128. Wie Bruchsal um den Eichelberg kam.

[95] Von ihrem Fürstbischofe hatte die Stadt Bruchsal einen namhaften Geldbetrag entlehnt, und ihm dafür den schön bewaldeten Eichelberg versetzt. Dabei war bedungen worden, daß, wenn die Rückzahlung nicht in einer bestimmten Zeit an den Fürsten selbst geschähe, das Pfand ihm anheimfalle. Als die Frist sich ihrem Ende nahte, verreiste der Bischof, und kehrte erst nach ihrem Ablaufe zurück. Er erklärte nun den Eichelberg für sein Eigenthum, aber die Bruchsaler, welche am letzten Tage der Frist ihre Schuld hatten abtragen wollen, erhoben dagegen beim Kaiser eine Klage. Von demselben erhielten sie ein günstiges Urtheil, das mit goldenen Buchstaben geschrieben war. Trotz dessen wollte der Fürst den Eichelberg behalten, und in dieser Absicht lud er die zwölf Rathsherren von Bruchsal zu sich auf das Obergrombacher Schloß. Nachdem er sie köstlich bewirthet hatte, bestürmte er sie mit Bitten und Drohungen, eine Urkunde zu unterschreiben, die ihm den erwähnten Berg überlasse; allein standhaft verweigerten es alle. Auf dieses ließ er sie in den Burghof führen und, in seiner Gegenwart, ihrer elf, einen nach dem andern, durch den Scharfrichter enthaupten. Hierbei floß das Blut, wie ein Bach, den Schloßberg hinunter. Als die Reihe an den zwölften Rathsherrn kam, fragte der Bischof den Scharfrichter, wie ihm das Kopfabschlagen gefalle. »Wenns Krautköpfe oder Weidenstümpfe wären, die wieder ausschlagen, gefiele es mir schon; so aber gefällt es mir nicht!« gab[95] derselbe zur Antwort. Hierdurch ward der Fürst bewogen, den Rathsherrn zu begnadigen; er ließ ihm aber das kaiserliche Urtheil abnehmen, welches derselbe bei sich auf der Brust trug. Nachdem der Rathsherr nach Bruchsal zurückgekommen war, verkündete er das Geschehene und regte dadurch Alles zur Rache auf. Es wurde verabredet, daß, wenn der Bischof bei seiner nächsten Durchreise auf die Salbrücke komme, mit der Glocke des dortigen Kirchleins die bewaffnete Bürgerschaft zusammen gerufen werde, um sich seiner zu bemächtigen. Dies hinterbrachte ein Verräther dem Fürsten, der darauf, in der Nacht vor seiner Durchreise, den Schwengel der Glocke heimlich herausnehmen und dafür einen Fuchsschwanz hineinhängen ließ. Als er dann über die Brücke fuhr, wollte man eilig in dem Kirchlein läuten; aber die Glocke mit dem Fuchsschwanz tönte nicht, und so kam der Bischof unangefochten durch die Stadt. Den Eichelberg hat diese, bis auf den heutigen Tag, nicht zurück bekommen.13

13

Keiner der Bruchsaler Fürstbischöfe hat den Eichelberg auf solche Weise an sich gebracht.

Quelle:
Bernhard Baader: Neugesammelte Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 2, Karlsruhe 1859, S. 95-96.
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