10. Der Schauplatz von Davids Wanderungen auf der Flucht, besonders in der Gegend westlich vom toten Meere und einem Teile der Wüste Juda; die Territorien des Negeb.

[390] Die Erforschung der topographischen Punkte Palästinas, welche in erfreulicher Weise um die Mitte des 19. Ihrdts. an Ort und Stelle angestellt [390] worden ist, ermöglicht es, die Angaben in den historischen Quellen zu prüfen und endgültig festzustellen; nur müssen diese Angaben recht verstanden werden. Namentlich können dadurch die Lokalitäten der Wanderungen Davids auf seiner Flucht vor Saul an der Westseite des toten Meeres genau fixiert werden. Denn merkwürdigerweise haben sich die alten Namen im Munde der Araber für einige topographische Punkte südlich von Hebron treu erhalten. Kaum zwei Stunden südlich von Hebron heißt eine Anhöhe Tell-Sif: eine Stunde südwestlich davon entfernt liegt ein Dorf Jutta; weiter südlich nach Osten zu liegt in einer fruchtbaren Oase das Dorf Kurmul, wieder eine Stunde südlich ist eine Anhöhe Tell-Main, Alle diese Namen erinnern an den Schauplatz von Davids Wanderungen. Indessen, Namen können täuschen und haben auch schon Forscher getäuscht, historische Schauplätze dahin zu verlegen, wo sie unmöglich gewesen sein können. Es ist hier nicht der Ort, solche Irrtümer aufzudecken. Aber bei den genannten Lokalitäten stimmt die heutige Benennung vollständig mit den anderweitigen Angaben von ףיז ,למרכ und ןועמ.

Bestimmen wir zunächst die Lage von Ziph und Karmel, weil diese den Ausgangspunkt bilden. Die Ziphäer verrieten Saul Davids Aufenthalt, und jener suchte ihn in Ziph auf und hätte ihn erreicht, wenn David nicht indessen einen anderen Schlupfwinkel aufgesucht hätte. Eusebius hat zwei Berichte im Onomastikon für die Lage von Ziph, die er nebeneinander stellt17. 1. [Ζίϕ] ... πλƞσίον Χεβρων ἀπὸ σƞμείων ή πρὸς ἀνατολάς, ἔνϑα ἐκρύπτετο Δαυίδ. 2. Ζείβ. ὄρος αὐχμῶδες ... τῆς Ζείβ, ἐν ᾧ ἐκαϑέσϑƞ Δαυίδ. ᾧ παράκειται Χερμαλά ... εἰς ἔτι νῦν κώμƞ Ἰουδαίων, ἔνϑα Νάβαλ ὁ Καρμήλιος. Die letztere Stelle gewinnt an Deutlichkeit durch Hieronymus' Übersetzung: Zif, mons squalidus vel caligans sive nebulosus juxta Zif, in quo sedit David propter Chermelam ... vicus hodie Judaeorum etc. Das Wort αὐχμῶδες, das Hieronymus in Ungewißheit dreifach übersetzt, ist die griechische Übersetzung für das hebräische Wort השרח, das öfter mit Ziph zusammen genannt wird. Die Entfernung von Hebron nach Ziph ist nicht allzu hoch angegeben, 8 römische Meilen = 13/5 geographische, wenn Ziph etwas südlicher als Tell-Sif gelegen hat. Unter dem ὄρος αὐχμῶδες, auf dem David geweilt, ist entschieden der 100-150 Fuß hohe Hügel Tell-Sif zu verstehen. Damit haben wir einen festen Ausgangspunkt gewonnen. Dieser Punkt ist in der Erzählung von Davids Schlupfwinkelleben zweimal bezeichnet, und durch eine Vergleichung beider Stellen wird die Beschreibung deutlicher.


