9. Kapitel. Salomo. (um 1015 bis 975.)

[272] Salomos Charakterzüge, seine Weisheit und Dichtungsart. Das Maschal. Überschätzung des Königtums. Hinrichtung Adonijas und Joabs. Abjathars Zurücksetzung und Zadoks Erhebung zum Hohenpriester. Ausdehnung des israelitischen Reiches. Salomos Harem und Ehe mit Psusennes' Tochter. Salomos prachtvolle Hofhaltung. Unterjochung der kanaanitischen Bevölkerung, Frohnarbeit, Vorbereitung zum Bau des Tempels und des Palastes. Salomos Amtleute und Aufhebung der Stammverbände. Gestaltung des Tempels auf Morija und Einweihung. Befestigung Jerusalems und andere Bauten. Salomos Thron. Quellen des Reichtums in Salomos Zeit. Gesellschaft für Ein- und Ausfuhr von Roß und Wagen. Schifffahrt nach Ophir. Verkehrsstraßen. Salomos Beamte.


David hatte das Gemeinwesen Israels so vortrefflich geordnet hinterlassen, daß sein Nachfolger, wenn er nicht ein Schwachkopf oder ein Frevler oder von verderblichen Ratgebern geleitet war, wenig Mühe hatte, die Regierung fortzuführen. Salomo aber tat mehr, er erhob das Land Israel zu einem so hohen, kaum geahnten Glanze, daß die spätesten Geschlechter sich noch in den von der Salomonischen Regierung ausgegangenen Strahlen sonnten. Gewiß, wenn ein König die Macht und das Ansehen eines Staates, wenn auch nicht begründet, so doch erhält, befestigt und vermehrt, wenn er dabei sein Volk die Segnungen des Friedens genießen läßt, wenn er ein Füllhorn von Reichtum über das Land ausstreut, daß dadurch aus der niedrigsten Hütte die Dürftigkeit verscheucht wird, wenn er seinem Volke neue Bahnen zur Entfaltung seiner Kräfte eröffnet und sie mit großen Mitteln fördert, und wenn er endlich noch dazu Einsicht besitzt, auch geistigem Streben Aufschwung zu geben, und auch den Schönheitssinn weckt und fördert, und wenn er durch alle diese materiellen und geistigen Schöpfungen das Land seiner Regierung zu einem Musterstaate erhebt, wie es vor ihm noch niemals und nach ihm nur selten vorkam, so verdient ein solcher König allerdings das volltönende Lob, das ihm die Nachwelt gespendet hat. Von der Größe seiner Leistungen bestochen, drückte sie sogar das [272] Auge vor den Schwächen zu und betrachtete sie als notwendige Folgen menschlicher Unvollkommenheiten. Alle diese großen Züge sind in Salomo nicht zu verkennen. Er hat vor allem seinem Lande den Frieden erhalten, obwohl es ihm mit den Mitteln, die ihm sein Vater hinterlassen hatte, nicht schwer hätte fallen können, neue Eroberungen zu machen. Davon hat er auch seinen Namen – der »Friedenskönig« (Schelomo, Schilo) er halten. Er hat für sein Volk Wohlstand und Lebensbehaglichkeit geschaffen und es dadurch der Gedrücktheit und Eingeengtheit entrissen. Er hat es mit Weisheit und Gerechtigkeit regiert und Streitigkeiten zwischen einzelnen und Stämmen mit Unparteilichkeit geschlichtet. Er hat das Land mit Städten gefüllt und für die Sicherheit der Straßen und der Karawanenzüge Sorge getragen. Er hat die Stadt Jerusalem mit Pracht erfüllt und einen herrlichen Tempel zum Ruhme des Gottes Israels erbaut. Er hat Künste und besonders die Dichtkunst selbst gepflegt und damit dem Leben seines Volkes einen daseinswürdigen Reiz verliehen. Er hat endlich dem Volke große Ziele gesteckt und seinen Blick über die Enge der Zeit hinaus geöffnet. Dafür wird er mit Recht als der weise König gepriesen.

Indessen darf sich die strenge Richterin von den glänzenden Tugenden und Verdiensten nicht blenden lassen, um die Flecken zu übersehen, die seiner Regierung anhafteten. Sie darf nicht verschweigen, daß er, wie jeder Weibgeborene, nicht von Fehlern frei war. Wie will sie sonst den unheilvollen Bruch erklären, der an seinem noch frischen Grabe eingetreten ist? Der Anfang von Salomos Regierung war nicht ohne Blutflecken, und der Ausgang nicht ohne Wolkenzüge, welche ihren Glanz verdunkelten. Seine Prachtliebe hat die Sittlichkeit geschädigt, den Despotismus geschaffen und dem Volke ein Joch aufgelegt, das es zwar lange ertrug, aber bei günstiger Gelegenheit abschüttelte. Salomo hat das Königtum in ein strenges Herrentum verwandelt, unter dem der Wille aller sich dem seinigen beugen mußte. Aber alle diese Flecken werden wieder überstrahlt von der Größe der Schöpfungen unter seiner Regierung. Wie viel Salomos Persönlichkeit Anteil an diesen Fehlern hatte, und wie viel auf Rechnung seiner allzu eifrigen Diener und der zwingenden Notwendigkeit zu setzen ist, welche die Höchstgestellten nicht minder als die Niedrigen in den Strudel anstürmender Mächte hineinreißt, läßt sich nicht mehr unterscheiden. Das ist eben der Fluch, der auf dem Königtume lastet, daß es auch die würdigsten Träger der Krone zur Behauptung ihrer Würde zu Schritten veranlaßt, die ihr Gewissen bei ruhiger Prüfung verdammen würde, und daß die Untaten ihrer Diener auch ihnen zur Last gelegt werden.

[273] Salomo war jung, als er zur Regierung gelangte, vielleicht kaum zwanzig Jahre. Er besaß eine große Seele, die ihr Denken auf das Ziel richtete, Israel angesehen zu machen, sein Wohl zu begründen, ihm Glanz zu verleihen und es zu einem der größten Völker zu erheben. Als er nach seiner Thronbesteigung den großen Altar in Gibeon besuchte, erschien es ihm im Traumgesicht, – so wird erzählt – als wenn Gott ihm nahe gelegt, den innigsten Wunsch seines Herzens zu äußern, der sich ihm unfehlbar erfüllen solle. Er habe nicht langes Leben, nicht Reichtum und Ehre und nicht den Tod seiner Feinde, sondern einen weisen Sinn verlangt, sein Volk mit Gerechtigkeit zu richten. Diese Weisheit, dieses Vermögen in den Seelenzustand und die Stimmungen der vor ihm erschienenen, streitenden Parteien einzudringen, das richtige Sachverhältnis und die Wahrheit aus der Verdunkelung der Rede und Gegenrede sofort zu erkennen, nicht nach dem Augenschein zu richten und nach Wortgeklingel zu entscheiden, besaß der junge König in hohem Grade. Das salomonische Urteil ist bekannt. Durch eine Entscheidung, wodurch das wahre Muttergefühl sich kund geben mußte, erkannte er in einem Streit zwischen zwei Weibern um den Besitz eines Kindes, auf welcher Seite die Wahrheit, und auf welcher die Verstellung war. »Zerschneidet das streitige Kind,« urteilte er, »und gebet davon jeder von ihnen die Hälfte, so wie auch die Hälfte des zu Tode erdrückten Kindes.« Eine echte Mutter konnte eine solche Entscheidung nicht annehmen und leistete lieber auf den Besitz des Kindes Verzicht. Überhaupt lag Salomo Recht und Gerechtigkeit am Herzen1. In seinem Reiche sollte niemand durch Ungerechtigkeit leiden. Wenn der Spruch »durch Gerechtigkeit wird der Thron befestigt«2, auch nicht von ihm stammen sollte, so ist er in seinem Sinne ausgesprochen.

Salomos Weisheit wird auch nach einer andern Seite hin gerühmt, nach seiner Beschäftigung mit der Dichtkunst. Diese bestand zunächst in der Fabeldichtung (Maschal). Er führte die hohen Zedern des Libanon und niedrige Mauerpflanzen, als Bilder des Höchsten und Niedrigsten, die Vierfüßler, hochfliegende Vögel und schleichende Kriechtiere, selbst stumme Fische – redend ein. Jede Fabel hat wohl mit einem zur Lehre dienenden Kernspruche geschlossen. Übertreibend wird erzählt, er habe solcher Fabeln dreitausend gedichtet und noch dazu fünftausend Lieder3 oder Lehrsprüche. Salomo war keinesweges der Erfinder der [274] Fabeldichtung, denn diese ist auch unter den Israeliten schon lange vor ihm gepflegt worden. Jotham, der Sohn des Richters Gideon, hat eine sinnreiche Fabel vom Berge Gerisim zur Warnung des verblendeten Volkes von Sichem hinuntergerufen (o. S. 115). Der Prophet Nathan hat seine Strafrede an David wegen dessen Sünde mit Bathseba in eine Parabel gekleidet (o. S. 237). Allein, wenn Salomo auch nicht Erfinder dieser Dichtungsart war, so gereicht es doch seinem hohen Sinne zum Ruhme, daß er die Muße, welche seine Regierungssorgen ihm ließen, zu ihrer Weiterbildung benutzt hat. Noch nach einer andern Seite äußerte sich Salomos Geistesbegabung. Sie bestand darin, von Personen und Dingen höherer Beziehung nur verhüllt zu sprechen, sie durch Merkmale nur halb anzudeuten und sie erraten zu lassen. Solche Rätsel, in eine poetische Form gegossen, machten als Spiel des Witzes für den Augenblick einen angenehmen Eindruck. Es war damals Sitte, bei Gelagen und Festen das Mahl durch Aufgeben und Lösen witziger Rätsel zu würzen4. Auch Könige verschmähten es nicht, sich mit solchen Witzesspielen zu unterhalten. Salomo besaß demnach einen außergewöhnlichen Geist.

Nichtsdestoweniger hat er manche Fehltritte begangen. Die meisten davon entsprangen aus seiner Überschätzung der Königswürde. Von den Königen der Nachbarstaaten, dem von Tyrus und von Ägypten, mit denen er in regem Verkehr stand, eignete er sich den für einen Sterblichen vermessenen Hochmut an, daß der König Seele, Mittelpunkt und Inbegriff des Staates sei, daß von ihm allein alles ausgehen müsse, daß das Volk wenig oder gar nichts bedeute, daß jede Unternehmung und Handlung nur Wert habe, wenn sie vom Kronenträger gut geheißen sei. Die Person des Königs, der Träger der Majestät, müsse in allem den Ausschlag geben, und sein Wille sei Gesetz. An [275] diesem Steine des Anstoßes strauchelte Salomos Weisheit. Des Propheten Samuel Warnung bei der Wahl eines Königs erfüllte sich mehr noch durch den weisen König als durch dessen Vorgänger.

