LXIII. Der verkleidete Türck.

[123] Emanuel Romero / ein Spanier hatte sich vor etwa 37 Jahren zu Ceuta (welches in Africa gelegen / doch Spanisch ist) Heußlich niedergelassen / und mit seiner Frauen 7 Kinder gezeuget; aber sein verteuffeltes Gemüth war so verstocket / daß er Weib und Kinder auß den Augen setzen / und muthwilliger Weise zu dem Mohren überlauffen kunte. Also gab er sich Anno 1648 zu Tituan beym Gouverneur daselbst an / und begehrte ein Muselmann zu werden / mit dem erbieten; der Stadt solche Dienste zu thun / als ein Schiff mit 30 Stücken nicht verrichten solte. Cadem Aamet nam ihn mit Freuden auff / und erwartet den Außgang seiner Verheissung mit verlangen / verwunderte sich gleichwol / warumb Emanuel (der nunmehro Mahomet Rais genennet ward) seine Haare nicht nach Türckischer manier wolte scheren lassen.

Die Ursache fand sich aber bald: Den er rüstete einen Barq aus / und nam 20 Spanische Renegaden in Christen Kleidern zu sich / mit solchen seegelte er nach der Spanischen Seite; Traff auch daselbst noch des ersten Tages einen seinen gewesenen Nachtbaren auß Ceuta an / der eine Barcke mit Vicinalien dahin führen wolte / damahl pralete er und meldete jenem /er sey auff Kauffmannschafft verreiset gewesen / wole also ebenmässig nach Ceuta. Jener ist froh seinen Nachbaren wieder zu sehen / und dieser legte ihm an /unterm Schein[124] der Freundschafft / springt also mit den seinen über / und überwältiget seinen Nachbaarn ehe den jener vom Feinde wuste. Mit dieser Beute und Christen gehet er nach Timan / und ward im Triumpff empfangen. Vier Moren hielten eine Fahne über sein Haupt / und die 8 gefangenen Christen wurden (mit Stricken umb den Hals an einander gebunden) hinter ihm von Siratna nach der Stadt begleitet / da er den Gouerneur eben über Taffel antraff / Cadem stund auff / und nam alsobald seinen Tulpand vom Kopff /und setzte solchen dem Mahomet Rais auff / welches die höchste Ehre / die einem wiederfahren kan. Nach diesem trieb er gemeldtes Hand-Werck 8 Jahr / wodurch er sehr viel arme Leuthe machte / ja er scheuete sich nicht in Spanien ans Land zu treten / und die Leute daher zu holen / wie er den einsmahls bey Gibraltar an Land gekommen / und einen Wein-Gärtner umb Herberge angesprochen / der ihm solches abgeschlagen / mit Vermelden / er habe nur eine kleine Hutte / und gleichwohl vier Knechte / und eben so viel Kinder / sambt einem Weibe / welche noch ihr Kinderbette halte. Mahomet fasset solches zu Ohren /kam also die Nacht mit den Seinigen / und hohlete sie alle nach Timan.

Endlich liefferte ihn gleichwol seine Verwegenheit zur gebürlichen Straffe. Den er kam mit einer grossen Barque zu Malaga an; Woselbst der Herr Michiel de Reuter mit seiner Flotte eben auff der Reede lag. Er fuhr mit einem Boot zu Lande / und gieng in eine Tabern; woselbst er einen Trunck that / und sich umb sahe / ob er nicht auff die Nacht etwas erschnappen könnte / es wolte aber wegen der Holländer gegenwart keine Gelegenheit geben. Also setzte er sich wieder ins Boot / und fuhr dem Hn. Admiralen[125] an Boort / bey dem er sich beklagte / daß er mangel an Vicinalien habe / und in Malaga für kein Geld was zu kauffe kriegen könne: Bath also / ob er ihm nicht für Geld und gute Worte etwas beysetzen könne. Der Hr. de Reuter sahe ihn für einen ansehnlichen Mann an / ließ ihm also einige Käse und etwas Biscotti zu kommen: Dessen bedanckte er sich / und fuhr wieder an sein Schiff. So bald er daselbst ankam / machte er Seegel /und ließ die Türckische Flagge hinten abwehen / taht auch einige Schüsse den Holländern zur Bravade /und gieng durch. Der Hr. de Reuter entrüstete sich sehr über dieses Buben Bravade / ließ also den Ancker kappen / und fuhr in Persohn dem Bösewicht nach; ertappete ihn auch einige Stunden hernach / hie machte der Admiral kurtzen Proceß mit ihm / den er ließ ihn an die Raa auffhencken / und kam also mit diesem Wümpel wieder angefahren. Die zu Mallaga bathen umb den Cörper / der ihnen auch übergeben ward: Sie schlepten ihn noch den gantzen Tag durch die Stadt / wünscheten aber dabey / daß sie ihn noch Lebend solcher Gestalt hätten tractiren mögen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 123-126.
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