219. Das spukende Edelfräulein.

[177] An der Grenze der Feldmark von Parchim stand vor Zeiten die Ritterburg Kiekindemark. Ein Burgfräulein in derselben veranlaßte einen sie liebenden Ritter, um seinen Muth zu beweisen, die steilste Stelle des Burgberges zu Roß hinauf- und im Galopp wieder hinabzureiten, und verhieß ihm, dann die Seinige zu werden. Der junge Ritter büßte dabei sein Leben ein, das Edelfräulein aber fand zur Strafe für den Frevel keine Ruhe im Grabe. Noch jetzt wird sie bald im Sonnenberge, bald in der Nähe von Kiekindemark in weißem Kleide gesehen, am häufigsten in dunklen Nächten, mitunter aber auch in der Mittagstunde, denn zu Mittag hatte jener todbringende Ritt stattgefunden.


Niederh. 2, 185ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 177.
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