Vormittagssitzung.

[7] [Der Angeklagte Dr. Seyß-Inquart im Zeugenstand.]


MR. THOMAS J. DODD, ANKLÄGER FÜR DIE VEREINIGTEN STAATEN: Herr Vorsitzender! Ich möchte die Angelegenheit aufklären, die ich gestern im Zusammenhang mit den Aufzeichnungen über die Besprechung zwischen diesem Angeklagten und Hitler zur Sprache gebracht habe. Ich habe eine Untersuchung anstellen lassen und glaube, folgende Tatsachen feststellen zu können: Der Angeklagte hatte anscheinend Oberst Williams, von dem er Ende Oktober verhört wurde, diese Aufzeichnungen übergeben. Sie sind jedoch niemals in unsere Akten gelangt, sondern wurden verlegt. Der Angeklagte hatte also ganz recht, wenn er sagte, daß er sie übergeben habe, er irrt sich jedoch, wenn er behauptete, daß er sie mir ausgehändigt habe.

DR. GUSTAV STEINBAUER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SEYSS-INQUART: Wir sind gestern bei einem der wichtigsten Anklagepunkte stehengeblieben, bei der Frage der Evakuierung der Juden aus den Niederlanden.

Herr Zeuge! Was haben Sie getan, als Sie von diesen Entfernungen der Juden aus den Niederlanden erfuhren? Haben Sie irgendwelche Briefe geschrieben?


ARTHUR SEYSS-INQUART: Ich habe gestern dargelegt, daß ich veranlaßt habe, Leute aus den Niederlanden in das mir angegebene Lager Auschwitz zu senden, um festzustellen, ob und welche Unterbringungsmöglichkeiten gegeben sind. Ich habe das Ergebnis dieser Besuche mitgeteilt.

Ich habe bei der Sicherheitspolizei beziehungsweise Heydrich gefragt, ob es nicht möglich wäre, daß die evakuierten Juden in einem Briefverkehr mit den Niederlanden bleiben. Es wurde mir konzediert; etwa ein Dreivierteljahr oder ein Jahr lang ist so ein Briefverkehr gewesen, und zwar nicht nur kurze Karten, sondern ausführliche Briefe. Wie die Lagerverwaltung das gemacht hat, weiß ich nicht; aber die Briefe wurden von den Adressaten identifiziert als echt. Als später der Briefverkehr schwächer wurde – er hat nie ganz aufgehört – sagte mir die Sicherheitspolizei, daß die Juden in Auschwitz nunmehr wenig Bekannte in den Niederlanden haben, worunter andere Juden zu verstehen waren, weil die Mehrzahl bereits in Auschwitz sei.


[7] DR. STEINBAUER: Sagen Sie, Herr Zeuge, haben Sie sich auch an Bormann gewandt?


SEYSS-INQUART: Ich habe gestern dargelegt, daß ich mich nach Kenntnisnahme des Befehls Heydrichs an Bormann gewandt habe, um beim Führer zu fragen, ob Heydrich tatsächlich solche Vollmachten habe. Bormann hat dies bestätigt. Ich gebe offen zu, daß ich Bedenken gegen die Evakuierung hatte.


DR. STEINBAUER: Haben Sie, um diese Bedenken zu zerstreuen, irgend etwas unternommen?


SEYSS-INQUART: Meine Bedenken gingen dahin, und sie steigerten sich im Laufe der Kriegsentwicklung, daß wahrscheinlich die Schwere des Krieges vor allem auf den Juden lasten werde. Wenn im Reich zu wenig Lebensmittel sind, so werden vor allem die Judenlager wenig bekommen, und wahrscheinlich wird deren Behandlung auch streng sein und verhältnismäßig geringfügige Anlässe benützt werden zur Verhängung schwerer Strafen.

Selbstverständlich dachte ich auch an ein unvermeidliches Auseinanderreißen der Familien, wenigstens zum Teil, im Falle des Arbeitseinsatzes. Das war auch der Grund, warum wir drei bis vier Monate Widerstand geleistet haben.

Das durchschlagende Argument war die Erklärung der zuständigen Behörde, der Sicherheitspolizei, im Falle eines zu erwartenden Landungsversuchs die Juden nicht im unmittelbaren Kampfgebiet zu haben.

Ich bitte, bei allem zu berücksichtigen, daß für mich der wichtigste und entscheidende Beweggrund immer war, daß sich das deutsche Volk in einem Kampf auf Leben und Tod befindet. Heute sehen die Dinge anders aus in ihrer tatsächlichen Auswirkung.

Wenn man sich damals gesagt hat, die Juden werden in irgendeinem Lager beisammengehalten, wenn auch vielleicht unter schwierigen Bedingungen, sie werden aber nach Kriegsende wieder irgendwo eine Siedlung finden, so traten diese Bedenken zurück gegenüber der Vorstellung, daß ihre Anwesenheit im Kampfgebiet die deutsche Widerstandskraft schwächen könnte.

Ich habe im Laufe des Jahres 1943 mit Hitler gesprochen und ihn auf dieses Problem in den Niederlanden aufmerksam gemacht. Er hat mir damals in der ihm eigenen überzeugenden Weise versichert, – allerdings gleichzeitig zugegeben, daß er an eine dauernde Evakuierung der Juden denke, wenn er könne, im ganzen europäischen Bereich, mit dem Deutschland in freundschaftlicher Beziehung stehen wolle – er wolle dafür sorgen, daß die Juden an der Ostgrenze des deutschen Interessengebietes angesiedelt werden, sofern sie nicht überhaupt in andere Erdteile auswandern können.

[8] Ich habe Anfang 1944 mit Himmler gesprochen, den ich gelegentlich in Südbayern getroffen habe. Ich fragte ihn dezidiert, was mit den niederländischen Juden sei; dadurch daß unsere Ostfront zurückgehe, werden die Lager ja in das Kampfgebiet fallen mit der Zeit oder wenigstens in die Etappe, und ich war besorgt, daß dann das Schicksal der Juden ein noch schwereres werde. Himmler sagte mir ungefähr, »machen Sie sich keine Sorgen, es sind ja meine besten Arbeiter«. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß auf der einen Seite die arbeitsfähigen Juden arbeiten, wenn auf der anderen Seite ihre Angehörigen vernichtet sind. Ich glaubte, daß man in eitlem solchen Falle nur damit rechnen könnte, daß jeder Jude einem Deutschen an die Gurgel springt und ihn erwürgt.


DR. STEINBAUER: Herr Zeuge! Sie haben also von diesen Evakuierungen erfahren? Haben Sie bei denselben in Ihrer Eigenschaft als Reichskommissar durch Ihre Verwaltung mitgewirkt?


SEYSS-INQUART: Da die Evakuierung eine Tatsache war, habe ich es für richtig gehalten, mich um dieselbe soweit zu kümmern, als mir dies als Reichskommissar möglich war. Ich habe meinem Beauftragten von Amsterdam, Dr. Böhmke, die Vollmacht gegeben, die Durchführung der Evakuierung zu überwachen, einzuschreiten, wenn Exzesse über unvermeidliche Schwierigkeiten hinaus vorkommen, beziehungsweise mir zu berichten. Dr. Böhmke hat in einem ständigen Kampf mit der sogenannten Zentralstelle für jüdische Auswanderung gestanden. Wir mußten immer wieder eingreifen, aber ich bin überzeugt, daß wir alle Härten nicht abgestellt haben. Die Juden wurden im Lager Westerborg gesammelt. Als die ersten Transporte abgingen, bekam ich die Meldung, daß die Züge überfüllt seien. Ich habe dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei energisch vorgehalten, für einen ordentlichen Abtransport zu sorgen, und der niederländische Bericht stellt auch fest, daß im Antang der Abtransport unter tragbaren Verhältnissen erfolgte. Später wurden die Verhältnisse im allgemeinen schwieriger. Daß aber derartige Überfüllungen der Züge vorkamen, wie in dem Bericht gemeldet ist, ist mir nicht bekanntgeworden. Allerdings hat die Sicherheitspolizei große Schwierigkeiten gemacht, die Durchführung dieser Maßnahmen kontrollieren zu lassen. Auf Ersuchen einiger niederländischer Generalsekretäre, besonders Generalsekretär van Damm und Fröhlich, habe ich für eine Anzahl von Juden eine Ausnahme erwirkt. Ausnahmen im einzelnen konnte man erwirken, an der grundsätzlichen Maßnahme war nichts zu ändern. Ich glaube, die Zahl der Ausnahmen ist größer, als in den niederländischen Berichten angegeben, wenigstens nach meinen Meldungen. Diese Juden waren zuletzt im Lager Westerborg. Als die Invasion begann, wollte Himmler sie abtransportieren. Dies unterblieb über meinen Einspruch. Nach der Schlacht von Arnhem [9] hat er sie aber weggeführt, wie er sagte nach Theresienstadt, und ich hoffe, daß sie dort am Leben geblieben sind.


DR. STEINBAUER: Haben Sie auch Vermögen freigegeben aus diesem Anlaß?


SEYSS-INQUART: Diese mit einer Ausnahme bedachten Juden haben ihre Vermögensverwaltung behalten.


DR. STEINBAUER: Ich möchte zum Abschluß dieses Kapitels noch einmal die Aufmerksamkeit des Hohen Gerichts auf die Urkunde 1726-PS, US-195 im Dokumentenbuch der Staatsanwaltschaft, verweisen. Diese Urkunde bringt eine Zusammenfassung des gesamten Judenproblems in den Niederlanden und auf Seite 6 eine Zusammenstellung aller jener Stellen, die sich mit dem Judenproblem beschäftigt haben. Sie werden unter Ziffer 3 finden den Generalkommissar für das Sicherheitswesen, Höherer SS- und Polizeiführer H. Rauter, General der Polizei; und unter Ziffer 4 die Zentralstelle für jüdische Auswanderung, Leiter Aus der Funte, unter dem Generalkommissar, wie unter 3.

Der Bericht sagt dazu:

»Scheinbar eine Organisation für jüdische Aus wanderung, in Wirklichkeit eine Stelle, um die Juden ihrer Rechte zu berauben, sie abzusondern oder zu deportieren.«

Dies war die wichtigste Stelle, die direkt dem Höheren Polizeiführer Himmler unterstand und nicht dem Angeklagten.

SEYSS-INQUART: Ich möchte bemerken, daß Rauter in diesem Falle als Höherer SS- und Polizeiführer funktionierte und nicht als Generalkommissar für das Sicherheitswesen, denn die Maßnahmen wurden durch die deutsche Polizei und nicht durch die niederländische Polizei durchgeführt.

DR. STEINBAUER: Der Zeuge hat auch einmal in einer Rede zum Judenproblem Stellung genommen, die Staatsanwaltschaft hat einen Teil dieser Rede gebracht.


DER VORSITZENDE LORD JUSTICE SIR GEOFFREY LAWRENCE: Dr. Steinbauer! Sie halten dem Zeugen das Dokument 1726-PS vor, welches scheinbar eine historische Feststellung der Tatsachen enthält.

Angeklagter, geben Sie zu, daß diese historische Feststellung richtig ist?


SEYSS-INQUART: Darf ich das Dokument sehen?


[Dem Zeugen wird das Dokument überreicht.]


DR. STEINBAUER: Es ist der Anhang 2.

VORSITZENDER: Dr. Steinbauer! Da Sie das Dokument vorlegen, müssen Sie auch feststellen, ob der Zeuge das Dokument anerkennt oder ob er es bestreitet.