Unglücklicherweise war Salomo ein jüngerer Sohn, dem die Thronfolge wider das Gewohnheitsgesetz zugefallen war, während sein Bruder Adonija, den eine Partei bereits zum König ausgerufen hatte (o. S. 268), in den Augen der Menge als rechtmäßiger Erbe galt. Solange dieser lebte, war Salomos Regierung nicht fest oder fühlte er sich nicht sicher auf dem Throne. Adonija mußte daher beseitigt werden. Der Anführer der Leibwache Benajahu drang in dessen Haus und tötete ihn. Zur Entschuldigung der blutigen Tat wurde erzählt, Adonija habe um die Hand der jungen Witwe Davids, der schönen Sunamiterin Abischag, angehalten und dadurch seine verräterischen Gedanken zu erkennen gegeben, seinem Bruder den Thron streitig zu machen. Sobald er gefallen war, ahnte Joab, daß ihm, als ehemaligem Parteigänger Adonijas, ein gleiches Geschick bevorstände. Der hochverdiente Feldherr, der so viel zur Machtvergrößerung des Volkes Israel und zum Glanze des Hauses Davids geleistet hatte, eilte hilfeflehend, wie ein Verbrecher, zum Altar auf dem Berge Zion und klammerte sich daran fest, um dem Tode zu entgehen. Benajahu vergoß auch dessen Blut am Altare. Um diese Blutschuld zu beschönigen, wurde verbreitet, David selbst habe auf seinem Totenbette seinem Thronfolger eingeschärft, Joabs greises Haupt nicht in Frieden ins Grab sinken zu lassen, weil er den zwei verdienten Feldherren Abner und Amasa mitten im Frieden sein Schwert in die Brust gestoßen hätte. Benajahu, man weiß nicht, Salomos willenloses Werkzeug oder teuflischer Ratgeber, nahm Joabs Feldherrnamt ein. Joabs Tod erregte Freude unter den Feinden Israels und flößte ihnen den Mut ein, auf Abfall zu sinnen5. Den priesterlichen Parteigänger Adonijas, Abjathar, wagte Salomo doch nicht aus dem Wege zu räumen; er wurde nur seiner Hohenpriesterwürde entkleidet und aus Jerusalem nach Anatot, etwa eine Stunde nordöstlich von der Hauptstadt, verbannt. Zadok ward seitdem alleiniger Hoherpriester, während unter David deren zwei fungierten. Seine Nachkommen behielten das hohepriesterliche Amt länger als ein Jahrtausend, während Abjathars Nachkommen zurückgesetzt wurden. Es gab indessen noch einen Mann, dessen Wühlereien Salomo fürchtete, den Benjaminiten Schimi, welcher David auf der Flucht aus Jerusalem mit Schmähungen überhäuft [276] und später von ihm Verzeihung und Vergessenheit des Geschehenen erhalten hatte. Er hätte möglicherweise eine Empörung anzetteln können, um Salomo zu stürzen und einen der Nachkommen Sauls auf den Thron zu erheben. Salomo befahl ihm daher, damit er leichter überwacht werden könne, seinen beständigen Wohnsitz in Jerusalem zu nehmen und drohte ihm, daß, sobald er das Kidrontal überschreite, um in das Gebiet der Benjaminiten zu gehen, sein Blut auf sein eigenes Haupt kommen werde. Schimi gehorchte und wohnte seitdem in der Hauptstadt. Drei Jahre blieb er unangefochten. Als ihm aber einer seiner Sklaven nach Gath entflohen war, und er sich dahin begeben hatte, um ihn zurückzufordern, rechnete es ihm Salomo als Wortbruch an – obwohl Schimi nicht das Tal Kidron überschritten hatte – und gab Benajahu den Auftrag, auch ihm das Leben zu nehmen. Erst dadurch schien Salomos Regierung sicher und fest zu stehen6. Die Sicherheit wurde durch eine dreifache Bluttat erkauft.

Zugleich war Salomo darauf bedacht, seinen Hof mit außerordentlichem Glanze zu umgeben, wie es einem großen König gezieme, dessen Herrscherwort von der Grenze Ägyptens bis zum Euphrat, von Gaza bis Thapsakus (Thipsach) geachtet wurde. Zum Glanze eines Königs in damaliger Zeit gehörte ein zahlreicher Frauenschwarm. David hatte etwa sechzehn Frauen. Was bedeutete das gegen den Harem der Könige Ägyptens und Phöniziens, deren Hofleben sich Salomo zum Muster genommen hatte? Salomo legte sich deshalb ebenfalls ein stark bevölkertes Frauenhaus an; übertrieben ist angegeben, er habe tausend Frauen – siebenhundert Fürstinnen und dreihundert Kebsen – besessen. Jedenfalls muß er deren in großer Menge gehabt haben, nicht um einer maßlosen Liebe zu genügen, sondern weil es die Sitte oder Unsitte der Könige jener Zeit so mit sich brachte. Seine erste Frau war Naama (die Schöne), eine ammonitische Königstochter, die ihm vielleicht schon David zugeführt hat7. Auch von moabitischen und aramäischen Höfen führte er Frauen heim, selbst Chittiterinnen oder Kanaaniterinnen heiratete er, von den Völkern, deren Ehe nicht dem Gesetze gemäß war8. Es schmeichelte seiner Eigenliebe, daß die Könige [277] rings umher sich mit ihm verschwägerten; zugleich hatte er an diesen Frauen ein Unterpfand des Friedens. Am meisten schmeichelte es seinem Stolze, daß ein ägyptischer König ihm seine Tochter zur Frau gab. Ägypten war damals allerdings durch innere Zwietracht von seiner Höhe gesunken. Eine neue Königsfamilie (die XXI. Königsdynastie) war zur Regierung gelangt, die ihren Sitz in Unterägypten in der Stadt Tanis (Zoan) nahm, also dem Gebiete Israels näher war und ihm Aufmerksamkeit schenkte. Der letzte König dieser ägyptischen Königsfamilie Psusennes, der einen Kriegszug gegen die Philister geführt und das Gebiet von Gaser erobert hatte (o. S. 244), zog es vor, mit dem jungen König von Israel in ein Bundesverhältnis zu treten, gab ihm seine Tochter zur Frau und schenkte ihr diese philistäische Stadt als Mitgift. Salomo glaubte einen geschickten Zug getan zu haben, da durch die Verschwägerung mit Psusennes9 die Macht seines Landes und das Ansehen seines Hauses nur noch mehr gewinnen werde. Es erfolgte aber gerade das Gegenteil; so verblendet sind selbst weise Könige. Psusennes' Tochter wurde selbstverständlich mit der größten Aufmerksamkeit in die israelitische Hauptstadt eingeführt; sie wurde die erste Königin in Salomos Frauenhause. Beschämend schien es ihm, daß er dieser Königin nicht einen Prachtpalast zur Verfügung stellen konnte. Was bedeutete der von David erbaute Zedernpalast auf dem Berge Zion im Vergleich mit den Riesenbauten und Labyrinthpalästen der ägyptischen Könige? Salomo war also darauf bedacht, für die Tochter Pharaos einen ihrer würdigen Palast zu erbauen. Durch die Verbindung mit dem ägyptischen Königshause fanden Neuerungen von großer Tragweite in Israel Eingang. Rosse und Wagen gehörten auch dazu. Mit Hiram, dem Könige von Tyrus, mit dem schon David in freundnachbarlichem Verhältnisse stand, unterhielt Salomo innige Freundschaft. Er scheint auch aus dessen Hause eine Tochter heimgeführt [278] zu haben10. Die enge Verbindung zwischen Salomo und Hiram führte zu weitreichenden Unternehmungen.

Der Besitz eines großen Frauenhauses erforderte eine überaus zahlreiche Dienerschaft. Salomo unterhielt darum eine glänzende Hofhaltung. Den Gesandten der zinsbaren und befreundeten Könige, die nach Jerusalem zu kommen pflegten, um dem König Huldigung und Tribut darzubringen, mußte ein glänzender Empfang zuteil werden. Salomo legte den größten Wert darauf, zu jeder Zeit Pracht zu entfalten. Seine Hofhaltung erforderte daher große Summen. Täglich wurden für seine Tafel und die seiner Hofhaltung gebraucht: zehn Maststiere, zwanzig Weidestiere, hundert Schafe, dreißig Khor (ungefähr 1181/2 Hektoliter) feinsten Weizenmehls und noch einmal so viel gewöhnliches für die Dienerschaft. Außerdem auch Hirsche, Rehe, anderes Wild und gemästete Vögel11. Woher bestritt er diese übermäßigen Ausgaben? Eigene ausgedehnte Ländereien besaß das Königshaus nicht. Daher mußte das Volk die großen Kosten tragen. Das ganze Land wurde in zwölf Teile oder Kreise eingeteilt und über jeden der zwölf Kreise ein Amtmann oder Nezib gesetzt, der den Auftrag und die Pflicht hatte, von den Einwohnern des Bezirks für je einen Monat Naturalienlieferung, Vieh und Weizen für die Tafel und sogar Gerste und Stroh für die Rosse einzutreiben. Diese zwölf Kreise waren nicht nach dem alten engbegrenzten Gebiet der zwölf Stämme geteilt. Die Stammesgebiete wurden vielmehr zerstückelt. Es scheint Absicht in dieser Einteilung gelegen zu haben. Die alte Stammesverfassung und die Gesondertheit sollten aufhören. Das Gebiet Benjamin war zwar zu klein, um noch zerstückelt werden zu können. Vom Gebiete Ephraim dagegen wurden Gebietsteile am Jordan und in der Ebene am Meere losgetrennt. Diese losgetrennten Teile wurden zu einem neuen Kreise zusammengezogen. Noch mehr wurde das Stammgebiet des diesseitigen Manasse zerstückelt; es wurden daraus drei Kreise mit drei Amtleuten oder Steuervögten gebildet. Die Nordstämme blieben ebensowenig in ihren alten Gebietsgrenzen, und die drei jenseitigen Stämme wurden, [279] wie es scheint, in zwei Kreise zusammengezogen. Nur der Stamm Juda, als der bevorzugte und königliche, behielt ungeschmälert sein Gebiet. Über sämtliche zwölf Amtleute war ein Oberbeamter gesetzt, der sie zu überwachen und für die regelmäßige Steuerlieferung zu sorgen hatte12.

