): »Darum«, d.h., dieser Gegenstand bildet nämlich keine hauptsächliche Regel.
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