13. Einigung und Sonderung

[261] Die wahren Menschen des Altertums folgten ihrer göttlichen Natur und mischten nicht ihr irdisches Bemühen ins Göttliche hinein. Sie kannten Werte, die unabhängig sind von Leben und Tod.

Darum heißt es: Wenn der Wind über den Fluß fährt, tut er ihm Abbruch, wenn die Sonne auf den Fluß scheint, tut sie ihm Abbruch. Aber laß nur Wind und Sonne miteinander ihre Tätigkeit am Flusse ausüben, und der Fluß wird dennoch nichts von ihren schädlichen Wirkungen merken, denn[261] er hat eine Quelle, die ihn speist, und darum fließt er weiter. So stehen Wasser und Erde, Schatten und Körper, ja jedes Ding mit jedem andern in festen Beziehungen. So kommt das Auge durch Scharfsichtigkeit in Gefahr, das Ohr kommt durch Feinhörigkeit in Gefahr, die Seele kommt durch Begierden in Gefahr, ja jede Fähigkeit kommt dadurch in Gefahr, daß man sie zu übertreiben sucht. Wenn diese Gefahren sich verwirklichen, ohne daß man ihnen entgegentritt, so häuft sich das Unglück und mehrt sich immer mehr, und es ist eine harte und langwierige Arbeit, seine Folgen wieder zu beseitigen. Und dabei halten die Menschen diese Dinge noch für ihre wertvollsten Güter. Ist das nicht traurig? So kommt es dazu, daß Reiche zugrunde gehen und Völker geschlachtet werden ohne Aufhören, und kein Mensch fragt nach der wirklichen Ursache.

Quelle:
Dschuang Dsï: Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Düsseldorf/Köln 1972, S. 261-262.
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