[10] SEYSS-INQUART: Die Darstellung ist richtig, mit dem Zusatz, den ich bezüglich des Generalkommissars für das Sicherheitswesen gemacht habe.


VORSITZENDER: Da sind gewisse Stellen in dem Dokument, auf die Sie Ihre Aufmerksamkeit lenken sollten: Februar 1941, zum Beispiel. – Haben Sie das Dokument vor sich, Dr. Steinbauer?


DR. STEINBAUER: Ja.


VORSITZENDER: Wollen Sie sich den letzten Eintrag unter der Überschritt »Februar 1941« ansehen; sehen Sie es?


DR. STEINBAUER: Ja, ja.


VORSITZENDER: Sie haben das dem Zeugen vorzuhalten: Er hat erklärt, daß die Tatsachen richtig sind.


DR. STEINBAUER: Herr Zeuge! Sie finden unter »Februar 1941« eine Aufzeichnung, ich habe es nur im Englischen hier, die sagt, daß Juden verhaftet und dann nach Buchenwald oder Mauthausen geschickt wurden.


SEYSS-INQUART: Den Fall habe ich gestern schon besprochen. Das war eine Maßnahme über direkten Befehl Himmlers, von der ich nach Durchführung erfahren habe, gegen die ich protestiert habe, und meines Wissens kamen Massenverschickungen nach Mauthausen nicht mehr vor.


VORSITZENDER: Wenn ich also recht verstehe, erklärt der Angeklagte, daß dieses Dokument richtig ist mit Ausnahme der zwei Stellen, auf die Sie sich bezogen haben, unter Ziffer 3 und 4 auf der letzten Seite. Ist das richtig?


SEYSS-INQUART: Ich habe in meiner gestrigen Aussage die Verordnungen bestätigt, die in diesem Dokument enthalten sind, aber nicht alle Einzelheiten des tatsächlichen Geschehens.


DR. STEINBAUER: Die Aufstellung auf Seite 6 der einzelnen amtlichen Stellen ist richtig?


SEYSS-INQUART: Auch die tatsächliche Darstellung ist im wesentlichen richtig. Ich habe gestern auch von der Verbrennung der Synagogen berichtet und von der Verhinderung der Zerstörung der Synagoge im Haag und Amsterdam.

VORSITZENDER: Schön, Dr. Steinbauer, fahren Sie fort.


DR. STEINBAUER: Ich möchte nun auf das Dokument Nummer 79, Seite 203, aus US-708 verweisen. Das ist eine Rede, die Seyß-Inquart über die Judenfrage gehalten hat, die von der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurde, aber zu ergänzen ist. Es ist auch der letzte Satz zu lesen, der lautet:

»Das einzige, worüber wir reden können, ist die Schaffung eines erträglichen Übergangszustandes unter Wahrung des [11] Standpunktes, daß die Juden Feinde sind, also unter Beobachtung aller Vorsichten, die man Feinden gegenüber anwendet. Was aber die Zeit anlangt, in der Deutschland nicht als Besatzungsmacht für die Aufrechterhaltung der Ordnung und des öffentlichen Lebens zu sorgen hat, so wird das niederländische Volk vor die Wahl gestellt sein, ob es das kameradschaftliche Zusammengehen mit dem deutschen Volk den Juden zuliebe auf das Spiel setzen will.«

Herr Zeuge! Ich darf Sie zu dieser Rede fragen, haben Sie hiermit an eine vollständige Vernichtung und Auslöschung der Juden denken können?

SEYSS-INQUART: Daran habe ich überhaupt nie gedacht; aber in dieser Rede habe ich nicht einmal an die Evakuierung gedacht. Ich bin damals auf dem Standpunkt gestanden, die Juden in den Niederlanden zu konfinieren, wie man es bei feindlichen Ausländern macht, und zwar aus den Gründen, die in dem vorhergehenden Teil meiner Rede enthalten sind, die die Amerikanische Anklage vorgelegt hat. Das war damals eben noch der Standpunkt der Behandlung als feindliche Ausländer, obwohl zum Beispiel die Engländer auch ins Reich überführt wurden. Ich habe bereits darauf verwiesen, daß der Standpunkt später in die im Reich üblichen Judenmaßnahmen hinübergeglitten ist.

DR. STEINBAUER: Wir kommen jetzt...


VORSITZENDER: Welches Datum hat diese Rede?


SEYSS-INQUART: Die Rede ist vom März 1941. Ich habe dann nur noch einmal Stellung genommen am 20. April 1943 und habe den etwas phantasievollen Vorschlag gemacht, alle Kriegsmächte sollen ein Prozent ihrer Kriegskosten zusammenlegen und damit das ökonomische Problem der Judenfrage lösen. Ich war also damals der Meinung, daß die Juden noch vorhanden sind. Ich habe übrigens die Juden niemals als minderwertig bezeichnet.


DR. STEINBAUER: Ich glaube, dieses Kapitel abschließen zu können, um zu einem anderen Vorwurf, der Ihnen gemacht wird, überzugehen, Verstöße gegen das Völkerrecht, das ist das Kapitel der Plünderungen. Wer hat in den Niederlanden Rohstoffe und Maschinen in Anspruch genommen?


SEYSS-INQUART: Die Initiative hierfür und das Ausmaß ist von den Reichsstellen ausgegangen. Die Durchführung lag teils bei meinen Dienststellen, teils bei der Wehrmacht, den Rüstungsinspektionen, auch bei der Polizei und der Waffen-SS, und Mitte 1944 ging sie im wesentlichen auf die Dienststelle des Rüstungsministers, die zugleich meine Dienststelle war, und auf die Feldwirtschaftskommandos des Oberkommandos des Heeres über. Damals war eine Kontrolle außerordentlich schwierig.


[12] DR. STEINBAUER: Welches war Ihre eigene Stellungnahme zu diesem Problem?


SEYSS-INQUART: Ich war der Meinung, daß die diesbezüglichen Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung überholt sind und in einem modernen Krieg nicht anzuwenden, weil das Arbeitspotential der Zivilbevölkerung mindestens so wichtig ist, wie das Kriegspotential der Soldaten an der Front. Die Grenze schien mir die Zumutbarkeit zu sein nach den Verhältnissen des Schicksals der eigenen Bevölkerung. Dies wird in den einzelnen Kriegsländern gewiß sehr verschieden gewesen sein. Ich habe mich daher bemüht, von Reichsmarschall Göring eine Erklärung zu erwirken, daß die Niederländer immer unter den gleichen Bedingungen leben sollen wie das deutsche Volk. In der Folge wurde diese Zusage allerdings nicht voll eingehalten.


DR. STEINBAUER: Wie wurden die Beschlagnahmen überhaupt durchgeführt, durch welche Behörden?


SEYSS-INQUART: Bis zum Jahre 1943 führten die niederländischen Dienststellen unsere Aufträge durch. Die sachliche Rechtfertigung für die Durchführung mußten mir meine Fachleute geben, denn ich habe davon nichts verstanden. Ich bin bei Beschwerden eingeschritten, habe zum Beispiel den Abtransport der Margarinewerke in Dortrecht und eines ganz neuen Elektrizitätswerkes in Leuvarden verhindert. Reichsminister Speer hat eine wichtige Anordnung herausgegeben, daß die Maschinen nur solcher Betriebe ins Reich zurückgeführt werden dürfen, die mehr als die Hälfte der Gesamtproduktion an das Reich liefern, also zum Beispiel Philips, Eindhoven.


DR. STEINBAUER: Die Französische Anklage wirft Ihnen ferner vor, daß Sie den schwarzen Markt begünstigt haben. Was haben Sie dazu zu sagen?


SEYSS-INQUART: Gegen den schwarzen Markt sind wir von Anfang an aufgetreten. Es war daher bei uns immer ein sogenannter »Grauer Markt«. Ich habe verboten, daß Nahrungsmittel aus der laufenden Produktion und ebenso dringende Bedarfsartikel der laufenden Produktion schwarz aufgekauft werden. Jeder einzelne Geschäftsfall wurde von meiner zuständigen Stelle im Einvernehmen mit den niederländischen Dienststellen geprüft. Handelte es sich um ein von mir verbotenes Geschäft, wurde die Ware beschlagnahmt und den niederländischen Dienststellen übergeben. Diese Maßnahmen waren hundertprozentig zugunsten der Niederländer, denn was das Deutsche Reich offiziell haben wollte, hatte es sich ohnehin geholt. Ich habe aus dem Dokument entnommen, daß der Umsatz in den Niederlanden am niedrigsten war. Auch täuschen die Ziffern, da die Preise am schwarzen Markt ein [13] Mehrfaches des normalen Preises waren; die tatsächlichen Warenmengen waren also viel geringer.


DR. STEINBAUER: In der Urkunde 1321-PS wird Ihnen der Vorwurf gemacht, daß Sie medizinische Instrumente der SS ausgeliefert haben?


SEYSS-INQUART: Das ist richtig. Ich bitte, es im Rahmen meiner allgemeinen Ausführungen zu beurteilen. Die SS hat für ihre Frontspitäler Mikroskope gebraucht, überhaupt für ihre Spitäler, die durch Bombenangriffe zerstört waren. In den Laboratorien der Universität Utrecht standen solche, ohne daß sie benützt wurden. Ich habe den Fall durch meine Dienststelle prüfen lassen, und was entbehrlich schien, ausfolgen lassen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf einen für die Niederländer viel wichtigeren Fall. Das Reich wollte das Kammerling-Institut in Leyden abbauen. Das ist eines der berühmtesten Kälte-Institute der Welt. Ich glaube, es gibt nur bei den Sowjets und in Amerika noch eines, besonders für die Atomforschung. Ich habe diesen Abbau verhindert, weil er einen unersetzlichen Verlust für die Niederlande bedeutet hätte. Notwendig erscheinende Versuche wurden von Professor Heisenberg in Leyden selbst durchgeführt.


DR. STEINBAUER: In der Urkunde RF-130 wurde Ihnen der Vorwurf gemacht, daß Sie das Walzwerk in Ymuiden fortschaffen ließen?


SEYSS-INQUART: Das Walzwerk in Ymuiden ist durch eine deutsche Firma aufgebaut worden nach dem Mai 1941, die dafür eine Beteiligung an der Hochofen-Aktiengesellschaft bekommen hat. Die Elektrizitätsanlage dieses Werkes wurde von den Engländern dauernd vernichtet, nicht ohne Mitwirkung des Nachrichtendienstes der holländischen Widerstandsbewegung. Der Herr Reichsmarschall hat meines Erachtens mit Recht den Abtransport ins Reich angeordnet. Das ist geschehen. Warum eine Entschädigung nicht bezahlt wurde, ist mir nicht verständlich, denn ich hatte eine Verordnung erlassen, durch die alle solche Anforderungen voll entschädigt werden müssen. Vielleicht hat die deutsche Firma ihre Beteiligung zurückgegeben.


DR. STEINBAUER: Es wird Ihnen ferner der Vorwurf gemacht, daß Sie die wesentlichen Transportmittel der Niederlande in das Reich ausliefern ließen?


SEYSS-INQUART: Über die Transportmittel konnte ich in der Substanz nicht verfügen, das war eine Angelegenheit der Transportkommandanturen der Wehrmacht. Ich habe lediglich einmal mitgewirkt bei der Anforderung von 50000 Fahrrädern – in den Niederlanden gab es vier Millionen Fahrräder –, und zwar für die Mobilisierung der Truppe in den Niederlanden selbst.


[14] DR. STEINBAUER: Ein weiterer Vorwurf ist, daß Sie aus öffentlichen Museen und Sammlungen Kunstgegenstände wegschaffen ließen?


