Sie schenkt sich ihrem Bräutigam

[180] 1

Nun nimm mein Herz und alles, was ich bin,

Von mir zu dir, mein liebster Jesu, hin.

Ich will nun dein

Mit Leib und Seele sein,

Mein Reden, Tun und Dichten

Nach deinem Willen richten.
[180]

2

Du tränkest mich mit lauter Milch und Wein,

Du schenkest mir den Brunn des Lebens ein.

O edles Bild,

Du bist so süß und mild,

Daß ich stets drauf gedenke,

Wie ich mich dir ganz schenke.


3

Drum schau, ich will in Zeit und Ewigkeit

Dein Wohlgefalln zu lieben sein bereit.

Willst du mich tot,

So sterb ich gern, mein Gott;

Willst du, daß ich soll leben,

Will ich mich drein ergeben.


4

Du aber sollst auch wieder meine sein

Und ganz und gar komm‘n in mein Herz hinein.

Sollst sein mein Gott

Und Trost in aller Not,

Sollst mich dir einverleiben

Und ewger Bräutgam bleiben.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 180-181.
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