Einen erhöhten Glanz entfaltete Salomo durch seine Bauten. Zunächst war er darauf bedacht, dem Gotte Israels in der Hauptstadt des Landes einen prachtvollen Tempel zu errichten. Sein Vater, der sich mit dem Plane eines solchen beschäftigt hatte, war infolge der Kriege und Aufstände während seiner Regierung am Bau verhindert. Salomo nahm ihn dann auf und führte ihn zur Bewunderung der Zeitgenossen und der Nachwelt aus. Es konnte ihm nicht gleichgültig sein, daß in den Nachbarländern, mit deren Herrschern er befreundet war, in Ägypten und Phönizien, für die Götter riesige Tempelbauten bestanden, während in seinem Lande das Heiligtum noch immer in einem Zelte war. Salomo ging demgemäß gleich nach seiner Thronbesteigung daran, Vorbereitungen [280] zum Bau zu treffen. Der Platz war bereits ausgewählt, der Hügel Morija im Nordosten der Stadt, gegenüber dem Stadtteil Millo, wo David beim Aufhören der Pest einen Altar errichtet hatte. Auch Silber und Gold war dazu vorbereitet; aber Baustoffe, Steine und Zedernholz mußten herbeigeschafft werden. Steine gab es allerdings in Hülle und Fülle in der Nähe der Hauptstadt. Aber solche, die zum Bau gebraucht werden konnten, regelmäßige Quadern und Blöcke, mußten erst aus den Felsen unter der Erde ausgehauen werden. Noch heutigen Tages bemerkt man im Norden von Jerusalem ausgedehnte Steinbrüche unter der Erde, die etwa 700 Fuß lang und stellenweise eben so breit sind. Es ist ein Labyrinth von ausgehauenen Kammern; Steinsäulen sind noch stehen geblieben, um die Decke zu tragen13. Aus diesen Steinbrüchen wurden große, regelmäßige Blöcke ausgehauen, um sie teils für den Grundbau des Tempels, teils für die Mauern zu verwenden. Die Quadern für die Wände wurden an den Rändern derart mit Fugen versehen, daß sie ineinander greifen und sich anschließen konnten. Aber woher kamen die vielen Arbeiter für das mühsame Aushauen, Zubereiten und Befördern der Steine? Salomo hatte von seinem Schwiegervater Pharao Psusennes das Mittel gelernt, sich Arbeiter ohne große Kosten zu verschaffen. Im Lande Israel wohnten [281] noch Überreste der kanaanitischen Bevölkerung, welche weder Josua zu unterwerfen vermochte, noch die nachfolgenden Führer ausrotten konnten. Saul hatte wohl begonnen sie zu vermindern; aber wegen seiner Fehden mit David konnte er nicht mit Nachdruck gegen sie verfahren. David hatte sie in Ruhe gelassen, weil sie friedlich mit den Israeliten lebten und verkehrten und ihm im Kriege gegen die Philister und andere Feinde dienten. Je mächtiger die Israeliten wurden, desto weniger konnte diese eingeborene Bevölkerung ihnen schädlich werden. Salomo dagegen erklärte mit einem Male die Überreste der Emoriter, Chittiter, Pherisiter und Chiwwiter, welche um Betschean, in der Ebene Jesreël, im Norden unter den Stämmen Zebulon, Ascher und Naphtali und im Westen im Gebiete von Dan wohnten, auch die Jebusiter, denen David erlaubt hatte, außerhalb Jerusalems zu wohnen (o. S. 214), alle diese erklärte er zu Halbsklaven und zwang sie zu Frohnarbeit. Sie zählten noch 150,000 Jünglinge und arbeitskräftige Männer. Sie bildeten die Arbeiterbevölkerung. Noah, der Stammvater der nachsintflutlichen Geschlechter, hat die Kanaaniter verflucht und zur Sklaverei verurteilt, weil ihr Vater Ham sich unehrerbietig gegen seinen eigenen Vater benommen hat14; darauf mochte sich Salomo berufen haben. Mehr als dreitausend israelitische Aufseher hielten diese zur Sklaverei erniedrigten Urbewohner zur Arbeit an. Ein Oberaufseher Adoniram überwachte die Aufseher und Arbeiter. Achtzigtausend dieser Unglücklichen wurden in den Steinbrüchen beschäftigt, bei Lampenlicht Tag und Nacht nach Anleitung von Sachverständigen aus Byblos (Giblim) schwere Quadern15 aus den Felsen zu hauen, sie auf beiden Seiten zu glätten und an den Rändern regelrechte Fugen anzubringen. Noch jetzt bemerkt man die Spuren des Lampenlichtes in den Brüchen an dem geschwärzten, angerauchten Gestein in Nischen. Siebzigtausend Sklaven16 hoben die schweren Steine aus der Öffnung und schafften [282] sie zum Bauplatz. Es waren halbweiche Kalkquadern, welche die Eigenschaft besaßen, an der Luft zu festem Gestein zu verhärten17.

Zedern- und Zypressenholz zum Tempelbau lieferte der tyrische König Hiram, Salomos Freund. Auf dem Libanon wurden die Stämme gefällt. Hiram stellte auch für Salomo sachverständige Zimmerleute zur Verfügung, besonders Sidonier, die kundig waren, welche Stämme sich zum Bau eigneten, und wie sie gefällt werden mußten. Diese Stämme wurden vom Libanon nach Tyrus oder einem anderen Hafenplatz befördert, dort zu Flößen zusammengefügt, bis nach der Hafenstadt Japho (Joppe) gerudert, und von hier wurden sie mühsam über Höhen und Täler mindestens zehn Stunden weit nach Jerusalem geschafft. Welche Arbeiter wurden zum Fällen der Zedern- und Zypressenstämme und zur Beförderung derselben an Ort und Stelle verwendet? Die kanaanitischen Leibeigenen reichten dazu nicht aus, oder es schien bedenklich, sie in die Ferne zu senden. Darum verwendete Salomo Israeliten dazu. Dreißigtausend wurden zu dieser Arbeit ausgehoben. Je 10,000 wurden für je einen Monat in die Wälder gesendet, dort das Fällen der Bäume und deren Beförderung zu besorgen. Nach Ablauf des Monats wurden diese Arbeiter durch andere 10,000 abgelöst. Sie kehrten in ihre Heimat zurück, um nach zwei Monaten wieder an die schwere Arbeit zu gehen. Diese dreißigtausend Israeliten wurden zwar nicht zu Halbsklaven gemacht, sie blieben Freie und bekamen vielleicht auch Tagelohn, aber der Arbeit entziehen durften sie sich nicht18.

[283] Es war nicht zu verlangen, daß Hiram umsonst seine Zedern- und Zypressenwälder lichten und seine Zimmerleute und Bauverständigen zur Verfügung stellen sollte. Salomo lieferte ihm daher als Entgelt dafür jahraus, jahrein, so lange seine Bauten nicht vollendet waren, 20,00019 Khor Weizen (etwa 80,000 Hektoliter) und viel Wein und Öl. Aus seinen eigenen Ländereien hat Salomo schwerlich dieses alles bestreiten können, denn die Könige von Juda besaßen nur Ziklag als Privateigentum20, und dieses konnte nicht den geringsten Teil davon erzeugen. Auch für die Getreide-, Wein- und Öllieferungen wurde ohne Zweifel die Ernte und Mühe des Volkes in Anspruch genommen. Aber auch Gold mußte Hiram zur Verzierung des Innern des Tempels vorschießen21. Noch hatte Salomos Flotte dieses edle Metall nicht aus Ophir eingeführt. Für die Goldlieferung mußte ihm Salomo zwanzig Städte an der Grenze von Phönizien und dem Gebiete Israels im Stamme Ascher abtreten. Sie waren nicht bedeutend und gefielen Hiram nicht; aber es war doch immer israelitisches Gebiet, welches den Phöniziern übergeben wurde. Hiram ließ verschiedene Völkerschaften darin ansiedeln, und davon erhielt das Gebiet den Namen »Kreis der Völkerschaften« (Gelil ha-Gojim) und später Galiläa22.

[284] Sobald die Steine und das Bauholz an Ort und Stelle geschafft waren, wo der Tempel errichtet werden sollte, wozu drei Jahre nötig waren, begann der Bau unter der Leitung phönizischer Baukünstler und in phönizischem Stile. Der Tempel war aus Quadersteinen aufgeführt und die Wände inwendig mit Zedernbohlen belegt. In denselben waren Figuren von Palmen, offnen Blumenkelchen und Cherubim, geflügelten Wesen mit Menschengesichtern, angebracht, und diese Figuren waren mit Gold belegt. Der Umfang des Tempels betrug sechzig Ellen in der Länge, zwanzig in der Breite und dreißig in der Höhe. Er zerfiel in das Allerheiligste (Debir, Hintergemach) viereckig von 20 Ellen im Geviert, und in das Heiligtum (Hechal), das vierzig Ellen lang war. Im Allerheiligsten, das höher als das Heiligtum gelegen zu haben scheint, standen zwei Cherubim aus vergoldetem Olivenholz von je zehn Ellen Höhe, deren Flügel je fünf Ellen weit sich ausbreiteten. Im Eingang zum Heiligtum war eine offne Vorhalle (Ulam), gemäß der Breite des Heiligtums und von zehn Ellen Länge, und vor dieser Halle standen zwei Säulen aus Erz gegossen, die als ein staunenswertes Kunstwerk galten. Ein halbisraelitischer Künstler Hirom, dessen Vater ein Tyrier und dessen Mutter eine Naphtalitin war, hatte sie angefertigt. Der Schaft der Säulen betrug 18 Ellen an Höhe und zwölf Ellen an Umfang. Auf denselben war je ein verzierter Knauf in Lilienform, um welchen zwei Schnüre von je 100 Granatäpfeln aus Erz schwebten. Von diesen beiden Säulen hieß die linke Boas, die rechte Jachin, die Bedeutung dieser Namen ist unbekannt23. An den drei übrigen Seiten waren bis über die Hälfte Seitengebäude angebracht (Jazia), welche drei Stockwerke mit Zimmern von je fünf Ellen Höhe enthielten. Die Zimmer oder Hallen der Seitengebäude dienten wohl zum Aufenthalt der Priester und Leviten und auch als Schatzkammern. An den beiden Längsseiten waren oberhalb der Stockwerke Fensteröffnungen, mit Gitterwerk versehen, angebracht. Die Hinterseite dagegen hatte keine Fenster. Sie war nach Westen gerichtet, der aufgehenden Sonne entgegengesetzt, und der Eingang, nicht wie sonst bei Tempeln, im Osten; das israelitische [285] Volk sollte nicht wie manche andere Völker das glänzende Tagesgestirn als befruchtenden Gott anbeten. Nur spärlich drangen Sonnenstrahlen in das Innere des Tempels; es sollte im Halbdunkel bleiben. Das Dach des Tempels war mit Schildern und Felderdecken aus Zedernholz gedeckt. Die Tür zum Allerheiligsten war aus Olivenholz mit vergoldeten Cherubim, Palmen und offnen Blumenkelchen verziert, die Flügeltüren zum Heiligtum aus Zypressenholz ebenso verziert und der Fußboden aus Zypressenholz mit Gold ausgelegt. Im Allerheiligsten, das zur Aufnahme der Bundeslade mit den Gesetztafeln bestimmt war, waren nur die Cherubim sichtbar. Im Heiligtum standen nur ein Altar aus Zedernholz, auf allen Seiten vergoldet24, dann fünf vergoldete Leuchter rechts und ebenso viel links und endlich ein vergoldeter Tisch für zwölf Brote.

Der Tempel war von einem großen Hofe umgeben, der niedriger als das Heiligtum lag; er bestand aus drei Reihen Steinquadern und einer Reihe gezimmerter und geschnitzter Zedernplanken. Innerhalb des Vorhofes standen ein großer Altar aus Erz25 und ein umfangreicher Wasserbehälter, das »eherne Meer« genannt, ringsum mit einem Kelchrande und mit Lilienblüten oberhalb des Randes und mit Koloquinten unterhalb desselben verziert. Dieser Wasserbehälter stand nicht auf dem Fußboden, sondern wurde von zwölf aus Erz gegossenen Rindern getragen, von denen je drei einer andern Seite zugewendet waren. Dieses eherne Meer galt neben den beiden Säulen als ein wundervolles Kunstwerk, das ebenfalls von Hirom ausgeführt war. Das Wasser in demselben zum Waschen der Hände und Füße für die Opferpriester, so oft sie das Heiligtum betreten wollten, ist wahrscheinlich vermittelst drehbarer Hähne ausgeflossen26. Zehn kleine Wasserbehälter, kunstvoll gearbeitet, standen auf Rädern im Vorhofe und dienten dazu, hin und her gefahren zu werden. Tempelgeräte, Opfer- und Weihrauchschalen ließ Salomo in großer Menge anfertigen, teils aus Gold, teils aus funkelndem Erze. Reichtum und Glanz war über das Innere und Äußere des Tempels ausgegossen.