I. Sam. 26, 1 ff.

[391] תעבגב רתתסמ דוד אלה רמאל התעבגה לואש לא םיפזה ואביו ןחיו ... ףיז רבדמ לא דריו לואש םקיו .ןומישיה ינפ לע הליכחה .רבדמב בשי דודו ... ןומישיה ינפ לע רשא הליכחה תעבגב לואש ... דוד םקיו ... הרבדמה וירחא לואש אב יכ אריו


I. Sam. 23, 19 ff.

ינמע רתתסמ דוד אלה רמאל התעבגה לואש לא םיפז ולעיו ומוקיו ... ןומישיה ןימימ רשא הליכחה תעבגב השרחב תודצמב ןימי לא הברעב ןועמ רבדמב וישנאו דודו לואש ינפל הפיז וכליו (עלסהמ) עלסה דריו דודל ודיגיו שקבל ... לואש ךליו ןומישיה .ןועמ רבדמ דוד ירחא ףדריו לואש עמשיו .ןועמ רבדמל בשיו וארק ןכ לע ... הזמ רהה דצמ ... דודו הזמ רהה דצמ לואש ךליו .תוקלחמה עלס אוהה םוקמל


Aus dieser Parallelisierung ergibt sich: 1. Der Hügel Chakhila ist identisch mit השרח oder שרח »der Wald, der Hügel,« dessen Spitze jetzt abgeflacht ist; er war wohl in alter Zeit mit Waldbäumen bewachsen. 2. Die nähere Bezeichnung »rechts von der Wüste« und »gegenüber der Wüste« bedeutet ein und dasselbe. Unter »Wüste« (ןומישי) ist hier die öde westliche Bergwand zu verstehen, welche das tote Meer einschließt. Von Tell-Sif aus erscheint sie sehr nahe, ist auch nur etwa drei Stunden davon entfernt. Dieselbe Bezeichnung kommt auch vor Numeri 21, 20; 23, 28. Die Orientierungspräposition ןימי oder ןימימ ist nicht absolut, sondern relativ vom Standorte des Erzählers. 3. Daraus folgt, daß der Hügel Tell-Sif identisch ist mit dem Hügel Chakhila. Es ist derselbe Waldhügel, der I. Sam. 23, 14-18 als Aufenthaltsort Davids angegeben ist: דודו ... ףיז רבדמב רהב בשיו תודצמב דוד בשי השרח דוד לא ךליו ... ןתנוהי םקיו ... השרחב ףיז רבדמב. Der רה, »Berg« in der Trift Ziph, und der »Hügel« Chakhila bei Ziph ist eine und dieselbe Anhöhe, nämlich Tell-Sif. [Vgl. Buhl S. 97 und Riehm-Bäthgen S. 564, 808, 1518.]

Mit diesem gewonnenen Ergebnis können wir uns weiter orientieren. Von Tell-Sif bis Tell-Main sind kaum drei Stunden. Dieser ist um mehr als 100 Fuß höher als jener, von Ruinen umgeben. Die Aussicht reicht von hier noch weiter, selbstverständlich erblickt man von hier aus die Einfassungsbergwand des toten Meeres. Dahin entfloh David, als Saul sich Ziph näherte, nämlich in die Trift Maon. Der Tell-Main muß also identisch sein mit dem »Berge«, den Saul umzog, um David zu ertappen, während dieser auf der anderen Seite war (23, 26). Er ist auch identisch mit dem »Felsen« עלסה (V. 25), von welchem David herabstieg, als sich Saul näherte. Da man im Hebräischen unmöglich sagen kann עלסה דריו, er stieg hinab zum Felsen, so muß man dafür lesen עלסהמ דריו, er stieg vom Felsen oder vom »Berge« herab, und zwar von Tell-Main. Dieser Felsen wird zum Schluß genannt תוקלחמה עלס, Fels der »Teilung« oder der »Steilheit«. Beides paßt auf Tell-Main. Wir haben also die alten Benennungen für die zwei Tells gewonnen, für Tell-Sif הליכחה תעבג und für Tell-Main עלס תוקלחמה. V. 24 muß ein wenig danach rektifiziert werden: ןומישיה ןימי לא הברעב ןועמ רבדמב וישנאו דודו. Das Wort הברעב hat hier keinen rechten Sinn, הברע oder תוברע wird speziell von der Gegend des Jordans und des toten Meeres gebraucht; hier paßt es also nicht. Es klingt auch [392] tautologisch רבדמב und הברעב. Da wir wissen, daß David vom Felsen herunterstieg, so muß er früher hinaufgestiegen sein. Man muß also dafür lesen entweder עלסב ןועמ רבדמב oder העבגב. [Anders Klostermann z. St.] Über die Bedeutung von הדוצמ oder תודצמ vgl. Note 14.

