Sie verschmäht die Welt und wendet sich zu ihrem Jesu

[44] 1

Fahr hin, du schnöde Welt,

Mit deinem Gut und Geld.

Fahr hin mit deinem Prangen

Und den geschminkten Wangen,[44]

Du wirst mit deinen Tücken

Mich nun nicht mehr berücken:

Jesus Christus soll allein

Meiner Seelen Vorbild sein.


2

Du zeigst mir deine Pracht,

Dein Reichtum, deine Macht

Und deiner Schönheit Rosen,

Daß ich sie lieb soll kosen.

Ach nein, es ist nur Heue

Und stäubet hin wie Spreue:

Jesus Christus soll allein

Meiner Seelen Schönster sein.


3

Dein Ruhm ist wie ein Schaum

Und deine Pracht ein Traum,

Und deine Herrlichkeiten

Verbleichen mit den Zeiten.

Fahr hin, ich mag nicht haben,

Was nur kann zeitlich laben:

Jesus Christus soll allein

Meiner Seelen Liebster sein.


4

Wer dir zu viel getraut,

Hat auf den Sand gebaut.

Wer dir sich hat ergeben,

Verdirbt mit Leib und Leben.

Drum will ich dich verlassen

Und nimmermehr umfassen:

Jesus Christus soll allein

Meiner Seele Bräutgam sein.
[45]

5

Ich schätze deine Lust

So hoch als Kot und Wust.

Und alle deine Freude

Vergleich ich Traurn und Leide.

Drum will ich auch nicht lieben,

Was mich nur kann betrüben:

Jesus Christus soll allein

Ewig meine Liebe sein.


Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 44-46.
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