[286] Es wurde auch darauf Bedacht genommen, daß neben den Opfern ein erhebender Gottesdienst mit Gesang und Saitenspiel begangen wurde. Zu diesem Zwecke ließ Salomo Harfen und Lauten aus Sandelholz anfertigen27.

Feierlich war die Einweihung des Tempels nach Vollendung des Baues in sieben Jahren (um 1005). Der Monat, in dem die Feldarbeit und die Weinlese beendet waren, wurde dazu erwählt. Die Häupter sämtlicher Stämme und die Ältesten der Familien wurden dazu eingeladen, und aus der Nähe und Ferne strömte viel Volks herbei, den Glanz des Gotteshauses anzustaunen und dem seltenen Schauspiele beizuwohnen. Die Feierlichkeit begann mit der Übersiedlung der Bundeslade vom Berge Zion, der Davidsstadt, nach dem Hügel Morija. Die Leviten trugen sie auf ihren Schultern bis zum Eingang des Tempels, und die Ahroniden stellten sie in das Allerheiligste unter die ausgebreiteten Flügel der Cherubim. An der Bundeslade befanden sich noch die Tragestangen aus der Zeit der Wüstenwanderung; sie waren so angebracht, daß sämtliche Anwesende das heilige Überbleibsel des Altertums, die zwei steinernen Tafeln der Zehnworte, schauen konnten. Bei der Übertragung der Bundeslade und während der Einweihung wurden viele tausend Opfer gebracht; aber gewiß wurden auch Psalmen gesungen. Wahrscheinlich bilden einen Überrest derselben folgende Verse:


Hebet, ihr Tore, eure Häupter,

Erhebet euch, ihr ewigen Pforten,

Daß einziehe der König der Ehre!

»Wer ist der König der Ehre?«

Ihwh stark und mächtig,

Ihwh mächtig im Kriege.

Hebet, ihr Tore eure Häupter

Und erhebet euch, ihr ewigen Pforten,

Daß einziehe der König der Ehre!

»Wer ist der König der Ehre?«

Der Herr Zebaoth,

Er ist der König der Ehre28.


[287] Sobald die Bundeslade in das Allerheiligste gebracht war, verhüllte eine dichte Wolke den ganzen Tempelraum, so daß die Ahroniden verhindert waren, den Dienst zu verrichten. Diese Erscheinung galt als ein Gnadenzeichen Gottes, daß die Weihe des Hauses in seinem Sinne geschehen sei, daß er den Tempel als sein Haus anerkenne, darin verehrt sein wolle und darin seine Gegenwart durch Offenbarung kund geben werde. Die Stimmung der anwesenden Menge bei der Einweihung war daher freudig, gehoben und andachtsvoll. Der in Ebenmaß ausgeführte Bau und die Pracht des Tempels machte einen erhebenden Eindruck und das sichtbare Gnadenzeichen erhöhte ihn. Der König gab den Empfindungen der Anwesenden mit kurzen Worten einen angemessenen Ausdruck: »Gott hat verheißen in einer Wolke zu weilen, gebaut hab' ich einen festen Wohnsitz dir, o Gott! eine Stätte für dein Bleiben für immer29.« Der Morijaberg erschien dadurch wie der Berg Sinaï, auf dem sich Gottes Stimme aus einer dichten Wolke offenbart hatte. Mit ehrfurchtsvollen Blicken betrachtete das Volk seitdem den Tempel, als sichtbaren Sitz Gottes, der auch Himmel und Erde fülle. Von hier aus erwartete es zuverlässige Verkündigungen für den Weg, den es zu wandeln haben werde. Von den beiden Cherubim aus, welche die Bundeslade mit den Gesetzestafeln schützend beschatteten, werde Gott zu seinen Dienern sprechen, wie er zu Mose vom Sinaï gesprochen. Ein Prophet, der anwesend war (vielleicht Achija aus Schilo), verkündete dem König Salomo im Namen Gottes: »Wenn du in meinen Gesetzen wandeln, meine Vorschriften tun und meine Gebote befolgen wirst, so werde ich meine Verheißung erfüllen, die ich David, deinem Vater, gegeben. Ich werde in der Mitte der Söhne Israels weilen und mein Volk nicht verlassen30

Freudig beging damals das Volk das Herbstfest, welches mit der Einweihungsfeier zusammenfiel. Der Eindruck dieses Tempels, der [288] glänzend von Gold und Erz, einfach im Bau und erhaben ohne Bildnis einer Gottheit, aber von ihr unsichtbar umschwebt, dastand, war tief und dauernd. »Das Haus Gottes« – es liegt ein Widerspruch in der Gedankenverbindung dieser beiden Begriffe, der auch später erkannt wurde, – »das Haus Gottes« gab der Phantasie, die sich das Geistige nicht ohne eine sinnlich faßbare Hülle vorstellen kann, einen festen Stützpunkt. Das Haus Gottes, wo Ihwh inmitten seines Volkes weilt und sich kundgibt, oder auf das sein Name genannt wurde, wurde im Verlaufe der Zeit das köstlichste Kleinod des Volkes. Nicht mehr wurde die Bundeslade in den Krieg mitgeführt, um Siege zu erwirken. Aber bei Kriegen wie bei jeder Plage, die das Land traf, wandten sich die Gemüter zum Tempel auf Morija, um die dort verehrte unsichtbare Gottheit um Abwendung des Unglücks anzuflehen31. Der Tempel wurde der »Stolz und die Macht Israels, die Lust seiner Augen« genannt32.

Mit der Einweihung des Tempels begann auch eine geistliche Ordnung, wie sie vorher weder in den beschränkten Verhältnissen der Stiftshütte in Schilo, noch in der Übergangszeit im Zelte auf Zion sich festsetzen konnte. Das Priestertum bestand allerdings schon früher und gehörte ausschließlich den Nachkommen Ahrons an. Aber die Rangordnung war noch nicht abgestuft, die Höheren von den Niedern noch nicht unterschieden. Erst unter Salomo wurde ein Hoherpriester an die Spitze der übrigen gestellt und ein Rangunterschied eingeführt. Mit der Hohenpriesterwürde war damals Asarja, Sohn Zadoks33 bekleidet, nachdem sein Vater gestorben war. Ihm zur Seite standen die niedrigen Priester. Für die Leviten, welche den Ahroniden untergeordnet wurden, ist eine neue Ordnung geschaffen worden. Ein Teil von ihnen leistete beim Opfern Dienste, ein anderer Teil hielt an vier Seiten des Tempels Wache und hatte die Aufsicht über die Tempelgefäße und Zubereitungen34, endlich standen einige Familien dem Gesang und Saitenspiele vor. Denn so sehr auch unter Salomo das Opferwesen den Mittelpunkt des Gottesdienstes einnahm, so war doch auch dem das Gemüt anziehenden und erhebenden dichterischen und musikalischen Kultus Spielraum gewährt. Diesem Kultus standen drei Meister vor, Heman, ein Enkel des Propheten Samuel, mit seinen Söhnen, den [289] Korachiden, Assaf und seine Söhne und endlich Jeduthun35. Wie es scheint, gruppierten sich seit der Zeit die Leviten in drei abgeschlossene Klassen, in die Kehatiten als Sängerklasse (Meschorerim), die Gersoniden als Opfergehilfen (Mescharetim) und die Merariden als Pförtnerklasse (Schoarim). Die Einordnung der Sängerklasse in den Gottesdienst wurde auf die Propheten Samuel, Nathan und Gad und auf den kunstliebenden König David zurückgeführt36. Von diesem und Assaf stammten wohl die Psalmen, die, wenn auch nicht täglich, so doch an den Sabbaten und Festtagen zum Lobe Gottes aus dem Tempel heraus erklangen37.

Erst durch den Tempel und die eingeführte Ordnung wurde Jerusalem in Wirklichkeit die Hauptstadt des Landes. Zu den Festen im Herbst kamen Wallfahrer aus allen Stämmen, um dem feierlichen Gottes dienste beizuwohnen, wie ihn die Stammesaltäre nicht bieten konnten. Da Jerusalem auch allmählich eine bedeutende Handelsstadt wurde, in welcher ausländische Waren und Seltenheiten auf den Markt kamen und Fremdenverkehr stattfand, so zog es noch mehr Besucher aus allen Stämmen an. Jerusalem, die jüngste von allen Städten des Landes Israel, überflügelte und überstrahlte die älteren sämtlich.

Salomo ließ das von ihm zu einer Stadt ersten Ranges erhobene Jerusalem von allen Seiten befestigen, und auch der Tempelberg wurde in den Umkreis der Befestigung hineingezogen38. An drei Seiten bildeten die Hügel selbst natürliche Mauern, und die Kunst brauchte nur nachzuhelfen und die Unebenheiten auszufüllen. An der Nordseite dagegen, wo die Hügelanschwellung abfällt, und noch mehr an der Tiefe, [290] welche das Kidrontal bildet, zwischen der Stadt und dem Morija oder Tempelhügel, mußte eine starke und zugleich hohe Mauer aufgeführt werden. Da von früher her schon unter David eine Mauer um den Hügel Zion diesen Stadtteil schützte, so bestand an der Nordostseite eine Doppelmauer, welche besonders dazu diente, das Tal vom Norden unzugänglich zu machen39.

