III.

Im Hotel.

[752] 753. Wahl des Hotels. Wohl jeder, der in eine fremde Stadt kommt, wird sich über das Hotel, in dem er abzusteigen beabsichtigt, im klaren sein, bevor der Zug in die Bahnhofshalle einläuft. Bei der Wahl des Gasthauses kommt nicht nur die Rücksicht auf unseren Geldbeutel, sondern auch die Lage in Betracht: das teuerste Haus kann unter Umständen das billigste und das billigste das teuerste sein. Es ist eine ganz falsch angebrachte Sparsamkeit, ein weit entlegenes Hotel sich aufzusuchen, in dem man vielleicht pro Tag eine Mark an Zimmermiete spart, aber infolge der schlechten Verbindung schließlich drei Mark für Droschken ausgeben muß. Die größten Gasthöfe bieten ihren Reisenden den denkbar größten Luxus und die allergrößte Bequemlichkeit, und Erleichterungen und Annehmlichkeiten, die man sich in Gasthöfen zweiten Ranges erst erkaufen muß, bieten sie unentgeltlich.

[753] 754. Kostenpunkt. Es ist thöricht, mit Rücksicht auf seine Bekannten oder auf seinen Namen und Stand ein teureres Hotel zu wählen, als der Geldbeutel gestattet. Ausschlaggebend sollte bei der Wahl lediglich die Rücksicht auf die eigene Bequemlichkeit sein. Wer sich zu gut hält, uns in dem Logis, das wir wählten, aufzusuchen, mag fortbleiben: nur diejenigen haben ein Recht, uns über den Ort, wo wir wohnen sollen, Vorschriften zu machen, die uns in irgend einer Weise finanziell unterstützen. Die Rücksicht auf dritte hat schon manchen arm gemacht, aber noch nie ist einem von den anderen, um deren willen man sich in Unkosten stürzte, hinterher geholfen worden. Nur thörichte und ungebildete Menschen werden uns, wenn wir ihnen mitteilen, wo wir abgestiegen sind, fragen: »Aber wie konnten Sie nur?« Wer andere so fragt, müßte sich einmal klar machen, welches Gesicht er selbst aufstecken würde, wenn man ihm mit einer solchen Frage käme. Daß man natürlich nicht ein Gasthaus wählt, das wegen seines schlechten Rufes geradezu berüchtigt ist, verbietet nicht nur die Rücksicht auf unsere Mitmenschen, sondern auch auf uns selbst.

Wer ein Hotel wählte, soll sich in der Eisenbahn von Mitreisenden nicht bewegen lassen, seinen Entschluß zu ändern. Niemand außer uns kennt die Ansprüche, die wir an unser Logis stellen, und was der andere, der uns vielleicht nach bester Ueberzeugung rät, als unumgänglich notwendig für das Leben betrachtet, ist für uns selbst vielleicht Luxus und umgekehrt. Läßt man sich verleiten, von seinem einmal gefaßten Plan abzugehen, so kommt die Reue, wie über all, so auch hier zu spät.

[754] 755. Anhänglichkeit an gute Hotels. Wer einmal in einem Hotel war, das in jeder Hinsicht seinen Beifall fand, wird gut und weise handeln, wenn er ihm für alle Zeit treu bleibt. Wer da beständig wechselt, weiß wohl, was er aufgiebt, aber nicht, was er wiederfindet, und die Sitte, Spaßes halber alle Gasthäuser der Welt durchzuprobieren, ist ein Spleen, den man mehr oder weniger sonderbaren Engländern überlassen sollte. Das Wort »Wird man wo gut aufgenommen, soll man nicht gleich wiederkommen« findet bei Gasthäusern keine Anwendung: im Gegenteil, je öfter sich ein Gast sehen läßt, desto sicherer kann er sein, gut und aufmerksam bedient zu werden.

[755] 756. Wert eines guten Eindrucks. Daß die Kellner jeden neuen Ankömmling daraufhin ansehen, welches Trinkgeld sie aller kellnerischen Berechnung nach von ihm zu erwarten haben, ist leider nicht zu leugnen. Aber fast noch mehr als nach uns selbst schauen die Leute nach unserem Gepäck aus. Wenn dies ihren Beifall findet, können wir sicher sein, gut aufgenommen zu werden.

Ein Bekannter von mir, der stets ohne die geringsten Vorbereitungen sich in den Eisenbahnzug setzt und die Angewohnheit hat, sogar die Zahnbürste an dem Bestimmungsort zu kaufen, der keinen Kragen und kein Nachtgewand mit sich zu führen pflegt, ist jedesmal außer sich, daß ihm in einem Hotel erst dann ein Zimmer eingeräumt wird, wenn er eine gewisse Summe Geldes deponiert hat. Ja, er klagte mir einmal, daß er sogar im voraus hätte bezahlen müssen, als er eine winzig kleine Handtasche bei sich führte. Er selbst findet das unerhört, und schwört Stein und Bein, demnächst das Reisen ganz aufgeben zu wollen, weil man ihm, der noch nie mit den Gesetzen in Konflikt gekommen, überall mit Mißtrauen begegnet. Was er selbst tadelt, werden verständige Menschen vollständig begreiflich finden. Unmöglich kann man von den Hotelbediensteten verlangen, daß sie jedem nicht nur bis in das tiefinnerste Herz, sondern auch bis in das tiefinnerste Portemonnaie blicken, und wie die Eltern in der Wahl ihrer Schwiegersöhne nicht vorsichtig genug sein können, so ist auch für die Gasthofsbesitzer in dieser Zeit des Lugs und Trugs Vorsicht geboten.

Wer einem anderen irgendwie verdächtig vorkommt, trägt meistens daran selbst die Schuld.

[756] 757. Ankunft. Fährt man mit einer Droschke zu seinem Hotel, so ist es ratsam, den Wagen stets von dem Portier bezahlen zu lassen. Diese Leute kennen die Taxe ganz genau und wir sind sicher, später auf unserer Rechnung nur den Betrag aufgeschrieben zu finden, der dem Rosselenker wirklich zustand.

Wer für sein Zimmer irgend welche besonderen Wünsche hat, thut gut, sie sofort beim Betreten des Gasthauses zu äußern. Niemand nimmt es uns übel, wenn wir lange suchen, bevor wir die Wahl treffen, aber mit Recht wird es uns verdacht, wenn wir nach getroffener Wahl alle drei Stunden zweimal umziehen und sämtliche Logis durchprobieren.

In den meisten Hotels befindet sich der Preis für das Zimmer an der Wand angeschlagen, aber selbst wenn dies der Fall ist, thut man gut, sich nach dem festen Preis zu erkundigen, da häufig die Preise geändert, aber nicht immer laut dem Plakat umgeändert werden. Wer zu teuer wohnt, kann dieses ruhig eingestehen, ohne daß er deshalb zu fürchten braucht, mit geringschätzigen Augen angesehen zu werden. Es ist immer besser, im voraus zu sagen, so viel will ich nicht ausgeben, als hinterher über eine zu hohe Hotelrechnung zu schelten und das, was man nach seiner Meinung zu viel bezahlte, den daran ganz unschuldigen Kellnern später am Trinkgeld abzuziehen.

