Oktobertag in Innsbruck

[114] Wie bin ich erniedrigt! Alles was sonst in mir tobte, träumte, schäumte, weinte, sich aufbäumte gegen alle falschen Verpflichtungen,

es ist dahingefegt! Durch Dich.

Ich ergebe mich dem Schicksale des Tages und der Stunde, überlasse Dich, wem immer,

da Du, einst Starke, es nun von

mir erbettelst, um Deiner angeblichen Ruhe willen!

Um Deiner Ruhe willen werde ich ruhig.

Ein Greis, der innerlich ein »ewiger Jüngling« ist. Ein Jüngling, der greisenhaft zu werden durch Deinen Frieden gezwungen wird.

Ich opfere mich Dir und deinem wertlosen Ruhe- Bedürfnisse,

ohne daß Du es anerkennen kannst!

Denn wüßtest Du das Opfer, das ich Dir

bringe, in greisenhafter Ruhe dahinzuleben,

nähmest Du es nicht an und schämtest Dich!

So aber überlasse ich Dich deinem geordneten Hausfrieden.

Im Augenblick, da ich das an Dich schreibe,

weiß ich es, daß Du die »Stürme« schwer entbehren, wirst, deren Vermeidung Dein scheinbares Glück ist.

Ich segne deine Ruhe, und dein eventuelles Stürmeersehnen.[114]

Was aus mir wird, ist ziemlich gleichgültig.

Paula, gedenke der eigentlichen Gleichgültigkeit alles Seins!

Sein eigenes Leben leben, amen, aber wenn man es nicht kann, dann in Gottes Namen das, das der Andere Einem aufzwingt!

Quelle:
Altenberg, Peter: Mein Lebensabend. Berlin 1–81919, S. 114-115.
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