CLII. Die listige Tryn.

[333] Man schreibet seltzame Dinge von einen Außbund listiger Weiber / welche man Tryn von Hamburg nennet. Unter andern gehet sie einsmahls zu einem wohlhabenden Balbierer / führet ihn in einen Winckel /und offenbahret ihm / daß sie außgesand seye / von einer fürnehmen und reichen Frauen / welche einen bösen / jedoch gar heimlichen Leibes Schaden hätte /von welchem sie gerne genesen wolte / fragte ihn darauff / ob er auch für dergleichen heimliche Mangel bewehrte Mittel hette / allermassen hier ein gut stück Geld zu verdienen? Der Balbier verspricht alles zu heilen / was auch von andern / als unheilbar verlassen worden: Ich habe / sprach er / für solche heimliche Gebrechen eine besondere Kammer / da sind die Patienten mit mir gantz allein / und man hat sich im Geringsten nich zu befürchten / daß sie verrahten werden. Wohl / ließ sich die Tryn vernehmen / so will ich morgen mit der Frauen hieher kommen / aber ihr müsset bey Leibe eurer Frauen nichts davon sagen / führet sie alsdann in die heimliche Kammer / und wann sie gleich im Anfange auß Schamhafftigkeit[333] ihrē Schadē nicht bekennen / noch viel weniger denselben zeigen wird / so müsset ihr doch bey ihr anhalten / den sie ist über die massen blöde / und furchtsam. Nachdem sie dieses alles wohl angeordnet / gehet sie in eines reichen Gold-Schmieds Hauß / spricht / sie sey von ihrem Herren außgesand / etliche Becher / Salß-Fässer / güldene Ringe / einen vergüldeten Kopff herzuhohlen / und könne der Gold-Schmied seine Frau nur mit schicken / als mit welcher man / weil sie solchen Preiß hätte / noch am besten accordiren könte. Der Gold-Schmied ist dazu willig / lässet ihr die Wahl /unterdessen kleidet sich die Fraue an / und gehen also mit einer guten Tracht nach des Balbiers Hause. Wie sie da hinein kommen / fragte der Haußwirth die Betriegerin: Ob dieses die Fraue sey davon sie ihm gesagt? und alß sie solches mit Kopffwincken bejahet /spricht er zur Goldschmiedin: Seit willkommen Jungefrau / leget eure Dinge so lange ab und kommet mit mir hinauff / solches thut sie / und Tryn bleibet bey dem Silber-Geschirr. Wie sie droben allein sind / bittet er sie / ihm ihren geheimen Schaden zu offenbahren; jene verwundert sich dieser Rede / als aber der Balbier anhält / mit Fürwenden / sie habe nicht nöthig / sich seinentwegen zu bergen / er habe dergleichen Schaden sehr viele curiret; Sie fluchet dargegen und fodert Gelt für ihre Wahren. Endlich / alß sie sich lange gezancket / kompt der Betriegerin ihr Stücklein an den Tag / dann / wie sie hinunter gehen / ist sie mit dem Silber-Zeug durchgangen. Eben diese Possenmacherin / ist hernach zu Amsterdam ertappet und gehangen worden. Kurtz vor ihrem Tode aber / und wie sie beym Galgen gestanden / hat sie ihre Possen noch nicht lassen können / sondern von der hohe Obrigkeit gebethen / ihr vor ihrem Ende nur noch eine geringe Bitte zu gewähren / als ihr nun solches zugesagt worden[334] / hat sie umb ein stücklein Leinwands / einer Ellen breit / und nur so lang / als ihre beyde Ohren von einander wären / gebethen; Man hat sie gefragt /was sie damit machen wolte / welches sie beantwortet / das solten ihre nähesten Freunde von ihr zu erben haben / hierüber lacheten die Umbstehenden / aber sie sprach: Ihr Leuthe versichert euch / es ist ein gut Erbstück / dan hier hab ich nur ein Ohr / und das andere ist in Hamburg blieben; Bedencket nun / wieviel Leinwand ich bekommen werde. Nach diesem Gespräch / hat man sie angeknüpffet.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 333-335.
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