Wir sind also imstande, Davids Aufenthaltsorte genau zu bestimmen. Nach seiner Flucht aus Keïla im Westen zog er nach der entgegengesetzten Seite, hielt sich anfangs auf dem Hügel Chakhila oder Tell-Sif auf. Von den Ziphäern verraten, wurde er von Saul aufgesucht, zog sich südlich auf den Hügel oder Fels Machlekôt oder Tell-Main zurück und wäre beinahe in Gefangenschaft geraten, da Saul den Hügel umstellen ließ, wenn dieser wegen der Invasion der Philister nicht zum Abzug genötigt worden wäre. Nachdem Saul die Philister verjagt hatte, suchte er wieder David in der Gegend von Ziph-Maon auf. Die griechische Version hat zu 26, 4 ןוכנ לא לואש אב יכ noch den Zusatz ἐκ Κεειλά, als wenn Saul sofort nach errungenem Siege bei Keïla zur Verfolgung Davids geeilt wäre. Saul scheint also durch das Gebiet des Stammes Juda im Süden den kürzesten Weg eingeschlagen zu haben. Darum floh David nach der Wildnis En-Gedi. Dort erfolgte die Aussöhnung. David verblieb noch einige Zeit bei En-Gedi (24, 23), dann begab er sich nach Maon (25, 1); für ןראפ רבדמ haben LXX Μαών. Hier blieb er einige Zeit und zog hin und her zwischen Maon und Karmel (25, 7. 16). Auch in dem judäischen Jesreël muß er gewesen sein, da er von da eine Frau nahm (25, 43). Ob Saul ihn noch zum zweitenmal bis Ziph verfolgt hat, ist zweifelhaft. Denn die Erzählung in Kap. 26 hat viel Ähnlichkeit teils mit der ersten Erzählung von Ziph und teils mit der Szene in En-Gedi. In beiden Relationen werden Saul 3000 Mann beigegeben (24, 3 und 26, 2). Es haben vermutlich zweierlei Überlieferungen über Davids Überraschung durch Saul kursiert; die eine verlegte die Szene nach En-Gedi und die andere nach Ziph. Der spätere Historiker hat beide aufgenommen; aber da der Schauplatz in der zweiten Relation unbestimmt gehalten ist, so scheint die erstere treuer zu sein.

Aus der gewonnenen Orientierung bezüglich der Lokalitäten in Davids Geschichte läßt sich noch ein anderer Punkt aufklären. Von Nabal, dem Karmeliter, heißt es: (יבלכ) ובלכ אוהו (25, 3). Daß es ein Gentilnamen ist und nicht κυνικός, hat man längst erkannt. Aber man hat den Namen auf die Familie Kaleb zurückgeführt. Das ist aber entschieden unrichtig. Denn es ist unstreitig, daß die Kalebiten in Hebron gewohnt haben (schon angedeutet in Numeri 13, 22; 14, 24; Richter 1, 20; Josua 14, 13-14 und andere Stellen). Diese haben wohl schwerlich ihre erbgesessene Stadt verlassen, um sich südlich bei Maon anzusiedeln. Wenn wir auch nur dürftige Nachrichten über die Stammsitze haben, so kann doch als sicher gelten, daß jede Familie stationär in ihrem Ursitze blieb und nicht vagabundierend andere Wohnsitze aufsuchte. Noch heutigentags behaupten die arabischen Familien ihre einmal eingenommenen Striche und gehen nicht darüber hinaus, weil sie von den Nachbarn daran gehindert werden und etwaige Übergriffe stets zu ewigen Fehden führen. Zur Bestätigung dessen dient noch eine Notiz. Es hat einen Strich in dem an die Wüste streifenden Stammgebiete Judas gegeben, welcher die Wüste Kaleb genannt wurde (I. Sam. 30, 14): בלכ בגנ. Das Wort Negeb bedeutet in der hebräisch-geographischen Sprache den von Hebron südlich sich ausdehnenden Wüsten- und Triftenstrich, [393] welcher nur für Viehzucht und Nomaden geeignet ist. Dieser Strich Negeb erstreckte sich östlich bis zum toten Meere und westlich bis an die philistäische Ebene. Er wird im allgemeinen הדוהי בגנ genannt: innerhalb dieses Gebietes hatten einzelne kleinere Territorien noch besondere Namen. Ich erinnere nur an עבש ראב בגנ und בגנ יתרכה.