SEYSS-INQUART: Ich habe peinlichst darauf gesehen, daß die berühmten Kunstschätze, besonders Bilder, in den niederländischen öffentlichen Museen in Amsterdam, Mauritzhuis und so weiter besonders geschützt werden. Es ist aber möglich, daß Leihgaben an diese Museen, die jüdischen Personen gehörten, im Wege der Liquidation des jüdischen Vermögens in Anspruch genommen wurden. Es hat nur einen Fall gegeben; in den Niederlanden ist eine Stiftung Kruller, die testamentarisch dem niederländischen Staat vermacht war. Aus dieser Stiftung wurden ohne mein Zutun drei Bilder ins Reich gebracht, über die ich dann einen Kaufvertrag mit dem Museumsvorstand abgeschlossen habe. Ich habe mich bemüht, dem Museum entsprechende Ersatzstücke zu geben. Es erwarb sehr schöne Van Goghs und einen Corré aus der deutschen Schatzliste, und der Museumsvorstand erklärte mir einmal, daß die neuen Bilder besser in das Museum passen als die alten. Die berühmten Gemälde waren in einem Schutzkeller an der niederländischen Küste. Als die Küste zum Festungsgebiet erklärt wurde, veranlaßte ich die niederländischen Behörden, bei Maastricht einen neuen Schutzkeller zu schaffen. Die Bilder kamen dorthin, immer in niederländischer Verwaltung. Ein Deutscher hatte damit nichts zu tun. Im Herbst 1944 verlangte Dr. Goebbels, daß die Bilder ins Reich geschafft werden; ich habe das entschieden abgelehnt und dafür gesorgt, daß eine zuverlässige Wache zu den Schutzkellern kommt mit einer entsprechend bevollmächtigten Person des niederländischen Ministeriums, um die Bilder den anrückenden feindlichen Truppen zu übergeben. Ich war überzeugt, daß die Niederländische Regierung in England dafür sorgen wird, daß diese Bilder in den Niederlanden bleiben.

DR. STEINBAUER: Haben Sie selbst irgendwelche Bilder sich angeeignet?


SEYSS-INQUART: Ich habe für mich persönlich überhaupt keine Bilder in den Niederlanden gekauft bis auf zwei oder drei klein? Graphiken eines zeitgenössischen Künstlers. Ich habe als Reichskommissar in Ausstellungen Bilder zeitgenössischer Künstler gekauft, wenn sie mir gefallen haben, preiswert schienen und zum Verkauf angeboten waren. Ich habe auch alte Bilder gekauft und habe sie öffentlichen Institutionen im Reich geschenkt, insbesondere dem Kunsthistorischen Museum in Wien und der Reichsstatthalterei in Wien. Das waren alles Ankäufe auf dem offenen Markt, soweit ich unterrichtet bin, darunter war ein Bild, das Vermeer zugeschrieben wurde, aber bestritten war. Ich habe hingegen einen echten Vermeer [15] dem Niederländischen Staat verschafft, indem ich den Verkauf an das Reich unterbunden habe.


VORSITZENDER: Dr. Steinbauer! Der Angeklagte ist nicht besonders beschuldigt worden, Bilder gekauft zu haben.


DR. STEINBAUER: Es ist im Trialbrief erwähnt gewesen. Darf ich fortfahren? Beschließen wir diese Frage.


VORSITZENDER: Wir wünschen keine Einzelheiten. Es genügt, wenn er uns sagt, daß er die Bilder bezahlt hat. Er braucht uns keine Einzelheiten über die Bilder zu geben.


DR. STEINBAUER: Ich komme zur nächsten Frage und halte Ihnen das Dokument RF-136 vor. Das beinhaltet die Beschlagnahme des Vermögens Ihrer Majestät, der Königin der Niederlande.


SEYSS-INQUART: Ich glaube aber, um die volle Wahrheit zu sagen, muß ich zu dem Vorhergehenden etwas hinzufügen. Gemälde und Kunstbesitz aus jüdischen Vermögen oder aus Feindvermögen wurden, wenn Gründe vorlagen, liquidiert und ins Reich verkauft. Überdies hat sich ein sehr lebhafter freier Handel entwickelt unter Beteiligung der holländischen Kunsthändler, der zweifellos durch den freien Devisenverkehr unterstützt wurde.


DR. STEINBAUER: Nun möchte ich weitergehen zur Frage des königlichen Vermögens. Es ist RF-136. Was wissen Sie über die Anordnung der Liquidation dieses Vermögens?


SEYSS-INQUART: Diese Anordnung und Liquidation habe ich selber angeordnet. Es hat bei uns in den Niederlanden natürlich eine Verordnung zur Beschlagnahme feindlichen Vermögens gegeben, wie in jedem besetzten Gebiet. Als wir in die Niederlande kamen, wurde das königliche Vermögen lediglich unter Verwaltung gestellt, ohne daß praktisch irgendein Eingriff vorgenommen wurde. Nach Ausbruch des Ostfeldzuges in den allerersten Tagen hat die Königin der Niederlande persönlich am Rundfunk gesprochen, nicht nur mit einer außerordentlich scharfen Stellungnahme, sondern mit der dezidierten Aufforderung zum aktiven Widerstand und schweren persönlichen Vorwürfen gegen den Führer. Bei diesem Tatbestand wäre gegen jeden Niederländer mit einer Vermögensbeschlagnahme vorgegangen worden. Ich habe mich daher entschlossen, in diesem Falle auch so vorzugehen, um weiteren Ausweitungen auszuweichen, die damals von mir verlangt wurden, aber auch in der Überzeugung, daß ich keine Ausnahme machen darf. Ich habe, wie gesagt, den Einziehungserlaß selbst unterschrieben, um niemand anders zu belasten.


DR. STEINBAUER: Welche Weisungen haben Sie im Zuge dieser Liquidation gegeben?


SEYSS-INQUART: Ich habe sofort Liquidationsanweisungen gegeben, die praktisch die Liquidation nicht zur Durchführung [16] kommen ließen. Ich habe angeordnet, daß die Grundstücke und Schlösser dem Niederländischen Staat übergeben werden, ich glaube, mit Ausnahme eines Miethauses, ebenso die Wertpapiere, desgleichen die Archive, und daß alles historische, künstlerische und sonst wertvolle Mobiliar von einer niederländischen Kommission ausgesucht werde, damit es auch der Niederländische Staat übernimmt. Diese Kommission hat fast alles in ihre Listen aufgenommen, was irgendwie möglich war. Ich habe dies erkannt und nicht ein Stück davon gestrichen. Ich habe insbesondere die historische Einrichtung von Joesdijk und Huistenbosch zur Gänze übergeben lassen, obwohl Berlin die Einrichtung von Huistenbosch als Erinnerung an die Brandenburger haben wollte. Ich habe schließlich noch die persönlichen Dinge...


VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß der Angeklagte auf solche Einzelheiten einzugehen braucht, Dr. Steinbauer. Er hat ja bereits erklärt, daß verschiedene dieser Sachen dem Niederländischen Staat übergeben worden sind.


DR. STEINBAUER: Dann darf ich ganz kurz die Frage in diesem Zusammenhang stellen: Wissen Sie, inwieweit das Vermögen tatsächlich liquidiert wurde?


SEYSS-INQUART: Ich habe mir einen Überblick geben lassen, und es wurde mir gemeldet, daß drei, höchstens fünf Prozent des Vermögens tatsächlich liquidiert wurden.


DR. STEINBAUER: Danke. Es genügt.


SEYSS-INQUART: Der Erlös war für eine Stiftung für Beseitigung der Kriegsschäden.


DR. STEINBAUER: Ich gehe über zur nächsten Frage, das ist die Vornahme von Beschlagnahmungen von Fabriken und Rohstoffen. Wer hat diese Beschlagnahmungen vorgenommen?


SEYSS-INQUART: Ich darf auf meine früheren Ausführungen verweisen. Von Spätsommer 1944 an geschah dies hauptsächlich durch die Feldwirtschaftskommandos. Es liegen ja einzelne Dokumente vor mit einer auch mich betreffenden Bemerkung. Es kamen viele wilde Beschlagnahmungen vor. Es kamen Leute aus dem Reich mit Lastautos und begannen Maschinen wegzuführen. Ich habe zusammen mit dem Wehrmachtbefehlshaber und dem Höheren SS- und Polizeiführer gegen diese Methoden schärfste Maßnahmen angeordnet.


DR. STEINBAUER: Ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei Urkunden verweisen, die ich vorgelegt habe, aber, um Zeit zu sparen, nicht verlesen will. Es ist Urkunde Nummer 80 und Urkunde Nummer 81, Seite 205 und Seite 208. Es ergibt sich daraus, daß es sich um Angelegenheiten der Wehrmacht handelt, diese Beschlagnahmungen also alle von der Besatzungsmacht durchgeführt wurden.


[17] [Zum Zeugen gewandt:]


In der Urkunde RF-137, Herr Zeuge, wird Ihnen der Vorwurf gemacht, daß Sie den Abtransport von Möbeln und Kleidungen aus Arnhem begünstigt haben?

SEYSS-INQUART: Der Vorwurf ist richtig. Die Situation war folgende: Unmittelbar am Südrand von Arnhem ging die Front. In Arnhem selbst waren drei oder vier Widerstandslinien eingebaut. Die Stadt war völlig evakuiert. Sie wurde beschossen, und die Einrichtungsgegenstände in Arnhem gingen über Winter langsam zugrunde. Der Führer hatte damals angeordnet über Bormann, daß aus den Niederlanden vor allem Textilien für deutsche bombengeschädigte Familien geholt werden sollen. Das Schicksal der Möbel und Textilien in Arnhem war wahrscheinlich so, daß diese Dinge entweder geplündert worden wären oder durch die Witterung zugrunde gegangen wären oder bei einem Kampf um Arnhem verbrannt worden wären. Obwohl es nicht in meinem Gebiet sondern im Frontgebiet lag, die vollziehende Gewalt daher bei der Wehrmacht war, habe auch ich meine Zustimmung gegeben, daß Unter den gegebenen Umständen Gebrauchsmöbel und Textilien in das Ruhrgebiet gebracht werden. Ich habe zugleich angeordnet, daß die Bestände aufgenommen werden für Entschädigungsansprüche. Ich glaube, daß Dr. Wimmer als Zeuge das bestätigen kann.

DR. STEINBAUER: Ich glaube, wir können das abschließen.


SEYSS-INQUART: Es ist noch ein Vorwurf. Es wird mir vorgeworfen die Sprengung von Safes. Dagegen habe ich strengstens Stellung genommen, und als mir ein solcher Fall gemeldet wurde, durch meinen Generalstaatsanwalt die Anklage und einen Haftbefehl erlassen.


DR. STEINBAUER: Ich gehe zur nächsten Frage: Wie verhält es sich mit den Sprengungen und Zerstörungen von Hafen-, Dock-, Schleusen- und Bergwerksanlagen in den Niederlanden?


