Wie die sieben Schwaben aus einander gehen, und der Spiegelschwab sich zu dem Allgäuer gesellt.

[152] Des andern Tages saßen zu Ueberlingen im goldenen Kreuz in aller Früh schon die beiden Steinbrüderle, der Blitzschwab und der Spiegelschwab, bei einem Känntle guten Kesperwassers beisammen; denn der Wein von gestern hatte ihnen den Magen ganz wund gefressen, und den wollten sie damit wieder heilen. Der Gelbfüßler war schon über Berg und Thal; der Nestelschwab hatte sich auch schon fortgemacht zu seinem Mütterli; der Knöpfleschwab flackte noch im Bett, und schnarchte so laut, man glaubte ein Mühlrad zu hören; der Allgäuer war im Heimgarten bei den Ochsen im Stall. Also konnten die zwei traulich mit einander schwätzen, und es irrte und engte sie Niemand. Sie sprachen aber von der Rückreise, und welchen Weg sie nehmen wollten. Der Spiegelschwab sagte: »Ueber Memmingen geh' ich nicht.« Der Blitzschwab aber sagte: »Das sei der nächste Weg nach der Grafschaft Schwabeck, und er müsse eilen, um dem Kätherle auf die Kirbe zu kommen.« Und er redete dem Spiegelschwaben zu, daß er zu seinem Weib heimkehren sollte. »Lieber zu des Teufels Großmutter,« sagte der. Und er trank ein Gläsle – eben nicht auf ihre Gesundheit. Der Blitzschwab hatte redliches Bedauern mit ihm, und er sagte: »Es muß ja freilich ein leidiger Stand[152] sein um den Ehestand, wenn die Uhr nicht auf Eins steht.« »Ja wol,« sagte der Spiegelschwab; »und vollends, wenn die Uhr gar auf die böse Sieben steht!« – Indem sie noch so sprachen, trat der Allgäuer in die Stube. Zu dem sagte der Spiegelschwab: »Allgäuer, ich geh' mit dir.« »Bygost!« sagte der Allgäuer, »und ich geh' mit dir; so gehen wir alle beide mit einander.« Nach einer Weile aber fragte er den Spiegelschwaben: »Aber los; wie halten wir's mit der Zehrung?« Denn er wußte wohl, daß der Spiegelschwab einen Magen hatte, wie einen Schwamm, und daß es ihn immer durste, wie einen Bürstenbinder. Der Spiegelschwab sagte: »Bratst du mir die Wurst, so lösch' ich dir den Durst.« So war's dem Allgäuer recht; und sie schlugen ein. Darauf nahmen sie Abschied; und der Spiegelschwab sagte: »er solle ihm sein Kätherle grüßen;« und der Blitzschwab entgegnete: »er solle fein einkehren, wenn er des Wegs käme.« – Also, wem's recht ist, der gehe mit; und wem's nicht recht ist, der halte sie nicht auf.


Es möchte einer die Nase reiben,

Man soll die Zeit besser vertreiben.


Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 2, Leipzig [um 1878/79], S. 152-153.
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