4. Der weisen Könige wirken

[98] Yang Dsï Gü suchte den Lau Dan auf und sprach: »Gesetzt, ein Mensch wäre eifrig und stark, von alldurchdringendem Verstand und allgegenwärtiger Klarheit und unermüdlich im Forschen nach dem SINN: könnte man den mit den weisen Königen (des Altertums) in eine Linie stellen?«

Lau Dan sprach: »Für den Berufenen ist ein solcher Mensch nur ein Knecht und Kärrner, der in allen möglichen Kleinigkeiten seinen Leib abmüht und seine Seele bekümmert. Außerdem zieht das bunte Fell der Tiger und Panther nur die Jäger an; weil die Affen geschickt sind und die Hunde den Wildstier[98] stellen können, darum werden sie an Stricken geführt. Und einem solchen Menschen, der ihnen gleicht: den sollte man mit den weisen Königen in eine Linie stellen können?«

Yang Dsï Gü errötete und sprach: »Darf ich fragen, wie dann die weisen Könige regierten?«

Lau Dan sprach: »Der weisen Könige Wirken war so, daß ihre Werke die ganze Welt erfüllten und doch nicht den Anschein hatten, als gingen sie von ihnen aus. Sie wandelten und beschenkten alle Wesen, und die Leute wußten nichts davon. Ihr Name wurde nicht genannt, und doch machten sie, daß alle Wesen innere Befriedigung hatten. Sie standen im Unmeßbaren und wandelten im Nichtsein.«

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 98-99.
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