Judas Iscarioth der Erz-Schelm wird von Christo dem Herrn in sein apostolisches Kollegium an-und aufgenommen.

[314] Nachdem Judas durch öfteres Gespräch mit seiner Ciboria so weite Nachricht erforscht, daß er wahrhaftig seinen eigenen Vater ermordet und hierüber noch seine leibliche Mutter für eine Ehegattinn mißbrauche, hat er theils durch eignen Gwissen-Zwang und innerlichen Antrieb, wie nit weniger durch der Ciboria bewegliche Anmahnung gänzlich beschlossen, einen heilsamen Buß-Wandel anzuheben; und weilen dazumalen Christus Jesus von Nazareth ohnedas wegen seiner Lehr' und Werk sehr berühmt war, also hat er mit großem Eifer gesucht, wie er möchte in Christi Gesellschaft kommen: welches dann ihm also wohl gelungen, daß er bald mit sonderm Trost zu einem Jünger und Apostel des Herrn ist erkieset worden.

Weil nun Abulensis in c. 10. Matth. Rupertus in c. 6. Joan. August. in Psal. 34. Con. 1. kräftig dafür halten, als seye Judas allzeit ein Schelm gewest; entgegen Tertul. I. de Praescript. adversus Haeres. c. 3. Cyrill. I. 4. in Joan. cap. 30. Chrysost. I. 3. contra Pelag.[315] c. 2. Item Ammonius, Leontius, Theophylactus, Cajetanus, Maldonatus ad cap. 10. Matth. der widrigen Aussag seyn und wollen, daß Judas anfänglich ein frommer und gewissenhafter Mensch seye gewesen, wie er in das apostolische Kollegium sey aufgenommen worden: also möchte hierinfalls zum Behilf' beeder Sentenz zu glauben seyn, als seye zwar Judas ein gottloser Bösewicht gewesen vorhero; damalens aber, als er unter die Apostlen Christi ist gezählet worden, durch innerliche Reu' und Bußfertigkeit schon den Namen eines Gerechten verdient habe.

Dermalen ereignete sich eine sehr wichtige Frag', warum doch der seligmachende Heiland habe Judam für einen Apostel erkiesen, da er doch vermög' seiner göttlichen Allwissenheit erkannte, daß dieser ein räudiges Schaf' unter seiner geheiligten Heerde werde abgeben und endlich als ein gewissenloser Erz-Schalk seinen eignen Herrn und Meister den Feinden übergeben.

Der heilige Ambrosius antwort': es habe darum Jesus Judam zu einen Apostel erwählt, da er doch hat vorgesehen, daß er zu einem Schelm wird werden, damit du auch mit Geduld übertragest, wenn dein Frater an dir ein Verräther wird! Der hl. Vater[316] Augustinus ist der Meinung: es habe der Heiland derenthalben Judam in seine apostolische Gesellschaft aufgenommen, da er doch vorgesehen dieses Menschen verruchte Bosheit, damit er auch aus dem Bösen könne etwas Gutes schmieden, zumalen dieser schlimme Lotters-Gesell ein Werkzeug war des Leidens Christi. Mir gefällt aber dießfalls forderst die Lehr' des englischen Doktors, welcher gänzlich vermeint, daß der heilwirkende Jesus habe dem Judas eine Stell' in dem apostolischen Gremio vergunnt, ob schon er vorgesehen dessen verfluchte That und großen Untergang, damit er zeige, daß kein einiger Stand sey ohne Schandfleck, und mitten unter den Guten auch ein Bösewicht lebe. Dessenthalben aber eine heil. Religion, ein Orden, ein Kloster nicht zu verwerfen, um weilen einer oder der andere darinnen sich nicht gut verhalt.

Hört ein wenig, ihr Ehrenstutzer, ihr Ehrenstimpler, ihr Ehrabschneider, ihr Ehrenschänder, ihr Ehrenschinder, ihr Ehrendieb', die ihr eine ganze Zeit die Geistlichen im Maul herum tragt, welches doch immer Schad', daß ein solches gutes Bissel in eine solche schlimme Goschen kommt. Hört, was einmal der[317] große heil. Vater Augustinus von seinem Kloster und Orden geredt, das redet noch ein Benediktus, ein Dominikus, ein Franziskus, ein Bernardus, ein Norbertus ein Ignatius von den seinen: Non est melior domus mea, quam domus Domini: »mein Haus ist nicht besser, als unsers Herrn sein Haus.« Daß Judas Iscarioth ein Laster-Mensch gewesen, müssen es und sollen es andere Apostel nit entgelten. – Die katholische Kirch' zählt eilf Millionen der Märtyrer, wie Caussinus bezeugt: die Stadt Rom prangt allein mit dreimal hundert tausend Märtyrer, wie es Thomas Pozius behauptet; unter dem Diocletian seynd in einem Monat 17,000 durch unterschiedliche Peinen gemartert worden: durch Pfeil der hl. Sebastianus, etc. durch Stein der hl. Stephanus, etc. durch Prügel der hl. Maurus, etc. durch das Wasser der hl. Sabas, etc. durch das Kreuz und Galgen in der Luft der heilige Strata, etc. durch die Erd' und lebendige Begräbniß der hl. Chrysantus, etc. durch Feuer der hl. Laurentius, etc. durch wilde Thier der hl. Sylvanus, etc. durch Schinden der hl. Bartholomäus, etc. durch Zungen-Ausschneidung. die hl. Basilissa, etc. durch eiserne Ruth' der hl. Lycarion, etc. durch eine Sag' aber ein einiger Apostel und die hl. Tarbula, eine Schwester des hl. Bischofs Simeon. Der Zeiten aber seynd fast alle Geistlichen Märtyrer und werden gepeiniget durch Sagen; dann[318] wo ist ein Ort oder Port? wo ist ein Land oder Stand? wo ist ein Haus oder Schmaus, wo man nit thut Uebels sagen von denen Geistlichen? Die Sag', mit der der heilige Apostel sammt der heiligen Tarbula ist gemartert worden, hat sehr peinliche Zähn' gehabt; aber wer leidet mehrers und öfter von den Zähnen und bissigen Mäulern als eben die Geistlichen? Joannes de Plano sammt mehrern sagt ernstlich aus, daß in der Tartarey sehr viel Leut', forderst die Mannsbilder, rechte natürliche Hundsköpf' haben, deren beste Waffen wider ihre Feind' die scharfen Zähn' seynd. Ich, meines Theils, rath' keinem diesen unnöthigen Vorwitz zu büßen, daß er in solche ferne Land' ziehe, massen er dergleichen Abentheuer wohl in unsern Ländern antreffe. Er frage nur uns arme Geistlichen um Bericht, die wir fast täglich solche Hunds-Köpf', solche Hunds-Zähn', Hunds-Zungen, Hunds-Murrn, Hunds-Beißen empfinden.

