Erster Auftritt.

[71] Virens Bibliothek-Zimmer. Doris fegt aus und fängt an zu singen. Wer nur den lieben Gott läßt walten.


DORIS. Ich weiß auch gar nicht, was ich thue, alles wird verkehrt, kaum habe ich einen Fleck hier rein gefegt, vergeß ichs wieder, feg ihn von der andern Seite voll. Warum die Herren Gelehrten sich wohl die Füße vor der Thüre nicht rein machen, ja wenn der Dreck nur den Gelehrten macht, bewahr mich Gott vor der Gelehrsamkeit. Sie singt.


Es sind ja Gott sehr schlechte Sachen.

Und ist dem Höchsten alles gleich,

Die Reichen klein und arm zu machen,

Den Armen aber groß und reich,

Gott ist der rechte Wundermann,

Der bald erhöhn, bald stürzen kann.


Sie sieht sich im Spiegel und rückt an der Haube.


Seh heute morgen doch ganz anders aus, das kommt von dem Schreck, – das war ein schlimmer Abend ich – mag die Haube ziehen wie ich will, sie sitzt mir immer schief – das muß wohl an dem Spiegel liegen, es scheint ja alles drin so schief – was die[71] Gelehrten all für dumme Spielereien um sich haben. – Da hat das gnädige Fräulein gestern Abend ihren Hut vergessen, wenn ich es hätt gethan, da wär es ihr nicht recht, blieb der nur eine Stunde hier, der würde schön nach Tabak riechen. Ich muß ihn mir doch einmal ausprobiren – er stehet mir recht gut. Ei sieh, viel schönen Dank Herr Nachbar, – der hat die Mütze abgenommen, meint, ich wär das Fräulein. – Kleider machen Menschen. – So gehts in der Welt, wenn ich auch solchen Hut befahlen kann doch lachten mich die Leute damit aus, wem ich ihn trüge. – Die Herrschaft kommt, geschwinde fort, ich muß doch horchen, was sie von der letzten Nacht noch sprechen. Sie geht aus der Thüre und läßt sie ein wenig auf.


Quelle:
Achim von Arnim: Sämmtliche Werke. Band 16, Berlin 1846, S. 71-72.
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