[757] 758. Ruhige Lage des Zimmers. Die wenigsten Reisenden sind in der angenehmen Lage, keine Nerven zu besitzen, und deshalb frage man ruhig, wer neben uns wohnt und, wer über uns sein Domizil aufgeschlagen hat. Mir selbst passierte es einmal, als ich von einer Karlsbader Kur zurückkam, daß ich mir in meinem Berliner Hotel, in dem ich seit vielen Jahren beständig wohne, ein ganz ruhiges Zimmer telegraphisch bestellt hatte. Da ich sicher war, gut bedient zu werden, auch meine Wünsche erfüllt zu sehen, hielt ich weiteres Fragen für überflüssig, als der Kellner mich in den Salon geleitete. Zu spät sah ich ein, daß auch der vorsichtigste Mensch immer noch vorsichtiger sein kann, denn zu meinem Entsetzen machte ich wenig später die Entdeckung, daß sich gerade über mir die Dampfwäscherei des Hotels befand. Auf meine Bemerkung hin, daß dies doch hier nie und nimmer ein ruhiges Zimmer wäre, erhielt ich die lakonische Antwort, daß es bei Nacht ganz stille sei, und da ich früher bei Tage doch nie im Hotel gewesen wäre, hätte man es für selbstverständlich angenommen, daß ich auch jetzt meine Tage außerhalb zubringen würde.

[758] 759. Ordnung. Wer längere Zeit in dem Gasthaus zu bleiben gedenkt, wird sich mehr oder weniger häuslich einrichten, aber selbst wer nur kurze Zeit zu bleiben die Absicht hat, sollte schon um der Angestellten willen seine Stube ordentlich halten, und nicht alles durcheinander auf dem Fußboden, im Bett und den Stühlen herumwerfen. Fast immer sind diejenigen Reisenden, die die Hilfe des Personals am meisten in Anspruch nehmen, zugleich auch diejenigen, die das geringste Trinkgeld geben.

[759] 760. Haftbarkeit des Gastes für Schäden. Jeder Gast ist für den Schaden, den er absichtlich oder unabsichtlich an den vorhandenen Möbeln verursacht, verantwortlich. Wie wir selbst von unseren Dienstboten verlangen, daß sie die Scherben, die sie machten, offen und ehrlich eingestehen und die zerbrochene Tasse nicht kunstvoll wieder zusammensetzen, so sollen auch wir uns nicht von der Bezahlung eines angerichteten Schadens zu drücken versuchen. Es gehört sich nicht, daß man einen Aschenbecher, den man fallen ließ oder eine Waschschale, die man zertrümmerte, in seinen Koffer packt und hinterher leugnet, daß diese Gegenstände überhaupt im Zimmer vorhanden waren. Dadurch, daß wir so handeln, erniedrigen wir uns nicht nur selbst, sondern wir wälzen den Verdacht, den Schaden angerichtet zu haben, auf ganz Unschuldige, die vor uns das Logis bewohnten, oder auf die Angestellten. Es ist bekannt, daß vor einigen Jahren ein sehr reicher Orientale, der Deutschland bereiste, sich in den ersten Hotels dadurch geradezu unmöglich machte, daß er sich in den teuersten Gardinen die Hände trocknete und mit seinen Cigarettenstummeln Löcher in die wertvollen Teppiche brannte. Der größte Reichtum giebt nicht die Berechtigung, wie dieser Orientale zu hausen, und selbst, wenn wir in der Lage sind, jeden Schaden, den wir anrichten, auch zu ersetzen, erfordert die Bildung, daß wir uns nicht mit Sporen an den Füßen auf das Hotelbett legen und Risse in die Atlasdecken machen.

Auch derjenige, der die teuersten Zimmer bewohnt und sich einen ganzen Flügel gemietet hat, ist doch immer nur Gast in einem Hotel und muß sich stets so betragen, daß der Wirt nicht in die unangenehme Lage kommt, ihm zu kündigen. Hierzu ist der Hotelbesitzer jederzeit berechtigt, wie wir andererseits von keinem Wirte verlangen können, daß er uns unter allen Umständen selbst dann aufnimmt, wenn er noch über freie Räume in seinem Hause verfügt.

[760] 761. Ruhe und Rücksicht. In unserem Benehmen haben wir höflich zu sein gegen die Angestellten und gegen die anderen Gäste. Es gehört sich nicht, daß man in seinem Zimmer vom frühen Morgen bis zum späten Abend singt, pfeift oder musiziert. Auch gegen die Wände zu poltern ist nur selten angebracht.

Wer zu später Stunde nach Hause kommt oder lange, bevor die Hähne daran denken, daß sie nur geboren sind zu krähen, sollte sich wenigstens bemühen, den Schlaf der anderen nicht zu stören. Man steigt nachts um Zwei nicht laut singend und pfeifend die Treppe in die Höhe, und wenn man morgens um Vier aufsteht, singt man nicht so laut man kann das schöne Lied »Morgenstunde hat Gold im Munde« nach einer Melodie, die man, unmusikalisch, wie die meisten sind, selbst komponierte. Seine Stiefel schleudert man nicht auf den Korridor, daß die Nachbarn glauben, eine Kruppsche Riesenkanone feuere einen Schuß ab, und man klingelt und ruft nicht mit donnernder Stimme nach den Dienstboten.

[761] 762. Beispiel. Aber auch von den Nachbarn des Nachhausekommenden ist Rücksicht und Nachsicht zu üben. Nach dem Besuch des Theaters kehrte ich eines Abends, nachdem wir zuvor noch in einem Restaurant gespeist hatten, mit meiner Frau einmal ungefähr um zwölf Uhr nachts in mein Kölner Hotel zurück. Wie es ganz selbstverständlich ist, unterhielten wir uns mit leiser Stimme noch etwas, während wir uns auskleideten, als auf einmal aus dem Nebenzimmer die rauhe Stimme eines Reisenden ertönte: »Zum Donnerwetter, halten Sie nun gefälligst den Mund, den ganzen Tag bin ich auf den Beinen gewesen und muß um vier Uhr schon wieder aufstehen, um meinen Zug zu erreichen, ich bin müde und will schlafen!« Ich erkundigte mich teilnehmend, ob er geistig normal sei oder ob er Maikäfer im Kopf habe, und gab ihm dann den guten Rat, sich in der nächsten Stadt, die er mit seiner Gegenwart beglücken würde, sein eigenes Hotel bauen zu lassen. Als wir schon lange ruhig und friedlich in den Kissen lagen, schalt er noch beständig mit lauter Stimme über unsere Rücksichtslosigkeit weiter, so daß ich mich endlich gezwungen sah, ihn höflich daran zu erinnern, daß er den ganzen Tag auf den Beinen gewesen sei, bereits um 4 Uhr abreisen wolle und ja doch die Absicht habe, zu schlafen. Endlich wurde es im Nebengemach ruhig, bis laute Sägetöne verkündeten, daß er nunmehr eingeschlafen sei. Wenig später wurde nicht der liebenswürdige Nachbar, sondern ich dadurch geweckt, daß der Hausknecht mit beiden Fäusten gegen die Thür des Nebengemaches den Radetzkymarsch trommelte, und der Jüngling, der da behauptet hatte, daß wir ihm die Ruhe raubten, störte unseren eigenen Schlaf.

[762] 763. Noch einige Erlebnisse ähnlicher Art. Wohin die Rücksichtslosigkeit der anderen Hotelgäste führen kann, erlebte ich auf einer Nordlandsreise. Wir waren spät abends mit dem Dampfer in Merok angekommen und gingen an Land, um in dem dortigen großen Restaurant Abendbrot zu essen. Als wir uns dem Gasthause näherten, sahen wir die dortigen Kellnerinnen flüchten, und wenig später hörten wir, wie die Thüren geschlossen und die Jalousien herabgelassen wurden. Einem leichtfüßigen Reisegenossen gelang es noch im letzten Augenblick, eine der hübschen schwedischen Kellnerinnen zu erwischen und sie zu fragen, warum denn bei unserer Ankunft das Haus verbarrikadiert würde, als wären wir zur Deportation verurteilte Verbrecher und nicht harmlose Reisende, die nur den einen Wunsch hätten, das zu Hause sauer verdiente Geld hier im hohen Norden mit vollen Händen auszugeben? Die holde Maid erwiderte (natürlich auf schwedisch): »Das thut mir leid gewißlich, zu ändern aber ist's nicht. Die Engländer, die hier im Hause wohnen und bereits teilweise zu Bett gegangen sind, wollen nicht gestört werden und haben uns verboten, Ihnen Speisen oder Getränke zu verabfolgen.« Mit einem Fluche gegen Old England blieb uns nichts weiter übrig, als hungrig und durstig, wie wir waren, wieder zum Schiff zurückzukehren und uns von neuem an den Gerichten zu erfreuen, die wir bereits seit geraumer Zeit täglich dreimal vorgesetzt erhielten.

Auch in dem jetzt leider abgebrannten Hotel Stalheim erlebten wir ähnliches. Als wir am Abend nach einem sehr guten Diner uns das Vergnügen einer kleinen Tanzfestlichkeit erlaubten, wurde plötzlich auf Befehl der Engländer und Amerikaner, die mit uns dort zusammenwohnten, das elektrische Licht ausgedreht und wir sahen uns gezwungen, um nicht auf Befehl der Ausländer in das Bett zu gehen, in die stockfinstere Bar zu flüchten, und dem Wirt seinen unendlichen Vorrat von Alkohol auszutrinken. Unsere einzige Rache war die, daß es am nächsten Tag weder für Geld noch für gute Worte in der Bar auch nur das Geringste zu trinken gab.

[763] 764. Verhalten zur Nachbarschaft. Niemand vergiebt sich etwas dadurch, daß er den übrigen Gästen, auch wenn sie ihm persönlich unbekannt sind, freundlich entgegenkommt und ihnen einen Dienst leistet, sobald er es vermag. Sich absichtlich an unsere Nachbarn und Mitbewohner heranzudrängen, die Gelegenheit einer persönlichen Bekanntschaft in auffallender Weise zu suchen, ist aufdringlich.

Mit seinen Zimmernachbarn wird man sich auch dann nicht durch die Wand hindurch unterhalten, wenn man mit ihnen persönlich bekannt ist. Nur in wenigen Gasthäusern sind die Thüren so stark und so dicht, daß eine laute Konversation nicht auch auf dem Korridor gehört wird, deshalb sollte man in seiner Unterhaltung etwas vorsichtiger sein und nur mit gedämpfter Stimme sprechen.

[764] 765. Reklamationen. Findet etwas in dem von uns gemieteten Zimmer nicht unseren Beifall, so haben wir nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, den Schaden abstellen zu lassen. Nichts ist falscher, als mit Rücksicht auf die Angestellten einen Uebelstand dem Wirte zu verschweigen.

Ich erinnere mich, einmal von einer älteren Dame Besuch gehabt zu haben, die ich gezwungen war, in einem Hotel, das sich in der Nähe meines Hauses befand, einzuquartieren. Erst viel später erfuhr ich, daß mein Gast in der ganzen Zeit auf einem unsauberen Betttuch hat schlafen müssen und daß alle ihre Bitten bei dem Dienstmädchen, die Wäsche zu wechseln, noch weniger als gar keinen Anklang fanden. Auf meine Frage, warum sie denn nicht den Wirt gerufen, erhielt ich die Antwort, sie hätte es vermeiden wollen, daß die Donna Urarka ihretwegen bestraft oder gar entlassen würde. Daß man mit solcher Nachsicht dem Hotelbesitzer keinen Dienst erweist, ist selbstverständlich, und wir Deutsche werden an vielen Orten nur deshalb so schlecht behandelt, weil wir uns in unserer Gutmütigkeit viel zu viel gefallen lassen. Wer sein teures Geld bezahlt, hat das volle Recht, zu verlangen, daß ihm dafür auch Gutes geboten wird. Natürlich darf dies nicht dahin führen, unmögliches zu fordern und zu verlangen, daß unseretwegen das ganze Hotel auf den Kopf gestellt wird.

Für alles das, was nicht unseren Beifall findet, sind die Kellner und Angestellten nur in den allerwenigsten Fällen verantwortlich, und es ist thöricht, den Portier oder einen anderen Angestellten auszuschelten, weil das Hotel nicht einmal elektrisches Licht oder einen Aufzug besitzt. Auch dafür, daß das Essen miserabel, daß der Wein nach dem Pfropfen schmeckt und daß sich in dem Bett Wanzen befinden, können die Bediensteten nichts, und man sollte es sich zur Regel machen, sich mit allen seinen Vorwürfen stets an die richtige Adresse zu wenden.

[765] 766. Das erste Frühstück. Niemand ist gezwungen, in einem Hotel eine andere Mahlzeit, als das erste Frühstück einzunehmen. Sparsame Reisende scheuen häufig aber selbst diese Ausgabe und erscheinen mit ihrer eigenen Kaffeemaschine, ohne zu bedenken, daß sich dieses nicht schickt, und daß sich der Preis eines jeden Zimmers ohne Frühstück ebenso verteuert, wie der einer Mahlzeit, zu der ich weiter nichts trinke, als Aqua pura, auf deutsch Pumpenheimer genannt. Namentlich im Auslande und hier wieder in Paris, sucht der Deutsche dem ersten Frühstück dadurch zu entgehen, daß er ein Kaffeehaus aufsucht. Fast immer wird er dort schlechter und teurer bedient, als in einem Hotel.

[766] 767. Haftpflicht des Wirtes. Der Reisende, der größere Summen Geldes oder sonstige Wertgegenstände mit sich führt, wird immer gut thun, diese nicht in seinem Koffer, dessen Schloß unter Umständen sogar noch entzwei ist, aufzubewahren, sondern seine Schätze dem Besitzer anzuvertrauen. Das schon mehrfach citierte Buch: »Was jeder vom Bürgerlichen Gesetzbuch wissen sollte« sagt darüber: »Ein Gastwirt, der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt, hat einem im Betriebe dieses Gewerbes aufgenommenen Gaste den Schaden zu ersetzen, den der Gast durch den Verlust oder durch die Beschädigung eingebrachter Sachen erleidet. Die Ersatzpflicht tritt nur dann nicht ein, wenn der Gastwirt nachweisen kann, daß der Schaden von dem Gaste selbst oder von einem Begleiter desselben verursacht wurde, oder durch die Beschaffenheit der Sache oder durch höhere Gewalt (z.B. Brand infolge von Blitzschlag) entstand. Ein Anschlag, durch den der Gastwirt seinen Gästen allgemein bekannt giebt, daß er die Haftung für Schaden ablehne, ist ohne Wirkung. Doch kann durch Vereinbarung mit dem einzelnen Gaste die Haftung ausgeschlossen werden.

Für Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten haftet der Wirt nur bis zur Höhe von 1000 Mark, es sei denn, daß er diese Gegenstände in Kenntnis ihrer Eigenschaft als Wertsachen zur Aufbewahrung übernimmt, oder daß er die erbetene Aufbewahrung ablehnt, oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet wird.

Der auf Grund der Haftung der Gastwirte dem Gaste zustehende Schadensersatz-Anspruch erlischt, wenn nicht der Gast unverzüglich, nachdem er von dem Verluste oder der Beschädigung Kenntnis erlangt hat, dem Wirte Anzeige macht. Der Anspruch erlischt nicht, wenn die Sachen dem Wirte zur Aufbewahrung übergeben waren.

Der Gastwirt hat für seine Forderung, für Wohnung und andere dem Gaste zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährte Leistung, mit Einschluß der Auslagen, ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gastes, soweit diese pfändbar sind. Er braucht die Entfernung der Sachen nicht zu dulden und kann nötigenfalls die Entfernung ohne Anrufung des Gerichts im Wege der Selbsthilfe verhindern und, wenn der Gast das Gasthaus verläßt, die Sachen in seinen Besitz nehmen.«

[767] 768. Nichts herumliegen lassen! Noch mehr als zu Hause ist auf Reisen die größte Ordnung in allen Sachen am Platze. Namentlich Damen pflegen mit Vorliebe Ringe, Armbänder und andere Schmuckgegenstände zu verlegen und bemühen sich dann hinterher viele Stunden lang vergebens, sie wiederzufinden. Sie wissen ganz genau, daß sie die Brosche heute morgen, bevor sie ausgingen, auf den Tisch unter dem Spiegel legten, und jetzt ist sie fort, spurlos verschwunden. Man klingelt nach dem Dienstmädchen, das auf Befragen die Antwort giebt, daß sie überhaupt keine Brosche gesehen hat. Der Verdacht, daß die Magd den Schmuck stahl, wird dadurch zur absoluten Gewißheit, denn daß das Zimmermädchen die Brosche thatsächlich nicht sah, erscheint den Damen so unglaubwürdig, daß sie gar nicht erst den Versuch machen, es zu glauben. Man stellt die Magd zur Rede, ihre Unschuldsbeteuerung hält man für Lüge, ihre Thränen für Verstellung, ihre Bereitwilligkeit, sich selbst und ihre ganzen Sachen visitieren zu lassen, für eine Unverschämtheit, mit der sie uns vergebens von der rechten Spur abzulenken versucht, und je mehr die Maid beteuert, daß wir uns irren müssen, desto fester wird uns die Ueberzeugung, daß ein Irrtum unsererseits völlig ausgeschlossen ist. Und an diesem Glauben halten wir fest, bis sich der verlorene Gegenstand Gott weiß wo wiederfindet, nur nicht da, wo wir ihn nach unserer Meinung ganz bestimmt hingelegt hatten. Eine Verdächtigung, die man gegen jemand ausgesprochen hat, läßt sich selbst durch ein hohes Trinkgeld nicht wieder gut machen und, bevor man jemand beschuldigt, sollte man ganz sicher sein, daß thatsächlich ein Versehen unsererseits völlig ausgeschlossen ist. Bei uns in Deutschland sind die Hotelbediensteten überall so ehrlich, daß man ruhig etwas herumliegen lassen kann, und auch im Auslande setzt sich die Bedienung nicht, wie viele glauben, nur aus Spitzbuben und Diebinnen zusammen. Gerade der Umstand, daß z.B. in Frankreich und Amerika die Zimmermagd und der zu der Etage gehörende Hausknecht miteinander verheiratet sind, giebt eine gewisse Gewähr dafür, daß man sich auf die Ehrlichkeit der Leute verlassen kann. Daraus, daß die beiden Mann und Frau sind, den Schluß ziehen zu wollen, daß der eine Teil stiehlt und der andere ihm hilft, ist mehr als ungerecht. In mancher Hinsicht fordert diese Ehe auch unsere Nachsicht, denn wenn der eine Teil unseretwegen entlassen wird, so machen wir nicht eine, sondern gleich zwei Personen brotlos und im gemeinsamen Interesse halten die Eheleute sich stets gegenseitig an, ihre Pflicht und Schuldigkeit zu thun.

[768] 769. Behandlung des Hotelpersonals In jedem Hotelzimmer sieht man über der elektrischen Glocke die Worte: einmal für den Kellner, zweimal für das Zimmermädchen und dreimal für den Hausknecht. Nach meiner Meinung soll das heißen, daß man es sich einmal, zweimal und dreimal überlegen soll, ehe man einen der Angestellten herbeiruft. Es giebt Reisende, die sich nicht wohl und glücklich fühlen, wenn sie nicht beständig den Zeigefinger der rechten Hand auf dem Knopf der elektrischen Glocke halten: sie klingeln, wenn ihnen ein Taschentuch zur Erde gefallen ist, wenn das Fenster in ihrer Stube geöffnet werden soll, wenn der Aschenbecher voll ist, und wenn sie gar nicht wissen, warum sie klingeln sollen, dann klingeln sie lediglich um zu klingeln. Auch die Dienstboten im Hotel haben Beine und müssen, um zu uns zu gelangen, häufig einen weiten Weg zurücklegen. Nun kann man ja sagen, die Leute werden für ihre Dienste bezahlt und außerdem erhalten sie ihr Trinkgeld. Aber je mehr der eine Reisende die Hilfe der Angestellten in Anspruch nimmt, desto mehr entzieht er sie den anderen, und jeder sollte daran denken, daß das Personal nicht nur seinetwegen auf die Welt gekommen ist. Wer gar nicht allein fertig werden kann, wer als Dame so ungewandt ist, sich nicht allein einen Knopf annähen oder den geringsten Schaden an der Toilette selbständig reparieren zu können, der thut gut, sich seine eigenen Leute mitzunehmen.

Die Wünsche, die man hat, nur im Befehlston zu äußern, ängstlich das »bitte« oder eine andere Freundlichkeit zu vermeiden, ist nur auf dem Kasernenhof üblich. Ich erinnere mich daß einmal eine Mutter, deren Sohn unter mir als Rekrut diente, zu mir sagte: »Wenn mein Junge erst vom Militär frei ist, ist er wieder sein eigener Herr, dann hat ihm kein Mensch etwas zu sagen.« Ich beneidete den Jüngling um seine Sonderstellung, die er in der Welt einnahm, und vermutete in ihm einen verkappten, reichgewordenen Goldgräber aus Klondyke und erkundigte mich, wie er in so jungen Jahren es schon zu einer so großen Selbständigkeit gebracht habe, und was er denn wäre. »Er ist ja nur Kellner«, lautete die Antwort, und nur eine Mutter bringt es fertig, diesen Beruf ihres Sohnes als »selbständig« zu bezeichnen, denn darüber sind sich alle Weisen des Morgen- und Abendlandes einig, daß kein Mensch auf der ganzen Welt ein unselbständigeres Dasein führe, als ein befrackter Jüngling, der von dem Hotelwirt, dem Küchenchef, dem Oberkellner, den anderen Kellnern und sämtlichen Gästen angerufen, angeschrieen, gestoßen, getadelt und heruntergemacht wird. Kellner, die länger als eine Minute stillstehen oder stillsitzen können, ohne wieder durch irgend einen Befehl in die Höhe gescheucht zu werden, sollen erst noch geboren werden. Und hat ein Bediensteter in seiner Stellung wirklich etwas Ruhe, so trägt er sich sicher mit dem Gedanken, sich zu verändern, weil er nicht genug zu thun hat.

[769] 770. Sei freundlich mit den Leuten! Jeder Reisende sollte sich verpflichtet fühlen, diesen armen Leuten ihr Dasein zu erleichtern und es ihnen nicht zu erschweren. Ein freundliches Wort findet überall eine gute Statt, und die Kellner bilden hierin keine Ausnahme. Niemand wird leugnen wollen, daß die Angestellten mehr auf gute Bezahlung, als auf große Freundlichkeit sehen, denn von unserer Güte allein kann niemand leben. Unser zärtlichster Händedruck hat für den Portier nur dann Wert, wenn wir ihm nicht nur unsere fünf Finger, sondern wenigstens ein Fünfmarkstück in die Rechte legen, und die süßesten Worte, die ein schneidiger Leutnant dem blitzsauberen Stubenmädel sagt, entschädigt sie nicht dafür, daß ihre Ersparnisse keine Vergrößerung erfahren. Viele verabschieden sich, anstatt mit einem Trinkgeld, lediglich mit den herzlich gesprochenen Worten: »Auf baldiges Wiedersehen.« Die aber so handeln, können sicher sein, daß die Freude des Wiedersehens höchst einseitig ist. Ebensowenig, wie die Kellner geboren sind, um angefahren zu werden, ebensowenig sind die Stubenmädchen dazu da, um sich den ganzen Tag von Herren mehr oder weniger plumpe Liebenswürdigkeiten sagen zu lassen. Auch die kleinen Piccolos oder wie sie mit einem schönen deutschen Wort genannt werden: die Page-Boys sind Menschen, oder wollen wenigstens welche werden, und auch ihnen gegenüber ist eine gewisse Freundlichkeit angebracht. Der einzige Angestellte, gegen den unbegreiflicherweise selbst die gröbsten Reisenden liebenswürdig sind und dem niemand eine Grobheit zu sagen wagt, ist der Portier. Ich sage absichtlich »unbegreiflicherweise«, denn der Portier thut für uns weiter nichts, als daß er uns bei dem Verlassen und Wiederbetreten des Hotels freundlich begrüßt: wenn es sehr hoch kommt, giebt er auf Befragen etwaigen Besuchern gegenüber darüber Auskunft, ob wir zu Hause sind oder nicht. Er ist ein lebender Beweis dafür, daß die wenigsten Menschen so bezahlt werden, wie sie es verdienen, denn während ihm von Rechts wegen gar kein oder nur ein sehr geringes Trinkgeld zustände, bekommt er fast immer den Löwenanteil.

[770] 771. Trinkgelder. Auch hier muß ich es mir ersparen, die Berechtigung oder Nichtberechtigung des Trintgelderunwesens des längeren und breiteren zu erörtern. Es ist nun einmal Sitte, daß wir beim Abschied den Zurückbleibenden einen Obolus in die Hand drücken, und je höher einer in Rang und Würden steht, desto reichlicher muß diese Gabe bemessen sein. Schon Scheffel sagt in seinem Trompeter von Säckingen: »Nicht mit Worten dankt ein Freiherr!« Manche glauben, sich dadurch Ansehen und Stellung zu verschaffen, daß sie mit den Trinkgeldern um sich werfen. Sie glauben, je mehr Goldstücke sie ausgeben, für desto vornehmer gehalten zu werden. In schroffem Gegensatz dazu steht, daß die Summen, die die Fürsten dieser Welt, wenn sie in einem Hotel logiert haben, für die Angestellten zurücklassen, naturgemäß anständig, aber keineswegs übertrieben sind, und nur Protzen geben prinzipiell für jede, selbst die geringste Dienstleistung nicht unter 20 Mark. Als anständig und vollständig reichlich kann es gelten, wenn man bei kleineren Summen zwanzig und bei größeren Rechnungen zehn Prozent der Gesamtsumme als Trinkgeld verteilt. Mehr zu geben, ist natürlich jedem unbenommen, aber man sollte nicht gar zu üppig sein, um den anderen Passagieren die Preise nicht zu verderben.

[771] 772. Abschied unter erschwerenden Umständen. Jeder, der uns einen Dienst erwies, erwartet, daß wir uns ihm erkenntlich zeigen, und mit Recht fürchten viele Reisende nichts so sehr, als das Glockenzeichen des Portiers, das im Moment unserer Abfahrt sämtliche Angestellte des Hauses zusammenruft. Und während man sonst häufig recht, recht lange warten und zu wiederholten malen schellen muß, ehe jemand erscheint, kommen sie, sobald der Portier ruft, mit einer Schnelligkeit und Gewissenhaftigkeit, die einer besseren Sache würdig ist. Mir selbst passierte einmal, daß sich in einem sehr großen und sehr guten Hotel, das ich nicht nennen will, um ihm keine Kunden zu rauben, bei meiner Abreise nachstehende Personen einfanden, um ein bleibendes Andenken zu erhalten: erstens der Portier und dessen Stellvertreter, die beiden Oberkellner im Speisesaal, der Zimmerkellner, das Stubenmädchen, zwei Hausknechte und der sogenannte Kaffeekellner. Wer den Speisesaal betrat, mußte seiner Garderobe abgeben und ein Boy paßte auf, daß sie nicht gestohlen wurde, und händigte dem Gast, der den Saal verließ, seine Sachen wieder ein. Selbstverständlich erschien auch dieser, um belohnt zu werden. Auch der Lift entsandte zwei Knaben, und auch der Page, der das Telephon bediente, brachte sich durch sein Erscheinen in wohlwollende Erinnerung. Der Mann, der im Lesesaal die Zeitungen hinlegte und für Briefpapier sorgte, würde selbst im Grabe noch keine Ruhe gehabt haben, wenn er sich nicht ebenfalls eingefunden hätte, und ähnlich schien der Jüngling zu denken, dessen ganze Thätigkeit darin bestand, in dem Rauchzimmer die Aschenbecher auszuleeren. Heutzutage ist es nicht mehr Mode, daß der Portier selbst uns die Thüren öffnet, sondern für diesen anstrengenden Beruf sind wieder Boys engagiert, und auch diese machten so flehende und bittende Gesichter, daß nur ein Mensch mit einem steinernen Herzen es vermocht hätte, die Hände, die sich ihm entgegenstreckten, zurückzuweisen. Als aber auch noch der Radfahrer des Hotels, den ich bei dieser Gelegenheit zum erstenmal sah, auf der Bildfläche erschien, und als ich fürchten mußte, daß dieser einen unbekannten Größe noch weitere folgten, zog ich es vor, mich seitwärts in die Büsche zu schlagen und durch einen Separatausgang in das Freie zum Bahnhof zu flüchten. Trotzdem ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Angestellten, wenn auch sehr wider Willen, mit einem nicht einmal blanken Fünfzigpfennigstück mehr als unzufrieden sein mußte, so überstieg das Trinkgeld die Hotelrechnung dennoch, da ich nur wenige Tage mich dort aufgehalten hatte, um ein Beträchtliches.

[772] 773. Gerechte Verteilung. Bei der Verteilung seiner Gaben sollte man stets darauf sehen, daß derjenige am meisten erhält, der am meisten für uns gethan, und dieses ist fast immer der Hausknecht. Den meisten Sterblichen aber imponiert der Frack und die tadellos weiße Wäsche des Herrn Oberkellners derartig, daß sie gar nicht den Mut haben, ihm eine kleine Summe einzuhändigen. Man erlebt es sogar, daß Reisende den Oberkellner, wenn sie ihm das Douceur geben, fragen: »Sind Sie auch zufrieden?« Und der Mann verdiente wegen horrender Dummheit dreimal totgeschossen zu werden, wenn er nicht zur Antwort geben würde: »Wenn ich ganz offen und ehrlich sein darf, so habe ich mehr erwartet.« Und wiederum giebt es Leute, die den Oberkellner dann wegen seiner Unverschämtheit nicht die Treppe hinunterwerfen, sondern die ganz geduldig, artig und gehorsam in die Tasche greifen, und zu der bereits gezahlten Summe eine meist noch größere hinzulegen.

[773] 774. Unschöne Praktiken. Trinkgelder zu geben, kann uns natürlich kein Mensch zwingen, und in den Hotels, in denen der Preis des Zimmers inklusive Bedienung angegeben ist, ist es sogar häufig überflüssig, die geleisteten Dienste extra zu honorieren. Man sollte es aber vermeiden, Hoffnungen zu erwecken, die man hinterher nicht erfüllt. Ein sehr beliebter Trick besteht darin, des Morgens beim Verlassen des Zimmers dem Mädchen, das über unsere Abreise natürlich unterrichtet ist, zu sagen, »ich komme nachher noch einmal wieder herauf«. Sie sieht uns verwundert an, weil unser Gepäck schon unten ist, weil wir selbst bereits uns in Hut und Mantel befinden, aber sie glaubt dennoch uns, daß wir zurückkehren, weil wir es ihr sagen und weil sie es nicht für möglich hält, daß wir als gebildete Menschen sie, die unter uns steht, belügen. In ihrer Einfachheit ist sie zu ehrlich, um auf den Gedanken zu kommen, daß wir nur deshalb von einem Wiedersehen sprechen, um uns augenblicklich um das Trinkgeld zu drücken. Daß wir nicht wieder drei Treppen in die Höhe steigen, lediglich um der Maid eine Reichsmark zu geben, ist zu selbstverständlich, als daß man es besonders zu sagen braucht. Nur kleine und kleinliche Menschen freuen sich über das Geld, das sie auf diese Art und Weise ersparen.

[774] 775. Unverschämte Ansprüche des Personals sollten die Reisenden im Interesse der Gesamtheit niemals erfüllen. Ich fuhr einmal mit zwei Schwedinnen zusammen in einem Coupé, die dem Hausknecht ihres Hotels, der ihnen das Gepäck in den Waggon reichte, ein Trinkgeld gaben. Ohne die Mütze zu ziehen oder sich irgendwie zu bedanken, stand der Jüngling auf dem Perron und besah sich abwechselnd die Damen und die Münze. Auf die Frage, ob er noch etwas wolle, gab er zur Antwort: »Was Sie mir gegeben haben, ist nicht genug, ich bekomme gar kein Gehalt und bin lediglich auf die Trinkgelder angewiesen.« Die Damen, der deutschen Sprache nicht recht mächtig, wandten sich an mich, und ich ließ mir die Gabe, die sie ihm gereicht, zeigen und nahm sie, um sie genau anzusehen, in die Hand. Aber die Erwartung des Burschen, daß ich seine Partei ergreifen würde, ging nicht in Erfüllung: ich setzte es durch, daß die Damen ihm nicht nur kein anderes Geld gaben, sondern das, was sie ihm gereicht hatten, wieder in ihr Portemonnaie zurücksteckten. Selten habe ich ein so dummes Gesicht eines dummen Hausknechts gesehen.

Je mehr man giebt, desto mehr wird gefordert.

[775] 776. Trinkgelder der Damen. Natürlich sind die Anforderungen, die das Hotelpersonal in Bezug auf das Trinkgeld an alleinreisende Damen stellt, geringer, als die Ansprüche, die man an die Herren macht. Immerhin soll aber auch bei den Damen das Trinkgeld einigermaßen im Verhältnis zu der Rechnung stehen, und wer hundert Mark zu bezahlen hat, darf nicht glauben, daß es vollständig genug ist, dem Zimmermädchen ein Paar alte abgelegte Handschuhe, dem Oberkellner fünfzig Pfennige und dem Portier einen holden Augenaufschlag zu schenken.

Ueberflüssig ist es nur, dem Kommissionär des Hotels für die Botengänge, die er in unserem Auftrage macht, ein Trinkgeld zu geben, da dieser Beamte nicht angestellt ist, sondern in seinem eigenen Lohne und Sold steht und sich seine Preise immer so berechnet, daß er selbst dann noch mehr als hundert Prozent verdient, wenn ihm die Hälfte seiner Forderung gestrichen wird.

Das Trinkgeld sollte man nur dann dem Wirt oder dem Oberkellner zur Verteilung an die anderen Angestellten geben, wenn es sich um eine größere Summe handelt. Eine Reichsmark und selbst einen Thaler verteilt man besser selbst, als daß man andere damit behelligt. Nur Fürsten und Krösusse halten sich nicht damit auf, jedem einzelnen selbst die Gabe in die Hand zu drücken.

Ueblich dagegen ist diese Art der Trinkgelderverteilung auf sehr vielen großen Dampfern. Wohl während jeder Seereise wird eine Summe für die Matrosen und Heizer aufgebracht, und es wäre mehr als sonderbar, wenn jeder Reisende jedem einzelnen der häufig nach Hunderten zählenden Besatzung selbst eine Gabe geben wollte. Es ist üblich, die Verwendung des Geldes dem Ermessen des Kapitäns, einem der Offiziere oder dem ersten Steuermann zu überlassen.

[776] 777. Hotel-Regeln.1 1. Betritt jedes Hotel, als ob du in den Abruzzen wandeltest, das wird dich lehren die Augen offen zu halten.

2. Es giebt Hotels I., II. und III. Ranges: den großen, mittleren und kleinen Börsen angepaßt. Mit der nötigen Unverfrorenheit kannst du aber auch mit einer kleinen Börse in einem großen Hotel durchkommen. Von Ueberraschungen lasse dich nicht verblüffen und denke nicht, du seiest in ein unrichtiges Hotel geraten, sondern der Wirt an den unrichtigen Mann.

3. Beim Eintritt ins Hotel frage nach den Preisen, über alles und jedes, besonders aber über das, was du weder willst noch brauchst, und notiere dir's. Nebenbei behaupte, es sei teurer, als man in den anerkannt ersten Häusern des In- oder Auslandes zu bezahlen habe. Sage dem Wirt, wo du es besser und billiger gefunden hast, das wird ihn anspornen, dir es noch besser oder noch billiger zu geben, weil jeder dem andern »über« sein will. Man bewundert dann in dir den vielgereisten Mann.

4. Bestelle nie ein Zimmer zum voraus, namentlich während der Hochsaison nicht; denn dadurch könntest du des Vergnügens verlustig werden, noch zu später Abendstunde im Omnibus von einem Hotel zum andern geholpert zu werden.

5. Bestellst du aber aus Vorsicht dennoch Zimmer zum voraus und änderst inzwischen deinen Reiseplan, so unterlasse es natürlich, das betreffende Hotel davon zu benachrichtigen; denn der Gedanke, daß der Hotelier vergebens auf dich wartet und das Zimmer leer stehen hat, macht dir und ihm Spaß.

6. Bei Vorausbestellung, die dich jedoch nicht verpflichtet, zähle bestimmt darauf, gewünschte Zimmer bei Ankunft zu finden: denn es ist doch selbstverständlich, daß der Hotelier schon am Morgen alle Gäste, welche nicht bestellt haben, abweist, um auf solche zu warten, die für spät nachts avisiert sind und schließlich gar nicht kommen.

7. Findest du bei Ankunft das reservierte Logis nicht nach deinem Geschmack, verweigere es und suche dir anderswo Unterkunft, namentlich dann, wenn der Wirt keine Gelegenheit mehr hat, es denselben Tag anderswie zu verwerten.

8. Kommst du einen Tag später an, als du vorausbestellt, und will man dir das Zimmer auch für den verlorenen Tag in Anrechnung bringen, dann zeige dich entrüstet und nenne diese Zumutung Ausbeuterei. Desgleichen, wenn du morgens in der Früh ankommst und das Zimmer die Nacht vorher leer gelassen werden mußte, um es zu deiner Verfügung zu haben.

9. Wird dir die Wahl unter verschiedenen Zimmern gelassen, so schimpfe über die unbequemen Löcher und erkläre, daß deine Dienstboten zu Hause besser logiert seien.

10. Kommst du mit einem späten Nachtzuge an und verspürst Hunger, dann begnüge dich nicht mit kalten Speisen, sondern setze den ganzen Apparat der Küche in Bewegung, das Personal hat kein Bedürfnis nach Ruhe.

11. Ist es dir unter dem Vorwande, mindestens vier Wochen im Hotel zu bleiben, gelungen, den Pensionspreis auf das allerniederste herunterzudrücken, dann soll dich dies keineswegs hindern, nach der ersten Woche wieder auszuziehen und ein anderes Hotel aufzusuchen, wo du dasselbe Manöver von neuem beginnen kannst.

12. Steigst du nur für einen Tag im Hotel ab, und will es der Zufall, daß die eine oder andere Platte an der table d'hôte nicht nach deinem Geschmack ist, oder tischt man dir nicht deine Leibspeise auf, dann verschreie die Küche des betreffenden Hotels als schlecht, verlange nach dem Wirt und beschäme ihn vor den andern Gästen. Diese Art bewährt sich auch gut in allen andern Klagefällen.

13. Suche auf der Speise- und Weinkarte hauptsächlich nach Sachen, die nicht darauf sind, dieses Verfahren wird großen Eindruck machen und du wirst als Mann geschätzt werden, der ganz genau weiß, was er – nicht will.

14. Nimm deine Mahlzeiten, wenn immer möglich, auswärts; sollte dir aber ein kleiner Aufschlag gemacht werden auf deinen Zimmerpreis, weil du außer diesem keinen roten Heller im Hause läßt, dann schimpfe mit Nachdruck über Ausbeutung.

15. Die Qualität einer Flasche Wein taxiere mit Kennermienen nach Etikette und Kapsel, der Rest ist Nebensache.

16. Die Zimmereinrichtung des Hotels betrachte nie als dein Eigentum, denn du würdest in diesem Falle schonend damit umgehen, wogegen du anderer Leute Sachen nicht zu schonen brauchst; Geschirr-und Möbelhändler wollen auch leben und öftere Erneuerung des Mobiliars erhält das Hotel auf der Höhe der Zeit.

17. Falls du die Tischdecke mit Tinte beschmiert oder das Tintenfaß auf den Bodenteppich geleert hast, rege dich nicht auf, ergreife schnell eine Serviette, die ja immer zur Hand ist, und versuche, die Tinte wegzuwaschen; auf diese Weise bist du sicher, daß so wohl Teppich wie Serviette ruiniert sind.

18. Zerbrochenes Geschirr kannst du mit Leichtigkeit vor Entdeckung sichern, indem du es einfach ins Klosett wirfst; der daraus entstehende Schaden an der Leitung ist mit einigen hundert Franken wieder gut gemacht.

19. Schreibe deine Adresse, und namentlich deinen Namen, so unleserlich wie nur möglich; das Hotelbureau hat Zeit genug, Hieroglyphen zu enträtseln und du selbst wirst entzückt sein, deinen werten Namen im Fremdenblatt verstümmelt zu sehen.

20. Wünschest du Auskunft über Reiserouten, Zugabgang, Sehenswürdigkeiten, Vergnügungslokale, Magazine oder anderes, so frage zuerst das Zimmermädchen, dann den Kellner, dann den Hausdiener, alsdann noch den Concierge und zuletzt den Wirt (oder in umgekehrter Reihenfolge), du wirst aus einem halben Dutzend Informationen wohl das Rechte selbst herausfinden.

21. Den Kellner rufe nur mit »Garçon« an. Deine Wünsche gebe nur als kategorische Befehle, die keinen Widerspruch zulassen, daraufhin wird man dich für einen großen Industriellen oder hohen Militär halten, obgleich die »echten« es vorziehen, inkognito zu reisen und es meistens umgekehrt machen.

22. Wenn du auf die Ausführung eines Befehls, auch wenn derselbe nicht zu den Obliegenheiten des Hotelpersonals gehört, fünf Sekunden warten mußt, dann beschwere dich über langsame Bedienung.

23. Wenn du mehrere Sachen zu haben wünschest, bestelle sie ja nicht auf einmal, klingle erst für eine Flasche Wasser, nachher für Briefpapier, dann für die Briefmarke usw.; Bewegung ist für das Personal sehr gesund und für die körperliche Entwicklung ganz unerläßlich.

24. Beanspruche das Personal vorzugsweise zu dessen Essenszeit, das hilft zur Verdauung.

25. Solltest du nachts spät nach Hause kommen, während die andern Gäste schon schlafen, schlage die Thüren zu, daß die Mauern zittern, damit man merkt, daß du noch da bist; unterhalte dich laut auf dem Korridor, das erleichtert die Nachtruhe der andern Gäste. Stelle deine Schuhe nicht etwa ruhig vor deine eigene Thüre, sondern werfe sie an diejenige vis-à-vis.

26. Deponierst du Wertsachen im Bureau, dann verlange Quittung; verlangst du das Depositum aber wieder zurück, dann wäre es ein Attentat auf deinen ehrlichen Namen, wollte man dir die Quittung wieder zurückverlangen.

27. Gelangen Wertsendungen für dich ins Hotel und hat der Wirt die Freundlichkeit, der Post gegenüber für dich die Verantwortlichkeit zu übernehmen, so betrachte dies als etwas ganz Selbstverständliches. Verlangt jedoch der Wirt von dir eine Legitimation, daß du der rechtmäßige Eigentümer der Wertsache bist, dann sei entrüstet über eine solche Zumutung. Nimm überhaupt nie eine Legitimation mit auf Reisen, du verschaffst dir dadurch Zwischenfälle, welche oft angenehme Abwechslung bringen in die Eintönigkeit deines Aufenthalts in der Fremde.

28. Kannst du im Zimmer irgend einen Gegenstand, namentlich Schmucksachen, nicht sogleich finden, dann setze das ganze Haus in Alarm und beschuldige den ersten besten Angestellten des Diebstahls; laß aber auch dann den Verdacht auf ihm haften, wenn das »Gestohlene« als »verlegt« wieder zum Vorschein gekommen ist.

29. An der table d'hôte sei nie rechtzeitig. Kommst du verspätet, wird dein liebes Ich eher die Aufmerksamkeit der übrigen Gäste auf sich lenken und für den Wirt ist nichts angenehmer als noch Suppe zu servieren, während andere schon beim Dessert angelangt sind. Findest du in diesem Falle das Essen nicht mehr vorzüglich, oder werden die vorhergegangenen Platten nicht nachserviert, was auch vorkommen kann, dann klage über schlechte Küche und noch schlechtere Bedienung.

30. Besonders beliebte Gespräche an der table d'hôte sind die politischen und religiösen; du kannst damit einen unliebsamen Nachbar vertreiben. An der in fremder Sprache geschriebenen Speisekarte Sprachreinigung zu üben ist besser als über das Wetter zu sprechen.

31. Beim Essen, hauptsächlich an der table d'hôte, fuchtle mit Messer und Gabeln in der Luft herum, daß den Nachbarn Hören und Sehen vergeht; auch vergiß nicht, stets mit dem Messer in den Mund zu fahren; beim Fischessen macht sich dieses besonders gut und wird den Eindruck erwecken, daß du ein Mann bist, der sich um kleinliche Vorurteile nicht zu kümmern braucht.

32. Für vier Personen bestelle regelmäßig nur zwei Frühstücke und lasse dir Milch und Kaffee nachkommen; denn nichts freut den Wirt mehr, als wenn Speisen und Zuthaten reichlichen Absatz finden.

33. Sind in der Nähe des Hotels arme Leute aufzutreiben, so bringe ihnen den Zucker und die Tafelbrötchen, welche du beim Frühstück nicht vertilgen konntest; animiere auch andere Gäste, dein Beispiel nachzuahmen, der Hotelier ist gewiß froh, wenn du ihm diese Reste abnimmst und du kommst billig zu dem Rufe eines Wohlthäters.

34. Kinder, sie mögen noch so klein sein, gehören auf alle Fälle an die table d'hôte, mitten unter die anderen Gäste; es bringt Leben unter dieselben und jeder freut sich, wenn er den ungezogensten Rangen an die Seite bekommt. Man lasse sie schalten und walten, wie zu Hause in der Kinderstube; je toller es zugeht, desto angenehmer für die Gäste. Im schlimmsten Falle wird man die betreffenden Eltern für unvernünftig halten.

35. Hast du für ein »Kind« im Alter von 12 Jahren unter dem Vorwand: »es ißt nicht viel« den Essenspreis auf die Hälfte heruntergedrückt, so schöpfe ihm von jedem Gericht mehr auf seinen Teller als ein Erwachsener verdauen kann; es wird dabei die Speisen kennen und essen lernen, was ihm auch zur Ausbildung frommt.

36. Gehst du als Pensionär auf Exkursionen, dann lasse dir einen Korb voll Proviant stopfen, damit ja dem Wirt nichts geschenkt bleibt. Bist du am Ziele deiner Tour angelangt, wirst du wohl irgendwo ein Hotel, Gast- oder Wirtshaus finden, wo du Serviette, Teller, Besteck und eine Flasche Wasser verlangen und dich an dem freundlichen Gesicht des Wirtes ergötzen kannst. Sollte es diesem jedoch einfallen, dir für Bedienung etwas abzuverlangen, so darfst du annehmen, du seiest in eine Räuberhöhle geraten.

37. Um bei einem längeren Aufenthalte ein angenehmer Gast im Hotel zu werden, versäume nicht, ein Piano zu mieten und als Uebungsstunden die Zeit von 6–8 Uhr morgens und nach 10 Uhr abends zu benutzen. Deine Nachbarn werden dir die größten Komplimente machen über dein wunderbares Spiel, während sie zur gleichen Zeit aufs Bureau eilen und energisch verlangen, daß dem Geklimper ein Ende gemacht werde.

38. Bist du Liebhaber von Tieren: Hunden, Papageien, Affen usw., nimm dieselben mit auf die Reise. Im Hotel finden sie alles, was zu ihrem Zeitvertreib dienen kann: kostbare Teppiche und Vorhänge, Polstermöbel usw. Namentlich im Speisesaal und in den übrigen Gesellschaftsräumen sind Hunde stets willkommen. Macht aber ein Gast, oder gar der Hotelier selbst, darüber eine mißbilligende Bemerkung, dann verklage beide wegen Tierquälerei.

39. Zeige deine Abreise und das Verlangen nach der Rechnung immer erst im letzten Moment an, du thust damit dem Bureaupersonal einen Gefallen, und wenn in der Eile Irrtümer mit unterlaufen, dann schimpfe über schlechte Ordnung.

40. Reisest du abends ab und verlangt man von dir, das Zimmer bis zu einer bestimmten Abendstunde frei zu machen, um es in Ordnung stellen und für die kommende Nacht bereit zu halten, dann hast du das Recht, über einen solchen Gewaltakt entrüstet zu sein, solltest du aber selbst einmal um 6 Uhr abends ankommen und kein anderes Zimmer frei sein resp. werden, als dasjenige eines Gastes, der erst um 8 Uhr abreist, es aber noch nicht geräumt hat, beklage dich über Rücksichtslosigkeit gegenüber deiner werten Persönlichkeit.

41. Reisest du mit Hotelcoupons, dann verschweige dies fein säuberlich; suche zuerst 10% an der Rechnung abzumarkten, ist dir dies gelungen, dann bringe die Coupons, von denen der Wirt der Reisefirma weitere 10% abzulassen hat, ans Tageslicht. Du hast auf diese Weise den Wirt um seinen ganzen Profit gebracht, das thut aber nichts; die Ehre, dich zu seinen Gästen zu zählen, genügt ihm vollständig.

42. Desgleichen zeige dich entrüstet, wenn du deine Rechnungen mit Checks bezahlst und man dich nach dem dazu gehörigen Kreditbrief fragt. Man setzt dadurch einen Zweifel in deine Ehrlichkeit, den du dir nicht gefallen zu lassen brauchst.

43. Bei Abreise versäume nicht, die Rechnung zu beanstanden, mache, wenn immer möglich, vor andern Gästen deswegen Skandal; wirf mit Betrüger, Geldschneider usw. um dich und erkläre dem Wirt, du werdest nie wieder bei ihm einkehren und alle Bekannten vor ihm warnen.

Fußnoten

1 Wir entnahmen diese beherzigenswerten Regeln der »Schweizer Hotel-Revue«.


Quelle:
Baudissin, Wolf Graf und Eva Gräfin: Spemanns goldenes Buch der Sitte. Berlin, Stuttgart [1901].
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