Persönlichkeit und Reich des Dionysios

[161] »Es scheint widersinnig und Wahnwitz, daß ein beliebiger Syrakusaner ohne Ansehen und Herkunft, wie Dionysios, nach der Monarchie gestrebt hat; aber er hat alle Mittel ergriffen, die ihm diese Macht verschaffen konnten, und hat Syrakus behauptet, alle Griechenstädte auf Sizilien unterworfen und sich eine solche Macht zu Lande und zur See geschaffen, wie nie ein Mann vor seiner Zeit.« So faßt Isokrates das Urteil über den Tyrannen zusammen286. Keine Persönlichkeit hat den Zeitgenossen einen so mächtigen und zugleich einen so unheimlichen Eindruck gemacht wie Dionys. Mit Abscheu sahen die griechischen Republikaner, die Idealisten wie die begehrlichen Massen des Pöbels und der Reichen, denen die Freiheit nur das Schlagwort war, unter dem sie den Staat für sich ausbeuten wollten, auf den Gewalthaber, der Jahrzehnte lang unumschränkt über Leben und Eigentum vieler Tausende griechischer Bürger schaltete; und voll Entrüstung vernahmen sie, wie er eine Stadt nach der anderen knechtete, ja nicht wenige vernichtete. »Zahlreiche Städte sind durch die Tyrannen zerstört«, ruft Lysias im J. 388 den Hellenen zu287; »Italien ist verwüstet, Sizilien geknechtet«, klagt Isokrates im J. 380. Nur wer kühl die Dinge nahm, wie sie lagen, und lediglich die praktischen Aufgaben der Politik verfolgte, wie Sparta, konnte mit dem Tyrannen Hand in Hand gehen. Dagegen auch die modernen Theoretiker, welche in der Monarchie eine ideale, ja selbst die höchste Gestaltung des Staats anerkannten, vermochten sich doch mit der Art, in welcher Dionys die Herrschaft führte, nicht zu befreunden: für sie blieb er der Typus des brutalen Egoisten und sein Staat das Gegenbild jeder wahren Staatsverfassung. Und doch konnte man sich der Empfindung nicht verschließen, daß hier eine ganz außergewöhnliche Leistung vorlag: inmitten der immer verzweifelteren Gestaltung der hellenischen Welt hatte sich hier und hier allein eine wirkliche festgegründete [162] Macht erhoben, welche in gewaltigen Kämpfen sich behauptete und ständig anwuchs, während ringsum alles zusammenstürzte, selbst die Macht von Sparta, die der des Dionys am nächsten verwandt schien. Nicht nur die Begehrlichkeit schaute bewundernd und neidisch auf zu dem allmächtigen Tyrannen, nicht nur rief sein Beispiel in den Wirren der Zeit alsbald aller Orten Nachahmer hervor, die mit mehr oder weniger Beruf und Erfolg in ihrem Kreise es ihm gleichzutun suchten, sondern auch bei ruhigen, der politischen Tätigkeit fern stehenden Beurteilern mischte sich, oft halb unbewußt, Bewunderung in den Abscheu. Je mehr Isokrates' politische Einsicht wuchs, je mehr er die ausschlaggebende Bedeutung der Macht für die Verwirklichung des hellenischen Ideals erkannte, das in seinem Herzen lebte, desto mehr hat er Dionys' Bedeutung würdigen gelernt; und Plato hat, als er am Ende seiner Laufbahn in die praktische Politik einzugreifen gezwungen war, gerade der nationalen Bedeutung des Tyrannen die volle Anerkennung nicht versagt (o. S. 84)288.

