CVIII. Der geteuschete Westphälinger.

[232] Nicht weniger hat nachfolgende Person gar wenig Geld vor fein Leinwant empfangen: Nehmlich: Es kam ein Westphälinger Leinwandskramer mit einem stücklein Leinwand zu Amsterdamm vor den Häusern gehen / und fragte / wie diese Leute gewöhnlich thun /ob man auch ein stücklein Leinwand / das sehr schön sey / zu kauffen beliebte / er wolte es guten kauff /und umb halb Geld geben. Worauf denn viel Leute sagten / wir haben jetzo nichts nöthig / wir spinnen hier selber. Nun auff unsere Geschichte zu kommen /so kam dieser Kramer mit seinem stücklein Leinwand unter seinem Arm / vor eine Herberge / da er nach seiner Gewonheit mit diesen Worten ansprach / beliebt euch ein stücklein Leinwand? Darauf die Leute mit Nein antworteten. Aber darinnen sassen in einem Gemach etliche Leute / die es höreten / die sagten / lässet den Mali mit seiner Leinwand herein kommen / wir wollen es wo besehen. Der Leinwandskramer komt in das Gemach / da zween Messieurs sassen / welche in der Karten spielten / die sprachen zu ihm Freund /was habt ihr zu kauffe; er antwortete / meine Herren /ich habe ein Stücklein Leinwand zu verkauffen / das sehr schön ist / und gutes kauffs / darauff sagten sie /so muß es auch seyn / sonsten würde es uns nicht die nen. Ja sagte der Kramer / halb umb sonst: Das ist brave / sprachen sie / gut Kauff dienet uns. Also bin ich es auch willens zu verkauffen / antwortete der Kramer / und kam also mit reden bey den Gästen nieder zusitzen. Der eine / neben dem der Kramer saß /gewan allemahl das Spiel / das der Kramer gewaltig gern sahe / welches diese Gäste bald vermerckt[233] merckten: Worauff der eine / neben dem er saß / ihn allemahl anstieß und sagte / wolt ihr es mit halten /ich muß diesen jungen Lappen etwas beschneiden. Der Kramer der nicht wol dürffte / oder muste gewiß wissen daß er gewinnen solte / sahe immer / daß die Persohn / so ihn anstieß alle Spiel gewan / begunte ein wenig Lust zu kriegen / und hielt es ein mahl mit der Persohn / so neben ihm saß und gewan. Welches dem Leinwands Kramer so einen Muth machte / daß er nimmermehr es mit seinem Cameraden halten wolte: Der ander / welcher allemahl dem Ansehen nach verlohr / sagte / wie zum Teuffel bin ich so unglücklich / daß ich hier alle mein Geld verliere. Indem diese also fort spieleten / schien es / als wenn der / so es mit dem Kramer hielt / sehr gut Spiel hatte / und der andere gleichfals sprach auch / ich spiele / so daß derjenige / sol es wieder den Leinwand-Kramer und seinen Mitbruder hielte / sagte / das Spiel halte ich auf 25 Ducaten; und ich sagte der ander bin zu frieden / und stieß den Bauer an / was wollen wir thun / es scheinet daß der Kerl seines Geldes müde ist; denn mit solchem Spiel / were es auch noch tausend Gülden / er were sie quit. Ey lieber sehet eins / ein König / ein Bauer / und noch zween Trümpffe / ich sage noch / stunden tausend Gülden auffm Spiel / er were sie quit. Spielet darauff / sagt der Bauer / wir wollen es außführen / und alsdann wil ich darvon gehen. Wie nun das Spiel zum Ende war / hatte der Bauer und sein Mittgesell verlohren / das war der halbe Theil vor ihn; hatte er nun zuvorn einen Schilling oder etliche zusammen gewonnen / die muste er itzund alle wieder herauß geben / und sein stücklein Leinwand darzu / und kam darbey noch etwas zu kurtz / das wolten sie ihm mit schlagen bezahlen / diesen aber zu entgehen / war er froh / daß er nur aus dem Hause kam / und hatte sein Leinwand / die er[234] umb halb Geld verkauffen wolte / vor die Lust zum Spielen im Stiche lassen müssen; und ist also ohne Leinwand nach Hause kommen.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 232-235.
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