CLXVI. Die listige Erlösung.

[378] Befangene Leute sind arme und elende Leute / ob sie nicht unschuldig / und wegen ihres Verbrechens[378] in Verhafft kommen / und dardurch bestraffet werden. Unser Erlöser zehlet unter die Wercke der Barmhertzigkeit / die Gefangenen besuchen / und ihnen / wo nicht in der That / doch mit Raht und Trost beystehen. Wie nun ein solches Leben viel ärger ist / als der Todt; Also ist auch die Gefangenschaft / sonderlich wan sie auff ewig / daß ist / so lang der Gefangene lebet / oder auff lange Zeit / nemblich 10 Jahre / erstrecket wird / eine Abbildung der finstern und schmertzlichen Höllenpein / dafür uns Gott gnädig behüten wolle. Daher ist kein Wunder / wann sich die Gefangenen bemühen / durch allerley listige Räncke loßzukommen / und sich von den Fesselbanden zubefreyen / wie wir hier etliche außgebrochene auf unsern Schauplatz stellen wollen. Die erste Stelle soll haben der Cardinal de Lerma / welcher einen Gefangenen in seinen Schutz genommen / der Hoffnung / seine Sicherheit wegen eines begangenen Ableibs bey dem König zu erlangen. Alß er aber erfahren / daß des Ermorderten Befreunde seinen Todt bey dem Schöpffenstuhl außgewürcket / und der Gefangene hingerichtet werden solte; gehet er selbsten in das Gefängnüß /und lässet den Gefangenen seinen Rock anziehen / mit welchem er durch die Wacht / und also entkommen. Er für seine Persohn hatte keine Gefahr / und veruhrsachte dem König ein Gelächter.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 378-379.
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