Die gottlosen, ehrlosen, gewissenlosen, heillosen, treulosen, grundlosen Leut' seynd natürlich wie die Egel, welche nur das schlimme Blut sutzlen und saugen, indem sie nur auf Defekt und nit Profekt, auf das Böse und nicht auf das Beste, auf das Heillose und nicht das Heilige Achtung geben. Sie treten gar emsig in die Fußstapfen jener pharisäischen Beschnarcher, welche dem Herrn vorgeworfen, daß seine Jünger nach[319] Satzung der Aeltesten ihre Händ' nicht waschen, bevor sie das Brod essen. Es Lumpenhund! wascht ihr lieber euere ungereimten und ungeräumten Goschen! von andern Tugenden und Vollkommenheiten seyd ihr gänzlich still, welche ihr doch täglich und stündlich bei den Apostlen wahrnehmt; dieß einige, was ihr selbst für einen winzigen Mangel haltet, ärgert euch! – Also seynd deren sehr viele, so die mindeste Unvollkommenheiten der Geistlichen mit doppelten Brillen beschnarchen, entgegen der großen Heiligkeit und ruhmwürdigsten Thaten ganz vergessen, mit welchen doch alle heilige Orden billig prangen.

Erwägt ein wenig den Ruhm und Glorie des hl. Carmeliter-Ordens, welchem weit häufigers Glück widerfahren, als dem Mosi: massen diesen die mildherzigste Tochter des Pharao für ein Kind an-und aufgenommen, jene Ordens-Genossen aber die Himmels-Königinn selbst für ihre Kinder erkiesen. Welche Mutter hat einmal ihre Kinder also stattlich gekleidet, als Maria die Karmeliter, benanntlich mit dem heiligen Skapulier? – Absalon der krauskopfete Prinz hat seinen Untergang gefunden an einem Eichbaum; der Zeiten erhalten viel tausend' ihr Heil an einem hohlen[320] Eichen-Stock, verstehe hierdurch den hl. Simon Stock, der 33 Jahr in einem Eichen-Stock, wovon er den Namen ererbt, den strengsten Lebens-Wandel geführt und nachmals das hl. Skapulier als ein allgemeines Seelen-Heil von den jungfräulichen Händen der übergebenedeiten Himmels-Königinn empfangen. Was vor diesem ein Schwarzer gethan, thut dermalen ein Weisser: Ein schwarzer Mohr hat aus Gutherzigkeit den Propheten Jeremiam vermittelst etlicher alter Kleider aus einer tiefen Grube gezogen; also thun nit weniger die mit weißem Mantel überhüllten Karmeliter durch das heilige Kleid des Skapuliers viel unzählbare bedrängte Seelen aus der tiefen Grube des Fegfeuers erledigen und machen ihnen an dem nächsten Samstag einen gewünschten Feierabend ihres Feuers. Es sagen zwar diese marianische Religiosen, daß neben andern strengen Leibs-Kasteiungen sie auch auf dem Strohsack die Liegerstatt genießen; es ist zwar diesem nicht ohne, und zeitiget meines Erachtens der Geist so gut auf dem Stroh als Aepfel und Birn; gleichwohl findet man bei ihnen die besten Federn. Lasse dir aber keine andern einfallen, als lauter Schreibfedern, mit denen in so viel Schriften ihre Lehrer die katholische Kirche verfechten, daß sie also jederzeiten einen lobwürdigsten Eifer und Innbrunst gegen christlicher Lehr' erwiesen und folgsam gezeigt, daß sie wahre Kinder ihres Vaters Eliä seynd, der auch an der Brust seiner Mutter nichts anders als Flammen und Funken gesogen. Es scheint fast[321] unbeschreiblich, was Nutz und Schutz die katholische Kirch' von diesem heiligen Orden genossen, in welchem allein in die hundert und vierzig tausend Märtyrer und Blutzeugen Christi gefunden, gezählet werden, aus welchem drei römische Päbst', sieben Kardinäl', neun und zwanzig Patriarchen, eine große Anzahl der heiligen Erz-Bischöf', hundert zwei und vierzig Bischöf' genommen worden, die mit höchstem Ruhm der katholischen Kirchen beigestanden, vorgestanden und angestanden: Wie traut ihr euch dann, ihr ungezähmte Zungen, von diesem so heiligen Orden etwas übels zu reden? Gesetzt, daß ihr auch wider Vermuthen einen mangelhaften Religiosen darinnen ersehen – ist doch unter den zwölf Aposteln ein Judas gewest! Dahero Cyrillus und Theresia auch sich hören lassen: Non est melior nostra domus, quàm Domini.

