CCXXIV. Der falsche Diamant.

[493] Es hatte sich ein Spanier etliche Jahr zu Tholose aufgehalten / und vermeinete in der Welt Arglistigkeit wolerfahren zu seyn. Der hatte ihm vorgenommen /Paris zubesehen / und die raresten Sachen / davon er vormahlen reden hören / aufzuzeichnen. Als er nun durch Tours gereiset / und daselbsten die Hoffhaltung betrachtet hatte / nahm er den Weg auf Orleans zu /und war von zweyen Landstreichern in Acht genommen / welche dann /[493] wie sie zu Tours wahren / beschlossen hatten / ihme zu folgen / und auff dem Weg zu erjagen. Sie machten sich zu ihm / alswann sie Vorhabens wären / nacher Paris zu ziehen / daher sie auch mit einander giengen / und ihnen den Weg mit vielfältigem Gespräch / von dem / so zu Tours vorging / wie auch von allem / so an dem Frantzösischen Hoff gehandelt wird / kurtz machten. Solches nun zu hören / war dem Spanier sehr angenehm / kam auch in diesem Gespräch in guter Gesellschaft / biß sie sich zu erfrischen / einen Trunck thaten / bevor / weil es damahlen sehr hitzig war. Hierbey nahm einer von solchen Räubern die Zeit in acht / und lieff den andern vor / ließ aber unvermerckt einen eingepackten Brieff / mit dieser überschrifft / liegen.


An Herrn Grossen / Goldschmieden und Handelsmann in Paris.


Als er aber diesen Brieff am Brunnen hatte liegen lassen / ruffte er seinen Gesellen / und fragte sie / ob sie sich nicht erfrischen und ruhen wolten. Hierauff begeben sie sich dahin / daselbsten mit einander zu trincken / zuforderst aber unterließ der Spanier nicht /der erst voran zugehen. An dem Brunnen ward er des Brieffs innen / und nahm ihn alsobald zur Hand. Seine Gesellen fiengen darauff an zu schreyen / und begehren an dem / so er gefunden / theil zu haben. Auff dieses / machte er den Brieff auf / und versprach ihnen etwas von der Beute mit zutheilen. Als er nun das Packet geöffnet / findet er bald einen Diamanten /der an der Sonnen-Glantz dermassen schimmerte /alswann er von grossem Preiß wäre. Der[494] Spanier ist über solchem Stück gantz entzückt / die Betregung aber wird noch grösser / da er den Brieff / so nachfolgende Wort in sich hielte / gelesen hatte. Mein Herr /Nachdem er in dieser Stadt / wegen der Geschäfften /davon er mir geschrieben / angelanget / habe ich davor gehalten / durch keinen andern / als durch ihn den Diamant / darvon ich in meiner Reiß mit euch geredet / zu übersenden / mit Bitte denselben schätzen zu lassen. Mich zwar kostet er 200 Cronen / als ich mich in den Ehestand begab / und wann mir nicht ein Rechtshandel viel Ungelegenheit veruhrsachet / wolte ich denselben nimmermehr verkauffen davor ab weil ich weiß / daß man schwerlich deßgleichen umb besagten Preiß wird bekommen können. Demnach bitte den Herren hiermit gantz freundlich / dergestalt die Sache anzustellen / damit ich aufs wenigste eben das Geld / so ich darvor außgeben / erhalten möge. Ich verhoffe in kurtzem bey euch zu seyn / und euch so wol der Schuld wegen / als vor die gute Dienst / so ich von eurem geneigtem Willen empfangen / zufrieden stellen / unterdessen haltet mich

vor euren geneigten Diener

Johann le Doux.


Die Verlesung dieses Brieffs entzündete den Spanier: Hingegen wolten die zween Landstreicher auf ihrer Seiten auch Theil haben. Doch waren sie zuletzt / und nach vielem Wortwechseln des Preises einig / daß /wann der Spanier ihnen 50 Cronen würde bessern /solte der Diamant ihme verbleiben / und vermeinete er darbey / ein gutes Glück erjagt zu haben / er war aber aufs neu sehr bestürtzet / daß / da er ihnen das Geld eingehändiget / und zu Orleans ankommen war /hören muste /[495] ob solte sein Diamant nicht 5 Schilling werth seyn. Das machte ihn gleichsahm von Sinnen kommen / und kunte auch seine Leute nicht wieder außkundschafften. Dann sie wahren bereit / andere zu betriegen / wieder nach Tours verreiset.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 493-496.
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