218. Umgehende Milchfrau.

[206] Gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts war in Durlach eine Milchverkäuferin, deren Waare aus drei Viertel Milch und einem Viertel Wasser bestand. Wegen dieses Betrugs mußte sie nach ihrem Tod im Haus umgehen, weßhalb man sie von dem Schornsteinfeger beschwören und hinaus in die Nähe des Galgens tragen ließ. Dort wurde sie an drei eingeschlagene Stickel gebunden, um welche sie dann herumzugehen pflegte. Ein Kreis, worauf kein Gras wuchs, bezeichnete diesen Gang, auf den sie aber jetzt nicht mehr beschränkt ist; denn seit Jahren wandelt sie in der ganzen Tiefenthaler Klinge umher. Sie ruft häufig: »Drei Schoppen Milch und ein Schoppen Wasser gibt auch eine Maas!« und zeigt sich meistens in menschlicher Gestalt ohne Kopf, zuweilen[206] aber auch als Gans, Hase, Schaf, Pudel oder Katze. Leute, welche sie neckten, haben von ihr Ohrfeigen bekommen, und selbst andere, die ihr nichts in den Weg legten, sind von ihr an- oder irregeführt, ja sogar mit Steinen geworfen worden.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 206-207.
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