Uber zwey Spiegel

[145] Ich kan dir nichts als Glaß/ mein Kind/ für dißmahl schencken/

Doch hab ich auch dabey mein sonderlich Bedencken.[145]

Das weiße Silber ist ein Bild der reinen Treue/

Die sich bey mir und dir von Jahr zu Jahr verneue.

Betrügt zu Zeiten gleich ein glattes Spiegel-Eiß/

Genung/ daß unser Sinn von keiner Falschheit weiß.

Ein Spiegel ist das Hertz/ in welchem widerscheinet

Was sein vertrautes Hertz in Lieb und Treue meynet.

Ein Spiegel fängt durch Kunst von andern Licht und Flammen/

Dein Auge knüpfft mein Hertz/ das deine meins zusammen.

Dergleichen Sinnen Bild sind Spiegel gleicher Art.

Gott halte sie und uns noch lange Zeit gepaart.


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 145-146.
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