Negeb-Kaleb kann also nicht von den Kalebiten aus Hebron bewohnt gewesen sein. Es muß also von einer anderen Familie den Namen erhalten haben. Nun unterscheidet die Chronik zwei Personen Kaleb, einen Sohn Jephunes (I. 4, 15) und einen anderen, Sohn Chezrons, dessen Bruder Jerachmaël war (2, 42): לאמחרי יחא בלכ ינבו. An einer anderen Stelle nennt sie ihn יבולכ (das. 2, 9): תאו ... לאמחרי תא ... ןורצח ינבו יבולכ. In derselben Partie gibt die Chronik die Deszendenz der Nachkommen des Jerachmaël, ferner die des zweiten Bruders םר und endlich die des dritten Bruders Kaleb oder Kelubaï, durchaus verschieden von der Familie des berühmten Kaleb. Von den Nachkommen des wenig berühmten Kaleb nennt sie (2, 42) ףיז יבא אוה ורוכב עשימ לאמחרי יחא בלכ ינבו. Nach der Manier der Chronik bedeutet es, daß die Kalebi ten oder Kelubiten in, bei oder um Ziph wohnten. Diese Gegend hieß also בלכ בגנ, die Südtrift Kaleb. Nabal aus Karmel stammte von dieser Familie Kelub, und darum wird er Kelubi (יבולכ) genannt. Die Schreibweise des Namens scheint geflissentlich gewählt, um ihn von den Kalebiten in Hebron zu unterscheiden. Wir kennen demnach das Territorium des Negeb-Kaleb; es war nicht Hebron; denn dieser fruchtbare Strich kann nicht als Negeb bezeichnet werden, sondern die Gegend von Ziph, Karmel, Maon, Jutta, südlich von Hebron. [Vgl. Riehm-Bäthgen S. 254.]

So wie es ein בלכ בגנ, von der kalebitischen oder kelubitischen Familie benannt, gegeben hat, ebenso gab es ein ילאמחריה בגנ, nach den Jerachmaeliten genannt. Jerachmaël war ein Bruder des Kelub, d.h. beide Familien waren nahe verwandt. Negeb Jerachmaëli muß also nahe bei Negeb-Kaleb gelegen haben. Es scheint, daß es südlicher lag. Denn zweimal wird es mit ינקה בגנ zusammen genannt (I. Sam. 27, 10): ינקה בגנ (לעו) לאו ילאמחריה בגנ לע, und das. 30, 29: David sandte von der Beute Geschenke an die Bewohner der Städte ירעב רשאלו ילאמחריה ירעב רשאל יניקה. Liest man in demselben Verse statt לכרב mit LXX ἐν Καρμήλῳ, d.h. למרכב, so scheint in dieser Stelle die Richtung von Nord nach Süd eingehalten. Er sandte Geschenke nach Karmel, d.h. in das Gebiet des Negeb-Kaleb, dann südlicher in die Städte des Negeb-Jerachmaëli und endlich noch südlicher in das Gebiet des Negeb Keni. Es paßt dann darauf im darauffolgenden Verse המרחב רשאל, da Harma entschieden äußerst südlich gelegen war. Nebenher sei noch bemerkt, daß in II. Chr. 20, 16 statt לאורי רבדמ vielleicht zu lesen sein dürfte ילאמחרי דבדמ, nämlich identisch mit ילאמחריה בגנ.

Indessen wird es stets schwer halten, die verschiedenen Territorien des Negeb genau abzugrenzen, man muß sich schon mit relativen Ermittlungen begnügen. Um die relative Lage wenigstens zu sichern, muß man von יניקה בגנ ausgehen. Die Keni oder Jitri waren mit den Ismaeliten befreundet und wohnten unter ihnen, und zwar unter den Jehudäern. Zwei Schriftstellen deuten die Lage ihres Territoriums an, die eine (Numeri 24, 21), daß es in einer hohen Gebirgsgegend gelegen war, ... םישו ךבשומ ןתיא רמאיו ... יניקה תא אריו ךנק עלסב, [394] und die andere, daß sie Nachbarn der Amalekiter waren (I. Sam. 15, 6): ירס ... יניקה לא לואש רמאיו קלמע ךותמ יניק רסיו ... יקלמע ךותמ ודר. Auch der Ausdruck ודר »steigt hinab« spricht dafür, daß sie auf Höhen wohnten. Dieses Hochland der Keniter kann nicht an den Bergwänden des toten Meeres gewesen sein, weil diese unfruchtbar und unbewohnbar sind, und weil die Amalekiter mehr westlich in der Gegend des Berges Paran, in der Nähe von Kadesch-Barnea gehaust haben (o. S. 361). Die Amalekiter grenzten an das westliche Tih oder an רוש רבדמ, nahe an Wady el-Arisch (םירצמ לחנ). Folglich müssen die Keniter im Hochlande des Magrah, vielleicht im Gebirge des Azazimeh ihr Territorium gehabt haben. Abdah, das Aboda auf der Peutingerschen Tafel, mag ihr Hauptort gewesen sein. Diese Gegend liegt sehr hoch, 300-400 Fuß über den nahen Tälern.

Zur näheren Orientierung gehört noch die Ermittlung der ungefähren Lage von תפצ und המרח. Palmer glaubt Spuren derselben gefunden zu haben. Er fand nämlich Ruinen einer Stadt Sebaita auf einer Höhe, welche Magrah es-Sebaita genannt wird, zwischen der Stadt el-Augeh westlich und Abdeh östlich. Er beschreibt sie (Desert of Exodus 13, 374 f.) folgendermaßen: »Die Ruinen bestehen aus einer Stadt von 200 Yards lang und beinahe ebenso breit. Die Gegend ringsumher ist fruchtbar und zeigt Spuren von Obst-und Weingärten. Auch die Ruine eines hohen Turmes ist zu sehen, aus mächtigen Steinblöcken erbaut, sowie Überbleibsel von Kirchen.« Palmers Buch veranschaulicht die Ruinen durch Abbildungen. Er identifiziert Sebaita mit תפצ. Für die Bedeutung dieser Stadt zitiert er ein arabisches Sprichwort: »Es gibt nichts Größeres als el-Augeh und el-Abdeh, aber Esbaita ist größer als beide.« Um die Identität zu erhärten, zieht Palmer noch die hohe Festung el-Meschri feh unweit Sebaita heran, welche die ganze Gegend beherrscht; diese Festung sei eigentlich תפצ gewesen, welches, gleich הפצמ, a watch-tower, einen Wachtturm bedeute; el-Meschrifeh entspreche diesem in Lage und Wortbedeutung. [So auch Buhl a.a.O. S. 184.] Überzeugend ist zwar dies alles keineswegs. Aber es spricht dafür, wenn die Identität von Kadesch-Barnea mit Ain-Gadisch richtig ist (o. S. 359), daß die Israeliten, von Kadesch weiter nördlich hinaufziehend, von den Amalekitern und Kanaanitern bei Harma, d.h. Zephat, geschlagen wurden (Numeri 14, 45). Nun beträgt die Strecke von Ain-Gadisch bis Sebaita in gerader Linie etwa zehn Stunden Wegs. Folglich kann Zephat-Harma mit Sebaita identisch sein. Aus einer Stelle in Richter, die weiter beleuchtet werden soll, ergibt sich, daß sich die Keniter unter den Jehudäern nicht weit von Zephat angesiedelt haben. Daraus würde folgen, daß ihr Territorium etwa in der Mitte des Hochlandes Magráh lag. Das war also בגנ יניקה: folglich lag ילאמחריה nördlich davon und noch nördlicher um Ziph, Karmel und Maon בלכ בגנ. Palmers Abgrenzung der Territorien des Negeb (das. p. 425 f.) ist unrichtig, weil er von falscher Voraussetzung ausgeht. Er bringt das Gebiet der Kelubiten mit Hebron und Kaleb in Verbindung und sucht nicht als Mittelglied die Lage der Keniten zu bestimmen. Er zitiert noch dazu einen Schriftvers falsch und zieht dar aus eine Folgerung, die selbstverständlich falsch ist. »Again, Maon, Carmel, Ziph and Jutta, are mentioned among the uttermost cities of the tribe of ... Judah ... in the Negeb« (Josua 15, 55). Das ist ein Versehen, diese Städte werden im Gegenteil zu den[395] Gebirgsstädten gezählt, die 29 Städte des Negeb dagegen werden das. VV. 21-32 aufgezählt. Den Eingang dieser Schriftstelle wollen wir jetzt in Betracht ziehen; er wird uns nicht bloß Aufschluß über das Territorium דרע בגנ, sondern auch über ein dunkles Faktum geben, das sich daran knüpft. Die von Palmer aufgestellte Einteilung des Landstriches Negeb (p. 426) ist zum Teil ganz unrichtig und zum Teil zweifelhaft:

1. In the low country north and west of Beersheba we can recognise the Negeb of the Cherethites (בגנ יתרכ). 2. In the hill-country south of Hebron the outposts of the hills of Judah we can identify the Negeb of Judah, and the ruined sites of Tell Sif, Main and Kurmul indicate exactly the locality of the Negeb of Caleb. 3. Tell Arad and its adjacent plains form the Negeb of the Kenites, which extended, probably, to the southwestern end of the dead Sea. 4. The next portion of the plateau, that bounded on the north by Wady Rakhmeh and on the south by Wadies el'Abyadh, Marreh and Madérah, represents the Negeb of Jerahmeel. Auf die letzte Identifikation kam Palmer einzig und allein durch die Lautähnlichkeit des Tales Rakmeh mit לאמחרי. Aber solche Schallanklänge täuschen gar zu sehr.

Robinson ließ sich auch von einer solchen Klangähnlichkeit verleiten, Tell-Arad mit דרע zu identifizieren; aber das kann nicht richtig sein. Er berief sich dabei (Palästina III, S. 12, Anm.) auf das Zeugnis von Eusebius' Onomastikon, welches angeblich Arad auf 20 römische Meilen von Hebron entfernt ansetzt, und so weit (= 8 Kamelstunden) ist von Tell-Arad nach Hebron. Aber das ist falsch. Eusebius setzt diese Entfernung nicht für Arad, sondern, wie es scheint, für המרח. Die Angabe lautet nämlich (ed. Lagarde p. 214, 55: Ἀράδ, πόλις Ἀμοῤῥαίων, παρακειμένƞ τῇ ἐρήμῳ καλουμένῃ Κάδƞς κτλ. Es muß wohl dafür Ἀραμά = המרח gelesen werden. Denn wie käme Eusebius darauf, Arad mit der Wüste Kadesch in Verbindung zu bringen? In Hieronymus' Übersetzung lautet zwar das Stichwort Arath [in der ed. Klostermann 25, 1 steht Arad im Texte]; aber das ist immer noch nicht Arad, sondern scheint auch hier verschrieben zu sein.

Nach genauer Erwägung der Schriftverse ergibt sich nämlich, daß Arad nicht mit Tell-Arad identisch und nicht vier Meilen oder acht Stunden südlich von Hebron gelegen haben kann. In Josua (Kap. 15), wo die Städte des Stammes Juda aufgezählt werden, wer den sie in vier Gruppen eingeteilt: 1. בגנב, 2. הלפשב (V. 33), 3. רהב (V. 48) und 4. רבדמב (V. 61 ff.). Zur ersten Gruppe gehören 29 Städte, und es wird dabei bemerkt (15, 21), daß sie an der Grenze von Edom gelegen haben: לובג לא הדוהי יגב הטמל הצקמ םירעה ויהיו 'וגו רדעו לאצבק הבגנב םודא. Statt רדע hat die griechische Version (Vaticanus) Ἀρά; dieses ist unstreitig verstümmelt für Ἀράδ = דרע. Arad war also an der Grenze von Edom gelegen. Mag diese auch noch so weit ausgedehnt gedacht werden, unmöglich kann sie bis ganz nahe zu Hebron gereicht haben. Allerdings ist dieser Beweis nicht entscheidend. Aber es gibt noch entscheidendere. Zweimal ist in Numeri angegeben, daß der König von Arad, der in Negeb wohnte, den Israeliten entgegenzog und sie besiegte, und daß dann Israel später Rache an ihm nahm und einen Ort Harma = המרח nannte. Dieser Zug der Israeliten zum Eindringen ins Land Kanaan kann nur von Kadesch aus erfolgt sein, von dessen Aufenthalt vorher die Rede ist. Wäre Arad unweit Hebron gelegen, d.h. von Kadesch beinahe [396] drei Tagereisen entfernt, so wäre es ganz undenkbar, daß der König dieses Ortes sogleich Nachricht von dem Eindringen der Israeliten erhalten hätte und ihnen so weit entgegengezogen wäre.