Der Bau des königlichen Palastes erforderte einen Zeitraum von dreizehn Jahren. Aber es war auch eine ganze Reihe von Gebäuden, die einen großen Umfang auf dem nördlichen Hügel in dem Stadtteil Millo40 einnahmen. Dem Eingang zunächst war das Haus des Libanonwaldes, das seinen Namen von den vielen Zedernsäulen hatte, die reihenweise zu je fünfzehn standen. Dieses Haus diente als Waffenplatz zum Schutze des Königs; hier hielten dreihundert Trabanten Wache, mit goldenen Speeren und Schildern versehen, Begleiter des Königs, so oft er in den Tempel ging41. Große Sorgfalt verwendete Salomo auf die Einrichtung der Gerichts- oder Thronhalle. Sie war vom Fußboden an mit Zedernplanken belegt und mit vergoldetem Schnitzwerk verziert42. In dieser Halle stand Salomos Thron, welcher als ein seltenes Wunderwerk gepriesen wurde. Er war durchweg aus Elfenbein gearbeitet und mit Gold belegt. Sechs Stufen führten hinauf, und auf jeder Stufe kauerten zwei künstlich gearbeitete Löwen, als Symbol der Kraft und der königlichen Würde. Auch auf dem Thronsitze, welcher zu beiden Seiten Armlehnen hatte, prangten zwei Löwen43. In dieser offenen Gerichtshalle hörte Salomo die streitigen Parteien an und sprach Recht. Er betrachtete das Richteramt als eine der wichtigsten und heiligsten Pflichten des Königtums. Hier empfing er auch die Gesandten vieler Länder, die zu seiner Huldigung oder zur Anknüpfung von Bündnissen an seinen Hof kamen. Ein eigner Palast war für den König, seine Dienerschaft und seine Frauen erbaut. Die ägyptische Königstochter, seine Hauptgemahlin, bewohnte indessen ein eignes Haus, gesondert von den übrigen Weibern und Kebsen Salomos. Ihre Übersiedlung von der Davidsstadt, wo sie bis zur [291] Vollendung des Baues gewohnt hatte, in ihre eignen Gemächer, scheint mit großer Feierlichkeit begangen worden zu sein44. Eine Steinmauer, innerhalb welcher ein Garten angepflanzt war,45 umgab den ganzen Umfang der königlichen Gebäude. Wahrscheinlich hat Salomo auch eine Wasserleitung nach Jerusalem gelegt, um Stadt und Tempel mit Wasser zu versehen, und zwar aus den reichen Quellen von Ain-Etham (zwei Stunden südlich von Jerusalem46.

Doch nicht allein Salomo, sondern auch die Großen des Landes, die sich in Jerusalem dauernd aufhielten, die Prinzen, die hohen Beamten und Günstlinge führten Prachtbauten aus Zedernholz auf. Durch den Reichtum, der durch drei Hauptkanäle ins Land strömte, konnte der Hang nach Glanz, der sich vom König den höhern Klassen mitteilte, befriedigt werden. Wenn auch einige Übertreibung darin liegt, so gibt die Schilderung doch ein richtiges Bild von dem Glanze, der unter Salomo entfaltet wurde: Das Silber galt in Jerusalem wie Stein, und Zedern wie sonst Sykomoren47. Die Paläste der Großen wurden ebenfalls auf dem Hügel Millo erbaut, weil die Davidsstadt weniger Raum dafür bot. Dieser Stadtteil der zweite (Mischneh) genannt48, überstrahlte den Zion, und der Zion blieb nur noch ehrwürdig durch die Erinnerung an David und durch die Gräber der Könige, welche an seinem Südabhange beigesetzt wurden49. Seit Salomo hatte Jerusalem vier Stadtteile, die Altstadt oder Zion, die zweite Stadt nördlich gegenüber und durch ein Tal davon getrennt, ferner der Morija oder Tempelberg, der Wohnsitz der Ahroniden und Leviten, und endlich den Ophel (Ophla), die südliche Fortsetzung des Tempelberges, wo die Tempelsklaven, die Gibeoniten, später Nethinim genannt, die Holzhauer und Wasserschöpfer für den Tempeldienst, wohnten. Im Stadtteil Ophel wohnte auch die verachtete Klasse der Salbenhändler, die wahrscheinlich Phönizier waren50. Auch angesehene [292] phönizische Kaufleute, die Geschäfte im großen betrieben, Geldwechsler und Geldmänner, die auf Zins ausliehen, ließen sich in Jerusalem nieder. Sie bildeten eine eigene Körperschaft oder Innung, standen unter dem Schutze des Bundesvertrages zwischen Salomo und Hiram und durften nach ihren eigenen Gesetzen, Sitten und Gewohnheiten leben. Sogar ihre gottesdienstlichen, oder vielmehr götzendienerischen, Bräuche durften sie beibehalten51.

Die drei Quellen des Reichtums, welche über die Hauptstadt einen Goldregen ergossen, waren die Machtverhältnisse, die ägyptische Verbindung und der indische Handel. Sämtliche Völkerschaften, die David seinem Zepter unterworfen hatte, vom Strom Ägyptens bis zum Euphrat, verharrten unter seinem Sohn in diesem Untertanenverhältnis und vermochten nicht, sich davon loszumachen. Die Fürsten, die ein Friedensbündnis mit David geschlossen hatten, hielten es auch unter seinem Nachfolger aufrecht, und noch andere suchten seine Freundschaft. Alle diese Fürsten und Völker sandten, wie es Brauch war, an seinen Hof teils Tribut teils Huldigungsgeschenke in reichem Maße, goldene und silberne Gefäße, wertvolle Gewänder, Spezereien, Rosse und Maulesel52. Mehr Erträgnisse noch brachte die Verbindung mit Ägypten. Dieses Land, welchem seine Ebenen bedeutende Pferdezucht ermöglichen, konnte Kriegsrosse an die pferdearmen Gebirgsländer liefern. Auch Kriegswagen wurden in Ägypten verfertigt und waren auswärts beliebt. Die Fürsten von Aram und den Ländern am Euphrat bezogen früher ihren Bedarf an Rossen und Wagen unmittelbar aus Ägypten und führten sie durch die philistäische Ebene am Mittelmeer. Diese freie Durchfuhr gestattete Salomo nicht mehr, sondern zwang die Völkerschaften, welche nördlich von Palästina wohnten, Rosse und Wagen von seinen Kaufleuten zu beziehen, und er traf mit dem ihm befreundeten ägyptischen Hof ein Abkommen, daß der von ihm begünstigten Handelsgesellschaft allein das Verkaufsrecht für diese Länder zustehen sollte. Diese machte infolge dieses Abkommens außerordentliche Geschäfte und brachte viel Geld ins Land53.

[293] Selbstverständlich hat Salomo für sein eignes Land aus Ägypten Reiterei und Kriegswagen mit Rossen eingeführt. Er legte eigene Reiter- und Roßstädte an und zwar in der Ebene unweit des Meeres. Diese erhielten davon ihren Namen »Haus der Kriegswagen« (Bet-ha-Merkabot) und »Roßhof« (Chazar-Susah)54. Zwölftausend Reitrosse und vierzehnhundert Kriegswagen, mit je zwei Rossen bespannt, soll er unterhalten haben, wozu geräumige Gebäude mit viertausend Ställen aufgebaut wurden55. In Jerusalem selbst war ein eigenes Stadtviertel für das Unterbringen der Wagen und Pferde erbaut, wozu eine eigene Pforte in die östliche Mauer unweit des Tempels gebrochen war56.

[294] Die reichsten Einnahmen bezog Salomo indessen vom Seehandel, dessen Wege er zuerst für sein Land eröffnet hat. Die Babylonier mögen zu allererst Handelsverbindungen mit Indien angeknüpft haben, das von ihrem Küstenlande aus erreichbarer war. Die Phönizier, angezogen von den strotzenden Reichtümern dieses Wunderlandes, mögen auch versucht haben, ihnen nachzufahren. Allein für sie war die Reise nach dem so weit abliegenden Lande mit vielen Schwierigkeiten verbunden, so lange die Gegend des roten Meeres wegen der dort hausenden wilden und räuberischen Völkerschaften nicht sicher war. Die Fahrten hätten sie nur vom persischen Meerbusen aus antreten können, hätten an dem Nordgestade desselben Hafenplätze anlegen und die Aus- und Einfuhr ihrer Waren nur auf weiten und unsicheren Wegen befördern müssen. Durch die Verbindung des tyrischen Königs Hiram mit Salomo bot sich ein näherer und sicherer Weg zur Fahrt nach Indien. Der Strich Landes von der Südgrenze Judas bis zum idumäischen Gebirge und von da bis zum östlichen Meerbusen des roten Meeres, der Spitze von Ailat und Eziongeber, war durch den Vernichtungskrieg, den David gegen die Amalekiter und Idumäer geführt hatte, frei geworden. Sicher konnten seitdem die Karawanen mit beladenen Kamelen von Jerusalem und vom Meere aus bis zur Nordspitze des roten Meeres ziehen. Auf Hirams Rat ließ Salomo auf der Reede von Eziongeber eine Flotte fester und geräumiger Schiffe (Tarschisch-Schiffe) bauen und ausrüsten. Hiram sandte seine fähigsten Seeleute, welche des Seeweges kundig waren, zur Bemannung der Flotte. Israeliten aus den Stämmen Dan und Zebulon, die an der Küste wohnten und mit den Launen des Meeres vertraut waren, wurden ihnen beigegeben57. Diese [295] Schiffe sollten den langen Seeweg bis an die Mündung des Indus machen. Die Waren, welche die Schiffe in entfernte Erdteile zum Austausch tragen sollten, waren allerdings phönizische Erzeugnisse, Purpur, Glaswaren oder Erzeugnisse des Abendlandes, welche die Phönizier für ihre Waren eingetauscht hatten. Diese Schiffsladung mochte Salomo oder eine Handelsgesellschaft den Tyriern abgekauft haben, um sie in fernen Gegenden gegen andere Werte umzusetzen. Das Land Israel hatte wenig Erzeugnisse, welche in den Augen des Auslandes Wert hatten, aber doch eines, welches Gold aufwog, den Balsam von Gilead58, welcher im Altertum als Heil- und Linderungsmittel ganz besonders geschätzt wurde.

Als die israelitische Flotte segelfertig war, lief sie vom Hafen Eziongeber aus, steuerte in das rote Meer, welches Arabien von den gegenüberliegenden Ländern Ägypten, Nubien und Äthiopien trennt, und fuhr längs der Küste bis zu der Meerenge, welche das südarabische Gestade bespült, und bis zur Mündung des Indus zum Lande Ophir (Abhira59, dem jetzigen Sind). Auf allen Hafenplätzen, wo die Schiffe Halt machten, und wo zugleich ein Marktplatz war, setzten die israelitischen Kaufleute ihre mitgebrachten Waren ab. Doch der reichste Marktplatz für verschiedene Völkerschaften von Nord- und Ostindien war im Lande Ophir; hier (vielleicht in der Handelsstadt Minna Gura) strömten die Reichtümer verschiedener Länder zusammen, um gegeneinander ausgetauscht zu werden. Für die Erzeugnisse, welche die israelitischen Seefahrer mitgebracht hatten, erhielten sie Goldklumpen, welche aus dem Stromgebiete des obern Indusflusses nach Ophir gebracht wurden.

Nach einem Zeitraume von drei Jahren kehrte die Salomonische Flotte von ihrer ersten Fahrt reichbeladen zurück. Lange Züge von Kamelen trugen die mitgebrachten Schätze nach der Hauptstadt Jerusalem zum großen Staunen der ganzen Bevölkerung. Mehr als vierhundert Talente (Kikhar) Goldes, Silber in großer Menge, Elfenbein, Ebenholz, häßliche Affen und schöngefiederte Pfauen, Sandelholz und wohlriechende Pflanzen wurden eingeführt. Aus dem Elfenbein ließ Salomo seinen Gerichtsthron anfertigen, und das Sandelholz wurde zu Verzierungen für die Harfen und Lauten der Saitenspieler für den Tempel verwendet. Auch ein Geländer für die Brücke, welche vom Palaste zum Tempel führte, wurde aus dieser seltenen und teuern [296] Holzart verfertigt60. Diese Ophir- oder Indienfahrt ließ Salomo mehreremal wiederholen, und jede derselben brachte neue Reichtümer und Sehenswürdigkeiten ins Land. Ailat, die Stadt am Hafen des Meerbusens, erlangte dadurch eine große Bedeutung; Judäer setzten sich darin fest61, und das Land Israel erlangte dadurch eine weitere Ausdehnung von der Spitze des roten Meeres bis nach Aram und bis zum Euphrat62.

Um Rosse und Wagen nach den aramäischen Ländern und der Euphratgegend und die Waren aus Phönizien bis zum Hafen zu befördern, mußten gangbare Straßen angelegt und für die Sicherheit der Karawanen gesorgt werden. Auch dafür traf Salomo Vorkehrungen. In einem gebirgigen Lande ist es nicht leicht für Lasttiere und noch weniger für Rosse und Wagen, weite Strecken zurückzulegen, weil bald eine steile Höhe, bald ein jäher Abhang und bald Steingerölle Hindernisse in den Weg legen. Salomo ließ daher eine Straße ebenen, welche von Jerusalem nach Nord und Süd führte; es war die Königsstraße63.

Wahrscheinlich hat er die zu Leibeignen erniedrigten kanaanitischen Urbewohner, sobald sie mit den schweren Arbeiten für die Bauten fertig [297] waren, für den Straßenbau verwendet. Höhen wurden abgetragen, Tiefen ausgefüllt, Steine weggeräumt und loses Geröll befestigt. Auf diesen Straßen konnten die Wagen ungehindert von Süd nach Nord und vom Jordan zum Meere fahren und Karawanen ohne Schwierigkeit ziehen. Eine Reihe von Festungen sicherte die Straßen und diente als Ruhepunkt. Im Norden von Jerusalem ließ Salomo Ober- und Unter-Bethoron befestigen und westlich in gleicher Linie damit Gaser64, die ehemals philistäische Stadt, welche Pharao als Brautgeschenk seiner Tochter an Salomo gegeben hatte; ferner weiter nördlich Baalot im Stamme Benjamin, Megiddo in der Ebene Jesreël, weiter nördlich die ehemalige nordkanaanitische Hauptstadt Chazor und so immer weiter bis zur Nordgrenze des Landes Israel. Auch im Lande Aram ließ er für die Karawanenzüge Stationsstädte befestigen, unter denen die berühmteste Thadmor (später Palmyra) in einer fruchtbaren Oase war, mit Quellen und Palmenhainen gesegnet, zwischen Damaskus und dem Euphrat65. Thadmor wurde ein Marktplatz, wohin Kaufleute von Phönizien, Aram, den Euphratländern und Babylonien zusammenströmten. Die tributpflichtigen Fürsten mußten widerwillig Salomo gestatten, Verkehrsstraßen mit sichern Plätzen in ihrem Gebiete anzulegen66. Außer den Stationsstädten, Reiter- und Wagenstädten legte Salomo noch Vorratsstädte an67, welche dazu dienten, Getreidevorräte für unfruchtbare Jahre aufzunehmen.

So hatte Salomo nach allen Seiten hin das israelitische Staatswesen geordnet und auch für die Zukunft gesorgt. Er hatte dabei keinen scharfsichtigen Ratgeber wie etwa David an Achitophel, der ihm bei der Ordnung beigestanden hätte. Seine Weisheit allein stand ihm bei. Aber er hat sich zuverlässige Beamte auszuwählen gewußt, die seinen Anordnungen Nachdruck gaben und sie nach den von ihm entworfenen Plänen vollzogen. Für die große Ausdehnung des Staates und seines Hauses mußte er nämlich neue Ämter schaffen. Für die umfangreiche Hofhaltung bei dem häufigen Fremdenverkehr an seinem Hofe mußte ein Palastaufseher (al ha-Bajit) angestellt werden. Achischur verwaltete [298] dieses Amt; es wurde auch von Salomos Nachfolgern beibehalten und erlangte später eine große Wichtigkeit. Über die zwölf Amtleute, welche die Bedürfnisse der Hofhaltung zu besorgen hatten, wurde ein Oberbeamter ernannt (al ha-Nezibim); er hieß Asarja ben Nathan. Über die Aufseher, welche die vielen Tausend Frohnarbeiter bei dem Bau des Tempels, des Palastes, der Straßen und Festungen zu überwachen hatten (al ha-Masz), war ebenfalls ein hoher Beamter gesetzt: Adoniram, Sohn Abdas68. Das waren die drei wichtigen Ämter, welche Salomo neu geschaffen hatte. Für die drei Ämter, die schon früher bestanden, das des Feldhauptmannes, des Rollenführers über den Heerbann (Sopher)69 und des Kanzlers (Maskhir), blieben dieselben Personen, die sie unter David verwaltet hatten, oder sie gingen auf ihre Söhne über.

Das Land Israel war durch die innere Ordnung, die äußere Ausdehnung und die Reichtümer, welche Salomo in Fülle gehäuft hatte, eine festbegründete Großmacht geworden, die mit den größten Staaten der alten Welt wetteifern konnte. Fürsten und Völker, die in Streit miteinander lebten, suchten den Herrscher dieser Macht auf und riefen ihn, dessen Weisheit weit und breit berühmt war, zum Schiedsrichter auf70. Der größte Segen der Salomonischen Regierung war indessen der Friede und die ungestörte Sicherheit des Landes. Von Dan bis Beerseba konnten die Israeliten ihr Daheim ruhig genießen, »jeder unter seinem Weinstock und jeder unter seinem Feigenbaume71«.


Fußnoten

1 I. Könige 10, 9.


2 Sprüche 16, 12.


3 I. Könige 5, 12-13. LXX haben wohl richtiger: πεντακις χίλιαι = ףלא השמח statt ףלאו השמח. Daß weder die Sprüche Salomos )משלי(, noch das Hohelied (םירישה ריש), noch endlich der Prediger (תלהק) von Salomo gedichtet sind, gilt gegenwärtig als ausgemacht [doch nicht so ganz, vgl. z.B. Noack, Einl. in das A. T., 6. Aufl. (1906), S. 173 f.], sie reflektieren alle drei andere Zeiten und andere Situationen. – Was das םיצעה לע רבדיו betrifft, so hat schon Sirach darunter Fabeln verstanden (47, 17): ἐν ᾠδαῖς καὶ παροιμίαις καὶ παραβολαῖς καὶ ἑρμƞνείαις ἀπεϑαύμασάν σε χῶραι (Σαλωμών). So verstand es auch Josephus (Altert. VIII. 2, 5): καϑ᾽ ἕκαστον γἀρ εἶδος δένδρου παραβολὴν εἶπεν (Σ). Nichtsdestoweniger macht noch Ewald daraus naturwissenschaftliche Kenntnisse, die er Salomon beilegt.


4 I. Könige c. 10: vgl. Richter 14, 12 ff. Josephus erzählt (Altert. VIII, 5, 3), daß nach Schriften von Menander und Dios Salomo sich mit Hiram in Rätselfragen unterhalten, und daß ein junger Mann, Abdemon, die Rätsel gelöst und Salomo besiegt habe.

5 I. Könige 11, 21.


6 I. Kön. 2, 46.


7 Folgt daraus, daß sein Sohn Rehabeam von Naama (I. Könige 14, 31) beim Tode des Vaters 41 Jahr alt war (das. Vers 21), und Salomo nur 40 Jahre regierte. Die Angabe in dem Zusatz des Vaticanus, daß Rehabeam beim Regierungsantritt erst 16 Jahre alt gewesen sei, stammt aus einem apologetischen Apokryphon, wie das ganze Stück, als Zusatz zu I. (III.) Könige 12, 24.


8 I. Könige 11, 1 vgl. über תוימודא Note 7.


9 Salomos Schwiegervater kann nur Psusennes (oder nach einer Variante Susennes) gewesen sein, der letzte König der XXI., tanitischen Dynastie, wenn auf Manethos Dynastienfolge überhaupt etwas zu geben ist. Psusennes regierte nach Eusebius 35 Jahre, nach Afrikanus zwar nur 14; aber die erste Zahl wird von den meisten Ägyptologen angenommen. Psusennes' Nachfolger war der erste Begründer der XXII. Dynastie, Scheschenk, (קשיש, Σεσόγχωσις), welcher Krieg mit Salomos Nachfolger Rehabeam führte und auch schon in Salomos letzten Jahren regierte. Psusennes regierte von etwa 1015 bis 980 der vorchristlichen Zeit, also während Salomos Regierungszeit; er hat aber wohl einige Jahre vor ihm den Thron bestiegen. [Vgl. Kleinert bei Riehm-Bäthgen S. 1354a.]


10 I. Könige 11, 1 ist angegeben, daß Salomo Sidonierinnen geheiratet hat; das. Vers 5 und a.a. St., daß er diesen zu Liebe einen Astartenkultus geduldet hat. Es ist nicht anzunehmen, daß Salomo etwa bürgerliche Sidonierinnen geheiratet hätte; seine Hauptfrauen waren vielmehr Fürstentöchter. Es bestätigt sich demnach, was Tatian bei phönizischen Historikern gefunden haben will, (oratio contra Graecos, p. 171), daß Salomo Hirams Tochter geheiratet habe.


11 Das. 5, 2-3. LXX haben noch einige Zusätze von Wein- und Ölbedarf für Salomos Hof.


12 Das Register der Salomonischen Amtleute, I. Könige 4, 7-19, die wahrscheinlich in den letzten Regierungsjahren Salomos fungierten, da zwei von ihnen mit bereits erwachsenen Töchtern Salomos verheiratet waren, enthält manche Dunkelheit. Auffallend ist besonders, daß über Juda kein Nezib gesetzt zu sein scheint. Es müßte denn sein, daß man mit LXX Vers 19 (17) liest: καὶ Νασέϕ εἷς ἐν γῇ Ἰούδα, d.h. das Wort הדוהי von Vers 20 zu Vers 19 hinüberzieht: ביצנו הדוהי ץראב רשא דחא oder vielmehr annimmt, daß das Wort הדוהי einmal fehlt: לארשיו הדוהי, הדוהי ץראב רשא 'וגו םיבר. Allein wenn dem so wäre, daß für Juda ebenfalls ein Amtmann bestimmt war, so müßte es 13 Amtleute gegeben haben, und die Zahl 12 ist doch (V. 7) ausdrücklich angegeben. LXX haben ganz dieselben Namen und dieselbe Einteilung, wenn auch in zum Teil abweichender Reihenfolge. Josephus dagegen scheint ein anderes Register vor sich gehabt zu haben. Bei ihm fehlt nämlich der Amtmann, welcher seinen Sitz in Machanaïm gehabt haben soll. Anstatt המינחמ אדע ןב בדניחא (V. 14) hat er (Altert. VIII. 2, 3): Ἀχινάδαβος δὲ τῆς Γαλιλαίας ὅλƞς ἄχρι Σιδῶνος ἐπετρόπευε. Was im hebräischen Texte von ץעמיחא ausgesagt wird, legt Josephus Achinadab bei. Man kann sich zwar auf seine Angaben nicht allzusehr verlassen; allein ein Landpfleger für Machanaïm scheint in der Tat überflüssig zu sein, da ein solcher in Ramot-Gilead weilte, welches sehr nahe bei Machanaïm lag (s. Note 12). Streicht man den Amtmann für Machanaïm und setzt dafür einen für Juda, so hat man wieder die Zahl 12. – Einige Städtenamen in diesem Register sind unverständlich. So ץקמ (Vers 9) und ןנח תיב, wohl ןרח תיב (Vers 10). תוברא kommt sonst nicht vor, vielleicht gleich המורא oder המרת (Richter 9, 31. 41), und המור, der Stadt, woher die Frau des Königs Josia, die Mutter Jojakims, stammte (II. Könige 23, 36): Aruma ist nach van de Velde identisch mit dem jetzigen el-Orma, südlich von Sichem, – הכש das. ist wohl תוכס, das diesseitige Sukkoth. In Vers 16 ist תולעב oder תולע auch nicht ganz richtig. [Vgl. Klostermann z. St.]

13 Der Eingang zu den Steinbrüchen dicht bei Jerusalem, die von den Arabern Kotton-Meghara, Baumwollenhöhle, genannt werden, liegt am Damaskustor dicht an der Mauer. Er ist erst 1854 durch Einsturz eines Teils der Nordmauer entdeckt worden, ein Hund hat die Öffnung erweitert. Diese beträgt nur 2 Fuß Breite, und man kann nur mühsam mit den Füßen zuerst hineinkriechen. Beim Eintritt senkt sich der Boden immer tiefer. Die künstlichen Höhlen scheinen sich weit auszudehnen, wahrscheinlich durch einen Teil der Stadt und auch unterhalb der Tempel-(Moschee-) Area. Das Ende ist noch nicht entdeckt worden, weil die Untersuchung nur mit Fackellicht angestellt werden kann, und tiefe Gruben das Vordringen hindern. (Vgl. über die Ausdehnung und Beschaffenheit der Höhlen in den Steinbrüchen Sepp, Jerusalem und das heilige Land I. 287 f.; Tristram, Land of Israel, p. 190 f.) Auf die unterirdischen Gänge bezieht sich wohl, was Tacitus berichtet (historia V, 12): cavati sub terra montes. Der Talmud spricht von einer großen Zedekiahöhle in Jerusalem, durch welche es diesem König gelungen sei, unbemerkt von den Chaldäern aus der Stadt zu entkommen und bis Jericho zu entfliehen (Erubin fol. 61b). Der Reisende Petachja (im 12. Säkul.) identifiziert die Höhle beim Damaskustore mit der Zedekiahöhle, meint, sie erstrecke sich bis Jericho, und tradiert, daß viele Bewohner Jerusalems ihn versichert hätten, sie selbst hätten sie eine miglia weit durchschritten: הרעמה ול ךומסו דומעלא באב הב יכלהש יל ורפס םידוהי הברה .וחירי דע ךלוהש היקדצ לש לימ. Babel-Amud nennen die Araber das von den Christen Damaskustor genannte Tor.


14 Genesis 9, 25.


15 I. Könige 5, 31-32; 7, 9-11.


16 Das. 9, 20-23. Die Zahl der kanaanitischen Arbeiter in den Steinbrüchen ist angegeben, das. 5, 29-30 und II. Chronik 2, 16-17. Die Zahl der israelitischen Aufseher über die Frohnarbeiter schwankt an diesen beiden Stellen. Der Chronist, dem bereits die Zahlvariante vorlag, gleicht sie dahin aus, daß 3000 oder 3600 aus der nichtisraelitischen Bevölkerung zu Aufsehern ausgewählt worden (םיחצנמ), dagegen 550 israelitische Oberaufseher (םיבצנ) über dieselben gesetzt gewesen wären. Allein der Text im Buche der Könige verträgt diese Ausgleichung nicht. – Daß übrigens Salomo zuerst die Urbewohner zu Frohnarbeit (סמ) gezwungen hat, ist in Könige das. 9, 20-21 zu deutlich angegeben, als daß man daran mäkeln dürfte. Er hat auch zuerst einen höchsten Beamten über die Frohnarbeiter eingesetzt und zwar Adoram oder Adoniram, das. 4, 6: סמה לע םרינדא. Wenn II. Samuel 20, 24 angegeben ist, daß dieser Adoniram bereits unter David dieses Amt inne gehabt habe, so ist es aus einer Reminiszenz in diese Relation hineingekommen, gerade so wie I. Könige 4, 4 der Passus רתיבאו קודצ םינהכ, da Abjathar bei Salomo in Ungnade war und selbst Zadok unter ihm nicht Hoherpriester war, sondern sein Sohn Asaria (das. 4, 2). Wäre Adoniram schon unter David Frohnaufseher gewesen, so hätte er nicht noch Rehabeams Regierungsantritt erleben können. (I. Könige 12, 18.) – Die Unterjochung der Kanaaniter zu Sklaven ist auch angegeben Richter 1, 18 ff.: אל שירוהו סמל ינענכה תא םשיו לארשי קזח יכ יהיו ושירוה. Diese und noch andere Verse nach LXX beziehen sich eben auf die Salomonische Zeit.


17 Tristram, Land of Israel, p. 191.


18 I. Könige 5, 27-28 harmoniert mit das. 9, 22. Die Israeliten wurden ebenfalls zu סמ, Arbeit, verwendet, nur nicht wie die Kanaaniter zu דבע סמ, zu lebenslänglichen Frohnarbeiten degradiert. Das ist der Sinn von Vers 9, 22 Dadurch wird die auch gegen sie gebrauchte Härte gemildert dargestellt.


19 I. Könige 5, 24-25. Die Zahlen sind nicht ganz gesichert; vgl. dazu II. Chronik 2, 9 und die griechische Übersetzung zu Könige das.


20 I. Samuel 27, 6.


21 I. Könige 9, 11. 14.


22 Unter dem Namen םיוגה לילג wird diese Gegend Jesaia 8, 23 bezeichnet und ähnlich Josua 12, 23 ךלמ לגלגל םיוג, gleich לילגל; so LXX Γαλιλαίας. Mit Auslassung des Wortes םיוג wird sie kurz לילגה ץרא genannt, I. Könige 9, 11. Aus der Stelle bei Jesaia geht hervor, daß Galil verschieden war vom Lande Naphtali, d.h. von der nordisraelitischen Gebirgsgegend, oder wie man später es bezeichnete, von Obergaliläa. Dagegen umfaßte der Name später ein viel größeres Gebiet, wozu auch das hochgelegene Kadesch gehörte, also schon so ziemlich identisch mit dem Gebiete Naphtalis oder Obergaliläa war (Josua 20, 7; 21, 32; II. Könige 15, 29). Unter םיוגה תשרח (Richter 4, 2 f.) ist wohl auch als Verkürzung םיוגה לילג תשרח zu verstehen. – Was die Benennung לובכ [I. Kön. 9, 14] für diese Gegend betrifft, so ist ihre Etymologie noch nicht befriedigend gelöst; die dafür vorgeschlagenen Hypothesen sind sämtlich abenteuerlich, vgl. Gesenius, Thesaurus s.o. Käme nicht eine Stadt Khabul im Verzeichnis der Städte bei Josua vor, erwähnte Josephus nicht eine Stadt Chabulon oder Chabolo unweit Ptolemais (Akko), und erzählten die talmudischen Quellen nicht, daß es noch nach der zweiten Tempelzerstörung in Galiläa eine Stadt לובכ gegeben habe, so könnte man geneigt sein, in der Stelle Buch der Könige zu lesen: לילג ץרא םהל ארקיו statt לובכ. [So auch Klostermann z. St., l. das.] Denn daß nicht Hiram die Gegend so genannt hat, wie allgemein irrtümlich angenommen wird, um seine Geringschätzung derselben auszudrücken, geht daraus hervor, daß man mit der syrischen Version notwendig [?] lesen muß םהל ארקיו [w-jikare], d.h. man nannte die Gegend so, nicht Hiram nannte sie.


23 Abgeschmackt ist die Etymologie, welcher Albert Reville oder Tiele noch das Wort reden: Jakin, »il fonde« – Boaz, »en lui la force,« also etwa זע-וב! (Revue de deux mondes, Jahrg. 1873 p. 387.) [S. jedoch Klostermann zur Stelle bei Riehm-Bäthgen, S. 666.]


24 I. Könige 6, 20 muß nach LXX folgendermaßen emendiert werden: המא םירשע [ריבדהו :חבזמ] ריבדה ינפלו בהז חבזמה [תא] ףציו 'וגו בחר המא 'כו ךרא. Dadurch sind alle Schwierigkeiten, die man in diesem Verse fand, gehoben. [Vgl. jedoch Klostermann z. St.]


25 Der Altar des Vorhofes fehlt in der Beschreibung in Könige, der Vers ist aber ausgefallen zwischen 7, 22 und 23, entsprechend II. Chronik 4, 1.


26 Auf diese Art wird noch heute das Wasser aus den großen, zuweilen kolossalen Wasserbehältern in den Vorhöfen der Moscheen zum Waschen benutzt; es fließt durch die Öffnung der Hähne aus.


27 I. Könige 10, 12.

28 Ps. 24, Vers 7 f. Die meisten Ausleger beziehen diesen Ps. ganz auf die Einweihung unter Salomo. Indes der erste Teil Vers 1-6 hängt mit dem zweiten nicht zusammen und verrät sich durch die Termini 'ה ישרד und 'ה ינפ ישקבמ als ein späterer Psalm. Daß Gott in der ältern Partie als siegreich dargestellt wird, ist auf den Umstand zurückzuführen, daß die Bundeslade in den Krieg geführt und ihr die Vernichtung der Feinde zugeschrieben wurde. Vgl. Numeri 10, 35 und o. S. 96. Aber eben wegen der Anspielung auf die Bundeslade passen diese Verse für ihre Übersiedlung und für die Einweihung. [Vgl. jedoch die Kommentare von Delitzsch, Hugfeld und Keßler.] – Daß Ps. 30 nicht ein Einweihungspsalm unter Salomo sein kann, ist selbstverständlich. Er ist eine Überarbeitung des Hiskijaschen Gebetes. [Andere wollen das hiskijanische Gebet für eine Überarbeitung dieses Psalmes halten.] – Die Überschrift von Ps. 127 bezieht diesen ebenfalls auf Salomos Tempelbau; es ist aber nur erraten.


29 I. Könige 8, 12-13. Die Stelle steht im Zusammenhange mit Leviticus 16, 2.


30 Das. 6, 12-13. Nur diese beiden Partien (nämlich diese Verse und 8, 12-13), welche, von den Partien der Gebete getrennt, kurz gehalten sind und wie versprengt aussehen, sind unzweifelhaft echt aus dem Salomoschen Einweihungsakt. Ein späterer Psalmist aus dem davidischen Hause beruft sich auf diese Verheißung Ps. 132, 11 f. Zu I. Könige 8, 13 vgl. Exodus 15, 17.


31 Folgt aus I. Könige 8, 31-53.


32 Ezechiel 24, 21; 7, 24, םזע ןואג statt םיזע 'ג; Ps. 47, 5. Amos 8, 7 verglichen mit 4, 2 und Ps. 89, 36, wohl auch Amos 6, 8.