Dionys war eine geborene Herrschernatur; von vielseitigster Begabung, ein tüchtiger Feldherr, ein vorzüglicher Organisator, immer erfinderisch in neuen Kombinationen und Auswegen, dabei tapfer und unverzagt auch in den schwierigsten Lagen, von unermüdlichem Tätigkeitsdrange – »möge ich nie in die Lage kommen, freie Zeit zu haben«, ist einer seiner Aussprüche –, geistreich und voll witziger Einfälle, ein Freund lebendig angeregten Gesprächs. Er war ein durch und durch moderner Mensch, so aufgeklärt wie nur einer, im guten wie im bösen Sinne. Die Macht zu gewinnen und zu behaupten war das Ziel, dem all sein Tun diente, und dafür war ihm, wie Alkibiades, wie Lysander und Agesilaos und so vielen Kleineren, jedes Mittel recht. Nur eine Leidenschaft kannte er außer dem politischen Ehrgeiz: er wollte ein großer Dichter sein, der Erbe des Euripides, des Ideals der modernen Weltanschauung, den er in seinen Tragödien ebenso [163] nachgeahmt hat wie Kritias. Mit der Empfindlichkeit fürstlicher Dilettanten ließ er seinem Groll freien Lauf gegen jeden, der seinen Dichtungen das Lob versagte, mochte es auch der gefeierte Dithyrambiker Philoxenos sein; und manchen politischen Erfolg hätte er hingegeben, wenn er dafür die Anerkennung des Publikums und vor allem Athens errungen hätte. Sonst aber hatte er seine Triebe völlig in seiner Gewalt; nie hat er sich irgendwelche Ausschweifungen gestattet. Von Natur war er weder grausam noch habgierig; gegen Rhegion hat er seiner Rache freien Lauf gelassen, sonst aber hat er nach seinen Siegen viel eher Milde geübt und den Gegnern verziehen, wo es möglich war, und auch ein freies Wort hat er sich nicht selten gefallen lassen. Aber all sein Tun ist beherrscht von der Staatsraison die Grundsätze Machiavellis hat er durchgeführt wie nur irgendeiner der Usurpatoren und Monarchen, welche die Staaten des modernen Europa geschaffen haben. Die Gefängnisse in den Steinbrüchen füllten sich mit Gefangenen; wer verdächtig war, mußte fallen, auch wenn er ihm nahe stand; und wo es nötig war, hat er die Städte ebenso rücksichtslos vom Erdboden vertilgt, wie er das Tempelgut in die Staatskasse abführte. Mit seinen beiden Frauen lebte er in dauernder Eintracht; aber die Mutter der Doris hat er töten lassen, weil er sie im Verdacht hatte, durch Zauber die Aristomache unfruchtbar gemacht zu haben; und sei nen ältesten Sohn289 und Erben wagte er nicht in die Staatsgeschäfte einzuführen, damit er ihm nicht gefährlich werde. Wenn ein Fürst keine Freunde haben kann, so ein Usurpator am wenigsten. »Dionysios«, sagt Plato, »der in seiner Klugheit ganz Sizilien in eine einzige Stadt zusammengebracht hat, hat sich mit Mühe dadurch erhalten, daß er niemand traute; denn er war arm an Freunden und Getreuen.