Die »Florakinder« und andere Zuwendungen

[229] Außerordentliche Mittel, die mir daraus wie aus den Gaben der Sammler, denen ich behilflich war, erwuchsen, verwandte ich zu Erwerbungen für die verschiedensten Abteilungen unserer Museen. Für die Galerie konnten wir, z.T. durch unseren Verein, einzelne hervorragende primitive Bilder erwerben, wie das köstliche weibliche Porträt von Roger, die Grablegung von Simone Martini, die Konversion des Hl. Franz von Sassetta, die Aufbahrung des Hl. Franz von Fra Angelico (die ich mir als Honorar für den Bronzekatalog P. Morgans ausbedang), an Holländern die Goldwägerin von Pieter de Hooch u.a.m. Auch benutzte ich Gelegenheiten wie den Floraskandal, um für meine Sammlungen Nutzen daraus zu ziehen. Den großen Kunsthändlern, die mir ihre Entrüstung über das Treiben der Presse und ihrer Hintermänner aussprachen, legte ich nahe, diese Entrüstung doch durch Geschenke an unsere Galerie, deren Auswahl ich mir vorbehielt, in bare Münze zu übersetzen. Ich fand das dankenswerteste Entgegenkommen und konnte 1910 im Rubens-Kabinett eine Sonderausstellung dieser Geschenke, der »Florakinder«, wie ich sie nannte, veranstalten, deren Wert schon damals nahezu 200000 Mark betrug. Ich hatte dabei namentlich die Vermehrung unserer primitiven deutschen und niederländischen Bilder ins Auge gefaßt und hatte das Glück, interessante Werke aus der altkölnischen Schule, von Conrad Witz, von Neufchâtel, vom »Meister der Virgo inter Virgines« zu gewinnen.

Diese Opferwilligkeit der Kunsthändler hat freilich ihren eigenen Grund. Nicht umsonst überlassen sie mir ihre Kunstwerke oder spenden gar Geldmittel. Ich war im Laufe der Jahre, ohne mein Zutun und persönlich zu meinem Leidwesen, eine Macht im Kunsthandel geworden, namentlich durch die Publikation des großen Rembrandt-Werkes. Kaum ein Sammler, vor allem kein Amerikaner, kauft ein Gemälde Rembrandts, das nicht in »the Bible« enthalten ist, oder das ich nicht bereit bin, in einen Supplementband meines Rembrandt-Werkes aufzunehmen. Einen ähnlichen Einfluß besitze ich[230] durch meine verschiedenen Publikationen über italienische Renaissancebildwerke. Um mein Urteil zu haben, um meine Empfehlung an Sammler zu gewinnen, suchen die Händler sich mir dadurch dankbar zu erweisen, daß sie mich von Zeit zu Zeit aus ihren Beständen auswählen lassen, was mir für unsere Sammlungen besonders wünschenswert erscheint. Auf diese Weise haben wir, namentlich für die Sammlungen des Kaiser-Friedrich-Museums, von J. Böhler in München, von Ch. Sedelmeyer und Fr. Kleinberger in Paris, A. Sulley, Th. Agnew und L. Douglas in London, von L. Grassi und E. Volpi in Florenz u.a.m. eine beträchtliche Anzahl interessanter und wertvoller Zuwendungen erhalten.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 229-231.
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