SEYSS-INQUART: Solche Sprengungen sind in dem Augenblick vorgekommen, in dem die Niederlande wieder Kriegsgebiet wurden. Für die Sprengungen der Hafen- und Dockanlagen beziehungsweise Werften war folgendes maßgebend: Der Hafen von Antwerpen ist fast unbeschädigt in die Hand der Feinde gefallen. Ich glaube, das war für die Fortführung der Offensive von entscheidender Bedeutung. Daraufhin haben die zuständigen militärischen Dienststellen in den Niederlanden mit einer vorsorglichen Sprengung begonnen. Ich wußte nur von der Tatsache, nicht aber von den Einzelheiten und habe es abgelehnt, mir dieselben anzuschauen, die Sprengungen anzusehen. Aber mein Beauftragter hat mit mir bei Wehrmachtsstellen interveniert, und ich glaube, daß in Rotterdam die Hälfte der Sprengungen unterblieben ist. Das ergibt sich auch aus den [18] niederländischen Berichten. Mit der Sache selbst hatte ich gar nichts zu tun außer diesem Einschreiten. Als die Engländer Limburg erreichten, kam der Befehl zur Sprengung der Bergwerke als kriegswichtige Einrichtungen. Ich habe bei Reichsminister Speer anfragen lassen, und dieser hat den Befehl gegeben, nicht zu sprengen, sondern nur zu lähmen, das heißt, den Betrieb auf drei bis vier Monate zu stören. Die Befehle sind in diesem Sinne hinausgegangen. Ich hoffe, daß sie nicht überschritten wurden.


DR. STEINBAUER: Wir haben hier in dem Prozeß von dem Befehl »Verbrannte Erde« gehört. Hatte der auch in den Niederlanden gegolten?


SEYSS-INQUART: Ich habe den Befehl »Verbrannte Erde« von Bormann bekommen, das heißt, ohne militärische Notwendigkeit sollen alle technischen Anlagen gesprengt werden. Das bedeutet praktisch die Vernichtung Hollands, also der Westniederlande. Wenn man in Holland an 14 oder 16 Stellen Sprengungen durchführt, versinkt das Land in drei bis vier Wochen unter Wasser. Ich habe den Befehl vorerst nicht durchgeführt, sondern mich mit Reichsminister Speer in Verbindung gesetzt. Ich hatte mit ihm eine persönliche Zusammenkunft am 1. April in Oldenburg. Speer teilte mir mit, daß derselbe Befehl im Reich gegeben worden sei, daß er ihn aber frustriere, daß er nunmehr die Vollmacht auf diesem Gebiet habe und daß er damit einverstanden sei, daß der Befehl in den Niederlanden nicht durchgeführt werde. Es kam auch nicht dazu.


DR. STEINBAUER: Nun zu einem anderen Kapitel. Es sind aber tatsächlich Überflutungen vorgenommen worden. Haben Sie damit etwas zu tun gehabt?


SEYSS-INQUART: Ich kenne das Kapitel und habe in gewisser Beziehung damit zu tun gehabt. Es handelte sich um vorbereitete Überflutungen seitens der Wehrmacht zu Verteidigungszwecken, und es handelte sich um Kampfüberflutungen, die während einer Gefechtslage plötzlich notwendig wurden. Die vorbereiteten Überflutungen geschahen in engster Fühlungnahme mit meiner Dienststelle und den niederländischen Dienststellen. Durch deren Eingreifen wurde etwa die Hälfte der geforderten Fläche erspart und gerettet. Es wurde insbesondere vorzüglich mit Süßwasser geflutet, das weniger Schaden anrichtet, und es wurden die Außendeiche geschont. Es gab in Holland zwei Kampfflutungen auf Befehl des Oberbefehlshabers von Holland, besonders der Wieringer Meerpol der wird erwähnt. Damals bestand die große Gefahr einer Luftlandung und Aufrollung der holländischen Verteidigungsfront. Von der Durchführung der Kampfflutungen bin ich aktuell nicht verständigt worden. Der Oberbefehlshaber entschloß sich über Nacht hierzu. Als ich am 30. April mit Generalleutnant Bedell-Smith, Generalstabschef des Generals Eisenhower, eine Besprechung hatte, sagte [19] er uns: »Was Sie bisher geflutet haben, ist militärisch zu rechtfertigen, wenn Sie jetzt noch fluten, ist es militärisch nicht mehr zu rechtfertigen.« Nach dem 30. April wurde nichts mehr überschwemmt.


DR. STEINBAUER: Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Urkunde 86, Seite 221, verweisen, ohne sie weiter vorzulegen, aus der hervorgeht, daß diese Überschwemmungen rein militärischen Charakter gehabt haben.

Ein weiterer Vorwurf, der Ihnen gemacht wird, Herr Zeuge, ist die Frage der Versorgung mit Lebensmitteln der niederländischen Bevölkerung.

Welche Maßnahmen haben Sie zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Niederländer getroffen?


SEYSS-INQUART: Die Ernährungsfrage in den Niederlanden ist zweifellos die schwierigste Frage der ganzen Verwaltung, und ich glaube, aus den Besonderheiten des Falles, eine der schwierigsten, die es überhaupt in den besetzten Gebieten gibt. In den Niederlanden sind 270 Menschen auf den Quadratkilometer, in Holland speziell über 600 zu ernähren. Die Ernährungswirtschaft ist höchst kultiviert auf eine Veredelungswirtschaft, abhängig von der Einfuhr von Hunderttausenden von Tonnen Futtermittel. Das war mit der Besetzung und der Blockade alles weg. Es mußte die ganze Ernährungswirtschaft umgestellt werden, auch die Erzeugung von Lebensmitteln zum unmittelbaren menschlichen Genuß. Es ist sicherlich eine große Tat der holländischen Landwirtschaft und ihrer Führung, daß das gelungen ist, aber ich darf vielleicht sagen, daß meine Fachleute in einer sehr wirksamen Weise geholfen haben und wir vom Reich so manche Unterstützung bekommen haben. In den Niederlanden hat es auch eine sehr geregelte Lebensmittelverteilung gegeben wie kaum in einem anderen besetzten Gebiet. Das Wichtigste für mich war, diesen Ernährungsapparat zu erhalten, obwohl dessen Leiter, Generaldirektor Laures, und der ganze Apparat entschieden deutschfeindlich eingestellt war. Ich habe ihn dennoch erhalten gegen den Willen der Reichszentralstellen, weil ich sonst die Verantwortung für die Ernährung nicht hätte tragen können.


DR. STEINBAUER: Haben Sie auch Lebensmittel in das Reich geliefert?


SEYSS-INQUART: Ja. Die Truppe hatte vor allem, ich glaube, den Anspruch, sich aus dem Lande zu verpflegen, aber das Brotgetreide in der Höhe von 36000 Tonnen wurde aus dem Reich nachgeschoben. Dafür wurde Gemüse verlangt. Das Reich hat darüber hinaus weiteres Gemüse verlangt, überdies die Lieferung von Zuchtvieh, Fleischkonserven, Hülsenfrüchten und einigen anderen Dingen. Gemüse und Fleisch wäre noch nicht so empfindlich [20] gewesen, Hülsenfrüchte waren unangenehm. Ich bin überzeugt, daß der niederländische Ernährungsapparat sein möglichstes getan hat, um die Auslieferung zu verhindern.


DR. STEINBAUER: Ich glaube, daß das genug ist zu diesem Thema, und ich möchte Sie fragen, wie war im Herbst 1944 die Gesamtlage in der Ernährung?


SEYSS-INQUART: Wir hatten während des größten Teils der Besatzungszeit einen Kalorienwert anfangs von 3000 und dann etwa 2500 Kalorien und im Jahre 1944 von 1800 Kalorien. Die heutigen Erfahrungen werden sagen, was das bedeutet.

Im September 1944 wurden die Niederlande wieder Kriegsgebiet. Ungefähr zur gleichen Zeit mit der Landung der ersten englischen Luftlandedivision bei Arnhem wurde auf Befehl der Niederländischen Regierung in England mit einem Generalstreik der niederländischen Eisenbahnen begonnen. Derselbe wurde fast lückenlos durchgeführt. Zur gleichen Zeit verschwanden die Schiffe auf den Binnengewässern. Es war formell kein Streik, praktisch aber dasselbe. Durch diese Situation war die Verteidigungsmöglichkeit für die deutsche Wehrmacht auf das schwerste gefährdet. Die deutsche Wehrmacht hat nunmehr angefangen, Schiffe zu beschlagnahmen und hat damit praktisch jeden Verkehr unterbrochen. Ich habe mich mit ihr in Verbindung gesetzt, sie meinte, wenn der Eisenbahnerstreik aufhört, brauche sie nicht so rigoros vorgehen. Ich habe dies Generalsekretär Hirschfeld und Generaldirektor Laures mitteilen lassen. Es war kein Ergebnis zu erzielen, und nunmehr mußte ich nachdenken, wie ich den unterbundenen Schiffsverkehr wieder in Ordnung bringe. Ich habe mit der Wehrmacht gesprochen, daß ich ihr eine gewisse Zeit, drei bis vier Wochen Zeit gebe, in der sie ihren Schiffsraum sichert. Sie bedurfte von etwa zwei Millionen vorhandenen Tonnen 450000 Tonnen. Während dieser Zeit würde ich jeden Schiffsverkehr unterbinden, weil die Wehrmacht mir sowieso jedes Schiff beschlagnahme. Den Schiffsverkehr mit kleineren Schiffen in Holland habe ich zugelassen.


VORSITZENDER: Was hat das alles mit der Anklage zu tun, die gegen den Angeklagten erhoben ist?


DR. STEINBAUER: In dem niederländischen Regie rungsbericht, den auch die Anklagebehörde erwähnt hat, ist sehr ausführlich ausgeführt, daß der Angeklagte als Reichskommissar für die Hungersnot, die im September 1944 begonnen hat und sich in das Frühjahr 1945 hinausgezogen hat, und für die außerordentliche Sterblichkeit, insbesondere von Kindern, – ganze Bände sind vorgelegt worden – verantwortlich gemacht wird, und zwar deshalb, weil er die Zufuhr der Lebensmittel anläßlich dieses Schiffer-und Eisenbahnerstreiks unterbunden hätte. Das ist einer der größten und schwersten Anklagepunkte, die erhoben werden.

[21] Ich habe diesbezüglich auch Zeugen angeführt und werde vielleicht dieses Thema abkürzen, damit die Zeugen das dann sagen können.


SEYSS-INQUART: Ich möchte bitten, doch hierzu Stellung nehmen zu dürfen. Das ist der Vorwurf, der mir selbst am schwersten fällt.


DR. STEINBAUER: Vielleicht könnten wir eine kleine Pause machen, wenn der Herr Präsident damit einverstanden ist.


VORSITZENDER: Sehr gut.


[Pause von 10 Minuten.]


DR. STEINBAUER: In dem Regierungsbericht wird behauptet, daß damals 50000 Holländer durch Hunger gestorben sind. Ich möchte daher fragen, welche Gründe haben Sie für dieses Verkehrs-Embargo damals gehabt?

SEYSS-INQUART: Ich glaube, daß ich das Wesentliche auseinandergesetzt habe. Die Verkehrslage war so, daß die Wehrmacht sich ihren Schiffsraum sichern mußte. Solange sie das macht, ist ein Schiffsverkehr an sich unmöglich. Ich wollte es auf eine möglichst kurze Zeit beschränken, damit dann nachher ein gesicherter Schiffsverkehr möglich würde und daher auch eine Versorgung Hollands mit Lebensmitteln gesichert vor sich gehen konnte. Praktisch war der Schiffsverkehr nicht erst durch mein Embargo unterbrochen, sondern, die Zeugen bestätigen es, durch die Tatsache der Beschlagnahme aller irgendwo erreichbaren Schiffe. Ich habe mir natürlich die Frage vorgelegt, ob die holländische Ernährung gefährdet wird, wobei ich mir allerdings gesagt habe, daß die Holländer sich selbst in den Notstand gebracht haben, die militärischen Interessen des Reiches jedoch ebenso wichtig sind. Ich habe mir gesagt, wenn ich in der zweiten Hälfte des Oktober einen geordneten Schiffsverkehr einführen kann, habe ich nach meinen Erfahrungen zwei Monate Zeit zur Versorgung Hollands. Da kann ich 200000 bis 250000 Tonnen Lebensmittel hinüberbringen. Das genügt, um Rationen von 1400 bis 1800 Kalorien zu erhalten. Ich glaube, mich erinnern zu können, zwischen dem 15. und 20. Oktober den Befehl gegeben zu haben, wieder die Schiffahrt in Gang zu bringen.


DR. STEINBAUER: Was haben Sie nun veranlaßt?


SEYSS-INQUART: Die Schiffahrt kam nicht in Gang, weil die niederländischen Verkehrsbehörden zum größten Teil untergetaucht sind, vielleicht aus Angst, daß man sie für den Generalstreik der Eisenbahner verantwortlich machen kann. Das hat wochenlange vergebliche Bemühungen gekostet. Zum Schluß habe ich mit [22] Generalsekretär Hirschfeld gesprochen und diesem alle Vollmachten gegeben, insbesondere...


VORSITZENDER: Dr. Steinbauer! Der Gerichtshof ist nicht der Meinung, daß diese Sache so eingehend behandelt werden muß.


DR. STEINBAUER: Herr Zeuge! Vielleicht fassen Sie ganz kurz dann Ihre Abhilfemaßnahmen zusammen.


SEYSS-INQUART: Ich bin eigentlich hier auch schon fertig. Ich habe Generalsekretär Hirschfeld alle Vollmachten auf dem Verkehrsgebiet gegeben. Dieser hat dann allerdings auch sehr zögernd einen Verkehr in die Wege geleitet. Er wird bestätigen, daß ich ihn in jeder Weise unterstützt habe. Es kamen Lebensmittel nach Holland, aber es waren viele Wochen umsonst verstrichen. Ich habe dann in meinem Bereich eine Reihe von zusätzlichen Hilfen gegeben, über die der Zeuge van der Vense, Fragebogen, wahrscheinlich auch der Zeuge Schwebel Auskunft geben können.


DR. STEINBAUER: Ich möchte als nächste Urkunde ein Affidavit vorlegen, das der Zeuge van der Vense abgegeben hat. Es ist erst eingelangt, die Übersetzungen sind aber schon fertig und werden wahrscheinlich heute nachmittag oder morgen früh dem Hohen Gerichtshof zugehen. Ich lege dem Gericht das Original vor und glaube, daß es nicht notwendig ist, diese Urkunde, die in vier Sprachen übersetzt ist, vorzulesen. Es schildert ausschließlich die Ernährungslage in dieser kritischen Zeit.


SEYSS-INQUART: Darf ich noch darauf aufmerksam machen, daß die Niederländische Regierung...


VORSITZENDER: Welche Nummer ist das?


DR. STEINBAUER: 105.


SEYSS-INQUART:... daß die Niederländische Regierung die Ziffer von 50000 auf 23000 Todesopfer richtiggestellt hat.


DR. STEINBAUER: Ich komme zu der letzten Zeit Ihrer Tätigkeit als Reichskommissar und möchte Sie fragen, wann haben Sie erkannt, daß der militärische Widerstand in den Niederlanden zwecklos ist?


SEYSS-INQUART: Daß mit der Möglichkeit gerechnet werden mußte, daß Deutschland den Krieg nicht gewinnt, ergibt sich ja schon aus meinem Brief an den Führer im Jahre 1939. Eine Besorgnis, daß es so kommt, trat mit Stalingrad ein. Mit der Möglichkeit hat man daher rechnen müssen, mit der Zeit hatte ich es befürchtet, bestimmt verantwortlich gewußt durch eine Erklärung, die mir Reichsminister Speer am 1. April gegeben hat.


DR. STEINBAUER: 1945?


SEYSS-INQUART: April 1945. Bis dahin wollte ich es nicht glauben, denn gegenüber der Forderung nach bedingungsloser [23] Kapitulation und vollkommener Besetzung glaubte ich mich in jeder Beziehung auf das äußerste wahren zu müssen, weil die Folgen unabsehbar wären. Speer hat mir damals gesagt, daß der Krieg für Deutschland in einer relativ kurzen Zeit aus sein muß, weil die Rüstung einfach nicht mehr produzieren kann. Er sagte in zwei bis drei Monaten.


DR. STEINBAUER: Als Sie diese Erkenntnis gehabt haben, was haben Sie nun praktisch getan?


SEYSS-INQUART: Ich habe den Entschluß gefaßt, der Besetzung Hollands durch Verteidigung faktisch ein Ende zu machen, ohne meine Pflicht gegen das Reich und den Führer zu verletzen. Ich bin nach dem Haag gefahren und habe Generalsekretär Hirschfeld geholt und mit ihm die Vorgänge besprochen. Wir sind zu dem Beschluß gekommen, uns unmittelbar an die Vertrauensmänner der Regierung im Haag selbst zu wenden, die für mich illegal waren, und sie zu ersuchen, Verhandlungen einzuleiten auf der Basis, daß die alliierten Truppen gegen Holland nicht vorgehen, dann werde jede weitere Zerstörung unterbleiben, dann können die Alliierten die Verpflegung der holländischen Bevölkerung, und zwar durch direkte Verbindung mit dem holländischen Ernährungsapparat übernehmen. Dann werden wir das Kriegsende abwarten.


DR. STEINBAUER: War das nicht eine Eigenmächtigkeit der Deutschen Regierung gegenüber?


VORSITZENDER: Welches Datum?


DR. STEINBAUER: Welches Datum?


SEYSS-INQUART: Die Unterredung mit dem Generalsekretär Hirschfeld war am 2. April 1945. Dann zogen sich die Verhandlungen etwas hin, und am 30. April war die Besprechung mit Generalleutnant Bedell-Smith. Ich habe mir für diesen Schritt bewußt keine Ermächtigung von Berlin geholt, um eine Absage oder ein Verbot zu vermeiden. Ich habe das auf meine Kappe genommen. Der Oberbefehlshaber der Niederlande, General Blaskowitz, war sehr besorgt. Er hat mich noch in der Nacht zu sich gerufen, weil er von seiner vorgesetzten Stelle befragt wurde, was los sei. Ich war trotzdem entschlossen, diese Angelegenheit durchzuführen, weil sie die einzig vernünftige Maßnahme in dieser Situation erschien. Ich habe erklärt, daß ich alle Verantwortung auf mich nehme. Am 30. April kam es zu der Besprechung und praktisch zu dem von mir gewünschten Ergebnis und damit praktisch zu der Aufgabe der militärischen Verteidigung Hollands.


DR. STEINBAUER: Was haben Sie dann persönlich getan?


SEYSS-INQUART: Admiral Dönitz als Staatsführer hat mich nach Flensburg gerufen. Ich bin mit einem Schnellboot über die Nordsee hinaus, habe ihm dann berichtet, was der Großadmiral als [24] Zeuge mir bestätigen wird, habe die Aufhebung des Sprengbefehls erreicht und dann alles versucht, um wieder in die Niederlande zurückzukommen. Ich bin schließlich darauf losgefahren und wurde in Hamburg verhaftet.


DR. STEINBAUER: Warum wollten Sie eigentlich nach den Niederlanden zurück?

SEYSS-INQUART: Erstens wollte ich mich um meine Mitarbeiter kümmern, zweitens habe ich immer gedacht, daß ich für meine Verwaltung Rede und Antwort stehen werde, und schließlich meinte ich, wir sind in Zeiten des Triumphs in der ersten Reihe gestanden, wir haben nun Anspruch darauf, in den Zeiten des Unglücks auch in der vordersten Reihe zu stehen.


DR. STEINBAUER: Herr Präsident! Ich bin mit der Einvernahme des Zeugen fertig.


DR. KARL HAENSEL, STELLVERTRETENDER VERTEIDIGER FÜR DIE SS: Gehörten Sie der SS an?


SEYSS-INQUART: Ich habe einen Ehrenrang in der Allgemeinen SS gehabt. Als solcher war ich nicht ordentliches Mitglied der Allgemeinen SS. Ich habe mich aber für die SS als weltanschauliche beziehungsweise politische Formation sehr interessiert.


DR. HAENSEL: Hatten Sie irgendwelche Funktionen ausgeübt, oder hatten Sie nur einen Titel?


SEYSS-INQUART: De jure hatte ich nur einen Titel, in politischer Beziehung habe ich auf die SS in den Niederlanden, soweit sie nicht Sicherheitspolizei, Waffen-SS und so weiter war, einen gewissen Einfluß zu nehmen versucht und im April 1945, glaube ich, daß ich de facto sagen konnte, daß ich der erste SS-Führer in den Niederlanden war.


DR. HAENSEL: Hatten Sie den Eindruck, daß Sie bei der SS einer einheitlichen geschlossenen Organisation gegenüberstehen, oder waren da innerhalb größere Gegensätze?


SEYSS-INQUART: Nach außen war eine außerordentlich geschlossene Disziplin, nach innen hat es eine Differenz zwischen zwei Richtungen gegeben. Die eine wollte die SS nur als politischen Erziehungskörper sehen, zum Beispiel Obergruppenführer Heißmeier, die anderen wollten ein staatliches Exekutivorgan daraus machen, Heydrich. Himmler schwankte anfangs, hat sich dann aber voll auf die Seite Heydrichs gestellt. Der SS-Gedanke ist untergegangen, weil Himmler ihn für die Exekutive mißbraucht hat.


DR. HAENSEL: Wollen Sie das zeitlich etwas umreißen. Sie sagten »untergegangen«. Wann war ungefähr diese Periode, in welchem Jahr?


[25] SEYSS-INQUART: Ich glaube, die Anfänge waren schon im Jahre 1938, und mit Riesenschritten ist es dann losgegangen, als der Ostfeldzug begonnen hat.


DR. HAENSEL: War nicht vom Jahre 1939 ab überhaupt die Allgemeine SS wenig in Erscheinung getreten, sondern nur noch die exekutiven Amtsgruppen oder die Waffen-SS?


SEYSS-INQUART: Jedenfalls hat von diesem Jahre an Himmler Leute aus der Allgemeinen SS in seine verschiedenen Exekutivorganisationen hineingesteckt. Als Allgemeine SS ist sie nie mehr, für mich wenigstens, in Erscheinung getreten.


DR. HAENSEL: Meinen Sie, daß der SS-Mann über diese Machtkämpfe in der Führung etwas wissen konnte, daß er Einblick in diese Dinge hatte, oder war er ahnungslos?


SEYSS-INQUART: Ich glaube nicht, daß er das gewußt hat, aber es hat sehr viele SS-Männer gegeben, die sich sehr unwohl gefühlt haben und nur aus ihrem Pflichtgefühl heraus bei ihrer Organisation geblieben sind.


DR. HAENSEL: Sie sagten in Ihrer Vernehmung, daß ein Befehl Heydrichs Sie veranlaßt habe, Juden aus Holland abtransportieren zu lassen. Haben Sie den Befehl Hitlers an Heydrich gesehen?


SEYSS-INQUART: Ich meine, ja; einen Befehl Hitlers an Heydrich, denn Heydrich allein hätte ja nicht genügt.


DR. HAENSEL: Sie stellen es so dar, als ob Heydrich Ihnen gesagt habe, er habe diesen Befehl?

SEYSS-INQUART: Er hat mir das gesagt, und er hat mir ein paar Wochen später den Befehl geschickt.


DR. HAENSEL: War das schriftlich?


SEYSS-INQUART: Jawohl, das war schriftlich.


DR. HAENSEL: Und was stand darin?


SEYSS-INQUART: Daß er mit der vollkommenen Lösung, der Endlösung, oder sonst mit der Judenfrage ausschließlich betraut sei auf allen Gebieten.


DR. HAENSEL: Und wann war das, 1941? 1940?


SEYSS-INQUART: Das war ziemlich zu der Zeit, als die Evakuierungen begonnen haben, das war im Jahre 1942.


DR. HAENSEL: Das täuscht sicher, das war 1941, später war es nicht.


SEYSS-INQUART: Er kann mir ja den Befehl später gezeigt haben, das Datum des Befehls weiß ich nicht.


DR. HAENSEL: Das meine ich. Dieser Befehl war aber, wie Sie sagten, nur allgemein gehalten?


[26] SEYSS-INQUART: Allgemein.


DR. HAENSEL: Man konnte ihn so oder so auslegen? Ich meine, Sie wissen doch...


SEYSS-INQUART: Ja, ich habe den Eindruck gehabt, daß Heydrich in den besetzten Gebieten die Evakuierung durchzuführen hatte, und zwar war es für mich damals noch nicht ganz sicher, ob das eine endgültige ist, aber möglich. Der extremste Fall war der, daß die Juden in Lagern zusammengefaßt werden und nach Beendigung des Krieges irgendwo angesiedelt werden.


DR. HAENSEL: Verzeihung, Herr Zeuge, der extremste Fall ist doch der, daß die Juden vernichtet werden sollten?


SEYSS-INQUART: Der extremste Fall, den ich mir damals gedacht habe.


DR. HAENSEL: Und den Sie sich nach Wortlaut des Befehls denken konnten?


SEYSS-INQUART: Ja.


DR. HAENSEL: Nun ist die Frage: Besteht die Möglichkeit, daß Heydrich über den Befehl Hitlers hinausgegangen ist, daß Hitler diese Taten, die Heydrich getan hat, nicht selber gewollt hat?


SEYSS-INQUART: Darüber kann ich nichts aussagen.


DR. HAENSEL: Haben Sie mit Hitler vor 1943 gesprochen?

VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß der Zeuge beurteilen kann, was Heydrich möglicherweise getan hätte; genau so wenig wie wir. Eine derartige Frage kann er nicht beantworten.


DR. HAENSEL: Ja.


[Zum Zeugen gewandt:]


Haben Sie mit Hitler vor 1943 über diese Probleme gesprochen?

SEYSS-INQUART: Ich war lediglich dabei, wenn er davon gesprochen hat. Es lag immer auf der Linie, die Juden aus dem deutschen Volkskörper auszuscheiden und irgendwo ins Ausland zu bringen.

DR. HAENSEL: Aber es ist mit keinem Wort von Vernichtung gesprochen worden?


SEYSS-INQUART: Ausgeschlossen.


DR. ROBERT SERVATIUS, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SAUCKEL, VERTEIDIGER FÜR DAS KORPS DER POLITISCHEN LEITER: Herr Zeuge! Hat Sauckel in den Niederlanden Razzien veranlaßt und Kirchen und Kinos umstellen lassen?


SEYSS-INQUART: Das hätte er gar nicht können, das hätte ich nicht zugelassen, und er hat es auch nicht verlangt.


[27] DR. SERVATIUS: Hatte Sauckel etwas mit der Aktion des Heeres zu tun? 1944?


SEYSS-INQUART: Nein, davon hat er nichts gewußt. Als er davon Nachricht erhielt, kam einer seiner Männer, um allenfalls Fachkräfte bei der Gelegenheit zu werben. Dazu kam es aber nicht; denn die Wehrmacht hatte diese Männer sofort ins Reich geschickt.


DR. SERVATIUS: Die regulären Arbeitertransporte nach Deutschland, die im Zusammenhang mit der Arbeitererfassung durch Sauckel erfolgten, erfolgten die durch normale Transportbedingungen, oder waren dort grobe Mißstände festzustellen?


SEYSS-INQUART: In dem Arbeitseinsatz, ob freiwillig oder Pflichtarbeit, waren die Transportbedingungen immer normal, so wie alle Leute in den Niederlanden gefahren sind. Die Begleitung war nicht Polizei, sondern Beamte des Arbeitsamtes, mit Ausnahme der 2600, die die Polizei verhaftet hatte und ins Reich in ein Lager von Sauckel abgeliefert hatte.


DR. SERVATIUS: Hatte Sauckel mit dem Abtransport von Häftlingen oder von Juden etwas zu tun?


SEYSS-INQUART: Gar nichts.

DR. SERVATIUS: Wissen Sie, welche Arbeitsbedingungen den Arbeitern gegeben wurden, die aus Holland nach Deutschland kamen?


SEYSS-INQUART: Ich habe sie im Grundsätzlichen gekannt. Es waren dieselben Bedingungen wie für die Arbeiter im Reich, aber es gab Schwierigkeiten. Erstens haben die Betriebsführer im Reich behauptet, die Holländer hätten sich zum Teil unter unrichtigen Angaben anwerben lassen und erfüllten rächt die Bedingungen. Zweitens waren die Arbeitsverträge befristet, und die Betriebsführer wollten die Holländer noch länger im Reich behalten. Ich habe dann dafür gesorgt, daß in diese Arbeitsverträge nichts hineinkommt, das also nicht tatsächlich im Reich gehalten wird, ganz gleich welche Erfahrungen man dann im Reich macht.


DR. SERVATIUS: Ich habe dann keine Fragen mehr an den Zeugen.


DR. HANS LATERNSER, VERTEIDIGER FÜR GENERALSTAB UND OBERKOMMANDO: Herr Zeuge! Ich wollte eine Frage an Sie richten wegen der Überflutungen. Was haben Sie, Ihre Dienststellen oder der Oberbefehlshaber West unternommen, um das Absaufen der Pumpwerke und damit eine große Überflutung Hollands zu verhindern?


SEYSS-INQUART: Mir ist die Frage nicht ganz klar. Die Pumpwerke konnten ja nicht absaufen, sondern nur das Polder-Gebiet.


DR. LATERNSER: Ja.


[28] SEYSS-INQUART: Es hatte zwei Gefahren. Die eine war die Sprengung, da haben Pumpwerke auch nichts mehr genützt, und die wurde ja bekanntlich auch nicht durchgeführt, sondern verhindert. Die zweite war der Kohlenmangel, auch der Ölmangel. Wir haben uns bemüht, zu den Pumpwerken, solange es nur irgendwie geht, Kohle hinzubringen. Diese Kohle stand in der Dringlichkeitsstufe I. Sie war also jeder anderen Wehrmachtsforderung gleich. Als wir dann immer weniger Kohle bekamen, haben wir gewisse, sehr tief liegende Polder vollaufen lassen, damit andere nicht unter Wasser kommen. Es war eine vollkommen reibungslose Zusammenarbeit mit den niederländischen Dienststellen, und ein Vertreter der Niederländischen Regierung in England, mit dem ich später gesprochen habe, an den ich meinen Fachmann gewiesen habe, hat gesagt, daß vom fachmännischen Standpunkt aus unsere Überschwemmungsmaßnahmen nicht zu beanstanden waren.


DR. LATERNSER: Nun noch einen zweiten Punkt. Sie haben vorhin auf die Frage Ihres Herrn Verteidigers ausgesagt, daß Sie gegen die Zerstörungen im Hafen Rotterdam interveniert hätten. Bei wem haben Sie diese Intervention vorgebracht?


SEYSS-INQUART: Bei dem damaligen Oberbefehlshaber und Wehrmachtbefehlshaber General Christiansen, der auch sofort auf meine Seite getreten ist.


DR. LATERNSER: Sie sind also gleich auf Verständnis gestoßen? Sie sind also gleich wegen Ihrer Intervention bei dieser militärischen Stelle auf Verständnis gestoßen?


SEYSS-INQUART: Ja.


DR. LATERNSER: Ich habe keine weiteren Fragen.


DR. HANS FLÄCHSNER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SPEER: Herr Zeuge! Sie erwähnten gestern die Sperrbetriebe. Können Sie mir sagen, wann wurden bei Ihnen in Holland die Sperrbetriebe eingerichtet, und welche Auswirkungen wurden dadurch auf den Arbeitseinsatz, ich meine also die Transportierung von Arbeitskräften von Holland nach Deutschland, erzielt?


SEYSS-INQUART: Ich glaube, die Sperrbetriebe wurden im Laufe des Jahres 1943, wenn ich mich recht erinnere in der zweiten Hälfte, eingerichtet. Die Arbeiter der Sperrbetriebe waren geschützt. Es wurde daher die Vermittlung und Überführung niederländischer Arbeitskräfte ins Reich dadurch zum Teil unterbunden, zum Teil gehemmt.


DR. FLÄCHSNER: Wurden, damit die Sperrbetriebe aktionsfähig wurden und man arbeiten konnte, für die Effektuierung der Aufträge Rohstoffe aus Deutschland nach Holland geliefert, insbesondere Kohle?


[29] SEYSS-INQUART: Ich glaube, alle Rohstoffe mit Ausnahme der Kohle. Die Kohle wurde aus Limburg geholt.


DR. FLÄCHSNER: Sie erwähnten gestern die Organisation Todt. Ist Ihnen bekannt, wie weit sich die Organisation Todt in Holland für die Bauarbeitern, die sie dort ausführte am Atlantikwall, einheimische Baufirmen herangezogen hat und wie weit diese Bauten durch einheimische Baufirmen durchgeführt worden sind?


SEYSS-INQUART: Ich glaube, daß die überwiegende Zahl der Bauten in Holland, Nordfrankreich und Belgien an einheimische Baufirmen übergeben wurde. In Holland war das bestimmt der Fall, und es haben auch holländische Baufirmen Arbeiten in Belgien und Nordfrankreich übernommen. Diese Firmen haben ihre Arbeiter selbst mitgebracht. Infolgedessen sind etwa 35000 bis 40000 niederländische Arbeiter Mitte 1942 in Belgien und Nordfrankreich tätig gewesen, die nicht im Wege einer Arbeitsverpflichtung herübergebracht wurden.


DR. FLÄCHSNER: Können Sie mir sagen, welche Auswirkung dieses Verfahren generell auf die Anwerbung einheimischer Arbeitskräfte gehabt hat?


SEYSS-INQUART: Die einheimischen Arbeitskräfte sind natürlich verhältnismäßig lieber in die Sperrbetriebe und zu den OT-Firmen gegangen, weil sie dort vor einer Verschickung ins Reich zum mindesten sicherer waren; außerdem haben sie bei der OT noch Lebensmittelzubußen bekommen.


DR. FLÄCHSNER: Herr Zeuge! Als im August oder September 1944 durch die feindlichen Fliegerangriffe auf das Verteilungssystem in Holland die Produktion behindert wurde, beziehungsweise sogar zum Erliegen kam, welche Maßnahmen wurden damals ergriffen, um die beschäftigungslosen Arbeitskräfte der Sperrbetriebe zu schützen?


SEYSS-INQUART: Wir haben drei Möglichkeiten gehabt. Die erste war, die Arbeiter in das Reich zu bringen, die zweite war, die Arbeiter zu entlassen und ihnen Arbeitslosenunterstützung zu geben, die dritte war, die Arbeiter zu behalten und ihnen den Lohn ohne Arbeit oder mit geringer Arbeit weiterzuzahlen. Ich glaube, es war eine Anordnung des Reichsministers Speer, derzufolge die dritte Möglichkeit gewählt wurde. In diesen Betrieben wurden die Arbeiter weiterbezahlt. Ich habe dann Vorsorge getroffen, daß die Besitzer der Fabriken einen gewissen Ausgleich für die Lohnsummen bekommen.