Beschaut ein wenig den Ruhm und Würdigkeit des heiligen Benediktiner-Ordens, von dem gar wohl kann gesprochen werden dasjenige, was der Erz-Engel der übergebenedeiten Jungfrauen vorgetragen: »Benedicta tu in mulieribus: gebenedeit bist du unter den Weibern.« Also benedicta inter Religiones, gebenedeit ist der Benediktiner-Orden unter den Religionen. Muß bekennen, wann der Herr Jesus nit gesprochen hätte bei dem Evangelisten Joanne: »In Domo Patris mei mansiones multae sunt, in dem Haus meines Vaters seynd viel Wohnungen«;[322] so möcht' einem schier einfallen, er habe keinen Platz im Himmel, alldieweilen denselben fast lauter Benediktiner einfüllen; massen Etliche über die zweimal hundert tausend zählen, lauter Heilige dessen Ordens. – Vor diesem hat man sieben und dreißig tausend Abteien, vierzig tausend Priorat', fünfzehn tausend Jungfrauen-Klöster dieses heiligen Ordens angetroffen, und war keines ohne heilige Leut'. Petrus hat aus dem Befehl des Herrn das Netz ins Meer geworfen und sehr häufige Fisch' gefangen, worunter ungezweiflet etliche große Fisch' waren; aber der heilige Patriarch Benediktus hat weit größere Fisch ertappt, indem er viel gekrönte Häupter in sei nen Orden gezogen: 21 Kaiser, 12 Kaiserinn', 20 König, 45 Königinn', etc. seynd das nit große Fisch'? Von dem Berg' Libano ist das Lob und Geschrei, daß sehr schöne Bäum' und Holz darauf gewachsen, woraus der Salomon die edlesten Gebäu' geführet; – in dem hl. Benediktiner-Orden hat Gott der Herr das beste Holz angetroffen, mit welchem er die christliche Kirch' unterstützet: massen aus diesem gebenedeiten Orden in die 50 römische Päpst' und Statthalter Christi seynd erkiesen worden. Dieser hl. Orden darf sich in keiner Sach' schämen, außer in dem wird er roth, daß er hundert und achtzig Kardinäl' erzogen. Wann dieses noch nit gnug, so kann er zählen tausend fünfhundert vier und sechzig Erz-Bischöf', drei tausend fünfhundert und zwölf Bischöf, 15,000 sechshundert in Heiligkeit und großen Wissenschaften berühmte Aebte. Schnarcher, was sagst du darzu? – Der Satan hat vor diesem unserm Herrn Christo alle Reich' der Welt verheißen, wenn er ihm mit den Knien[323] nur ein wenige Komplement hätte gemacht, die man jetzt einer polirten Mist-Butte gar oft bieget. Dazumalen muß der Teufel reich gewest seyn! Aber wie Benediktus mit seinem Orden entstanden, hat er die mehreste Reich' und Länder verloren: denn England durch Augustinum, einen Benediktiner, Spanien durch Leandrum, einen Benediktiner, Deutschland durch Bonifacium, einen Benediktiner, Niederland durch Amandum, einen Benediktiner, Polen und Ungarn durch Adalbertum, einen Benediktiner, Schweden durch Stephanum, Lituania durch Brunonem, Guasconia durch Albonem, Sklavonia durch Bonifacium, und eben diese Oerter und Länder, in denen wir annoch Gott dienen, durch lauter Benediktiner seynd aus den Klauen des bösen Feind's gerissen und zu dem wahren Glauben gezogen worden. Haltet demnach eure Pfund-Goschen, ihr ehrenräuberische Zoili, und hütet euch, das wenigste Uebel von diesem so heiligen und der ganzen Welt heilsamen Orden zu reden, gesetzt, ihr hättet an einem oder an den andern Ordens-Genossen etwas Mangelhaftes ersehen! Was schad't dieß? sagt Benediktus: non est melior mea Domus, quam Domini: hat doch der Herr Jesus unter zwölf Aposteln einen Iscarioth gehabt.

Betrachtet ein wenig den heil. Dominikaner-Orden, was Ehr' und Lehr' die christliche Kirch' von[324] demselben ererbet hat! Jakob bei dem Laban hat etlich tausend Schaf gehütet: wann er keine Hunde hat gehabt, wird mancher Wolf ihm einen mit Fleisch gefütterten Pelz haben weggetragen. Gewiß ist es, daß viel unzählbare Schäfel Christi durch die ketzerischen Wölf' wären in Verlurst gerathen, wofern nit die Dominicaner als Domini Canes, wachtsame Hund des Herrn, mit ihrer apostolischen Stimm' hätten solche Unthier abgetrieben. – Zu Christo dem Herrn kommt einst eine bedrängte Frau, welche mit Bitten klagte und mit Klagen gebeten: er woll' doch ihrer Tochter helfen, welche sehr übel vom Teufel geplagt wird! worauf der Herr sie gesund gemacht. Was damalens Dominus gethan, hat hernach Dominikus gethan. Es ist eine wackere Frau, benanntlich die katholische Kirchen, zu ihm kommen, welche sehr kläglich vorgetragen, wie daß sie drei Töchter habe, so alle sehr vom Teufel geplagt werden, eine Tochter heißt Italia, die andere Hispania, die dritte Gallia, welche vom Ketzer-Teufel stark besessen waren, die aber Dominikus völlig zurecht gebracht. Der Albigenser-Ketzer war alles schwarz voll,[325] deren aber Dominikus über die hundert tausend bekehret hat. Dieser hl. Orden ist eine sehr stattliche Orgel in der katholischen Kirche, allermassen ihre Prediger-Stimm in der ganzen Welt erschallt, worvon sie dann auch Praedicatores, die Prediger, genennet werden. Der Blasbalg dieser Orgel ist der hl. Geist: gestalten von Christo das heilige Evangelium redet, daß er nach seiner glorreichen Urständ denen Aposteln erschienen, dieselbige angeblasen, sprechend, nehmt hin den heiligen Geist! Zu einer Orgel aber gehören auch gute abgerichte Händ' und Finger. Zu verwundern seynd in ihren Händen lauter Thomä, die lauter Tomos in diesem Orden geschrieben: Thomas de Vio ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Cantipratanus ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Bonisignius ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Cassanus ein Scribent aus diesem Orden, Thomas a Clavibus ein Scribent aus diesem Orden, Thomas Donatus ein Scribent aus diesem Orden etc., endlich Thomas [326] de Aquino ein Scribent aus diesem Orden, ein Lehrer der Kirchen, ein Vermehrer der Kirchen, ein Zerstörer der Ketzer, ein Verzehrer der ketzerischen Irrthümer, ein Thomas aller Thomen und eine sondere Zierde des ganzen heiligen Dominicaner-Ordens. Willst noch mehrer Lob von diesem Orden? Der Weg gegen Himmel ist vor diesem mit lauter Dörner überlegt gewest und also manchen abgeschrecket; Dominikus sammt seinem Orden hat anjetzo den Weg gegen Himmel mit lauter Rosen besträhet, indem er so viel tausend, tausend, tausendmal tausend Seelen, vermög' des heiligen Rosenkranzes in den Himmel leitet und begleitet. Wie kann nun möglich seyn, daß du sollst etwas Ungereimtes reden von diesem Orden? Gesetzt, es hatte einer oder der andere etliche Fleck gehabt, wie des Jakobs seine Lämm'l – was schadet dieses dem hl. berühmten Orden? sagt gleichmäßig Dominikus. – Non est melior Domus mea, quàm Domini: hat doch unser Herr unter zwölf Aposteln einen Teufel gehabt: unus ex vobis Diabolus est.