« Je länger er lebte, desto tiefer schlugen Argwohn und Menschenverachtung in seiner Seele Wurzel: er sah in den Menschen, die sich um ihn drängten, nichts als hartgesottene Egoisten, die ihm dienten und schmeichelten, weil er die Macht hatte, und jede Gelegenheit ergreifen würden, ihn zu betrügen, und ihm den Dolch in die Brust zu stoßen, wenn [164] er sie nicht gewaltsam niederhielt. Er selbst hat die Qualen des freudlosen Lebens empfunden, das er sich bereitete: die Anekdote vom Schwert des Damokles gibt dem Ausdruck, und auch in dem Schluß der Erzählung von der Bürgschaft hat die Legende diese Stimmung, die Sehnsucht nach einem Freunde, zu Wort kommen lassen. Aber er konnte aus seiner Stellung nicht heraus. Er hatte so viel erlebt und so viel geleistet, daß er mit seinem kühl rechnenden Verstande auf alle anderen Menschen voll Geringschätzung herabsah. Sie konnten ihm nichts raten und nichts helfen; und wenn ihm einmal eine selbständige, freidenkende Persönlichkeit gegenübertrat, so konnte er sie erst recht nicht gebrauchen. Wenn Plato, der um das J. 388 nach Syrakus kam (u. S. 489), mit Dionys in persönliche Berührung getreten ist, so mußte dieser gegen ihn die gründliche Abneigung empfinden, mit der Napoleon die Ideologen verfolgt hat. – Dadurch kommt ein kleinlicher Zug in sein Wesen; zu den wahrhaft großen Gestalten der Weltgeschichte gehört er nicht, trotz seiner gewaltigen Leistungen. Weder den großen Staatsmännern Athens wie Themistokles und Perikles kann man ihn trotz aller Verwandtschaft gleichstellen noch den großen Königen Makedoniens, Philipp und Alexander. Aber wenn hier der Fluch der Illegitimität nachwirkt, den nie ein Usurpator hat überwinden können, selbst Caesar nicht, so darf er auch mit Alkibiades nicht verglichen werden; er gehört, so sehr er sie nach anderer Seite überragt, seiner Persönlichkeit nach in die Klasse der Lysander und Agesilaos oder Ludwigs XI., Heinrichs VII., Karls V. und ihrer Genossen. Ihm fehlt die höchste, geheimnisvolle Weihe des Genius, die allein auf die höchsten Höhen der Menschheit führt. Das tritt auch in seinen Taten hervor. Wie er den Sieg über Rhegion und die politisch notwendige und moralisch begreifliche Rache an der Stadt durch die brutale Mißhandlung des Phyton geschändet hat, wie Karl XII. seine Siege durch die Rache an Patkul, so hat er trotz staunenerregender Anstrengungen und Erfolge und unzweifelhafter großer strategischer und organisatorischer Begabung dennoch fast nie einen entscheidenden Sieg errungen und sein letztes Ziel, die Herrschaft über ganz Sizilien, nicht erreicht. Das ist doch nicht nur die Wirkung der unzähligen [165] Zufälle, die jede militärische Entscheidung beeinflussen; vielmehr erhält man den Eindruck, daß eben seine Vielgeschäftigkeit, seine Erfindsamkeit in immer neuen Mitteln ihm den Blick für das sicher Erreichbare getrübt hat. Schwerlich wird man Dionys als Strategen auch nur in weitem Abstande mit Hannibal oder Caesar auf eine Linie stellen dürfen290.

