339. Der Grapenwerder bei Penzlin.

[261] Auf dem Grapenwerder soll eine goldene Wiege sich befinden. Einmal hatten sich mehrere Männer auf dem Berg, auch Insel genannt, mit einem sogenannten Banner eingefunden. Der Banner schlägt nun seine Wünschelruthe, und findet bald die Stelle, wo der Schatz verborgen liegt. Nun greifen seine Helfershelfer zu Hacke und Spaten und arbeiten ein ziemlich tiefes Loch in die Erde hinein. Da wird die goldene Wiege sichtbar, die noch angefüllt ist mit manchen Schätzen. Nun galt es, den Schatz zu heben. Mit Stricken und Wuchtbäumen versehen, gingen sie ans Werk. Inmitten dieser Zeit hat sich noch ein unbekannter Mann eingefunden, man nennt ihn Lurjahn, der nun seine Possen beginnt. Bald greift er nach Diesem, bald nach Jenem. Aber noch sind sie Alle schweigsam, bis er endlich mit voller Hast mit beiden Klauen einen der Furchtsamsten um die Kehle greifen will. Dieser schreit auf ›o je mi nich!‹ Da mit einemmal wird ein Getöse in der Luft und mit einem Ruck und Gekling geht die goldene Wiege vor ihren Augen in die Tiefe. Sie stehen nun mit langer Nase da, und sehen, wie sich die Erde über der Wiege schließt. Bis heute hat es noch Keinem gelingen wollen, diesen Schatz noch einmal zu sehen, weil Lurjahn am Johannismittag auf dem Berge sich einfinden soll, und Manchen, die ihn mit guten Augen sehen können, einen Schabernack spielt. Auf der Stelle, spricht man, wo die goldene Wiege verschwunden ist, soll auch das Wasserloch, ›dat blank Soll,‹ entstanden sein, welches man noch heute auf dem Berg sehen kann.


Weber Grapenthien in Penzlin; vgl. Niederh. 3, 13.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 261-262.
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