227. Der spukende Kaufmann.

[182] In Rostock lebte einmal ein habsüchtiger Kaufmann, der nach seinem Tode im Grabe keine Ruhe fand, sondern in seinem Hause umherspukte; oft neckte er die Arbeiter bei ihrer Arbeit oder weckte Nachts die Bewohner, oder man sah ihn seine Geldsäcke zählen. Endlich fing ihn ein Bauer in einem Sack oder einer Flasche und wies ihm eine sumpfige Stelle weit von der Stadt als Behausung an. Eines Tages fuhr bei dem Sumpfe ein Bauer vorbei, den der Kaufmann gekannt hatte. Den bat der Geist, ihn mitfahren zu lassen, und der Bauer ließ sich endlich durch das Versprechen einer Tonne voll Heringe bewegen, ihn mitzunehmen. Der Geist kroch in einen Sack, und als der Bauer vor seinem ehemaligen Hause anhielt, schlüpfte er heraus. Und nun ging die alte Geschichte los. Zuletzt gelang es jedoch, ihn in eine Ecke des Kellers zu treiben und dort einzumauern. Ob der Bauer seine Tonne Heringe bekommen hat, wird nicht gemeldet.


A.C.F. Krohn bei Niederh. 4, 220f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 182.
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