Gehen wir näher ein auf diese Erzählung von der anfänglichen Niederlage und dem späteren Siege der Israeliten über den König von Arad, so wird sich dar aus noch entschiedener herausstellen, daß der Ort an der Grenze gelegen haben muß und nicht so tief im Binnenlande des Stammes Juda. Die in dieser Erzählung tradierte Begebenheit muß ein wichtiges Faktum gewesen sein, da sie zweimal erzählt wird. Sie ist entschieden einerlei mit dem in Richter erzählten Faktum von dem Siege des Stammes Juda im Verein mit Simeon über den König von Arad (1, 16-17), wie schon einige Kritiker bemerkt haben: ריעמ ולע ... יניק ינבו בשיו ךליו דרע בגנב רשא הדוהי רבדמ הדוהי ינב תא םירמתה תפצ בשוי ינענכה תא וכיו ויחא ןועמש תא הדוהי ךליו םעה תא .המרח ריעה םש ארקיו התוא ומירחיו Ganz ebenso lautet der Schluß in Numeri (21, 3): (םדיב) ינענכה תא ןתיו המרח םוקמה םש ארקיו םהירע תאו םהתא םרחיו. Was in der letzten Stelle im allgemeinen von den לארשי ינב erzählt wird, wird in der ersteren auf die Stämme Juda und Simeon reduziert. Allerdings scheint in Richter das Faktum nach dem Einzug ins Land angesetzt zu sein, während es in Numeri im letzten Jahre der Wüstenwanderung angesetzt wird. Allein es besteht kein Widerspruch zwischen beiden Relationen; auch in Richter kann sie nur von der Zeit der Wüstenwanderung vor dem Einzug handeln.

Die Keniter sind hier mit hineingezogen, daß auch sie mit dem Stamm Juda hinaufgezogen sind und mit diesem Negeb-Arad besetzt haben. Wohl ist zu beachten, woher sie ausgezogen sind: von der Palmenstadt (םירמתה ריעמ); das kann unmöglich Jericho bedeuten; denn die Keniter haben zu keiner Zeit da gewohnt. Es kann nur Zoar, die Palmenstadt (ריע רעצ םירמתה), bedeuten (vgl. Frankel-Graetzs Monatsschrift, Jahrg. 1872, S. 337 f.). Zoar lag unstreitig in der Oase im Südwesten des toten Meeres, in Ghor es-Safieh. Also die Keniter zogen zusammen mit Juda und Simeon von dem Südostrand des toten Meeres in das Gebiet von Arad. Soll dieser Zug nach der Einnahme des Landes stattgefunden haben? Aber dann sind ja die Stämme Juda und Simeon bereits im Besitze des Landes gewesen. Wären die Keniter nicht dabei genannt, so könnte man annehmen, daß die beiden Stämme vom Norden aus, von Hebron, nach Arad und Zephat-Harma gezogen wären, und zwar um auch dieses Territorium zu erobern; allein zusammen mit den Keniten und von Zoar, von Süden aus, können sie ja unmöglich nach dem Einzug eingedrungen sein. Das Faktum ist durchaus historisch, da es an drei verschiedenen Stellen erzählt wird, nur in Richter umständlicher und individueller. Es ist also nur denkbar, wenn die zwei Stämme im Vereine mit den Keniten von Süden aus, teils vom Südende des toten Meeres und teils von Kadesch aus, in das Land Kanaan eingedrungen sind, zuerst Negeb-Arad besetzt und dann, weiter vordringend, auch Zephat-Harma eingenommen haben. Dieser Zug muß also vor dem Übergang über den Jordan und der Einnahme des Landes Kanaan stattgefunden haben, und zwar, wie in Numeri angegeben ist, im 40. Jahre der Wüstenwanderung. Die Relation in Richter ist als Plusquamperfektum aufzufassen. Die Keniter waren mit Juda (und Simeon) aus der Palmenstadt Zoar nach Arad gezogen. Juda und Simeon hatten die kanaanitischen [397] Bewohner von Zephat geschlagen, die Stadt Harma genannt und so das Land in Besitz genommen.

Durch diese Ermittlung der Zeit dieses Ereignisses stellt sich eine neue Tatsache heraus, daß nämlich ein Teil der Israeliten, speziell der Stamm Juda und Simeon – oder ein Teil derselben –, in Verbindung mit den Keniten im 40. Jahre der Wüstenwanderung in den Süden des Landes Kanaan eingedrungen sind. Verbinden wir nämlich beide Relationen von Numeri und Richter – und dazu sind wir berechtigt –, so scheint der Vorgang folgendermaßen gewesen zu sein. Nachdem Edom den Gesamtisraeliten den Durchzug durch sein Land von Kadesch aus verweigert hatte, wendeten sie sich im 40. Jahre von dieser Stadt aus südlich und gelangten zum Berge Hor (bei Petra), nach Numeri 20, 14-22, um die ganze Araba südlich zu durchziehen und von Ezion-Geber aus die östliche Straße einzuschlagen. Ein Teil des Stammes Juda und mit ihm Simeon – der Wanderungen müde – wollten von Kadesch aus den Durchzug in dem Süden von Kanaan erzwingen, gerade wie es ein Teil der Israeliten im zweiten Wanderjahre versucht hat (Numeri 14, 40 ff). Sie trennten sich also von den übrigen Stämmen. Während diese südwärts zogen, zogen jene nordwärts. Sie hatten sich mit den Keniten von Zoar verbunden. Diese drei Stämme zogen den Weg der Karawanen, םירתאה ךרד18, der noch heute von Petra nach Hebron führt. Der König von Arad zog ihnen aber entgegen und schlug sie. Sie waren aber nicht entmutigt wie im zweiten Jahre, sondern sammelten sich wieder und drangen abermals vor, eroberten Arad, setzten sich darin fest, stießen dann auf die Stadt Zephat, nahmen sie ebenfalls ein, zerstörten sie und vertilgten die Bewohner, und die Keniter siedelten sich unter ihnen an in Negeb-Arad. So ergänzen beide Relationen einander. Sie sprechen beide von demselben Faktum und von derselben Zeit, nämlich vom letzten Jahre der Wüstenwanderung.

Es folgt also daraus, daß sich der Stamm Juda oder ein Teil desselben mit Simeon von den übrigen Stämmen getrennt und einen eigenen Einzug ins Land vom Süden aus unter schweren Kämpfen gehalten hat; daher ist die Tatsache erklärlich, daß der Stamm Juda – immer zugleich mit Simeon – eine Sonderexistenz geführt, gewissermaßen einen Sonderbund gebildet hat. Daher ist in der Richterzeit wenig von ihm die Rede (vgl. o. S. 376). Er stand in näherer Beziehung zu den Keniten als zu den übrigen Stämmen.

Da die Keniter mit den Judäern im Territorium von Arad gewohnt haben und anderseits auch Nachbarn der Amalekiter waren (o. S. 394 f.), so kann דרע בגנ nicht einige Stunden südlich von Hebron gesucht werden, [398] sondern vielmehr südlich, noch südlicher als Beerseba, und zwar an der Grenze von Edom (o. S. 397). Man darf nicht unbeachtet lassen, daß Beerseba die letzte Stadt des Stammes Juda genannt wird, d.h. daß Judäer nur bis dahin ausschließlich und dicht gewohnt haben, weiter südlich aber waren sie mit anderen Stämmen untermischt. Wenn auch Harma (Zephat), Kadesch und auch Arad als Städte des Losgebietes Juda aufgezählt werden, so folgt daraus noch nicht, daß sie wirklich im Besitz der Judäer waren; diese und andere waren bloß Anspruchsstädte.

Das Territorium von Negeb Jehuda umfaßte also mehrere Parzellen. Es begann südlich von Hebron und reichte fast bis zum Saum der Wüste et-Tih. 1. Negeb Kaleb im nördlichsten Winkel (Ziph, Karmel, Maon, Jutta). 2. Negeb Jerachmaëli südlich davon. 3. Negeb Keni noch südlicher. 4. Die Wüste Kadesch ganz an der südlichsten Grenze (Numeri 13, 22; Ps. 29, 8). 5. Die Wüste Beerseba nach Westen zu. 6. Negeb Khreti, noch westlicher, fast bis ans Mittelmeer, südlich von Gaza. 7. Die Wüste Zin, östlich bis an das Seïrgebirge. Die Wüste Paran ist identisch mit der Wüste Kadesch (o. S. 360).


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1908], Band 1, S. 390-399.
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