293. Ein Metzger verkauft Hundfleisch.

[274] Vor Zeiten war einmal in Heilbronn das Kalbfleisch sehr theuer. Da schlachtete ein Metzger seinen Hund und wog ihn als Kalbfleisch aus. Eine Köchin, welche[274] Verdacht geschöpft, machte dem Gericht die Anzeige. Vor diesem betheuerte zwar der Metzger seine Unschuld und verschwur sich: er wolle selbst zum Kalb werden, wenn das angefochtene Stück Vieh kein solches sei; allein durch die Untersuchung des Fleisches kam sein Verbrechen an den Tag. Er wurde darauf ins Gefängniß an der Klostergasse gesetzt und erhängte sich daselbst.

Seit dieser Zeit sieht man ihn, in manchen Nächten, in Kalbsgestalt umherspuken; er geht, eine Kette schleifend und fürchterlich brüllend, aus der Klostergasse über den Hafenmarkt bis zum Thore am Ende der Lohthorstraße.

Wegen des Gebrülls heißt er das Muhkalb, und seine Erscheinung ist gewöhnlich der Vorbote eines städtischen Unglücks.

An seinem Haus in der Lohthorgasse ist noch der Flecken von dem Blute des Hundes zu sehen, das bei dessen Schlachtung daran spritzte, und bisher auf keine Weise vertilgt werden konnte.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 274-275.
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