Neugierde,

[88] den Haupt- und Erb-Fehler der Damen. Kein Frauenzimmer ist ohne Neugierde, jedes hat mehr oder weniger davon in seinem Charakter.[88]

Die eine sucht durch Schmeicheln und Bitten, eine Andere durch stolzes Befehlen, die Dritte durch Schmollen und Trotzen irgend ein Geheimniß, eine Kleinigkeit vielleicht, zu entdecken.

Dem Schmeicheln läßt sich leider, wenn die Schöne – schön ist, selten widerstehen, und sie erreicht gewöhnlich ihren Zweck, dessen Resultat nun wieder der Plauderhaftigkeit ein erwünschter Fund ist. Dieß muß man immer bedenken, und ihr darum nur dann etwas Wichtiges anvertrauen, wenn man will, daß es morgen die halbe Welt wissen soll. Außerdem halte man sie mit Scherzen hin, leite das Gespräch auf eine leichte Weise zu Sachen, welche die Dame interessiren, und sie wird ihren Wunsch vergessen.

Will ein Frauenzimmer durch Befehlen imponiren, um so ihre Neugierde zu befriedigen, so suche man ihr das Ungereimte,[89] das Unweibliche in solchem Benehmen, aber ja auf die feinste Art, zu verstehen zu geben – hilft dieß nicht, ist sie so unzart, die leise Hindeutung nicht zu verstehen oder nicht bemerken zu wollen – dann sage man ihr nur, daß ein Geheimniß – eben ein Geheimniß sey. Ihr Stolz läßt sie dann sicher nicht weiter dringen.

Das Schmollen ist das Unleidlichste – viele, besonders junge Damen, sind aber so kindisch, daß sie glauben, wenn sie nur ein wenig böse thun, dann kommt das Herrchen schon von selbst wieder. Man lasse sie aber nur austrotzen – es giebt sich bald und trägt die gute Frucht, daß man es für die Folge nicht mehr oder doch selten zu befürchten hat.

Gewöhnlich erstreckt sich jedoch die Neugierde der Frauenzimmer nur bis auf Kleinigkeiten. Gern möchten sie wissen, was dieser oder jener gesagt hat, wann die Hochzeit[90] dieses Paares wohl seyn wird; ob ihr Anzug auf dem letzten Balle Aufsehen erregt hat; dann sage man ihnen ja, was man davon weiß, indem die Neugierde dann verzeihlich und ganz dem weiblichen Charakter angemessen ist. Die Schöne betrachtet diese Lappalien wie die größten Staatssachen, und würde dich hassen, wenn du über dieselben lachen würdest.

Unbefriedigte Neugierde ist gar oft eine Hauptursache des


Quelle:
Hoffmann, Karl August Heinrich: Unentbehrliches Galanterie-Büchlein für angehende Elegants. Mannheim 2[1827], S. 88-91.
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