Stellt euch vor Augen den stattlichen Ruhm und Würdigkeit des großen heiligen seraphischen Or dens des hl. Franziskus. Der stolze und hochmüthige Monarch zu Babylon hat drei unschuldige Jüngling' in den[327] Feuer flammenden Ofen hinein geworfen; bei welchen aber das Feuer gefeiert und einen Fasttag gehalten. Solchen Wunders wollte auch der gottlose Nabuchodonosor den Augenschein einnehmen, und siehe! da hat er nit allein die drei Jüngling' unversehrt wahrgenommen, sondern er sahe auch die vierte Person similem Filio Dei, welche dem Sohn Gottes ganz gleich war. Wann da zu selben Zeiten Franciscus hätte gelebt, so hätte man können vermuthen, er hätte denen Dreien die Gesellschaft geleist in dem Feuer; dann ja kein Mensch dem Sohn Gottes gleicher sieht als Franziskus: aller massen dieser wie jener, jener wie dieser mit fünf Wundmal an Händ', Füß' und Seiten gezeichnet ist. Es ist wahr, daß dieser seraphische Patriarch stets im Feuer gewesen durch seine inbrünstige Lieb' gegen Gott und den Menschen; und gleichwie das Wörtl Ama hinter sich und für sich gelesen wird, also war auch bei Franzisko auf allen Seiten die Lieb' zu spüren, welche annoch in seinem weit ausgebreiten Orden also flammet, daß er dessenthalben billig der seraphische genennt wird. Jene Seraphim, so der Prophet Esaias gesehen, schrien unaufhörlich Sanctus etc. Heilig, Heilig, Heilig! die seraphischen Ordens-Leut' des hl. Franziskus thun ebenmäßig Tag und Nacht durch Psalliren und Singen Gott loben und benedeien. Es prangt[328] absonderlich die heilige Religion mit der evangelischen Armuth, und gleichwohl hat sie die katholische Kirche über alle Massen bereicht, also zwar, daß durch dero Ordens-Männer Eifer und Lehr' viel Königreich und Länder Christi Kirche ererbt hat. Es klecken nit hundert tausend, tausendmal tausend Seelen, welche allein durch Franziszi Ordens-Leut' aus dem blinden Heidenthum gezogen worden. Sogar der Mathuzinger der Teroquiner, der Amarhocen, der Cacothurner, der Cascaner, der Cacaloracen, der Ivazalatanier ihre Abgötter und Teufels-Affen und Höll-Bilder seynd durch die Religiosen zu Boden geworfen worden, wie der saubere Dagon durch den Bunds-Kasten. Und weilen diese eifervollen Geistlichen Strick tragen aus anverwandter Demuth um ihre Leiber, so kann man's billig hell-erschallende Glocken nennen der katholischen Kirchen, wegen ihrer apostolischen Stimm', mit welcher sie eine so unzahlbare Anzahl der Menschen zu dem wahren Gott lenten und leiten. Ich will dermalen umgehen die großmächtige Anzahl der heiligen Beichtiger, Märtyrer, Jungfrauen dieses Ordens. Ist doch das ein Lob über alles Lob, daß in Ansehung der zwei heiligen Orden Dominici und Franzisci der erzürnete Gott der sündigen Welt verschont, welche er sonsten gänzlich vertilgt hätte. – Wer kann dann noch eine Attern-Zunge haben, welche diesen seraphischen Orden verletzt?[329]

Wann schon bewußt soll seyn, daß unter diesem aschenfärbigen Habit etwann einmal eine ausgeloschene Kohle vermerkt worden, dadurch leidet nicht der Andern Vollkommenheit; und sagt ebenmäßig Franziskus: Non est melior Domus mea, quam Domini: hat doch auch unser Herr unter seinen zwölf Jüngern einen schlimmen Bösewicht gehabt.

Was kann Lobwürdigers seyn in der ganzen Welt, als die Societät Jesu? Eine feurige Saulen hat die Israeliter aus Egypten geführt bei nächtlicher Zeit: in Columna ignis. Ignatius war eine solche feurige Saulen, massen ihn sein eigener Nam' verrathet. O wie viel tausend und tausend seynd durch Ignatium und seine Ignatianer aus dem egyptischen Irrthum geführt worden! Was hat nicht der einige Xaverius gewirket? Von Joanne Baptista ist die evangelische Aussag', daß er sey unsers Herrn sein Vorlaufer gewest; vom Xaverio weiß ich nicht, was ich sollt' sagen, ob er ein Vorlaufer oder Fortlaufer unsers Herrn gewest? ein Laufer ist er doch gewest,[330] indem er innerhalb zehen Jahren allein zu Fußmeistentheils baarfuß, mehr denn hundert und zwanzig tausend deutsche Meil' geloffen, nur Seelen halber. Xaverius ist also geloffen, daß, wann man seinen Weg, den er hin- und herwärts gemessen, an eine Schnur fassen sollte, die ganze Welt umfassen konnte. Xaverius hat allein durch 66 Königreich, in Japonia fünf tausend große Städt', den dritten Theil des Erdbodens in India mit dem Stab in der Hand seinen apostolischen Lauf genommen, nur Seelen, Seelen, Seelen halber! Xaverius hat allein 4000 Götzen und Götzen-Tempel übern Haufen geworfen, ja er hat allein mehr als eilfmal hundert tausend irrende Schäflein dem höllischen Wolf abgejagt und aus dem Rachen gerissen. Nach Xaverio – was hat nit gethan Barsäus, Almeida, Turrianus, Mastrillus, Camertus und andere apostolische Männer aus der Gesellschaft Jesu? Vor fünf und vierzig Jahren hat die Societät Jesu das Säkulum oder hundertjährige Alter begangen; wobei sehr denkwürdig dieß zu halten: daß man Urbano dem Achten, römischen Pabsten, hat unterthänigst schriftlich remonstrirt, daß die Societät Jesu in dem orientalischen Indien ein Jahr dem andern zu Hilf, jährlich dreimal hundert tausend, und also durch hundert Jahr' drei hundertmal hundert tausend, daß ist dreißig Millionen Seelen zu Gott geführt und von der gottlosen Abgötterei zu dem wahren Gottes-Dienst gebracht. – Was Ignatius durch die Seinigen in Europa gethan,[331] ist ohnedas sonnenklar. Meines Theils halt' ich für ein großes Wunder, daß Petrus einen lahmen und krummen Tropfen bei der Thür' des Tempels auf die Füß' geholfen; aber nit ein geringes Wunder ist, daß Ignatius mit seiner Societät der Scienz und Wissenschaft wieder auf die Füß' geholfen und also Ignatius ignorantiam verbandisirt. Gewiß ist es, daß vor hundert Jahren und mehrer fast ein jeder Michel verstanden Nihil, die sieben Todsünden dazumal in grösserem Schwung gangen, als die sieben freien Künste; damalen hat man wenig Syllogismos formirt, außer in Frisesomorum und Barbara; zu selbiger Zeit ist Musa generis neutri gewest und Ignorantia[332] schier generis communis. Aber jetziger Zeit find't man allerseits gelehrte Leut', welche aber mehrestentheils das Deo gratias denen Jesuitern sollen geben: Bekennen müssen es doch die mehresten, daß sie nit so spitzfindig waren worden, dafern sie nicht in den Schulen bei denen Jesuitern die Hobelbank hätten gemessen. Ich will von anderen Sachen und ruhmwürdigsten Dingen der Societät geschweigen, damit es Andern nicht in die Nasen kitzle; glauben muß man doch Gott selbsten, welcher der heiligen seraphischen Theresia in einer Verzuckung des Geists gezeigt hat, was die Societät Jesu dem Haus Gottes für Hilf leiste. Und gleichwohl schnarcht man über keine mehr, als über dieselbe. Mir kommt die Societät Jesu vor wie ein Nuß-Baum: je mehr dieser Baum Frucht traget, je heftiger werfen die bösen Buben mit Prügeln darein; also je mehr dir Societät der Welt Hilf reichet, je ungestümmer tobt die Welt wider sie. Unter solchen Verfolgern seynd die mehresten Ketzer, gegen welche Esauiter die Jesuiter siegreiche Federfechter abgeben und wider sie so treffliche Bücher verfassen, daß die Ketzer fast die Art der grünhosenden Frösche und Lackenhupfer an sich nehmen,[333] so bei nächtlicher Weil die Ohren voll anschreien, sobald man ihnen aber eine Fackel oder ein Licht zeigt, sodann halten sie gleich das Maul. Solchergestalten hat nit nur einmal die erleuchte Societät den verbeinten Ketzern das Maul gestopft. Es hat diese löbliche Societät einen stattlichen Magen, daß sie diejenigen Speisen, so da schädlich und nicht gesund seynd, wieder zurück gibt und solchergestalten etwann besser wohlauf ist als ein anderer Orden. Gesetzt aber, es soll auch ein mangelhafter Jesuiter angetroffen werden wider Vermuthen; warum sollst du gleich mit deinen Zähnen die ganze Societät beißen? Kann doch endlich auch Ignatius sprechen: Non est melior domus mea, quam Domini.

