CLXVI.

[218] 1. Ich mus von hin, darumm ich bin,

hertzliebste mein, in schwerer pein,

darzu in grossem schmertzen,

So ich betracht, bey tag und nacht,

die schöne zier, lust und begier,

darzu dein freundlichen schertzen,

So wil mir mein hertz, für leid und schmertz,

in rechter lieb und trew zergan,

Fürwar ich sag, das ich mein tag,

auff erden kein liebere gewan,

scheiden ist bitterer denn der entzian.


2. Gut gesel dein fahrt, die krenckt mich hart,

das ich nit mag kein stund und tag,

ja frölich sein für leide,

Wie sol hinfür geschehen mir,

elendes weibe, so ich dein leib,

verlieren mus durch scheiden.[218]

So bitt ich dich, gantz fleissiglich,

und las mich dir befohlen sein,

Vergis nit mein, das bitt ich dich,

halt mir ein stehte lieb, im hertzen dein,

scheiden ist uber alle pein.


3. Jungfrewlein werth, mich rewt auff erdt,

sunst nichts denn du, so ich mich nu,

so gar mus dein erwegen,

Ich befehl mich dir, die zeit hinfür,

dergleichen ich wil bitten für dich,

Gott woll dein allzeit pflegen.

Und ist die zeit, kommen mit leid,

das ich dich feins lieb mus verlan,

Beut mir dein mund, zu dieser stund,

sunst mag mir nimmer werden baß,

scheiden macht uns ein äuglein naß.


4. Ach weiblichs bild, tugentreich und mild,

wie hastu mich so elendiglich,

geschlossen aus deim hertzen,

So hoff ich doch, du werdest mich noch,

du edle kron, nit gar lang lon

liegen in solchem schmertzen.

Gefangen sein, ist schwere pein,

drumb klag ich dir mein grosse not,

Viel schwerer ist, zu dieser frist,

so ich jetzt meid dein mündlein rot,

weger wer mir der bitter todt.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 218-219.
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