223. Hexe als Katze.

[216] Im Winter 1839 fand der Melker auf dem Gut Augustenburg, mehrere Morgen nacheinander, alle Kühe gemolken. Er zeigte es seinem Herrn an, von dem er ein dreischneidiges Schwert mit der Weisung erhielt, dasselbe in die linke Hand zu nehmen und so nachts im Stall aufzupassen. Nachdem er in diesem alle Oeffnungen bis auf eine geschlossen hatte, legte er sich, wie ihm befohlen, auf die Lauer. Weder in der ersten noch in der zweiten Nacht sah oder hörte er etwas; in der dritten aber vernahm er deutlich, daß die Kühe gemolken wurden. Sogleich stellte er sich an die unverstopfte Oeffnung, und als später eine schwarze Katze hinausschlüpfte, hieb er ihr mit dem Schwert eine Pfote ab. Statt dieser lag am Morgen eine Frauenhand da, welche man, unter Anzeige der Sache, dem Bürgermeister von Grötzingen überlieferte. Derselbe beschied nun sämmtliche Frauen[216] des Orts auf das Rathhaus, die auch, außer einer, sich einfanden und unverletzt befunden wurden. Darauf begab sich das Gericht zu der Nichterschienenen und zwang sie, ihre Arme zu zeigen, an deren einem die abgehauene Hand fehlte. Die Frau war nun der Hexerei überführt, und obgleich sie dafür nicht bestraft wurde, hütete sie sich doch, sie wieder auf der Augustenburg auszuüben.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 216-217.
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