L. Der wunderlich entdeckte Diebstall.

[97] Der Reichthum wird füglich mit dem Regenbogen verglichen! Sein Opelnfarbbunter Glantz erfreuet das Aug / und ist ein Vorbott des künftigen Regens: Also kommet nach der Geld-Freude das nachgehende Sorgen-Kleidt / und kan man durch manchen Glücksfall wol zu dem Reichthum gelangen; sonder Gottes Seegen aber denselben schwerlich lange erhalten / indem man den Verlust findet / wo man sein verlohrenes Guth oder Gewin zu suchen pfleget.

Dieses hat erfahren ein reicher Kauffmann zu N. welcher unter vielen Gütern / die er einpacken lassen /einen Strumpff mit Tahlern in einen Güter-Ballen mit eingehüllet / was fügte sich? Die Hauß Thüre[97] war offen / und zu allē Unglück ersahe solches ein listiger Dieb / bemerckte die grösse des berühmten Geld-Sacks / und trachtete einen dergleichen mit Steinen angefüllet / einzuschieben / nimmet zu sich Nadel und Faden / verschleicht sich in das Hauß / eröfnet den Ballen zu Nachts / und spielet den Betrug so meisterlich / daß er an statt des Geldes / die Steine in den Ballen sonder verdacht nähet / und mit dem Geld heimlich davon kommet.

Dieser Diebstal wäre sonderzweiffel verschwiegen geblieben / wann ihn Gott nicht auff sonderbahre Weise entdeckt hätte / vielleicht dem Unschuldigen Hanndelsman zu Ulm / dem solcher Ballen zugefertiget worden / ausser Gefahr zu setzen.

In dem Wirts-Hause / wo der Ballen Guts mit andern zur Wagen gebracht werden sollen / war ein Geißbock / wie dergleichen die Wirthe zu haben pflegen / der stösset an dem Ballen so lang / biß die Kieselsteine herauß drangen / und auff die Erde fielen. So bald der Fuhrman solches sahe / und leichtlich erachten kunte / daß man keine so nichts werthe Steine über Land-schick würde / hat er den Kauffman entbotten / der sich nicht gnugsam verwundern kunte /daß sich sein Geld in Steine verwandelt.

Eben solche Nacht / als der Diebstahl besagter massen geschehen / hatte der Kauffman einen Jäger in dem Hause / welcher ihm ein Wildbrät von einen Fürsten verehret / gebracht / und dieser Jäger war zu Nachts auffgestanden (vielleicht sich zu erleichtern) und geriethe in den Verdacht / er und seinen Jung hätten das Geld herauß genommen / und die Steine hinein gethan. Diesen falschen Verdacht mehrete / daß der Jung zufrühe darvon gangen / und ob sich wol der Jäger sich sehr entschuldigte / wurde er doch zu Verhafft gebracht / und unbedachtsam an die Folter der Marter-Bancke geworffen /[98] da er zwar nichts bekennet / aber dardurch zu einen Armen Menschen worden. Dieser Jäger bliebe / mit Verneinung des Dibstals /wie gesagt / beständig / und wurde zwar der Gefängnüß / keineswegs aber des starcken Verdachtes erlassen. Nach geraumer Zeit wurdē etliche N. Nach Speyr gesendet / da sie unter andern erfahren / daß ein Dieb bekennet / er habe zu N. obgemeldten Diebstal /durch verwechselung des Geldes mit Steinen begangen: Diese abgeordnete berichten solches umbständig nach Hause / so bald der Kauffman indächtig worden / wie bößlich er mit dem Jäger verfahren / hat er ihm auß reuigem Gemüthe / 800 fl. freywillig außzahlen lassen. Vielleicht aber hat er solche Marter wegen andere Missethaten / auß gerechter Verbängnüß Gottes /verdienet.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 97-99.
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