Es spricht der weise Mann, daß sich niemand selbst soll loben, sondern von andern gelobet werden: laudet te alienus et non os tuum! Derowegen will ich von unserm heiligen Orden S. Augustini nichts melden, dessen Ruhm und Glorie völlig in der Feder behalten und mit demüthigstem Silentio verhüllen. Aber anderen kann ich es nicht verbieten? unter denen nicht der mindeste ist ein sondergelehrter Scribent Pr. Thomas le Blanc aus der Societät Jesu. Dieser schreibt also: der Orden des hl. Augustini hat sich er mehrt wie der Cederbaum auf dem Berg[334] Libano, massen vor diesem über die dreißig tausend Klöster gezählet worden, und ist annoch kein Theil der Welt, wo diese Ordens-Genossen nit emsige Arbeiter in dem Weingarten Gottes abgeben. Wie dieser Orden der Kirchen genutzt, erhellt aus dem, was Ticinensis vorgibt: daß allein aus dem Orden S. Augustini 54 römische Päbst, 1567 Cardinäl, unzählbare Bischöf und Prälaten genommen worden, weilen dazumalen der römische Clerus unter der Regul S. Augustini lebte und also durch fünfhundert Jahr die Kirchen regierte. In dem weltbekannten Concilio zu Trient waren 54 berühmte Doktores aus diesem Orden, deren fünf Bischof und ein Kardinal. Die ausführliche Prob' Ticinensis bezeugt, daß der Augustiner-Orden mit hundert tausend Heiligen prange. Diese Ordens-Männer seynd die ersten gewest, welche die abgötterischen philippinischen Insuln erfunden und zu Christi Gesatz gebracht. Der einige Alexius de Menzes, Erz-Bischof zu Goa, Augustiner-Ordens, hat mit eigner Hand gegen hundert tausend Menschen getauft, worunter etliche gekrönte Häupter waren. In Amerika seynd in einem Jahr in die zweimal hundert tausend Heiden durch die Augustiner bekehrt worden. – Siehest demnach, du neidiger Beschnarcher, den Ruhm dieses Ordens durch eine fremde Feder entworfen. Gesetzt nun, es ist in diesem fruchtbaren Garten einiges Unkraut herfür[335] für geschossen, gesetzt, es hat dieser stattliche Baum ein wurmstichiges Obst getragen, so mußt du nit gleich die ganze Glorie des Ordens verschütten. Höre, was dieser heilige Erz-Vater Augustinus sagt: Non est melior domus mea, quâm Domini: hat doch unser Herr unter zwölf Edelgsteinern einen falschen Rubin gehabt, der war Judas!

Es seynd noch viel andere berühmteste Orden, benanntlich der Orden des heil. Bernardi, des heil. Pauli primi Eremitä, des hl. Norberti, des hl. Francisci de Paula, des hl. Joannis Dei, des hl. Brunonis, des hl. Romualdi, des hl. Cajetani, des hl. Nerei, des hl. Barnabä und andere mehr, welche lauter starke Saulen in dem Haus Gottes, lauter Zierden der christlichen Kirche, von welcher herrlichen Gespons' der hl. Geist spricht: Astitit Regina a dextris tuis in vestitu de aurato, circumdata varietate: die Königinn stehet auf deiner rechten Seite, in einem guldenen Kleid umgeben mit vielerlei Farben.

Aller dieser heiligen Orden Ruhm und Würdigkeit auf das Papier zu tragen, fiel es meiner ungereimten Feder nit möglich. So muß man auch allhier die Nasen nit rumpfen, daß ich nit bedacht bin des weltlichen Cleri oder Priesterthums, weilen unmöglich scheinet, all dessen Lob in wenige Zeilen einzuschränken, sondern man müßte von seiner Hochheit und Nutzen ganze Bücher verfassen, weilen dero erleuchte[336] Männer fast überwachsen seynd der Zahl der Stern, so Gott dem Abraham in dem gewölbten Himmel gezeigt. Gewiß ist es, daß hoch, herrlich, heilig, heilsam ein jeder geistlicher Stand, beinebens aber auch keiner eines Unkrauts befreit: gleichwie kein Haus ohne Winkel, kein Weinfaß ohne Gläger, kein Garten ohne Brennessel, kein Baum ohne wurmstichige Frucht, kein Walzen ohne Wicken, keine Rosen ohne Dörner, kein Markt ohne Dieb, keine Karten ohne Sau, kein Licht ohne Butzen, kein Himmel ohne Wolken, kein Fisch-Teich ohne Kroten, kein Handwerk ohne Stümper, keine Scheuer ohne Stroh, etc. keine Apotheke ohne Gift, also ist kein Stand ohne Bösen.

