75. Unterirdische entführen eine Frau.

[58] In Sülsdorf, einem Dorf an der Schönberg-Lübecker Chaussée, war vor vielen Jahren ein Bauer, dessen Frau verschwand plötzlich. Nun ging das Gerücht, die Unterirdischen hätten sie in ihre Berge geschleppt. Nach langen Jahren fuhr einmal der Bauer nach Lübeck, und als er des Abends zurückkam, sah er seine Frau an einem Berge sitzen mit einem unterirdischen Kinde auf dem Schoße. Er hörte sie singen mit ihrer klaren, schönen Stimme, damit sie so oft seine Kinder in den Schlaf gesungen hatte, und daran erkannte er sie. Der Bauer rief ›Moder, büst du hir?‹ und ging näher heran. Da sagte sie ›Vader, lat mi nu man hirbliben, ick bün de Spis' bi Juch nu nich mir wennt!‹ Dennoch zwang er sie, mit ihm zu kommen, aber sie ist bald darauf gestorben.


J.F.L. Bohn in Demern bei Niederh. 2, 67 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 58.
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