18. Ehelicher Gehorsam.

[68] Ein Mann heirathete eine Wittwe, welche, wie er wohl wußte, mit ihrem vorigen Manne nicht zum friedlichsten gelebt hatte. Er aber dachte sich: Entweder hat sie's nicht recht verstanden, das Wort bei der Einsegnung, oder sie hat's wieder vergessen. Daß es nicht mehr geschehe, dafür will ich schon sorgen, so oder so – sagte er, und führte sie getrosten Muthes zum Altar. Als nun der Pfarrer bei der Copulation zu den Worten der Bibel kam: Und er sei dein Herr! da unterbrach ihn der Mann und sagte: Hochwürdiger Herr, seid so gut und leset doch die Worte noch einmal, und langsamer und stärker, damit sie es recht vernehme, daß in der Bibel stehe: Dein Herr, und nicht: Dein Narr. Der günstige Leser, wäre er dabei gestanden, hätte wol über den Eifer dieses Ehemannes gelacht und bei sich gedacht: Schaden könne es für keinen Fall, wenn man's den Weibern recht an's Herz legt, was ihre Pflicht ist. Der Pfarrer hat auch so gedacht, und, ohne jedoch zu lachen, sondern in vollem heiligen Ernst, sagte er nochmals zur Frau: Gott sagte zur Mutter aller Lebendigen, zu Eva: Sei unterthan dem Mann, und er sei dein Herr. – Und zu Abraham sagte er – mit diesen Worten wendete er sich an den Ehemann, der begierig war, was denn Gott zu Abraham gesagt habe – und zu Abraham, dem Vater aller Gläubigen sagte Gott: Alles, was Sara dir gesagt hat, dem gehorche!... Also will der Herr, fuhr der Pfarrer fort, daß das Weib dem Manne, und der Mann hinwiederum dem Weibe gehorche in vernünftigen und billigen Dingen. Und wenn ihr dies thut, so werdet ihr, nach des Apostels Mahnung, eine Seele in zwei Leibern sein.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 68-69.
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