Cupido und die Magd

[377] Cupido.


Als ich bei dunkler Nacht

War auf der Liebesjagd,

Wollt fangen in der Still

Der Herzen viel,

Da thät sich offerirn

Ein schöne Bauersdirn,

Als ich sie schlafend fand,

Mein Bogen spannt,

Und schoß in schneller Eil,

Ihr Herz mit Liebespfeil.


Magd.


Tausend Sapperlot,

I mein gar, mein Jackerl brennt,

G'schosse bin i auch,

An irgend einem End,

I schmeck schon a Rauch!


Cupido.


In Scherz und Liebeslust

Schieß ich nach deiner Brust.


Magd.


Schau, der Narr is g'scheid,

Schießt mer dann uff die Leut

So grad für Gespaß,

Daß Gott erbärmel!

Schieß mer brav in Ermel,

Do triffst mi nit uff die Nas.


[377] Cupido.


Mägdlein treib du kein Spott,

Ich bin der Liebesgott,

Der nach deinem Herzen tracht',

Mich nit veracht,

Sonst brauch ich mein Gewalt,

Du wirst's erfahren bald,

Daß ich auch jedermann

Bezwingen kann,

Mit meinen Pfeilen spitz.


Magd.


Was schert mich dein Bolz,

Schieß dir im Holz

Kleine Vögle z'sammen,

Erdbeer oder Schwammen,

Dir zum Futter such.


Cupido.


Ich hab Speiß und Früchten gnug,

Dich nur zu lieben such.


Magd.


Ey du kleiner Diab!

Was verstehst du von der Liab,

Bischt hintern Ohren

Noch nit trucke woren,

Machst noch in die Wiegen.


Cupido.


Weil du mich dann verachst,

Und meiner Worte lachst,

So sollst mit Liebespein

Du ganz umgeben seyn.

Wenn dein Herz in Flammen brinnt,

Denk an das kleine Kind,

Das dir so zugesetzt,

So daß die Liebesglut

Dich schier verzehren thut.


[378] Magd.


Sollst mirs nur probieren,

Ich will dirs Fleisch kuriren,

Will dir dein Spiegellein

Mit Ruthen kehren rein.


Cupido.


Niemand mich fangen kann,

Weil ich hab Flügel an.


Magd.


So kannst Zauberey,

Fliegst in Lüften frey,

Wie ein geropte Gans?

Du Spatzenhirn.


Cupido.


Du stolze Bauerndirn!

Läßt gar kein Lust verspürn

Vor meinen betrübten Sinn,

So geh nur hin,

Nimm nur den Veit,

Gieb acht, daß dichs nit reut,

Wenn du suchst in Müh und Noth

Dein Stücklein Brod.

Mußt Dreschen, Butterrühren,

Mußt Gras und Mist ausführen.


Magd.


Dreschen ist meine Freud,

Mistführen thut der Veit,

Wenn dann die Sennrin kommt,

Hat er die Spielleut g'holt,

Führt mich zum Bier.


Cupido.


So bleib beim Bauergesind,

Bauernmensch du bist blind.


[379] Magd.


Ich sieh wohl gnu für mi,

Schau nur du für di,

Sag ders mit eim Wort

Scher di wieder fort,

S'iß nix mit mi.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 377-380.
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