Cometen-Gedancken/ An. 1664

[32] O Flamme/ von dem Zorn des Höchsten angesteckt/

Zu welcher unsre Schuld hat Stroh und Holtz gegeben/

Du must vor aller Welt am hohen Himmel schweben/

Damit der schnöde Mensch/ vom Sünden-Schlaff erweckt/

Die Strahlen deiner Glutt in Marck und Bein empfinde/

Das Feuer heisser Buß in seiner Seel entzünde.


Es darff Tisifone der schwarzen Fackel nicht/

Die ein verblendter Heyd als schädlich wird erkennen:

Was für ein Feuer soll ins künfftig wieder brennen/

Bezeuget mehr als viel dein dunckel-rothes Licht/

Das so viel Strahlen nicht von seiner Ruthe spreitet/

So viel uns Ach und Weh die Nemesis bereitet.


Die Nemesis/ die sich nicht eh zu Frieden stellt/

Biß daß sich Blutt und Safft aus unsern Adern zehret/

Biß Krieg/ biß Brand und Pest/ Dorff/ Stadt und Land verheeret/

Biß Staub und Asch und Grauß bedecket alle Welt/

Biß dieser rundte Bau vom Feuer auffgefressen/

Und von dem Höchsten selbst Gerichte wird gesessen.


Was Rath ist hier zu thun? Ein Epicurer sagt:

Was scheuen wir die Glutt der ungewissen Flammen

Eh daß sie über Haubt und Hertze schlägt zusammen/

Wofern der Mensch dadurch zur Straffe wird betagt/

Soll er der kurtzen Frist in Ruh und Lust genüssen/

Wo nicht/ was will er sich in eitler Sorge wissen?


Diß aber heist das Oel dem Feuer setzen bey:

Hier muß ein Christen-Hertz auff andre Mittel dencken/

Des Höchsten strengen Zorn und Eyfer abzulencken/

Vor dem der feste Grund der Felsen reist entzwey/

Der über alle Zeit ohn alles Ende währet/

Und nicht wie dieser Stern sich mit der Zeit verzehret.


Die Busse muß allhier das beste Mittel seyn/

Das Gottes strengen Grimm in tieffen Abgrund sencket/[33]

Und in gesaltzner Flutt der Thränen-See erträncket:

Der Rachen führet uns in sichern Hafen ein/

Wenn das geraume Schiff des Himmels und der Erden

Am grossen Tage wird des Feuers Beute werden.


Hier liegt dein armes Volck/ o viel erzürnter Gott!

In wahrer Reu und Leyd für deinem hohen Throne/

Wir bitten: strenger Herr und liebster Vater/ schone/

Verschon und wende weg die angedräute Noth:

Und soll ja unser Leib nach deinem Willen büssen/

So laß die Seele doch sich frey und sicher wissen.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 2, S. 32-34.
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