DR. FLÄCHSNER: Herr Zeuge! Sie erwähnten vorhin eine Unterredung, die Sie am 1. April 1945 mit dem Angeklagten, Reichsminister Speer, gehabt haben. Können Sie uns angeben, welches der ursprüngliche Zweck dieser Unterredung gewesen ist?


[30] SEYSS-INQUART: Von meiner Seite habe ich ihn ja erwähnt. Ich wollte mit Minister Speer über den Befehl »Verbrannte Erde« sprechen. Aber der Minister Speer hatte auch einen Zweck. Er wollte, daß wir aus den Nordniederlanden Kartoffelzüge in das Ruhrgebiet bringen und dafür Kohle aus dem Ruhrgebiet in die Niederlande bringen. Das wäre im Hinblick auf die Kartoffelsituation in den Nordniederlanden durchaus möglich gewesen, aber die Verkehrslage hat es unterbunden.


DR. FLÄCHSNER: Machte Ihnen Speer dabei Mitteilung über vorsorgliche Maßnahmen zur Ernährungssicherung für die Zeit nach der Besetzung?


SEYSS-INQUART: Minister Speer teilte mir mit, er habe hinter dem Ruhrgebiet Lebensmittelzüge gestaffelt und habe dabei das Transportmaterial der Rüstung entzogen, damit, wenn das Ruhrgebiet überrollt wird, die Lebensmittelzüge für das Ruhrgebiet zur Verfügung stehen.


DR. FLÄCHSNER: Danke schön.


VORSITZENDER: Wünscht die Anklagevertretung das Kreuzverhör zu beginnen?

Verzeihung, Dr. Kubuschok, wollten Sie etwas sagen?


DR. EGON KUBUSCHOK, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN VON PAPEN, VERTEIDIGER FÜR DIE REICHSREGIERUNG: Der Angeklagte Kaltenbrunner hat mich als nächstsitzenden Verteidiger gebeten, folgendes zu erklären: Er hat mit seinem Verteidiger eine größere Anzahl an den Zeugen Seyß-Inquart zu richtende Fragen besprochen. Ich habe eben versucht, den Verteidiger Kaltenbrunners, Dr. Kauffmann, zu erreichen. Er ist im Augenblick und wahrscheinlich heute nachmittag nicht zu erreichen. Der Angeklagte Kaltenbrunner bittet zu gestatten, daß diese Fragen morgen an den Zeugen, Seyß-Inquart, gerichtet werden.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof erwartet eine Erklärung von Dr. Kauffmann, warum er zum Kreuzverhör nicht hier ist; er muß doch gewußt haben, daß für ihn die Zeit für das Kreuzverhör herankam. Der Gerichtshof stimmt jedoch dem Vorschlag zu, daß diese Fragen später gestellt werden können. Vielleicht morgen, wenn es möglich ist.

Wünscht die Anklagevertretung das Kreuzverhör zu beginnen?


M. DELPHIN DEBENEST, HILFSANKLÄGER FÜR DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK: Angeklagter! Sie haben Jura studiert und uns gesagt, daß Sie im Jahre 1917 an der Universität Wien sogar den Doktortitel erworben haben?


SEYSS-INQUART: Jawohl.


[31] M. DEBENEST: Sie waren Rechtsanwalt von 1929 bis zum 12. Februar 1938? Zu jenem Zeitpunkt wurden Sie Minister des Innern?


SEYSS-INQUART: Von 1921 an.


M. DEBENEST: Gut. War nicht ein großer Teil Ihrer Klienten Juden?


SEYSS-INQUART: In großem Maße nicht, aber es waren solche auch darunter.


M. DEBENEST: Und trotzdem sagten Sie uns gestern, daß Sie seit dem ersten Weltkrieg Antisemit waren?


SEYSS-INQUART: Das haben meine Klienten gewußt, die Kanzlei war als solche bekannt.


M. DEBENEST: Ja, aber deswegen haben Sie das Geld der Juden nicht verachtet?


SEYSS-INQUART: Es hat die Juden auch nicht gestört, meine Hilfe in Anspruch zu nehmen.


M. DEBENEST: Gut. Sie waren Katholik?


SEYSS-INQUART: Wie meinen Sie das?


M. DEBENEST: Ich frage Sie, ob Sie katholischer Religion waren?


SEYSS-INQUART: Ich bin Mitglied beziehungsweise gehöre der katholischen Kirche an.


M. DEBENEST: Ja, waren Sie nicht auch Mitglied einer katholischen Studentenvereinigung während Ihrer Studentenzeit?


SEYSS-INQUART: Ich habe niemals einer Studentenvereinigung angehört, weder einer katholischen noch einer nationalen.


M. DEBENEST: Gut. Sie wurden durch eine Verordnung Hitlers vom 18. Mai 1940 zum Reichskommissar in Holland ernannt, nicht wahr?


SEYSS-INQUART: Jawohl.

M. DEBENEST: Bei Ihrer Ankunft in den Niederlanden waren Ihre Richtlinien, wie Sie uns gestern erklärten, die folgenden: Die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Niederlande und die Schaffung wirtschaftlicher Bande zwischen diesem Lande und Deutschland. Sie fügten hinzu, daß diese Richtlinien in der Folge niemals durch den Führer abgeändert wurden. Stimmt das?


SEYSS-INQUART: Ich habe ein Wort nicht verstanden, und zwar das, das sich auf die wirtschaftlichen Beziehungen bezogen hat.


M. DEBENEST: Ich sagte soeben, daß Sie mit folgenden Richtlinien in den Niederlanden eingetroffen waren: Einerseits die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Niederlande und andererseits die Schaffung wirtschaftlicher Bande zwischen diesem Land und Deutschland. Entspricht das den Tatsachen?


[32] SEYSS-INQUART: Ich möchte es nicht genau so sagen, sondern ich sollte trachten, eine möglichst enge wirtschaftliche Verbindung zwischen Holland und Deutschland herbeizuführen. Auch die wirtschaftlichen Bedingungen, auf Dauer gesehen, abgesehen von den Kriegsnotwendigkeiten, waren nicht als ein Oktroyieren gedacht.


M. DEBENEST: Schließlich erklärten Sie noch, daß Sie nicht gekommen seien in der Absicht, dem holländischen Volke eine bestimmte politische Anschauung vorzuschreiben. Das ist doch richtig?


SEYSS-INQUART: Na ja, das möchte ich nicht sagen. Es war schon meine Absicht, in Holland womöglich eine nationalsozialistische Politik möglichst zu fördern, nicht vorzuschreiben, aber möglichst zu fördern.


M. DEBENEST: War es auch Ihre Absicht, diese politische Anschauung nicht einzuführen, sondern aufzuzwingen?


SEYSS-INQUART: Nein, denn eine politische Anschauung kann man ja nie aufzwingen.


M. DEBENEST: Gut. Ich lasse Ihnen jetzt Dokument 997-PS vorlegen. Dieses Dokument wurde gestern bereits sowohl durch die Anklagebehörde unter Nummer RF-122 als auch von der Verteidigung vorgelegt. Wollen Sie bitte Seite 7 und 8 des deutschen Textes aufschlagen. Es ist Seite 7 des französischen Textes, der Absatz »Maßnahmen«. Dieses Dokument ist, wie Sie wissen, ein Bericht, den Sie selbst aufgestellt haben.


SEYSS-INQUART: Jawohl.


M. DEBENEST: Sie schreiben:

»Angesichts dieser Sachlage mußte zuerst der Einfluß Winkelmanns beseitigt werden. Dies geschah dadurch, daß die Generalsekretäre ausdrücklich darauf verwiesen wurden, daß sie nur mehr vom Reichskommissar Aufträge entgegenzunehmen haben, was sie ausdrücklich akzeptierten. Die Einrichtung der Generalsekretäre und die Personen selbst wurden beibehalten, da es bei ihrem Rücktritt als unwahrscheinlich angesehen werden mußte, Niederländer zu finden – in den Rechtsparteien finden sich fast gar keine geeigneten Personen –, die die Verwaltung übernommen hätten. Es erschien aber politisch notwendig, daß eine Summe von Maßnahmen vor allem wirtschaftlicher, mittelbar aber auch polizeilicher Art mit der Unterschrift der niederländischen Generalsekretäre dem niederländischen Volke gegenüber ergriffen werden.«

Aus dem Wortlaut dieses Dokuments geht hervor, daß Sie lediglich deshalb einverstanden waren, die Generalsekretäre weiterhin beizubehalten, weil Sie diese benötigten, um den Holländern beistimmte Maßnahmen aufzuzwingen. Stimmt das?

[33] SEYSS-INQUART: Ja, aber wo ist da von Politik die Rede? Das ist doch eine Verwaltungsangelegenheit.

M. DEBENEST: Das bezieht sich meines Wissens sowohl auf wirtschaftliche als auch auf politische Dinge.

SEYSS-INQUART: Nein, im deutschen Text heißt es: »Die polizeilichen Fragen«. Wirtschaftliche und polizeiliche Fragen, nicht politische, das ist ein Unterschied.


M. DEBENEST: Ich lese also den Satz nochmals vor, unter Berücksichtigung Ihrer Antwort: »Es erschien aber politisch notwendig...« Ist das nun politisch oder polizeilich?


SEYSS-INQUART: Moment. Das stimmt. Das ist aber nicht Politik im Sinne einer Parteipolitik, sondern Politik im Sinne der Behandlung der Niederländer an sich. Ob sie dabei Nationalsozialisten werden oder nicht, ist mir ganz gleichgültig.


M. DEBENEST: War das im Interesse der holländischen Politik oder der deutschen Politik?


SEYSS-INQUART: Ja, daß ich eine deutsche Politik verfolgt habe, gebe ich ohne weiteres zu, ohne weiteres. Das war auch ein Teil meiner Aufgabe.


M. DEBENEST: Aber war die damalige deutsche Politik nicht die der nationalsozialistischen Partei?


SEYSS-INQUART: Die deutsche Politik war damals die Politik des Erhaltungskampfes des deutschen Volkes, geführt von der nationalsozialistischen Partei; aber das materielle Wesen war nicht die Durchsetzung von 25 Punkten des Parteiprogramms, sondern die Durchfechtung dieses Existenzkampfes. Das verstehe ich da hier.


M. DEBENEST: Gut. Sie wurden jedoch in Ihrer Verwaltung in den Niederlanden von vier Generalkommissaren unterstützt, und zwar von Wimmer in der Verwaltung und im Rechtswesen, von Fischböck in der Wirtschaft und im Finanzwesen, von Rauter in der öffentlichen Sicherheit und von Schmidt in Sonderfragen. Der Generalkommissar für die öffentliche Sicherheit, Rauter, unterstand Ihnen doch unmittelbar?


SEYSS-INQUART: Die vier Generalkommissare waren mir direkt unterstellt. Rauter insofern, als er die niederländische Polizei als Generalkommissar für das Sicherheitswesen führte, nicht soweit er der Chef der Deutschen Polizei war.


M. DEBENEST: Sie hatten den Entschluß gefaßt, die Niederlande selbst zu führen und zu verwalten. Zu diesem Zweck haben Sie die beiden bestehenden Kammern aufgelöst und mit der gleichen Verordnung die Machtbefugnisse des Staatsrates auf das juristische Gebiet beschränkt.


[34] SEYSS-INQUART: Ich habe die Verordnung nicht gegenwärtig, aber es dürfte so gewesen sein.

M. DEBENEST: Sie haben weiterhin die Kontrolle über die Finanzen sowie über das Schatzamt der Niederlande übernommen. Zu diesem Zwecke haben Sie am 24. August 1940 eine Verordnung erlassen, auf Grund welcher Sie den Präsidenten der Bank von Holland ernennen konnten?


SEYSS-INQUART: Ich weiß das Datum nicht genau; aber ich habe eine solche Verordnung erlassen.


M. DEBENEST: Bei Ihrer Ankunft in den Niederlanden war Herr Trip Präsident der Bank von Holland und Generalsekretär des Schatzamtes?


SEYSS-INQUART: Ja.


M. DEBENEST: Und aus welchem Grunde haben Sie ihn abgesetzt?


SEYSS-INQUART: Weil Herr Trip bei der Durchführung der Aufhebung der noch vorhandenen Devisen- und Clearingbeschränkungen nicht mittun wollte. Ich habe es ihm ja freigestellt, zurückzutreten, wenn er Maßnahmen von mir nicht mitmachen wollte.


M. DEBENEST: Und durch wen haben Sie ihn ersetzt?


SEYSS-INQUART: Durch Herrn Rost van Tonningen.


M. DEBENEST: Kannten Sie Herrn Rost van Tonningen schon lange?


SEYSS-INQUART: Ich glaube nicht, nur dem Namen nach. Er hatte offenbar die Fähigkeiten, für den Völkerbund in Wien ungefähr dasselbe Amt für Österreich auszuüben.


M. DEBENEST: Seit wann kannten Sie ihn dem Namen nach?


SEYSS-INQUART: Wahrscheinlich ungefähr von dem Zeitpunkt, in dem er sein Amt in Wien angetreten hat. Ich weiß nicht, wann das war.


M. DEBENEST: Sie standen nicht mit ihm in Verbindung, während er in Wien war?


SEYSS-INQUART: Ich glaube, ich habe ihn nicht einmal gesehen.


M. DEBENEST: War denn Herr Rost van Tonningen nicht Mitglied der holländischen Nationalsozialistischen Partei?


SEYSS-INQUART: Ja.


M. DEBENEST: War das der Grund, warum Sie ihn für diesen Posten ernannten?


SEYSS-INQUART: Das war mit ein Grund. Nicht so sehr, daß er ein Mitglied war, sondern daß er auf unseren Linien gestanden ist.


[35] M. DEBENEST: Wollen Sie sich bitte wieder Dokument 997-PS zuwenden, das ich Ihnen soeben habe überreichen lassen, und zwar Seite 5 des deutschen und Seite 5 des französischen Textes. Sie haben über Herrn Rost van Tonningen folgendes gesagt:

»Rost van Tonningen: Ideologisch voll entsprechend, auf die germanische Idee und den Nationalsozialismus ausgerichtet, ein temperament- und wirkungsvoller Sprecher mit sehr viel Betätigungsdrang, findet seine Stärke nicht in sich, sondern trachtet Unterstützung und Halt von dritten Personen zu bekommen.«

Soweit ich hieraus entnehmen kann, ist in dem, was Sie hier über Rost van Tonningen schreiben, durchaus nicht die Rede davon, daß er in Finanzangelegenheiten besonders kompetent war.

SEYSS-INQUART: Ich habe auch bei den übrigen Herren nirgends die fachliche Qualität, sondern nur die politische Einstellung dargestellt. Ich habe nicht gesagt, daß Herr Mussert ein wirklich anerkannter Ingenieur in den Niederlanden war, und so weiter; – ich habe da nur die politische Einstellung beschrieben.

M. DEBENEST: Danke. Sie haben also in den Niederlanden eine Zivilregierung eingesetzt, eine deutsche Zivilregierung?


SEYSS-INQUART: Man konnte nicht meine vier Generalkommissare betrachten als jene Funktionsstelle, die normalerweise die Minister hatten. Aber gewisse Funktionen waren abgegeben an die Generalsekretäre. Die Generalsekretäre stellten aber nicht eine Regierung oder ein Ministerium dar. Ich habe das gestern ja selbst erwähnt, daß ich die Regierung übernommen hatte.


M. DEBENEST: Aber die Generalsekretäre haben die Niederländische Regierung vertreten, nicht wahr?


SEYSS-INQUART: Nein, die Generalsekretäre waren die obersten Chefs, Beamte einzelner Ministerien. Sie waren nicht das, was wir die Hoheitsträger im Staat nennen. Die Herren waren in England.


M. DEBENEST: Aber Sie haben doch gewußt, daß die Regierung sie in den Niederlanden belassen hatte, damit sie an ihrer Statt die Machtbefugnisse ausübten?


SEYSS-INQUART: Welche Absicht die nach England gegangene Regierung mit der Einsetzung hatte, weiß ich nicht. Ich habe angenommen, daß sie dort geblieben sind, um die Verwaltung technisch zu führen. Es liegt im Bereich einer Besatzungsmacht, bei einer vollständigen Besetzung des Landes festzustellen, wie sie die Regierung führt.

M. DEBENEST: Sind Sie der Ansicht, daß die Einsetzung einer deutschen Zivilregierung in einem besetzten Land in Einklang mit den internationalen Konventionen steht?


[36] DR. STEINBAUER: Herr Präsident! Ich widerspreche dieser Frage, weil sie nach meiner Ansicht eine Frage ist, die das Gericht zu lösen hat.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß die Frage gestellt werden kann. Der Angeklagte hat uns bereits im Hauptverhör seine Ansichten über das Völkerrecht dargelegt. Wir lassen die Frage au.


M. DEBENEST: Dann antworten Sie, bitte.


SEYSS-INQUART: Darf ich noch einmal um die Frage bitten?


M. DEBENEST: Glauben Sie, daß die Einsetzung einer deutschen Zivilregierung in einem besetzten Land mit den internationalen Konventionen in Einklang steht?


SEYSS-INQUART: In dem Sinne, wie das in Holland der Fall war, bestimmt.


M. DEBENEST: Und warum?


SEYSS-INQUART: Weil durch die Tatsache der vollständigen Besetzung Deutschland die Verantwortung für die Verwaltung dieses Landes übernommen hat und daher eine verantwortliche Führung in diesem Lande einzusetzen hatte.


M. DEBENEST: Sie haben aber selbst die Generalsekretariate geschaffen, insbesondere ein Sekretariat für das Nachrichtenwesen und die Schönen Künste?


SEYSS-INQUART: Wir nennen es das Propagandaministerium.


M. DEBENEST: Jawohl.


SEYSS-INQUART: Jawohl, das habe ich getan.


M. DEBENEST: Und wen haben Sie an die Spitze dieses Sekretariats gestellt?


SEYSS-INQUART: Ich glaube, der erste war der Professor Kudewagen, das war auch ein Mitglied der niederländischen Nationalsozialistischen Partei.


M. DEBENEST: Das ist richtig. Setzte sich denn der Stab des Generalsekretariats nicht in der Hauptsache aus Mitgliedern der NSB zusammen?


SEYSS-INQUART: Ich bin überzeugt davon. Ich habe sie einzeln nicht gekannt.


M. DEBENEST: Wissen Sie ferner, daß in einem der Ämter als Berater sogar ein SS-Mann saß?


SEYSS-INQUART: Der niederländischen SS?


M. DEBENEST: Nein, der deutschen SS.


SEYSS-INQUART: Das war dann ein Berater?


[37] M. DEBENEST: Ja. Er war Berater für nationale Erziehung und nationale Entwicklung.


SEYSS-INQUART: Ich habe das nicht ganz verstanden. Es war ein Berater für?


M. DEBENEST: Für die nationale Erziehung.


SEYSS-INQUART: Ja, ich habe ihn nicht gekannt, ich halte das für möglich. Ich glaube aber nicht, daß er als SS-Mann im besonderen dort war, sondern aus irgendwelchen Gründen.


M. DEBENEST: Sie haben die Auflösung der Stadt-und Provinzräte angeordnet. Zu welchem Zweck?


SEYSS-INQUART: Ich kann nicht sagen, die Auflösung der Verwaltung. Ich habe nur die gewählten Gemeinde- und Provinzvertretungen entweder aufgelöst oder ausgeschaltet. Die Verwaltung an sich habe ich nicht nur behalten, sondern in ihrer Funktion noch verstärkt.


M. DEBENEST: Sie haben sogar alle Bürgermeister der bedeutendsten Gemeinden abgesetzt?


SEYSS-INQUART: Ganz bestimmt, und ich bin überzeugt, mit vollem Recht der Besatzungsmacht. Der Bürgermeister von Amsterdam hat den Generalstreik nicht verhindert, sondern eher gefördert.


M. DEBENEST: Haben Sie aus dem gleichen Grunde alle Bürgermeister oder zumindest eine gewisse Anzahl von Bürgermeistern abgesetzt?


SEYSS-INQUART: Ich habe die Bürgermeister ausschließlich dann entfernt, wenn sie durch ein aktives gegnerisches Verhalten für mich untragbar waren. Ihre sonstige politische Einstellung war mir vollkommen gleichgültig. Ich habe den Bruder des Herrn Boraine bis zum Jahre 1945 als Bürgermeister in einer holländischen Stadt gehalten, ein erbitterter Gegner des Nationalsozialismus und von uns Deutschen.


M. DEBENEST: Gut. Durch wen haben Sie alle diese abgesetzten Bürgermeister ersetzt?


SEYSS-INQUART: Ich glaube, mindestens bis ins Jahr 1943 erfolgten die Besetzungen im Einvernehmen mit dem Generalsekretär des Innern, Herrn Fredericks, der mir von der Niederländischen Regierung als Verwalter der inneren Behörde zurückgelassen war. Es waren Nationalsozialisten, es waren Nichtnationalsozialisten. Es war zum Beispiel der Sohn des Provinzkommissars von Holland ein überzeugter Gegner des Nationalsozialismus und auch Deutschlands, der zum Bürgermeister einer der größten holländischen Städte, nämlich Zwolle, von mir ernannt wurde.


[38] M. DEBENEST: Sie beantworten meine Frage nicht genau. Ich frage, durch wen Sie die abgesetzten Bürgermeister ersetzt haben. Waren es Mitglieder der NSB?


SEYSS-INQUART: Es waren zum Teil Mitglieder der NSB. Es waren zum Teil unpolitische Menschen, es waren zum Teil Mitglieder der politischen Anschauungen, die absolut gegen Deutschland und gegen den Nationalsozialismus waren. Mit der Zeit wurden es mehr NSBer, weil sich die Nicht-NSBer nicht mehr zur Verfügung gestellt haben. Das war der größte Erfolg der holländischen Widerstandsbewegung, daß sie uns einen so absoluten politischen Widerstand geleistet hat. Das ist die Bedeutung, die Holland geleistet hat in diesem Kriege.


M. DEBENEST: Sie behaupten also, daß die holländische Widerstandsbewegung Sie veranlaßt hat, eine große Zahl von NSB-Leuten in öffentlichen Ämtern unterzubringen?


SEYSS-INQUART: Nein, der Gedanke wäre mir zu kühn. Die holländische Widerstandsbewegung hat die Holländer nur veranlaßt, die Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht zu unterlassen, so daß sich außer NSBern niemand mehr gefunden hat, der mit uns zusammenarbeiten wollte.


VORSITZENDER: Wäre das nicht ein passender Augenblick für die Pause?


[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 16, S. 7-40.
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