Punkt. Punktiren

[929] Punkt. Punktiren. (Kupferstecherkunst)

Der Kupferstecher hat zwey Mittel Zeichnung und Haltung in den Kupferstich zu bringen, entweder thut ers durch Striche, oder durch bloße Punkte. Bisweilen bedienet er sich blos der einen, oder der andern Art; am öftersten aber vereiniget er beyde. Was kühn und lebhaft gezeichnet, in Licht und Schatten stark gehalten werden soll, wird am besten durch Striche bearbeitet; was fein, weich, und mit den sanftesten Schatten gleichsam nur angeflogen seyn soll, wird am leichtesten mit Punkten bearbeitet. Daher viel Kupferstecher die Gesichter und überhaupt das Nakende, besonders, wenn nur schwache Schatten darauf sind, mit bloßen Punkten bearbeiten, das übrige aber mit Strichen und Schraffirungen. [929] Dieses Punktiren ist also eine Art Miniaturstich. Es scheinet aber, daß die größten Kupferstecher das völlige Punktiren eines Haupttheiles, nicht für gut finden; da sie die Punkte blos als ein Hülfsmittel brauchen, die schwachen Schatten hier und da zu verstärken, und ihre Hauptsorgfalt auf die Striche wenden.

Doch hat man auch ganze Stüke, wo nicht blos das Nakende, sondern das Ganze blos punktirt ist, wodurch sie überhaupt sehr sanft werden, ob es ihnen sonst gleich nicht an Kraft fehlet. Dergleichen Stüke hat man von dem französischen Kupferstecher J. Morin. Bekannt sind auch die blos punktirten, mit dem Punzen eingeschlagenen Stüke des J. Lutma, unter die er selbst die Worte opus mallei gesezt hat, um anzuzeigen, daß die Punkte mit dem Hammer eingeschlagen worden.

Man hat ganz runde und auch längliche Punkte, so wie auch die Miniaturmahler, entweder durch blos runde, oder längliche Punkte arbeiten. Einigermaaßen ist auch die so genannte schwarze Kunst eine Kupferstecherey durch irreguläre Punkte.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 929-930.
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