Marini

[71] Das stoltze Rom ist hin/ der Tyber Pracht verflossen/

Quirinens Ruff ist todt/ der alle Weit erfüllt:

Was ewig wird genannt hat kurtze Zeit genossen

Den angemaßten Ruhm/ und weist ein wahres Bild

Der schnöden Eitelkeit. Was Rom vorhin gewesen/

Ist nun desselben Grab/ ist Asche/ Schutt und Grauß:

Was wir vom Cœlius und Aventinus lesen

Sucht unser thränend Aug anizt vergebens aus:

Die eingefallne Last mit Graß und Moß bedeckt/

Hält seine Leiche selbst für ihm und uns versteckt,

Jedoch was seh ich hier? ein neues Rom entstehen:

Man führet/ wie vorhin/ viel Schlösser in die Lufft/

Man lernt den Tyber-Strom in Marmol-Gräntzen gehen/

Verneuert und bestärckt manch halb-begrabne Grufft/

Der Tempel Poliphem hat neuen Schmuck und Auge/

Man baut die alten Gäng und Läuben wieder nach.

Welch angehobnes Werck ist/ das dem Nachfahr tauge?

Man bessert/ bricht und baut/ damit man auch ein Fach

Für Nahm und Wappen findt/ und geht die Welt nicht ein/

So wird das neue Rom ein ander Phönix seyn.

Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 71.
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