Auch Dionysios' Reich trägt dieses Doppelantlitz. Ihm war die Aufgabe gestellt, einen großen, widerstandsfähigen und wehrkräftigen Staat mit Syrakus als Mittelpunkt zu schaffen, der die nationale Existenz der Griechen im Westen retten und für die Zukunft sichern konnte. Diese Aufgabe hat er erfüllt. Aber er konnte es nur, indem er die Grundlage des griechischen Staats aufhob, die Autonomie der Einzelgemeinde. Dionys stand vor demselben Problem, welches Athen im fünften Jahrhundert, welches gleichzeitig Sparta und dann Athen zum zweiten Mal und wieder in anderer Weise Korinth und Argos (u. S. 243), die Olynthier, Thebaner, Arkader und so manche andere und in Latium und bald in ganz Italien Rom zu lösen suchte. Der natürlichste Weg schien den Griechen die Herrschaft einer Stadt, welche all die anderen Gemeinden in Abhängigkeit hielt und ausbeutete; aber das machte eine volle Ausnutzung ihrer Wehrkraft unmöglich, wenn man nicht, wie Sparta, zu einem Zwangssystem greifen wollte, welches sich auf die Dauer doch nicht behaupten konnte. Der andere Weg, der der freien Föderation, erwies sich überall alsbald als kraftlos und den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechend; die Union aber scheiterte, auch wo sie wie in Arkadien nach der Schlacht bei Leuktra freien Spielraum hatte, an dem unüberwindbaren Widerstand des Partikularismus. [166] Die erfolgreichste Lösung hat Rom gefunden, indem es die verschiedensten Formen der Inkorporation, Föderation und Kolonisation nebeneinander benutzte und innerhalb derselben die lokale Autonomie der abhängigen Gemeinden wahrte, aber die politische Leitung an sich nahm und von Bürgern und Bundesgenossen gleichmäßig die volle Hingabe ihrer Wehrkraft für das gemeinsame Ziel forderte. Dieser Weg war in der griechischen Welt kaum gangbar; das Selbstgefühl der Einzelgemeinden war zu stark entwickelt, als daß Herrscher wie Beherrschte die Konzessionen hätten machen können, die dazu erforderlich waren. Wir haben gesehen, wie die attische Demokratie den Gedanken zwar erwogen, aber niemals ernstlich auszuführen versucht hat; und Olynth, Theben und andere, die ihn zu betreten versuchten, sind nach kurzem Erfolge gescheitert. Dionys hat den radikalsten Weg eingeschlagen: er hob die Einzelgemeinden auf und verpflanzte die Einwohner in die eine Großstadt Syrakus. Zwar wurde auf dem einverleibten Gebiet eine Reihe von Militärkolonien angelegt, und um Syrakus gruppierten sich mehrere nominell verbündete Gemeinden, Agrigent, Gela, Kamarina, eine Anzahl von Sikelerstädten wie Assoros, Agyrion, Kentoripa, Herbita, ferner Lokri, vielleicht auch Kroton. Im einzelnen fehlt uns über die politische Organisation seines Reichs jede Kunde; wie es aber um die Autonomie dieser Gemeinden bestellt war, spricht sich deutlich darin aus, daß unter Dionys' Herrschaft keine von ihnen Münzen geprägt hat, abgesehen von vereinzelten Kupferprägungen; in dem ganzen von ihm abhängigen Machtgebiet galt ausschließlich das Geld von Syrakus. Ohne Zweifel haben auch in allen Bundesstädten Vögte des Herrschers das Regiment geführt. Syrakus selbst war jetzt zwar die größte Stadt von Hellas und vielleicht der Welt überhaupt; und dem Namen nach gebot sie über ein großes Reich. Aber mochte auch der Schein der Volksfreiheit und der Souveränität des Demos aufrechterhalten sein, tatsächlich waren ihre Bürger dem Willen des Despoten ebenso vollständig untertan wie jeder andere Bewohner seines Reichs. Ein Staat im griechischen Sinne war Syrakus nicht mehr. Die Bevölkerung war aufs gründlichste durcheinander geworfen, die Besitzverhältnisse revolutioniert, Alteingesessene [167] und Fremde, Herren und befreite Knechte, Hellenen und Barbaren zu einer neuen Bürgerschaft verbunden, die tatsächlich politische Rechte nicht mehr besaß. Eben darum konnte Dionys aber auch wohl ihre Steuerkraft bis aufs äußerste anspannen, aber nicht ihre Wehrkraft; nur mit großer Vorsicht durfte das Bürgerheer für den Krieg verwendet werden. Nur durch Zwang konnte dieser Staat zusammengehalten werden; seine feste Stütze war das Söldnerheer des Tyrannen, in dem sich, wie im Heer der Karthager, alle Nationalitäten in buntem Gemisch zusammenfanden, Griechen von Ost und West, namentlich aber aus dem Peloponnes, Sikeler und Kampaner, Iberer und Kelten. Und diese Leute mußten nicht nur reich besoldet, sondern auch versorgt werden, wenn sie ausgedient hatten: immer aufs neue hat Dionys Veteranen angesiedelt und dadurch die von ihm zerstörten Städte wiederhergestellt. So war er, der Vorkämpfer und Retter der Hellenen des Westens, gezwungen, die Feinde der hellenischen Nationalität zur Festigung seiner Herrschaft zu benutzen. Während unter seinem Regiment die Hellenisierung der Sikeler sich vollendete, hat er Kampaner in Massen nach Sizilien geführt, ebenso wie sein Krieg gegen den Italiotischen Bund das Vordringen der Lukaner begünstigt hat291.

Trotz dem allem durfte Dionysios sich sagen, daß er seine Berechtigung erwiesen habe, die Herrschaft zu führen. Die Verhältnisse hatten sich so gestaltet, daß es keinen anderen Ausweg mehr gab als das persönliche Regiment; und dies ließ sich in anderen Formen nicht durchführen. In einer seiner Tragödien hat[168] er die Tyrannis als »Mutter des Unrechts« bezeichnet; aber seinen Töchtern gab er die Namen 'Gerechtigkeit', 'Selbstbeherrschung' und 'Tugend' (Dikaiosyne, Sophrosyne, Areté). Der Mitwelt klang das wie Gotteslästerung; in Wahrheit hat er damit dem Bewußtsein lebendigen Ausdruck gegeben, daß er trotz all seiner Gewalttaten und all seiner engherzigen Polizeimaßregeln dennoch ein sittliches Prinzip vertrat, das besser berechtigt war als alle Phrasen, die man ihm entgegenhielt. Er hatte alle Schwierigkeiten siegreich überwunden. Zu einer republikanischen Erhebung ist es nach 396 nicht wieder gekommen; die republikanische Gesinnung mochte in der Bürgerschaft weiterleben, aber ihre Kraft, längst geschwächt durch die Verwilderung des sizilischen Lebens, wo die materiellen Interessen und die zügellose Genußsucht den Bürgersinn erstickten, war jetzt vollständig und für alle Zukunft gebrochen. Nicht mehr von den Untertanen und den äußeren Feinden drohte seinem Werke Gefahr, sondern nur noch von seiner nächsten Umgebung, von seinen Gehilfen und Verwandten. Auch hier hat Dionys jede Opposition, die bedrohlich werden konnte, energisch niedergehalten. Sein Bruder Leptines (vgl. o. S. 157), sein Schwager Polyxenos wurden von ihm verbannt und mit ihnen Philistos, der getreueste seiner Gehilfen, der bis dahin den wichtigsten Vertrauensposten eines Kommandanten der Burg von Syrakus bekleidet hatte; er war ihm verdächtig geworden, weil er sich ohne sein Vorwissen mit Leptines' Tochter vermählt hatte. Leptines wurde nach einiger Zeit wieder zu Gnaden aufgenommen (o. S. 157); Philistos mußte bis zum Tode des Herrschers im Exil in Adria bleiben (o. S. 156)292. – Dionys konnte sich der Überzeugung hingeben, ein Dauer verheißendes Werk geschaffen zu haben. »Mit Ketten von Stahl«, rühmte er, habe er sein Reich gefesselt; ohne [169] irgendwelche Erschütterung ging bei seinem Tode 367 die Herrschaft auf seinen Sohn über. In der ruhigeren Zeit nach der Eroberung Rhegions und in den letzten Jahren seiner Regierung, wo der Friede nur noch einmal durch den Karthagerkrieg von 368 unterbrochen wurde (u. S. 485), hat Dionys viel zur Hebung von Syrakus getan und nicht nur den Bau der Festungswerke, Häfen und Arsenale fortgesetzt, sondern die Stadt auch mit Tempeln, breiten Straßen und Säulengängen geschmückt und in der Anaposebene ein großes Gymnasion gebaut293. Wenn die Verhältnisse sich weiter festigten, wenn die alte Generation abgestorben war und die Bevölkerung sich eingelebt hatte in die neue Ordnung, dann mochten die Schattenseiten zurücktreten und die Nachwelt dankbar auf das Andenken des Mannes zurückblicken, der den mächtigsten und am festesten gefügten aller hellenischen Staaten geschaffen hatte. Aber es ist anders gekommen. Freilich nicht durch eigene Kraft haben die Syrakusaner die Freiheit zurückgewonnen; trotz der Schwäche des Thronfolgers war von hier aus eine Gefahr nicht zu befürchten. Dionys' Reich ist zerschellt an der Macht, auf die der Herrscher vor allen anderen mit Geringschätzung herabblickte, an der Macht der Idee. Sein Werk zu zertrümmern ist sie stark genug gewesen; etwas Neues an seine Stelle zu setzen hat sie nicht vermocht. Und so hat der Ausgang erwiesen, daß der Weg, den Dionysios eingeschlagen hat, dennoch der allein berechtigte gewesen ist.


Quelle:
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums. Darmstadt 51965, Bd. 5, S. 161-171.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Knigge, Adolph Freiherr von

Über den Umgang mit Menschen

Über den Umgang mit Menschen

»Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.« Adolph Freiherr von Knigge

276 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon