135. Hexe in Benz.

[116] In dem Dorfe Benz bei Wismar lebte ein altes Weib, Namens P., das in dem Verdacht stand, eine Hexe zu sein, weshalb alle Leute im Dorfe Kreuzdorn eingenäht trugen, um sich gegen sie zu schützen.

Ein Bauer, der ihr Schwager war, hatte eine Starke; diese kalbte, gab aber nicht einen Tropfen Milch. Der Bauer hatte einen Knecht, der sich erbot, dem Uebel abzuhelfen. Er ging nach Wismar, kaufte dort Verschiedenes und kam Abends zurück. Er begab sich mit dem Bauern in den Stall, sagte ihm, er solle der Hexe, die gleich kommen werde, ja nichts borgen, und hieß ihn die Kuh so lange melken, bis er drei Tropfen Milch erhalte. Dies geschah. Nun bohrte der Knecht in der Schwelle ein Loch, goß die Milch hinein und that das aus der Stadt Mitgebrachte dazu; dann schnitt er einen Stöpsel für das Loch, nahm den Hammer und fing an den Kork hineinzuklopfen. Kaum hatte er den ersten Schlag gethan, so kam das Weib athemlos gelaufen und rief ›Gebt mir doch so schnell wie möglich eure Heugabel.‹ ›Nein,‹ war die Antwort. Aber mit übermenschlicher Kraft stieß sie den Bauern, der ihr den Eingang wehrte, bei Seite, ergriff den dort stehenden Bierhumpen und that einige Züge. Wie der Knecht das sah, erklärte er, jetzt sei seine Kunst entkräftet.


Lehrer Fr. Haase in Rostock.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 116-117.
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