2.

[213] Vor Zeiten, wo in Grünwettersbach noch viel Feiertage bestanden, und die Leute fleißig die Kirche besuchten, war dasselbe ein Marktflecken von sechshundert Bürgern, und deren Reichthum so groß, daß sie mit silbernen Rädern hätten fahren können. Als aber die Andacht abnahm, verminderte sich auch der Wohlstand. Am meisten litt der Ort im dreißigjährigen Kriege, wo die Schweden die Einwohner zum lutherischen Glauben zwangen und obendrein so arg haus'ten, daß sie denselben nur Gras und Nesseln zur Stillung des Hungers übrig ließen. Gegen Ende des Kriegs war Grünwettersbach zu einem Dorfe von fünfzehn Bürgern herabgekommen, und als die Schweden es wieder mit ihrer Ankunft bedrohten, flüchtete fast die ganze Einwohnerschaft mit ihrer Habe tief in den Wald, in die sogenannten Lärmenlöcher. Zum Glück aber wurden die Schweden noch[213] jenseits des Rheins in einer großen Schlacht gänzlich besiegt und gleich darauf der Friede geschlossen. Die Nachricht hievon ward mittags um zwölf, unter Trompetenschall und Glockengeläute, in Grünwettersbach verkündet, worauf die Geflüchteten zurückkehrten, und alles auf die Kniee fiel und Gott für die Beendigung des verderblichen Krieges dankte. Zum Andenken hieran wird seitdem jeden Mittag um zwölf geläutet. Die Wahlstatt, wo die Schweden überwunden worden sind, hat jährlich am Schlachttage eine blutrothe Farbe.

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Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 213-214.
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