2.

[226] Einem armen Bauern träumte in drei aufeinanderfolgenden Nächten, er solle sich nach Hamburg auf eine bestimmte Brücke begeben, da werde er einen großen Schatz finden. Am Morgen des vierten Tages theilte er seiner Frau den Traum mit, wurde aber von ihr ausgelacht. Er aber machte sich auf den Weg und erreichte, Tag und Nacht durch gehend, endlich Hamburg. Hier suchte er sich die Brücke auf und wartete der Dinge, die da kommen sollten. Lange wollte nichts erscheinen, da endlich kommt ein Mann dahergegangen, der ihm auf den ersten Blick bekannt erscheint, und bald stellt sich heraus, daß der Fremde ein vor vielen Jahren von Hause gegangener Landsmann des Bauern ist. Auf seine Frage, was ihn nach Hamburg führe, erzählt ihm der Bauer seine Träume. Verwundert ruft Jener aus ›Auch mir hat in drei Nächten derselbe Traum geträumt, nämlich daß in deinem Garten unter dem großen Apfelbaume ein Schatz verborgen sei.‹ Sofort machte sich der Bauer auf den Rückweg. Als er zu Hause angekommen, ließ er seine Frau schelten so viel sie wollte. In der Nacht grub er unter dem Apfelbaume nach. Bald stieß er auf einen harten Gegenstand und hebt eine Kiste mit Geld aus der Oeffnung. Dieselbe ist eine Tafel mit ihm unbekannten Schriftzügen. Seinen Fund verschwieg er, nur die Tafel diente fortan als Wandschmuck in der Stube des Bauern. Da führte der Zufall einmal einen reisenden Studenten in die Wohnung. Sein Auge fiel auf das Bild. Er fragt den Landmann, wie er in den Besitz desselben komme. Um nicht die Geschichte von dem Schatze zu verrathen, sagt er, daß er dasselbe aus der Erbschaft seines Vaters habe. Der Student liest jetzt auf die Bitte des Bauern ›Unter diesem Schatz liegt ein noch viel größerer Schatz verborgen.‹ Jetzt wußte der Bauer genug. In der folgenden Nacht findet er an der vorigen Stelle einen Schatz, der ihm und seinen Nachkommen ein ansehnliches Vermögen sicherte. Die Tafel aber zierte von Kind zu Kind die Stubenwand.


Lehrer F. Haase in Rostock; vgl. Müllenhoff S. 206.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 226-227.
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