Freilich wohl soll ein Geistlicher seyn wie das Feuer, welchem der Symbolist hinzusetzt diese Wort: semper sursum:


Allzeit hinauf

Ist mein Lauf!


Freilich wohl soll ein Geistlicher seyn wie ein Rad an einem Wagen, dem der Poet diese wenigen Wort beifüget: Parte minima tangit:
[337]

Mit einem kleinen Theil

Thue ich die Erde drucken,

Das ander alleweil

Pflegt in die Höh' zu zucken.


Es soll ein Geistlicher seyn wie des großen Alexandri Pferd, Namens Bucephalus, welches keinem andern das Aufsitzen vergonnt als seinem Herrn, wessenthalben dieses konnte beigeschrieben werden: Soli Regi:


Dem König allein

Will ich unterworfen seyn.


Also ein Geistlicher sein Herz von niemand anderst soll besitzen lassen, als vom Jesu Nazareno, dem König der Juden.

Es soll ein Geistlicher seyn, wie die zwei Aemper in einem Schöpf-Brunnen, deren einer nieder und der andere in der Höhe mit der Unterschrift: Una lavatur, altera levatur:


Ein Amper steigt empor,

Der Ander fällt in die Nieder,

Mein Herz sucht Gott bevor,

Ob schon der Leib zuwider.


Es soll ein Geistlicher seyn, wie das schneeweiße Thierl Armelin, welches sich ehender läßt umbringen, als mit Koth oder Unflat sich besudlen; derentwegen ihm der Poet dieses Lob schenket: Potius mori, quam faedari:
[338]

Lieber will ichs Leben verlieren,

Als daß ich nur mich sollt beschmieren.


Freilich wohl soll ein jeder Geistlicher der Vollkommenheit sich befleißen; – aber leider es befind't sich zuweilen einer, der die Schwindsucht an dem Geist bekommt, und begegnet manchen, was der Donau diesem berühmten Fluß in Deutschland widerfährt: Dieser stattliche Donaustromm geht von Donauesching aus auf Mila, von dannen auf Simeringen, von dannen auf Ulm, von dannen weiter auf Lauing, Höchstädt, Dillingen, Donauwörth, Neuburg, Ingolstadt, noch weiter und allzeit breiter nach Paßau, Linz, Crems, Wien, noch weiter und allzeit breiter nach Ungarn, Preßburg, Raab, Ofen, etc. endlich nachdem dieser so weitberühmte Fluß mit größtem Ruhm fortlaufet, so rinnt er in Ungarn in die Sau, welcher Strom den Namen hat Savus, auf deutsch die Sau. Die gute Donau erhält solchergestalten durch langen Weg eine sondere Ehr und Glorie und fast auf die Letzt hebt's eine Sau auf. Also ergehet es mit manchem Geistlichen, welcher für sich die Wort des gekrönten Harfenisten Davids gebrauchen kann: Viam mandatorum tuorum cucurri: Ich bin den Weg deiner Gebot geloffen; endlich aber nach vielen Jahren hebt er eine Sau auf und fällt in ein grobes Laster. Wie[339] es mein heiligster Vater in der hundert sieben und dreißigsten Epistel beklagt: Simpliciter fateor coram Domino Deo nostro, qui testis est supra animam meam, ex quo Deo servire coepi quomodo difficile sum expertus meliores, quam qui in monasteriis profecerunt. Ita non sum expertus pejores, quam qui in monasteriis ceciderunt: Ich gestehe es fein gut rund, sagt der heilige Vater, und Gott ist mein Zeug: von der Zeit an, daß ich hab angefangen Gott zu dienen, habe ich nicht bald bessere und vollkommenere Leut' angetroffen, als diejenigen, welche in den Klöstern ihrer Regel und heiligen Satzungen gemäß gelebt haben, entgegen sag' ich es auch unverhohlen, hab ich nit größere und schlimmere Bösewicht gefunden, als dieselben, so da in Klöstern ihrer Gelübde vergessen und spöttlich gefallen seyn. –

Es pflegen öfters große Herren künstliche Feuerwerk zu haben, wobei das Pulver und Saliter der finstern Nacht einen Trutz bietet und ihr durch öftern Knall und Schall gleichsam unter die Nase schnalzt: die emporsteigenden Granat-Kugeln ziehen alle Augen nach sich und erwecken ein sonderbares Wohlgefallen dazumalen, wann sie in der Höhe nieder kommen und gebähren eine große Anzahl der Stern, welche vom Mutter Leib das Schlagen gewohnt; das große Getös' und Rauschen des Feuers macht einen Gedanken, als wollte der Jupiter mit lauter Blitzen, und Donnerkeil[340] die Zeit vertreiben; vor allen aber spielt nichts schöners als ein hochsteigendes Rakett, welches mit seinem hölzernen Appendice den schnellen Weg nimmt gegen den gestirnten Himmel, als wollt es daselbst dem Morgenstern einen guten Morgen, oder dem Abendstern einen guten Abend wünschen: es steiget ja empor mit solchem annehmlichen Getös' und Juitzen, ganz feurig und brunstig, daß man sich verwundert, daß ein solches papierenes Maul, so vorhero schwarze Kohlen gefressen, nunmehr aber so häufiges Feuer ausspeiet; es steigt in die Höhe, als wolle es einen Abriß machen von der feurigen Saulen, welche die Israeliter bei nächtlicher Zeit aus Egypten den Weg gezeigt; es steigt so schön, daß fast alle Zuseher in Maulaffen sich verkehren und bei allen das Wunder-Geschrei sich erhebt: Schaut's, schaut's, schaut's, o wie schön! ei das ist schön! Wanns aber zu höchst droben ist, gedenk einer! so verliert es das Feuer und erlöscht der feurige Athem, fällt in die Ohnmacht herunter auf die Erd, und was vorhero so hoch gestiegen, so innbrünstig gewesen, so herrlich sich gehalten, so angenehm gespielt, liegt jetzt auf dem Boden – ein halb abgebrennter Stecken und ein schwarzes Büschel Papier! Pfuy! vorhero ein so schönes Exordium, jetzt ein so rußiger Epilogus! ist eine Schand![341]

