2.

[18] Ein anderes weißes Weib wohnte auf einer Horst in der Lewitz unweit der Sukower Feldmark und neckte oft die Hirten und Forstarbeiter, indem sie das Vieh irre leitete und den Arbeitern ihr Arbeitszeug verstreute. Einst brannte der Sukower Schmied im Herbste Kohlen auf dieser Horst. Als er eines Morgens am Meiler stand und die Rauchlöcher verstopfte, hörte er ein seltsames Geräusch und sah beim Aufblicken ein weißes Weib in fliegenden Haaren, ungewaschen und schweißtriefend, vorübersausen. Halblaut sprach er vor sich hin ›Dor is de oll Fru Waur wo hinner,‹ und gleich darauf war auch schon die wilde Jägerin mit ihrem Gefolge bei ihm. ›Hest keen witt Wif seen?‹ fragte sie. ›Ja,‹ sagte zitternd der Schmied, ›vör fif Minuten lep hir een vörbi, de harr sik æwer noch nich kemmt orre wuschen.‹ Da stieg die wilde Jägerin vom Schimmel[18] ab, nahm ihr eigenes Wasser, wusch sich darin und trocknete sich mit ihrem langen Jagdkleide ab. Dann schwang sie sich wieder auf's Pferd und jagte fort. Nach einer Viertelstunde kam sie zurück und hatte das weiße Weib vor sich auf dem Pferde.


Struck in Dargun; Niederhöffer 3, 192 f.; vgl. Müllenhoff S. 372 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 18-19.
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