33 I. Könige 4, 2 vgl. o. S. 283. Anmerk. Auffallend ist die Geschlechtsfolge angegeben in I. Chronik 5, 34-36, und zum Teil auch 6, 38.


34 I. Chronik 9, 23 ff.


35 I. Chronik 6, 18 ff., 25, 1 ff.


36 Das. 29, 25. Amos 6, 6.


37 Daß in der vorexilischen Zeit Psalmen und Lieder im Tempel eingeführt waren, ist unzweifelhaft. יריש ןויצ und ריש ירבד Ps. 137, 3 weisen entschieden daraufhin, ebenso Amos 5, 23: תרמזו ךיריש ןומה ילעמ רסה עמשא אל ךילבנ. Es ist dabei vom Tempelkultus die Rede. Ps. 22, 4, der spätestens aus der jeremianischen Zeit stammt, heißt es: לארשי תולהת בשוי שודק התאו. Dieser Vers ist zu kurz; es muß nach I. Samuel 4, 4, II, 6, 2; II. Könige 19, 15; Ps. 80, 2; 99, 1, בשוי םיבורכה und nach Exodus 15, 11 תולהת ארונ dazu ergänzt werden: תולהת ארונ םיבורכה בשוי שודק התאו לארשי, d.h.: »verehrt durch Lobgesänge Israels.« Aus Jesaia 30, 29: גח שדקתה לילכ םכל היהי רישה, geht hervor, daß mindestens am Herbstfeste im Tempel Lieder, d.h. Psalmen, gesungen wurden. Aus II. Chronik 29, 30 הזחה ףסאו דוד ירבדב geht hervor, daß man die Psalmen auf David und Assaf zurückführte. Vgl. das. I, 16, 7.


38 Folgt aus I. Könige 3, 1: ביבס םלשורי תמוח תאו, rings umher, also auch mit Einschluß des Tempels.


39 Von einer Doppelmauer in Jerusalem sprechen Jesaia 22, 11; II. Könige 25, 4: und Parallelst. Jeremia 39, 4.


40 S. Note 13.


41 I. Könige 7, 2 ff.; 10, 17; Jesaia 22, 8: רעיה תיב zu ergänzen ןונבל; I. Könige 14, 26-28.


42 Das. 7, 7. Die Schilderung der verschiedenen Paläste und Hallen Salomos das. ist außerordentlich dunkel gehalten, und es läßt sich keine rechte Vorstellung daraus gewinnen.


43 Das. 10, 18 ff.


44 Die Übersiedlung wird wie ein wichtiges Faktum mehreremal erwähnt, I. Kön. 3, 1; 7, 8; 9, 24.


45 Jeremia 39, 4: hier ist die Lage des königlichen Gartens passender angegeben, als das. 52, 7 und in der Parallelst. II. Könige 25, 7. Da Zedekia für seine Flucht eine nördliche Richtung einschlagen mußte, so kann der Garten nur auf dem Millo oder der Unterstadt gelegen haben. Nehemia 3, 15 ist zu unbestimmt gehalten. Vgl. zur Stelle die syrische Version.


46 Josephus, Altert. VIII, 7, 3; Talmud Joma fol. 31a; Sebachim fol. 54 b.


47 I. Könige 10, 27.


48 Vgl. Note 13.


49 Nehemia 3, 16.


50 Vgl. Note 13.


51 Movers, das phönizische Altertum II, 3, S. 115 f.


52 I. Könige 10, 14-15; 24-25. Das Wort קשנ kann, wie von andern mit Recht bemerkt wurde, im Zusammenhange nicht »Waffen« bedeuten; es scheint der wohlriechende Moschus zu sein, der auch im Arabischen קשנ genannt wird, neben ךשמ, im Talmudischen אקשומ.


53 Nur so ist die Stelle Könige das. 10, 28-29 zu verstehen. Das Wort היקמ, Parallelst. II. Chronik 1, 16 אוקמ ist dunkel, umsomehr als es in demselben Vers zweimal vorkommt. Das zweitemal ist es gewiß eine Dittographie. LXX zu Könige geben es gar als einen Eigennamen wieder: ἐκ Θεκουέ (?). In den assyrischen Inschriften soll öfter ein Land Kuïu genannt werden (Schrader, Keilinschriften und das alte Testament, S. 76 [vgl. jetzt Jeremias, das A. T. im Lichte des alten Orients, S. 153]). Ist es vielleicht identisch mit dem Lande הוק, also הוק-מ?


54 Josua 19, 5. I. Chronik 4, 31. Dafür stehen in Josua 15, 31 zwei andere Städtenamen. Eine Vergleichung dieser Stellen gibt die richtige L.-A.

I. Chronik 4, 31.

תיבבו םיסוס רצחבו תובכרמ תיבבו גלקצבו המרחבו לאותבבו .םירעשבו יארב

Josua 19, 5.

תואבל תיבו הסוס רצחו תובכרמה תיבו גלקצו המרחו לותבו .ןחורשו

Josua 15, 31.

.םיחלשו תואבלו הנסנסו הנמדמו גלקצו המרחו ליסכו

Das Richtige ist also תובכרמ תיב und הסוס רצח (oder סיסוס). Diese haben sicherlich ihren Namen von dem Aufenthalt der Wagen und Rosse in denselben. Sie gehörten also entschieden zu den Wagen- und Roßstädten Salomos: םישרפה ירעו בכרה ירע, I. Könige 9, 19; 10, 26. Da Rosse und Wagen aus Ägypten importiert wurden, und der Transport derselben über Berge beschwerlich und nachteilig ist, so lagen diese Städte höchstwahrscheinlich in der Schephela. Das gibt einen Anhaltspunkt für die Lage von Ziklag (o. S. 195, Anm. 3), welches mit den beiden Städten in Verbindung genannt wird. Ziklag selbst mag auch zu den Wagen- und Reiterstädten gehört haben.


55 I. Könige 5, 6; 10, 26; II. Chronik 1, 14; 9, 25. Die Zahlen sind konstant bis auf םיסוס תורא: 4000 und 40 000; die kleinere Zahl ist wohl die richtigere. תורא kann unmöglich »Pferde« oder »Pferdepaare« bedeuten, sondern »Ställe« und zwar wie es in Könige (5, 6) heißt ובכרמל, Ställe für Wagen mit Gespann. Auch in Chronik muß man lesen: ותבכרמל.


56 Jeremia 31, 39: החרזמ םיסוסה רעש. Dieses Tor wird noch genannt, Nehemia 3, 28; II. Chronik 23, 15 und auch II. Könige 11, 16, wo רעש fehlt. In der mit dieser Stelle im Zusammenhange stehenden Erzählung von Joasch und Athalia muß man wohl in II. Könige (11, 6) statt רוס רעש und II. Chronik (23, 5) statt רעש דוסיה lesen: סוסה רעש.


57 I. Könige 9, 26 f. ist unzweideutig angegeben, daß Salomo in Eziongeber Schiffe bauen ließ, und daß nur die von ihm ausgerüsteten Schiffe nach Ophir segelten. Dagegen scheint Vers 10, 22 anzudeuten, daß auch Hiram von da aus seine Schiffe auslaufen ließ. Aber wie sollten die phönizischen Schiffe nach dem Golf von Ailat gekommen sein? Es ist nicht denkbar, daß Salomo den Phöniziern erlaubt haben sollte, auf dieser Reede Schiffe zu bauen. Daher empfiehlt sich die L.-A. II. Chronik 9, 10: םריח ידבע für םריח ינא oder vollständiger םריח ינא ידבע. In I. Könige 10, 11 muß man auch lesen םריח ינא ישנא םגו (wie 9, 27) und Chronik das. 8, 18: תוינא ישנא. Vollständig erhalten ist der Vers in II. Chronik 9, 10: המלש ידבעו םריח ידבע םגו 'וגו ריפואמ בהז ואיבה רשא. Unhaltbar ist daher die Auslegung, als wenn die Schiffe »Hiramschiffe« genannt worden wären. Das Verhältnis ist vielmehr so zu denken, daß Salomo allein die Flotte ausrüsten ließ, allerdings mit Hilfe von phönizischen Schiffsbauleuten, und daß phönizische Seeleute die Flotte begleitet haben. Es befanden sich also darauf »Diener Salomos mit Dienern Hirams; die Schiffe waren israelitisch, die Mannschaft gemischt.«


58 Vgl. Note 18.


59 Vgl. dieselbe Note.


60 I. Könige 10, 12; s. Note 18.


61 Folgt aus II. Könige 16, 6.


62 Exodus 23, 31.


63 Josephus erzählt (Altert. VIII, 7, 4), Salomo habe Straßen nach Jerusalem angelegt und fügt hinzu, sie seien mit schwarzem Gestein (Basalt?) gepflastert worden: λίϑῳ κατέστρωσε μέλανι. Er braucht dieses Faktum nicht aus einem verschollenen Apokryphon entnommen zu haben. Es ergibt sich von selbst, wenn in einem Gebirgsland Wagen vorhanden waren, so müssen dafür Straßen geebnet worden sein. Gegenwärtig gibt es in ganz Palästina keinen Wagen, weil es keine geebnete Fahrwege gibt. In der biblischen Zeit dagegen muß es solche gegeben haben. ךלמה ךרד kommt Numeri 20, 17 vor; es bedeutet eine auf des Königs Geheiß erbaute Straße, wie ךלמה ןבא II. Samuel 14, 26. Stehende Ausdrücke sind תוחרא רשי, und חרא ללס oder ךרד , »Straßen ebenen,« ךרד הנפ »Straßen räumen«, d.h. Steine und Gerölle, die Hindernisse für die Fahrt, beseitigen. Breitere und bequeme Straßen wurden genannt תולסמ, תוביתנ , auch תוצוח; das Wort לגעמ Pl. תולגעמ und םילגעמ kann ursprünglich nur »Wagenstraßen« bedeuten, von הלגע, solche Wege nämlich, worauf Wagen ungehindert fahren können. Das setzt voraus, daß Höhen abgetragen, Schluchten ausgefüllt und Steine beseitigt wurden. Wenn nicht Salomo, so wüßte man nicht, welcher der folgenden Könige nach der Reichsspaltung solche Straßen angelegt hätte. Allerdings findet sich gegenwärtig in Palästina keine Spur von diesem Straßenbau; allein wir wissen durch historische Zeugnisse, daß die Römer eine bequeme via militaris von Nord nach Süd angelegt haben, und doch bemerkt man von ihr jetzt nur geringe Spuren.


64 Vgl. o S. 80.


65 In dem Verzeichnis der Städte, welche Salomo bauen, d.h. befestigen ließ, I. Könige 9, 15 ff. fehlen gewiß mehrere, namentlich in Vers 18 zwischen תלעב, das im Benjaminitischen, und Thadmor, das ganz in Norden lag. Es fehlen auch Festungen, die Salomo ohne Zweifel im Süden von Jerusalem bis zum Hafen von Ailat anlegen ließ.


66 Folgt aus I. Könige 20, 34.


67 Das. 9, 19.


68 I. Könige 4, 6 ff.


69 Vgl. Note 16.


70 I. Könige 10, 24.


71 Das. 4, 20; 5, 5.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1908], Band 1, S. 300.
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