Daß Gott erbarme! solches Feuerwerk – aber leider! kein Freuden-Feuer – hat die Welt bisweilen schon gesehen bei denen Geistlichen, unter welchen etwann einer gewesen, der anfangs wie ein Rakett die Erde und das Irdische verlassen, durch Innbrunst und Eifer in die Höhe der Vollkommenheit gestiegen, daß sich männiglich darüber verwundert, ja es scheint, als brenne jenes Feuer aus ihm, von welchem unser Heiland bei dem Evangelisten Luca Meldung thut: Ignem veni mittere in terram etc: ich bin kommen ein Feur zu senden auf Erden; – aber siehe, nach etlichen Jahren erlöscht der Eifer, und ist folgsam spöttlich, mit Bedaurung seines Ordens, mit Aergernuß der Welt, mit Verlust seiner Seelen gefallen und abgefallen, gar durchgangen, wie der Maul-Esel des Absalons, verkehrt worden wie die Ruthe Aaron in eine giftige Schlange, ist worden aus einem Amando ein Aman, aus einem Esaia ein Esau, aus einem Apostel ein Apostata, aus einem Pastor ein Impostor, aus einem Sodalen ein Saudalis, aus einem Reverendo – [342] reverenter zu reden – ein Schelm. Pfui der Schand! pfui des Schadens! dergleichen wurmstichige und modrige Schindlen seynd gefallen von dem Haus Augustini, von dem Haus Benedikti, Francisci, Dominici, Bernardi, Brunonis, Norberti etc. Dergleichen saubere oder besser zu reden Saubeern seynd gewest Lutherus, Oecolompadius, Buceerus, Hermannus, Ochinus, Marcus Antonius de Dominis und viel andere mehr, dero Namen in des Satans Register zu suchen.

So seynd aber derentwegen nit alle Geistlichen zu verwerfen. – Was kann Abel der Unschuldige dafür, daß sein Bruder Kain nichts nutz gewesen? was kann Jakob der Gerechte dafür, daß sein Bruder Esau ein schlimmer Gsell ist gewest? was kann Isaak der Fromme dafür, daß sein Bruder Ismael nit weit her gewesen? was kann das wackere Kriegsheer Josue dafür, daß einer unter ihnen einen Dieb abgeben? was sollen dessenthalben die Religiosen und Geistlichen entgelten, wann einer oder der andere nicht geistlich, sondern geißlich ist? Gibts doch unter den zwölf Zeichen des Himmels auch einen giftigen Scorpion, ist doch[343] in der Arche Noe auch ein Rab' gewesen, hat sich doch bei dem hochzeitlichen Banquett auch ein Lumpeter, eingefunden, der kein hochzeitliches Kleid angehabt. Was noch mehr ist, mein lieber Welt-Mensch, du verehrest mit sonderer Andacht die lieben heiligen Engel, und ist solches lob- und preiswerth, auch hält dich von derselben Andacht nit ab die geübte Unthat der meineidigen Engel; die Schutz-Engel gelten bei dir viel, ob schon viel Schmutz-Engel unter ihnen gewesen und von Himmel gefallen: warum sollst du denn die ehrwürdigste Geistlichkeit derenthalben schimpfen, um willen einige unter ihnen lasterhaft gefunden werden? Ihr Geld-Graber, ihr Geld-Schaber, ihr Geld-Vögel ihr Geld-Egel, ihr Geld-Rappen, ihr Geld-Lappen, wann ihr einen guten großen Sack voll Guldiner auf den Tisch schüttet, worunter ein falscher angetroffen wird, so verwerft ihr nit alle, bei Leib nit, das nit, das wäre sauber, nur das nit! sondern allein keit man den schlimmen auf die Seite, die andere guten muß man wohl aufbehalten: aus was Ursachen dann redet ihr so spöttlich von diesem oder jenem Orden oder Kloster, worinnen etwann einer nit gerecht ist? sollen denn auch Petrus und Joannes zu schelten seyn, um willen Judas ihr Kamerad ein Schelm war? Wie oft gibts aber beim weißen Lämml solche beißende Wölf? beim rothen Kreuz solche Schmähe-Teufel? bei[344] der guldenen Rose solche stechende und verwundende Dörner? beim weißen Schwanen solche Galgen-Vögel? beim rothen Ochsen solche Esel? beim blauen Hechten solche Stockfisch? beim schwarzen Adler solche Spott-Vögel? will sagen, wie oft hört man in denen Wirthshäusern bei Kandl und Ent'l solche verruchte Musik über die armen Geistlichen? – Da gehts an: das seynd Pfaffen, die der und der erschaffen, sie seynd Vormittag in Choro, Nachmittag in Foro, Vormittag in Officio, Nachmittag in Vitio, sie thun Vormittag psalliren, Nachmittag trapuliren, sie thun mehrer braviren, als breviren, sie seynd Nequam in Cute, Schelmen in der Kutte, sie saufen wie die Bad-Schwämme, sie raufen wie die Hund, sie kaufen wie die Juden, sie laufen wie die Marktschreier etc. – Halt's Maul! daß euch der Henker die Zähn' stühr',[345] ihr singulares Nequam in plurali, ihr Erz- und über Erz-Schelmen, ist das der Dank dir Gott, daß euch die Geistlichen so viel Guts thun? seynd denn nit die Geistlichen diejenigen, welche emsig arbeiten in dem Weingarten Gottes? seynd sie nit diejenigen, welche die apostolischen Netze und Angeln auswerfen, die Seelen zu fangen? seynd sie nit diejenigen, welche mit dem Samariter den Verwund'ten und Halbtodten verbinden und curiren? seynd sie nit diejenigen, welche mit dem evangelischen Weibl das ganze Haus auskehren, bis sie den verlornen Groschen finden? seynd sie nit diejenigen, welche mit Christo dem Herrn bei dem Brunnen matt und müd sitzen, und nur Durst tragen nach der sündigen Samaritaninn? seynd sie nit diejenigen, welche dem elenden Sünder die Band auflösen, wie gethan der Engel dem Petrus in der Keichen? seynd sie nit diejenigen, welche euch mit dem Himmelbrod speisen, wie vor diesem der Himmel mit dem Manna die Israeliter? seynd sie nit diejenigen, welche mit den Engeln den schweren Stein hinweg wälzen von dem Grab eines bedrängten Gwissens? seynd sie nit diejenigen, welche mit dem guten Hirten das verlorne Lämml suchen, und nachdem sie es gefunden, auf ihre Achseln nehmen und in den Schafstall tragen? seynd sie nit diejenigen, welche du und du und du, der und der und der von Herzen wünschen, daß sie mögen in ihrem Sterbstündl einen Geistlichen haben,[346] welcher ihnen den Weg möcht' zeigen in das gelobte Land?

O Welt-Kinder! wie viel anders würdet ihr reden, so ihr bedachtsam thätet erwägen den Nutzen, welchen ihr habt von denen Geistlichen! Wann nichts anderst wäre, als allein das Beicht hören, so wäre solche große, schwere, harte Bürde sattsam und genug, daß ihr die Geistlichen sollt lieben und ehren. Versichert euch, daß manchem Geistlichen ergeht, was begegnet jenem Wasser, womit Christus der Herr denen Aposteln die Füß gewaschen: massen selbiges andere rein und sauber gemacht, sich selbsten aber bekothiget. Wie mancher armer Geistliche führe vom Mund auf gegen Himmel, so ihm das Beicht hören genauere und schwerere Rechenschaft thäte aufbürden, und also der von eignen Sünden befreiet, wegen fremder Verbrechen in Gefahr stehet. – Sofern ihr aber in Ansehung dessen euere Attern-Zungen noch nit zaumen wollt, so laßt euch wenigst schrecken die Straf', welche ober euch schwebet: Nolite tangere Christos meos, drohet Gott mit Ernst allen frechen Bösewichten, welche die Ordens-Leut und Geistlichen anfeinden und beleidigen. Nolite, etc. Thut nit berühren meine gesalbten Priester, sonst ist das Schwert meiner göttlichen Justiz schon geschärft wieder euch![347]

Spieglet euch ein wenig an dem, was sich mit dem Orden des heiligen Franziszi zugetragen! – Gewisse Herren und vornehme Prälaten haben sich unterredet, diesen hl. Orden völlig auszutilgen. Zu solchem Ende ist einer aus diesen, und zwar ein Bischof, abgereist zu dem Concilium, daselbst bei dem hohem geistlichen Rath die beweglichsten Klagen wider diese Ordens-Leut' beizubringen. Bei dem Ort, allwo das Consistorium gehalten sollte werden, ist eine alte Collegiat-Kirch, in welcher an der Wand das Bildnuß des hl. Pauli und des hl. seraphischen Franziskus gemalt waren. Eine Nacht zuvor, ehe benannter Bischof entschlossen den Orden anzuklagen, hat dem Meßner in dem Schlaf wunderseltsam getraumt, als rede der hl. Paulus an der Wand seinen Nebengespann Franziskum an: Franziskus! warum defendirest du nicht deinen Orden? worauf Franziskus geantwortet: Was will ich thun? ich hab nichts als Kreuz in Händen und also muß ich Geduld haben. Ei, sagte Paulus, diese große Unbild mußt du nit leiden, da nimm' hin mein Schwert und gib mir dein Kreuz! Der gute Sacristan erwacht hierüber und konnte sich nicht g'nug verwunderen über diesen so seltsamen Traum, eilt demnach in aller Frühe nach der Kirchen, ob ihm denn der Traum möchte ausgehen, und siehe Wunder! er findt – zeigt es auch andern[348] – daß die Bildnuß Franziszi ein Schwert, Paulus aber ein Kreuz in der Hand! Wie nun das Geschrei dieses so seltsamen Wechsels allenthalben erschollen, da kommt zugleich die Zeitung, daß obgedachter Bischof und Feind des Ordens bei nächtlicher Weil im Bett sey enthauptet worden.

Eine wunderliche Begebenheit ist diese, welche sattsam an Tag gibt, wie Gott nicht ungerochen lasse die Unbilden, so denen Geistlichen aufgeladen werden. Wann Augustinus anstatt des Herzens ein Schwert, Dominikus anstatt des Buchs einen Säbel, Benediktus anstatt des Schlangen-Glas einen Degen, Bernardus anstatt des Kreuz einen Pallasch, Ignatius anstatt des Jesus-Namen einen Partisan sollte nehmen und allzeit drein schlagen in ihre Ordens-Feind, o wie viel gäb' es blutige Köpf! und so sie allen die Ohren mit Petro abhauten, die neidig ihren Orden verfolgen, müssen viel Gesellen über eine Weil' Parücken tragen! Die Neider seynd halt dem Falken nit ungleich, welchem eine stinkende Portion von einem halb-verfaulten Schimmel über alle Massen wohl schmecket, entgegen ihnen ein gutes Brod das Herz abdrucket: also die Neidigen nur frohlocken ob des Nächsten Unvollkommenheit, entgegen aber dessen Wohlergehen ihnen peinlich fallet. Es wird euch aber – ich verg'wiß es – die Straf der göttlichen Hand nicht ausbleiben, welcher gerechte Gott seine getreuen Diener in allweg schützet und schirmet.[349]

Es ist theils Lachens, theils Achens werth, was sich hat zugetragen Anno 1613 mit einem calvinischen Notario zu Villa nova, welcher öfter pflegte die Geistlichen im Chor, forderst aber die Geistlichen, so mit ihrem Gesang die todte Leich zum Grab begleiten, dem schreienden Esel zu vergleichen. Was geschieht? Als dieser schlimme Gesell mit Tod abgangen und der calvinischen Gewohnheit nach gar herrlich zum Grab getragen wurde, da ist ein großer Esel gleich nach der Bahr gangen, welcher sich auf keine Weis' ließ wegtreiben, und auch niemand bekannt war, wem doch solcher Langohr zugehörig; und hat dieser mit steter Eselstimm (war ja ein verdrießlicher Tenor) die Leich begleitet bis zum Grab, allwo er dreimal um die Todtenbahr herum gangen und endlich verschwunden, etc. Diese und andere Strafen verdienen alle diejenigen, welche die Geistlichen anfeinden. Ich meines Theils gib ihnen keinen andern Ehren-Titel, als was ich öfters dem Judä Iscarioth zugemessen, nemlich ein großes

Sch.

Quelle:
Abraham a Sancta Clara: Judas der Erzschelm für ehrliche Leutߣ. Sämmtliche Werke, Passau 1834–1836, Band 1, S. 314-350.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Paoli, Betty

Gedichte

Gedichte

Diese Ausgabe fasst die vier lyrischen Sammelausgaben zu Lebzeiten, »Gedichte« (1841), »Neue Gedichte« (1850), »Lyrisches und Episches« (1855) und »Neueste Gedichte« (1870) zusammen. »Letzte Gedichte« (1895) aus dem Nachlaß vervollständigen diese Sammlung.

278 Seiten, 13.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon