XCV.

[96] 1. Selig ist der tag,

der mir dein liebe verkündiget hat,

der liebe Gott hat geholffen mir,

hertzallerliebste zu dir.[96]


2. Ich bedancke mich der stund,

darzu schöns lieb deinen roten mund,

daraus du mir antwort gabest bald,

wie es mein junges hertz von dir haben wolt.


3. Mich diese frage nit gerewt,

wiewol auch viel sind der bösen leut,

die uns solch glück doch gönnen nicht,

schad nit schöns lieb, ob mirs und dir auch geschicht.


4. Schön bin ich nicht,

das weistu schöns lieb sicherlich,

doch seind wir einander von hertzen hold,

die liebe geht für silber und rotes gold.


5. So halt dich steht und frey,

förcht Gott und bewar dein ehr dabey,

bleib from und getrew bey mir,

ich wil bald wider kommen zu dir.


6. Ob ich gleich jetzund scheid von dir,

und du hertz allerliebste von mir,

so weis ich doch das widerkommen macht,

das ich und du schöns lieb kein scheiden acht.


7. So halt dich steht und frey,

förcht Gott und bewar dein ehr dabey,

bis das der liebe Gott schickt die zeit,

die mich und dich schöns lieb in ehren zusammen bereit.


8. Und der uns dieses liedlein sang,

ein freyer buchdrucker ist ers genandt

er hats der allerliebsten zum newen jar gemacht,

alde schöns lieb zu tausent guter nacht.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 96-97.
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